08.06.2014 Aufrufe

Nebelhorn Februar 2009 - Rechtswissenschaftliche Fakultät

Nebelhorn Februar 2009 - Rechtswissenschaftliche Fakultät

Nebelhorn Februar 2009 - Rechtswissenschaftliche Fakultät

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Nebelhorn</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong><br />

Teddy musste immer und überall mit hin. Gegen seinen Willen wurde er in den Puppenwagen<br />

gezwängt, in der Sandkiste zur Schaufel umfunktioniert oder in irgendwelche<br />

Koffer, Tüten oder ähnliches gestopft, damit er mit auf Reisen kommen konnte.<br />

Hat ihn jemals irgend jemand von uns gefragt, ob er das wollte? Nein. Tatbestand des<br />

§ 239 StGB i.V.m. Art. 2 II GG (Freiheitsberaubung in Verbindung mit Eingriffen in<br />

das Selbstbestimmungsrecht) erfüllt.<br />

Aber er musste nicht nur mit auf den Spielplatz, in<br />

den Kindergarten, zum Einkaufen, zum Kinderarzt<br />

und in den Urlaub, nein, Teddy musste auch<br />

mit an den Mittagstisch. Dort wurde ihm, egal ob<br />

er Hipp- Babybrei, Möhren – oder Kartoffelbrei<br />

mochte, alles einfach in den Mund geschoben. Alles<br />

was wir nicht mochten, bekam er. Und wenn<br />

er den Mund nicht aufmachte: Pech gehabt, es<br />

wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Bei jedem<br />

Blödsinn, den wir gemacht haben, musste Teddy mit. Er wurde einfach in die Jacke<br />

vorne hineingesteckt, Reißverschluss zu - aber bitte so, dass Teddy noch rausgucken<br />

kann und los ging es. Teddy war nicht nur genötigt mit zu kommen, er musste<br />

sich die Taten sogar mit ansehen oder sich beteiligen. Und schon wieder einen Tatbestand<br />

erfüllt: § 240 StGB Nötigung.<br />

Aber es kommt noch schlimmer. Auf einem Bummel durch den Großstadtdschungel<br />

oder die nahe gelegene Einsamkeit mitteleuropäischer Mischwälder muss Teddy ohne<br />

Mütze und Schuhe einfach mit – ob er will oder nicht. Doch plötzlich wird er aus seiner<br />

kuscheligen Umgebung geworfen. Wir, überdrüssig seines Fells, dass in der Nase<br />

kitzelt, haben ihn einfach und vorsätzlich aus dem<br />

Kinderwagen geworfen oder sein Pfötchen losgelassen.<br />

Unsere junge Mutter, leicht genervt und,<br />

vielleicht ein wenig überfordert, bemerkt dies<br />

nicht. Teddy bleibt einsam und hilflos zurück.<br />

Und schon ist es passiert: Tatbestand des § 221<br />

StGB (Aussetzung) erfüllt. Wieder eine Straftat<br />

mehr in unserem noch so jungen Leben.<br />

Der Tatbestand der Körperverletzung setzt voraus, dass jemand in seiner Gesundheit<br />

oder körperlich verletzt wurde. Wir haben den armen Teddy an Armen und Beinen<br />

gezogen, Löcher in ihn gebohrt, ihm die Augen rausgepult und das Fell vom Rücken<br />

gekrault. Den Vorsatz hatten wir vielleicht nicht, aber billigend in Kauf genommen<br />

haben wir es doch. Auch das unsere Mütter Teddy dann ohne Betäubung geflickt haben,<br />

ist uns doch irgendwie zumindest in mittelbarer Täterschaft anzulasten. Und wie<br />

sah der arme Teddy hinterher bloß aus? Der Kopf schief, Arme und Beine nicht mehr<br />

gleichlang und die Augen am Hinterkopf befestigt. Und niemand hat ihn über die<br />

20

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!