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Stephan Peter - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Eine radikale Perspektive, die auch von vielen jungen Leuten der „Occupy Wall Street“-Bewegung aufgenommen<br />

wird, äußert grundsätzlichere Kritik am heutigen Wirtschafts- und Finanzsystem. Gefordert wird<br />

mehr „people power“, mehr Demokratie in Politik und Wirtschaft. Bezogen auf Halberg Guss heißt das,<br />

zunächst von den Interessen der Arbeitnehmer, der Belegschaft und ihrer Gewerkschaft auszugehen.<br />

„Ich denke, dass niemand ein stärkeres Interesse daran hat, den saarländischen Standort zu erhalten,<br />

als die Belegschaft selbst“ (Abg. Lafontaine, Die Linke, Landtag des Saarlandes, 14. Wahlperiode, 18.<br />

Sitzung am 17.2.2011).<br />

Wie von der Politik und Belegschaftsvertretern von Halberg Guss selbst betont wurde, hat die Belegschaft<br />

wiederholt Sanierungsbeiträge geleistet, um den Standort Brebach zu erhalten. Und sie ist, unterstützt<br />

von ihrem Betriebsrat, in die Öffentlichkeit gegangen, hat verhandelt, sich engagiert und gekämpft. „Es<br />

waren die Beschäftigten, die letztlich der Garant dafür waren, dass es dort weitergeht. Damit meine ich<br />

nicht nur die Sanierungsbeiträge. Das ist ein Punkt. Die Tatsache, dass die Beschäftigten die Produktion<br />

aufrechterhalten und sich in einer außerordentlich schwierigen Zeit engagiert haben war überhaupt die<br />

Grundlage dafür, dass Verhandlungen erfolgreich weitergeführt werden konnten“ (Abg. Prof. Dr. Bierbaum,<br />

Die Linke, Landtag des Saarlandes, 14. Wahlperiode, 21. Sitzung am 18. 5. 2011).<br />

Trotz der Rettung durch einen privaten Investor von außen wurde im Falle von Halberg Guss die Chance<br />

einer nachhaltigen Unternehmenspolitik und zukunftsorientierten, progressiven saarländischen Strukturpolitik<br />

verpasst. Eine Lösung hätte in einem Modell, das Belegschafts- und Landesbeteiligung verknüpft<br />

und darüber hinaus Betriebe des saarländischen Gießereisektors vernetzt, gelegen. Ein solcher progressiver<br />

Ansatz könnte in ein industriepolitisches Leitbild integriert werden, welches das Saarland als Industrieland<br />

betont.<br />

Welcher „change agent“ ist prädestiniert, hier kreative Lösungen vorzudenken, der „sociological imagination“<br />

(C. Wright Mills) zum Durchbruch zu verhelfen? Die Politik steht in der Verantwortung, aber<br />

auch die Interessenvertretung der Arbeitnehmer. Vor dem Hintergrund, dass heute in der amerikanischen<br />

Industrie nur noch 7 Prozent der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert sind, schrieb Alan Howard<br />

vor wenigen Jahren im progressiven U.S. Magazin „Dissent“: „Europäische Gewerkschaften werden<br />

sich noch umschauen müssen. Jahrelang hatten sie kein Verständnis für die amerikanische Warnung,<br />

dass der Sauerstoff ausgeht. Denn jetzt ist das internationale Kapital so integriert, dass es sich nicht<br />

scheut, dieselben Arbeitsdisziplinierungsmethoden in Europa durchzusetzen, die in den USA nur noch<br />

auf wenig Widerstand stoßen“ (Howard, Alan „The Future of Global Unions: Is Solidarity Still Forever?”<br />

in: dissent-magazine.org, 11/ 2007, Übersetzung des Autors). Die Empfehlung von Howard, jahrelang<br />

Berater des Präsidenten der nordamerikanischen Gewerkschaft „UNITE“, an die eigene Klientel: mehr effektive<br />

internationale Kooperation und mehr „organizing“ – neue Mitglieder gewinnen und die Mitglieder<br />

selbst mehr beteiligen. Das Letztere ist ein dialektischer Prozess. Das zarte Pflänzchen „Experimente mit<br />

Mitarbeiterbeteiligung“ braucht als Schutz starke Gewerkschaften, und die Gewerkschaften bleiben nur<br />

stark, wenn die Mitglieder persönlich mehr Beteiligung erfahren. Das weitgehende Fehlen saarländischer<br />

Praxisbeispiele zur Belegschaftsbeteiligung und einer entsprechenden Debatte in Parteien und Gewerkschaften<br />

verleiht den Vorschlägen am Ende der Studie umso mehr Gewicht.<br />

2.2 DAS BETEILIGUNGSMODELL DER SAARBRÜCKER ZEITUNG<br />

Das Beteiligungsmodell der Saarbrücker Zeitung (SZ) ist nicht aus der Not geboren, sondern war bewusst<br />

gewollt. Eine kurze Reise in die Vergangenheit. „In der 1761 von Bernhard Hofer in Saarbrücken<br />

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