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Stephan Peter - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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gegründeten Zeitung hatten dessen Nachfahren bis 1935 ein erhebliches Eigentümer-Gewicht. Doch<br />

nach der Rückgliederung des Saargebiets in das Deutsche Reich enteigneten die Nazis die Erben Hofers<br />

und verleibten die Zeitung dem NSDAP-Verlagsimperium ein. Nach dem Ende des II. Weltkriegs kam das<br />

Unternehmen in französische Sequestration, die Erben Hofer wurden 1950 abgefunden“ (Warscheid,<br />

Lothar „Meilenstein einer wechselvollen Geschichte“, SZ 1999). Später ging die SZ für einen Betrag von<br />

110 Millionen Francs an das Saarland über.<br />

1969 „hat der Landtag des Saarlandes mit Mehrheit der CDU- und FDP-Stimmen die Reprivatisierung<br />

der „Saarbrücker Zeitung“ beschlossen. Damit ging das Unternehmen aus Landesbesitz in die Hände<br />

von Gesellschaftern über. Neben dem Verleger Georg von Holtzbrinck, der damals 49 Prozent der Anteile<br />

hielt, einem Bankenkonsortium (10 Prozent) und einer Fördergesellschaft der Parteien CDU, SPD und<br />

FDP (26 Prozent) gehörte auch die Belegschaft mit 15 Prozent Anteilen zu den Gesellschaftern“ (30 Jahre<br />

Beteiligungsgesellschaft der „Saarbrücker Zeitung“, http://www.bdzv.de/bdzv_intern+M593b55ee4fb.<br />

html,12. November 1999). Dieses Beteiligungsmodell existiert bis heute.<br />

Die Beschäftigten der SZ am Eigentum zu beteiligen, erschien gerechtfertigt – schließlich waren sie<br />

es, die entscheidenden Anteil am Aufbau des Unternehmens nach dem Krieg hatten. „Gehalten wird<br />

der 15-Prozent Kuchen offiziell von der „Beteiligungsgesellschaft Saarbrücker Zeitung“ (Warscheid, Lothar...).<br />

Ein 16-seitiger Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft vom Januar 1970 definiert den<br />

Zweck der Gesellschaft: „Die Gesellschaft wird Träger aller Geschäftsanteile, die für die Mitbeteiligung<br />

der Belegschaft der Saarbrücker Zeitung vorgesehen sind, und hat insbesondere den Zweck, diese Geschäftsanteile<br />

zu erwerben und zu verwalten. Zu den Verwaltungsaufgaben gehört die Berechnung 1.<br />

von Gewinn und Verlust, 2. des Anteils des einzelnen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen“ (Gesellschaftsvertrag,<br />

1. Januar 1970).<br />

„Jeder Mitarbeiter der „Saarbrücker Zeitung“ und der Tochtergesellschaften (z.B. „Trierischer Volksfreund“<br />

oder „Lausitzer Rundschau“) kann maximal zwei Anteile erwerben“ (Warscheid, Lothar...). Die<br />

Entscheidung darüber ist freiwillig. Das Modell erfreut sich hoher Zustimmung. Über 90 Prozent der<br />

Beschäftigten sind in der Beteiligungsgesellschaft repräsentiert. Wer aus dem Betrieb ausscheidet, muss<br />

seinen Anteil zurückgeben. Wer indes in Rente geht, kann ihn behalten. Letzterer Umstand hat dazu geführt,<br />

dass die Zahl der Anteilseigener um ein Vielfaches höher als die Beschäftigtenzahl der SZ ist. Die<br />

Beteiligungsgesellschaft ist in den Gremien der GmbH, also der Gesellschafterversammlung und dem<br />

Aufsichtsrat, durch Mitglieder vertreten.<br />

„Inzwischen hält die Holtzbrinck-Verlagsgruppe 52 1/3 Prozent Anteile“ (30 Jahre Beteiligungsgesellschaft...<br />

). Trotzdem bleiben die 15 Prozent Belegschaftsanteile relevant. Die Präsenz der Beschäftigten<br />

in den Entscheidungsgremien des Unternehmens als Mitgesellschafter erhöht die Chance des Zugangs<br />

zu wichtigen Informationen und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Gerade bei Entscheidungen mit<br />

langfristigen Auswirkungen haben auch die Beschäftigten einen Einfluss.<br />

Ein zweiter Vorteil des Beteiligungsmodells liegt in der Partizipation der Mitarbeiter an der Produktivität.<br />

Im heutigen politischen Diskurs zur Frage der Einnahmen und Ausgaben öffentlicher Haushalte<br />

und staatlicher Programme wird gerne über die Ausgabenseite, den Zwang zum Sparen angesichts von<br />

Defiziten, geredet. Die Einnahmeseite wird verschwiegen. Dabei ist das zugrunde liegende Problem die<br />

zunehmende Rationalisierung und Automatisierung in der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Lebendige<br />

Arbeit wird durch tote Arbeit, also Maschinen und Computer, ersetzt. Menschen werden immer<br />

weniger gebraucht, aber die Produktivität steigt kontinuierlich an. Eine Art Maschinensteuer, in Ermangelung<br />

eines besseren Ausdrucks, könnte bewirken, dass Produktivitätszuwächse der Allgemeinheit zu-<br />

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