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Stephan Peter - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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im Einzelhandel nochmals beschleunigt hatte und die erst zehn Jahre zuvor massenhaft eröffneten „SB-<br />

Läden“ gegenüber den Verbrauchermärkten auf der grünen Wiese nicht mehr wettbewerbsfähig waren,<br />

mussten immer größere Investitionen getätigt werden, um am Wachstum des Einzelhandels partizipieren<br />

zu können. So stellte sich heraus, dass die Bereitstellung des notwendigen Kapitals innerhalb der engen<br />

Grenzen, die das Genossenschaftsgesetz der Kapitalbildung durch Mitglieder setzte, nur schwer möglich<br />

war“ (Reichel, S. 95).<br />

Die letztendliche Folge der Unterwerfung unter eine Logik, Marktanteil zu halten und bei den Modernisierungstendenzen<br />

im Lebensmitteleinzelhandel mitziehen zu wollen, ist die Umwandlung von Asko in eine<br />

AG 1972. Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende, Arno Krause, fasst zusammen: „Wir mussten endlich<br />

die alten Dinge hinter uns lassen, wir mussten auf den Kapitalmarkt, und wir brauchten Aktionäre, die in<br />

die Zukunftschancen des Unternehmens Vertrauen hatten, und das bekamen wir am besten über Aktien.<br />

Das haben wir dann auch gemacht und da kam ein ziemlicher Geldsegen auf uns zu“ ( Reichel, S. 94, 95).<br />

Die Wettbewerbsfähigkeit von Asko wurde erhöht, später wurde Asko Teil der Metro-AG, aber von den<br />

Idealen einer Konsumgenossenschaft blieb nichts mehr.<br />

War das Verschwinden der Konsumgenossenschaft unausweichlich? Ein wichtiger Grund lag sicherlich<br />

in der sukzessiven Aufweichung der traditionellen genossenschaftlichen Werte und Identität. Größenwachstum<br />

und Rationalisierung gingen einher mit einer zunehmenden Einschränkung der Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />

der Mitglieder. Bereits 1950 stellte Asko auf das Delegiertensystem um. „Die<br />

Mitglieder hatten nur noch über Delegierte die Möglichkeit zur Einflussnahme. Eine Abstimmung aller<br />

Genossenschaftsmitglieder war weder bei Großinvestitionen noch bei der Änderung der Statuten vorgesehen“<br />

(Reichel, S. 54). Der Ausbau des Geschäfts mit den Nichtmitgliedern ist Indiz für die zentrale<br />

Bedeutung des Marktanteils und der Umsatzsteigerung in der Unternehmensphilosophie. Selbst bei der<br />

Mitgliedergewinnung stehen immer stärker rein wirtschaftliche Gesichtspunkte im Vordergrund. Horst<br />

Weber, ehemaliges Mitglied der Asko Geschäftsleitung, stimmt zu: „Neue Mitglieder wurden in großem<br />

Umfang nur an neueröffneten Supermärkten gewonnen; wobei die Motivation der Neumitglieder eine<br />

andere war, als bei den überzeugten langjährigen Konsumgenossenschaftlern. Sie traten ein, weil Asko<br />

an den jeweiligen Standorten das beste Angebot zu bieten hatte, und sie über die leicht zu erwerbende<br />

Mitgliedschaft auch noch die Rückvergütung ausbezahlt bekamen. Eine Identifikation mit dem Unternehmen<br />

und seinem Anspruch war bei ihnen wenig ausgeprägt. Eröffnete in der Umgebung ein größerer<br />

und preisgünstigerer Supermarkt, wurde eben dort eingekauft“ (Reichel, S. 60).<br />

Ein Erklärungsansatz für das Scheitern, der besagt, dass Asko sich einseitig der wirtschaftlichen Rationalität<br />

unterwerfen und genossenschaftliche Ideale opfern musste, ist nicht zwingend. Vor allem nicht in<br />

der heutigen Zeit. Der Trend zu „bigger is better“ - Großmärkte autogerecht auf der grünen Wiese, kehrt<br />

sich um. Aus demografischen, ökologischen und energiepolitischen Gründen kommt es zur Wiederentdeckung<br />

der Stadt. Dort können kleinere und mittelgroße Geschäfte, die dem „menschlichen Maß“<br />

verpflichtet sind und sich auf angestammte Kernbereiche beschränken – statt wie Asko die Geschäftsausrichtung<br />

völlig zu ändern – überleben.<br />

Instruktiv sind hier beispielsweise die lebendigen und expandierenden Lebensmittelkooperativen („food<br />

co-ops“) in der Herzkammer des amerikanischen Genossenschaftswesens im Mittleren Westen, dem<br />

Großraum Minneapolis/ St. Paul. Der Autor hat einer solchen food co-op, Linden Hills Co-op in Minneapolis,<br />

fast 20 Jahre angehört. Das Erfolgsgeheimnis dieser oft in den 1960er Jahren gegründeten Kooperativen<br />

ist eine feste Verankerung und Vertrauensbasis in der „local community,“ der Nachbarschaft<br />

bzw. dem Viertel, in dem sich die Kooperative befindet. Das ist begründet in der Bevorzugung lokal erzeugter<br />

Lebensmittel, der Betonung von „fair trade“ (fairer Handel) Produkten, finanziellem, sozialem und<br />

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