AnwBl_2013-04_Umschlag 1..4 - Österreichischer ...

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Rechtsprechung Anmerkung: 1. Mit Inkrafttreten der GRC hat sich in Steuersachen der verfahrensrechtliche Grundrechteschutz deutlich verbessert, nachdem Art 6 MRK ja den klassischen Abgabenbereich nicht erfasst hat (vgl bspw zuletzt VwGH 25. 9. 2012, 2010/17/ 0114). In Reaktion auf die neue Rechtslage hat der VwGH mit dem vorliegenden Erk nun erstmals in Steuersachen den rechtswidrigen Entfall der mündlichen Verhandlung vor dem UFS als einen absoluten Verfahrensmangel im Anwendungsbereich der GRC klassifiziert. Die für Verfahrensfehler sonst gem § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG bestehende Hürde eines erfolgreichen Relevanznachweises entfällt. Der Bf muss somit nicht wie bei anderen Verfahrensfehlern zeigen, dass die Vermeidung des Fehlers zu einem anderen Bescheid hätte führen können, um eine Bescheidaufhebung zu erreichen. Die in § 284 Abs 1 BAO nach einem entsprechenden Parteiantrag grundsätzlich ohnedies bereits gesetzlich vorgesehene Verhandlungspflicht vor dem UFS als letzter Tatsacheninstanz wird mit dieser Judikaturlinie nunmehr auch strenger sanktionierbar. 2. Voraussetzung der Anwendbarkeit der GRC ist, dass die staatlichen Organe in „Durchführung des Rechts der Europäischen Union“ handeln. Dies war im Beschwerdefall zwanglos zu bejahen, weil es um die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Rechnung ging und dies in der USt- RL vorstrukturiert ist. Offen bleiben die Fälle, wo es um Maßnahmen betreffend die Umsatzsteuer geht, die nicht unionsrechtlich vorgeprägt sind – etwa um ein Nachsichtsansuchen oder ein allgemeines Haftungsverfahren betreffend USt. Das Rechtsinstitut der Nachsicht basiert nämlich nicht beispielsweise selbst auf der MwSt-SysRL, sondern entspringt der allgemeinen Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten und ist unterschiedslos auf unionsrechtlich vorgeprägte und ausschließlich innerstaatlich definierte Abgaben anwendbar. Hier wäre zunächst noch erneut die Frage zu stellen, ob die Behandlung eines solchen Nachsichtsansuchens noch in Durchführung von Unionsrecht erfolgt. 3. Aus der neuen Judikaturlinie des VwGH kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass nun auch vor dem VwGH mündliche Verhandlungen in Steuersachen zum Regelfall werden, denn auf die Durchführung von mündlichen Verhandlungen vor dem VwGH und auf § 39 Abs 2 Z 6 VwGG lässt sich die Begründung des Erk nicht einfach übertragen. Gerade das vorliegende Erk zeigt nämlich, dass die AbgPfl von Gesetzes wegen bereits das Recht auf eine mdl Verhandlung vor dem UFS als letzter Tatsacheninstanz haben und der VwGH – im Anwendungsbereich der GRC – die Einhaltung dieses Rechts auch bedingungslos durchsetzt. Es liegt daher am AbgPfl, diese Anhörungsmöglichkeit auch zu nutzen. Ein AbgPfl wird daher bspw schwerlich vor dem UFS auf die Beantragung einer mündlichen Verhandlung verzichten und dann erstmals vor dem VwGH eine „Anhörung“ seiner Sache verlangen können. Dies würde auch der Funktion des VwGH als Rechtskontrollinstanz ohne Tatsachenkognition nicht gerecht (vgl auch die st Judikaturformel des VwGH bei bereits durchgeführter mündlicher Verhandlung etwa in 24. 1. 2013, 2011/16/ 0161 oder in 29. 6. 2012, 2012/02/0067: „Der Anforderung des Art 6 MRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der bel Beh, einem Tribunal iS der MRK, Genüge getan.“). Soweit der GRC nach der Rsp des EuGH iVm derjenigen des EGMR bereits Genüge getan wurde, kann sohin die Anknüpfung an Art 6 MRK in § 39 Abs 2 Z 6 VwGG grundsätzlich weiter wörtlich genommen werden und gegebenfalls von einer mündlichen Verhandlung in Steuersachen abgesehen werden. Franz Philipp Sutter 248 Österreichisches Anwaltsblatt 2013/04
