Stephan Peter - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Betreiber des „Repowering“-Konzepts wird eine neue Gesellschaft sein, die Windpark Saar GmbH&Co.<br />
Repower KG. Das Ziel ist, die bestehende Gesellschaftsstruktur zu vereinfachen. 1994 war eine GmbH mit<br />
430 Anteilseignern gegründet worden. Die Mindestbeteiligung für den einzelnen Bürger war angesichts<br />
des ambitionierten Projekts, Windkraftanlagen zu errichten, ausgesprochen gering. Ein Schub kam durch<br />
die Stadtwerke Saarbrücken, die mit einer moderaten Minderheitsbeteiligung das Projekt unterstützten.<br />
Um weitere Anlagen realisieren zu können, wurde 1996 eine zweite Betreibergesellschaft gegründet.<br />
Diese Gesellschaft besteht aus etwa 290 Anteilseignern (Windpark Saar, S. 8). Im Jahr 2005 war der<br />
Windpark Freisen soweit fertiggestellt, und es war klar, dass sich früher oder später die Frage des „wie<br />
weiter“ stellen würde. Die Antwort ist das „Repowering“-Konzept und die neue Gesellschaft.<br />
In der neuen Gesellschaft gehen die beiden alten Betreibergesellschaften auf. Neue Anteile werden im<br />
Prinzip nur von den alten Anteilseignern gezeichnet. „Das Investitionsvolumen der sechs neuen Windkraftanlagen<br />
einschließlich Fundamenten, Zuwegungen, internen Netzanschlussarbeiten, Gutachten und<br />
Genehmigungen und Ausgleichsmaßnahmen wird ca. 24 Mio. EURO betragen“ (Windpark Saar, S. 7).<br />
Die alten Anteilseigner haben die Wahl, ihre Anteile zu erhöhen, einfach Mitglied in der neuen Gesellschaft<br />
zu werden oder ganz auszusteigen.<br />
Das Betreiberkonzept des Windparks Saar geht über reine Vermögensbildung hinaus, da Bürger echte<br />
Beteiligungschancen in der Gesellschaft haben. Die Betreibergesellschaft hat einen stark lokalen Charakter.<br />
Die große Mehrheit der Hunderte von Anteilseignern kommt aus der Region. Zu Anfang waren die<br />
idealistischen Freiwilligen noch von Ort zu Ort im Nordsaarland gezogen, um für die Idee des Windparks<br />
zu werben. Institutionelle Großinvestoren gibt es mit Ausnahme der Saarbrücker Stadtwerke nicht. Trotzdem<br />
ist das Beteiligungsmodell nicht so demokratisch wie bei einer Genossenschaft mit ihrem „Jeder hat<br />
den gleichen Anteil und eine Stimme“-Prinzip. Beim Windpark Saar richtet sich das Stimmrecht nach der<br />
Beteiligungshöhe, die unterschiedlich sein kann. Die Idee des Windparks entstand aus einer saarländischen<br />
Bürgerinitiative. Es mag sein, dass den Freiwilligen der ersten Stunde die Rechtsform der Genossenschaft,<br />
in den frühen 1990ern begründeterweise, als ungeeignet erschien und gar nicht ernsthaft ins<br />
Blickfeld geriet. Doch sind neben den Zielen, wirtschaftlich zu sein und die Energiewende zu befördern,<br />
basisdemokratische Ideale nicht in Vergessenheit geraten. Ökostrom Saar, vor einiger Zeit als Dienstleister<br />
für den Windpark Saar gegründet, betreibt in der Merziger Innenstadt eine Geschäftsstelle. Dort wird<br />
überlegt, wie man zusammen mit saarländischen Aktivisten erneuerbare Energie über Wind hinaus, auch<br />
in der Form der Bürgergenossenschaft, stärker voranbringen kann.<br />
2.8 DIE „BÜRGERKRAFTWERKE“ DER DILLINGER STADTWERKE<br />
Die bundes- und landespolitische Zielsetzung bei der Energiegewinnung geht in Richtung verstärkten<br />
Ausbaus erneuerbarer Energien. Es liegt in der Natur der Sache, dass erneuerbare Energieträger, im<br />
Gegensatz zu den fossilen wie Öl, Kohle oder Atom, dezentral und damit bürgernah und basisdemokratisch<br />
organisiert werden können. Plastisch gesprochen, ein kleines Atomkraftwerk im Garten ist nicht<br />
möglich – ein Solarpanel sehr wohl. Die Einführung der erneuerbaren Energie-Technik ermöglicht also<br />
korrespondierende soziale Organisationsstrukturen, die Einübung von lebendiger politischer Kultur und<br />
von Demokratie als Lebensstil. Das passiert nicht automatisch. Eine Voraussetzung sind lokale Entscheidungsträger,<br />
also insbesondere die Kommunen, die als Vorreiter Leuchtturmprojekte anstoßen. Die lokalen<br />
Stadtwerke haben hier eine Chance, sich als wirtschaftsdemokratische und nachhaltige Alternative zu<br />
den anonymen Großkonzernen der Energiewirtschaft zu etablieren. Damit haben sie lange gezögert. Erst<br />
in den letzten zwei Jahren gibt es Bewegung.<br />
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