Stephan Peter - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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1.4 WIRTSCHAFTSDEMOKRATIE IM SAARLAND<br />
1.4.1 AUFSTIEG UND NIEDERGANG DES ALLGEMEINEN SAAR-KONSUMS (ASKO) NACH 1945<br />
Was die Genossenschaftsexperten Novy und Prinz in den 1980er Jahren zum Verhältnis von Arbeiterbewegung<br />
und Genossenschaftsbewegung konstatieren, gilt im Wesentlichen noch heute. „In der Geschichte<br />
der Arbeiterbewegung haben Selbsthilfeunternehmen eine große, von Historikern wie Ökonomen bis in<br />
die jüngste Zeit fast völlig vernachlässigte Rolle gespielt. Was für die Fachwissenschaft gilt, trifft für eine<br />
breitere Öffentlichkeit allemal zu. Wer, außer wenigen Spezialisten, weiß, dass in der Programmatik der<br />
frühen Arbeiterbewegung genossenschaftliche Selbsthilfeunternehmen einen höheren Stellenwert besaßen<br />
als etwa die gewerkschaftliche Organisation? Nur wenig bekannter dürfte die Tatsache sein, dass<br />
die mit der Arbeiterbewegung eng verbundene konsumgenossenschaftliche<br />
Bewegung bereits um die Jahrhundertwende<br />
eine Massenorganisation mit mehr als einer Million<br />
Mitglieder bildete. Konsumvereine erfassten in der Weimarer<br />
Republik, auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung, annähernd<br />
vier Millionen Haushalte, während es alle drei grossen<br />
Gewerkschaftsverbände zusammen gerade auf knapp<br />
sechs Millionen Mitglieder brachten. ...Die Geschichte der<br />
Selbsthilfeunternehmen der Arbeiterbewegung ist bis zum<br />
Ersten Weltkrieg und mit gewissen Einschränkungen auch<br />
noch bis zum Ende der Weimarer Republik eine Geschichte<br />
der Genossenschaften“ (Novy, Klaus und Prinz, Michael.<br />
„Illustrierte Geschichte der Gemeinwirtschaft“, Berlin/Bonn<br />
1985, S. 11). Zu Recht galten die Konsumvereine der Weimarer<br />
Zeit neben Gewerkschaft und Partei als dritte Säule der Arbeiterbewegung.<br />
Ein für Saarländer in ihrem Lebensalltag wichtiges und betriebswirtschaftlich erfolgreiches Beispiel genossenschaftlichen<br />
Gemeinsinns nach dem zweiten Weltkrieg war die Konsumgenossenschaft „Allgemeiner<br />
Saar-Konsum“ (Asko). Sie hatte ihren Vorläufer in dem 1880 gegründeten „Saarbrücker Eisenbahner-<br />
Consum-Verein“. Die Umbenennung zu „Asko“ erfolgte 1921. Mit etwa 22.000 Genossenschaftsmitgliedern<br />
zu Beginn der Nazizeit 1933 hatte sich Asko zum „Schwergewicht unter den saarländischen<br />
Konsumgenossenschaften und darüber hinaus zu einem bedeutenden Faktor im saarländischen Einzelhandel“<br />
entwickelt (Studie C. Reichel, S. 1). Nach der Zerschlagung der freien Genossenschaften unter<br />
dem Naziregime erfolgte 1945 eine überaus erfolgreiche Neugründung.<br />
Clemens Reichel hat in seiner Studie „Vom Eisenbahner-Konsumverein zur AG. Die Entwicklung des allgemeinen<br />
Saar-Konsums (Asko) nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1971“ die Geschichte des Asko nach 1945<br />
beschrieben. Unterstützung dafür fand er bei der Saarbrücker Asko Europa-<strong>Stiftung</strong>, welche die Arbeit<br />
in ihrer Schriftenreihe „Denkart Europa“ 2003 veröffentlichte. Reichel analysiert, wie die Konsumgenossenschaft<br />
auf den Strukturwandel reagierte und weshalb letztlich die genossenschaftliche Organisationsund<br />
Rechtsform Anfang der 1970er Jahre aufgegeben wurde. Das Scheitern der genossenschaftlichen<br />
Ideale damals wirft die Frage nach der Lektion für genossenschaftliches Experimentieren heute auf.<br />
„Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gründete sich das Unternehmen als „Asko Saarbrücken“ neu und<br />
entwickelte sich zu einem der größten saarländischen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels.<br />
Ausdehnungsgebiet war das westliche Saarland. Den östlichen Teil deckte eine weitere [kleinere] Asko<br />
Konsumgenossenschaft ab, die unter dem Namen „Asko Neunkirchen-Heinitz“ firmierte. Beide Konsum-<br />
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