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AnwBl_2013-04_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...

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Strafrechtskommission 2012<br />

" 14 Os 12/12 i EvBl 2012/83: Rechtsbehelfe gegen<br />

Verletzungen des Gebots angemessener Verfahrensdauer<br />

sind dann wirksam iSd Art 13 MRK,<br />

wenn sie den behaupteten Verstoß oder dessen Fortsetzung<br />

verhindern, dadurch das Verfahren also präventiv<br />

beschleunigt wird, oder wenn sie (nachfolgend)<br />

angemessene Wiedergutmachung für eine bereits<br />

erfolgte Verletzung gewähren. Wurde die zum<br />

Gegenstand eines erfolglosen Fristsetzungsantrags<br />

gemachte UAusfertigung nachgeholt und steht Hintanhaltung<br />

der solcherart reklamierten Verfahrensverzögerung<br />

nicht mehr in Rede, kann eine Verletzung<br />

der Monatsfrist des § 270 Abs 1 StPO für die<br />

UAusfertigung zwar mit Berufung, nicht aber mit einem<br />

– subsidiären – Antrag auf Erneuerung des<br />

Strafverfahrens geltend gemacht werden. Durch die<br />

Art seines Hinweises auf die Möglichkeit, eine in verzögerter<br />

UAusfertigung gelegene Verletzung des<br />

§ 34 Abs 2 StGB mit Berufung (der Hinweis auf<br />

die Möglichkeit einer – auf den ZeitP der Verkündung<br />

bezogenen – NB [treffend zuletzt: 14 Os 155/<br />

11 t unter Berufung auf 14 Os 187/10 x] ist hier bloß<br />

allg Natur) geltend zu machen, gibt der Senat 14 keineswegs<br />

zu erkennen, dass er die vom OLG in seiner<br />

den Fristsetzungsantrag abweisenden E zum Ausdruck<br />

gebrachte Auffassung, wonach (sogar) über<br />

neun Monate nach Verkündung „die geltend gemachte<br />

Säumnis bei der Ausfertigung des Urteils<br />

(noch) nicht anzunehmen“ sei, teilt. Nach § 270<br />

Abs 1 StPO „muss“ nämlich „jedes“ U „binnen vier<br />

Wochen vom Tage der Verkündung schriftlich ausgefertigt<br />

und vom Vorsitzenden unterschrieben werden“.<br />

Im Erneuerungsverfahren gilt das Neuerungsverbot,<br />

weil die Beurteilung von (Grund-)Rechtswidrigkeit<br />

an den Sachverhaltsannahmen des bekämpften<br />

Vorgangs anknüpfen muss (vgl 13 Os 21/11 d,<br />

22/11 a). Trotzdem hat der Senat 14 die nach der bekämpften<br />

E erfolgte UAusfertigung in Anschlag und<br />

zum Ausdruck gebracht, dass fortbestehende Effektivität<br />

von Erneuerung als prozessuale Voraussetzung<br />

für darauf gerichtete Anträge zu gelten<br />

hat. Einer dem § 2 Abs 2 GRBG vergleichbaren<br />

Vorschrift (vgl dazu 14 Os 157/09 h, 58/10 a<br />

EvBl-LS 2010/122) bedarf das Erneuerungsverfahren<br />

nicht, weil Anerkennung und Ausgleich der<br />

Grundrechtsverletzung mit Berufung (demnach effektiv)<br />

geltend gemacht werden kann.<br />

" 12 Os 57/11 s EvBl 2012/13: Es besteht ein subjektives<br />

Recht, den OGH wegen unterlassener Normanfechtung<br />

durch ein RMG anzurufen. Dass §52<br />

Abs 1 StPO das Recht, Kopien von Ton- oder Bildaufnahmen<br />

zu erhalten, ausnahmslos verneint, solcherart<br />

eine Abwägung von Verteidigungsinteressen<br />

gegen – der Ausfolgung einer Kopie allenfalls entgegenstehende<br />

– schutzwürdige Interessen Dritter ausschließt,<br />

erweckt Bedenken im Hinblick auf die<br />

Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit dem Recht<br />

auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 und<br />

Abs 3 lit b MRK und allenfalls – soweit die Regelung<br />

eine differenzierende Betrachtung für jene<br />

Fälle, in denen (wie hier) Ton- und Bildaufnahmen<br />

im Verfahren eine zentrale Rolle als Beweismittel<br />

spielen, nicht zulässt – mit dem Gleichheitssatz nach<br />

Art 2 StGG. Die E zeigt, dass der OGH als VerfassungsG<br />

der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Art 92<br />

Abs 1 B-VG) umfassend Grund- und Menschenrechtsschutz<br />

und sogar ein subjektives Recht gegenüber<br />

dem OGH untergeordneten Gerichten gewährt,<br />

nach Maßgabe des Art 89 Abs 2 B-VG den<br />

VfGH zwecks Normprüfung anzurufen.<br />

" 13 Os 82/11 z EvBl-LS 2011/160: Art 5 Abs 1 lit a<br />

MRK stellt mit dem Begriff „Verurteilung durch<br />

ein zuständiges Gericht“ auf das erstinstanzliche<br />

U ab. Wird dieses im RMVerfahren aufgehoben,<br />

macht dies die Freiheitsentziehung demnach keineswegs<br />

konventionswidrig. Die Haftvoraussetzung des<br />

dringenden Tatverdachts wird ab dem U I. Instanz<br />

im Verfahren über eine Grundrechtsbeschwerde als<br />

gegeben unterstellt, kann demnach nicht mehr in<br />

analoger Anwendung der NG nach Z 5, 5 a, 9 und<br />

10 des § 281 Abs 1 StPO (§ 10 GRBG) in Frage gestellt<br />

werden. Über die Verdachtsprüfung durch LG<br />

und OLG ist damit nichts gesagt.<br />

" 14 Os 130/11 s EvBl 2012/6: Die Begründung dringenden<br />

Tatverdachts kann im Grundrechtsbeschwerdeverfahren<br />

in sinngemäßer Anwendung<br />

der Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO angefochten<br />

werden. Erfolgreiche Geltendmachung erfordert unverzügliche<br />

Klärung der Haftvoraussetzungen im<br />

Rahmen einer Haftverhandlung, soweit der OGH<br />

nicht ohnehin die angefochtene E aufhebt. Eine<br />

Grundrechtsverletzung führt nur dann zur Aufhebung<br />

des angefochtenen B, wenn der OGH dies für<br />

erforderlich hält (§ 7 Abs 1 GRBG), also dann nicht,<br />

wenn die Zulässigkeit der Haft im ZeitP der E über<br />

die Grundrechtsbeschwerde noch nicht geklärt erscheint.<br />

In einem solchen Fall ist nach § 7 Abs 2<br />

GRBG unverzüglich eine Haftverhandlung durchzuführen.<br />

" 15 Os 81/11 t EvBl 2011/35: Die im Bereich der Mediengerichtsbarkeit<br />

aus einer an Art 10 MRK orientierten,<br />

somit verfassungskonformen Interpretation<br />

innerstaatlicher Verfahrensbestimmungen abzuleitende<br />

Einschränkung des Beweiswürdigungsermessens<br />

hat zur Folge, dass eine aus Sicht des OGH nicht<br />

sachgerechte Lösung der Tatfrage durch die Tatrichter<br />

viel eher als erheblich bedenklich zu qualifizieren<br />

ist, sodass die Erheblichkeitsschwelle bei der<br />

Kontrolle medienrechtlicher E in tatsächlicher<br />

Hinsicht niedriger anzusetzen ist als in anderen Fällen.<br />

Indem der OGH der Reklamation einer Grund-<br />

234<br />

Bemerkenswertes aus der Judikatur des OGH in Strafsachen seit 2011<br />

Autor: Präsident des OGH Hon.-Prof. Dr. Eckart Ratz, Wien<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>04</strong>

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