Zeitschriftenübersicht Zeitschriften " Aufsichtsrat aktuell 1| 6 Wernitznig-Kittel, Michaela und Hannes Schlager: Der Aufsichtsrat und M&A-Transaktionen 9 Perner, Roman und Paul Schörghofer: Haftung von Vorstand/Geschäftsführung und Aufsichtsrat bei Spaltungen " Bank Archiv 2| 91 Koziol, Helmut: Freiwillige Selbstverpflichtung von Banken gegenüber der Öffentlichkeit 110 Knobl, Peter: Konzessionspflichtiges Depotgeschäft ohne Grenzen? Anmerkungen zu den VwGH-Erkenntnissen 2012/17/0135 bis 0138, zur Vollzugspraxis in Verwaltungsstrafverfahren und zu zukünftigem Reformbedarf 120 Gumpold, David und Bianca Merz: Stundung und Verjährung " bau aktuell 1| 6 Heck, Detlef: Diametrale Gutachten 9 Kurz, Thomas: Das „Leistungsziel“ gemäß ÖNORM B 2110 und B 2118 13 Karasek, Georg: Rechtliche Anmerkungen zum Beitrag „Leistungsentfall und Leistungsvereitelung“ von Wolfgang Oberndorfer 18 Pochmarski, Konstantin und Verena Binder: Die Mehrkostenforderung auf der Grundlage des Schadenersatzrechts " ecolex 2 | 107 Graf, Georg und Sonja M. Weiland: OGH: Banken-AGB unvereinbar mit ZaDiG 133 Reich-Rohrwig, Johannes: Genussrechte und Schuldverschreibungen in Verschmelzung und Spaltung (I) 145 Anderl, Axel und Martina Grama: Double-Opt- In – Zulässige Schutzmaßnahme oder SPAM? 148 Plasser, David: Das Gartenpavillon-Vorabentscheidungsersuchen des BGH 165 Merzo, Philipp und Philip Vondrak: Einheitswerte als Bemessungsgrundlage verfassungswidrig – eine logische Konsequenz " Der Gesellschafter 1| 4 Koppensteiner, Hans-Georg: Ausschluss und Austritt bei der GmbH 11 Torggler, Ulrich: Zur Konzernhaftung nach österreichischem Recht 20 Nicolussi, Julia: Der Stimmrechtsverlust als neue Sanktion der Beteiligungspublizität 28 Baumüller, Josef: Neuerungen in der Corporate- Governance-Berichterstattung über Vorstandsbezüge – und was davon zu erwarten ist 34 Briem, Stephan: Die Rechtsnatur der Verjährungsbestimmung des § 275 Abs 5 UGB " immolex 1| 6 Fuhrmann, Karin und Gunther Lang: Immobilienbesteuerung NEU – Änderungen durch das Abgabenänderungsgesetz 2012 10 Stingl, Walter: Praxishinweise zur neuen Immobilienbesteuerung 17 Wais, Maria und Dietmar Dokalik: Die Grundbuchsgebührennovelle 32 Kothbauer, Christoph: Verkehrssicherungspflichten 2| 38 Prader, Christian: Offene Fragen rund um die Mietzinserhöhung gem §§ 18 ff MRG 43 Lenz, Tamara: Der Abschluss des Alleinvermittlungsvertrags beim Verkauf von Wohnobjekten 64 Kothbauer, Christoph: Neues zur Kostenaufteilung im Wohnungseigentum " Interdisziplinäre Zeitschrift für Familienrecht 1| 34 Pesendorfer, Ulrich: Das neue Namensrecht im Überblick. Ehenamen – Namen der Kinder – Übergangsregeln " Journal für Strafrecht 5/12 | 169 Birklbauer, Alois: Verfassungsbeschwerde in Strafsachen – ein Schritt in die richtige Richtung? 176 Schmieder, Mario und Florian Singer: Das neue Widerspruchsrecht nach § 112 StPO 187 Schwaighofer, Klaus: Anmerkungen zur (an sich) schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB 193 Stuefer, Alexia: Wirtschaftsstrafrecht aktuell: Die Entscheidung R gg Österreich – grundrechtliche Anforderungen an die Durchsuchung von Kanzleiräumlichkeiten 195 Zeder, Fritz: Europastrafrecht aktuell: Auswirkungen der Grundrechte-Charta am Beispiel ne bis in idem 6/12 | 209 Brandstetter, Markus und Florian Singer: Gedanken zum KorrStrÄG 2012 – aller guten Dinge sind drei 224 Weh, Wilfried: Das Auslieferungsrecht Österreich/USA unter dem Einfluss des Unionsrechts 234 Stuefer, Alexia: Wirtschaftsstrafrecht aktuell: Aktuelles zur Untreue Österreichisches Anwaltsblatt 2013/04 249
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