Stephan Peter - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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alternative Selbstverwaltungswirtschaft und -bewegung der 1970er und frühen 1980er Jahre, aus denen<br />
der Buchladen hervorging, die heute Geschichte sind. Doch der Buchladen ist immer noch da. Das zeugt<br />
von Wandlungsfähigkeit, Voraussicht, speziell der Affinität einer Klientel, auch lokalen Klientel, welche Stil<br />
und Selbstverständnis des Buchladens schätzt. Der Buchladen ist eine Erfolgsstory aus einer bestimmten<br />
Phase und „Welle“ des genossenschaftlichen, demokratischen Wirtschaftens, welche heute durch eine<br />
neue Welle, z.B. im erneuerbaren Energie- und Wohnungsbereich, ergänzt und erweitert wird.<br />
2.5.2 DER FAHRRADLADEN<br />
Der Fahrradladen im Kultur- und Werkhof Nauwieser19 ist ein weiterer selbstverwalteter Betrieb, der,<br />
aus der Alternativökonomie der frühen 1980er Jahre kommend, sich bis heute behauptet hat. Es gibt ein<br />
kollektives Management, bestehend aus vier Gesellschaftern, die alle gleichberechtigte Geschäftsführer<br />
sind, und einem Angestellten. Der Angestellte wollte aus privaten Gründen nicht als Gesellschafter einsteigen,<br />
ist aber in die Entscheidungsprozesse des Kollektivs eingebunden. Rechtsform ist die GmbH.<br />
Die ursprünglich eigentlich favorisierte genossenschaftliche Rechtsform wurde nach Gesprächen mit<br />
dem regionalen Genossenschaftsverband als unpassend verworfen<br />
(Achterberg, Siegfried / <strong>Peter</strong>, <strong>Stephan</strong>. „Erprobung,<br />
Präsentation und Dokumentation genossenschaftlicher Kleinbetriebe<br />
der Zukunftswerkstatt Saar e.V.“ 1985, S. 22/23). Das<br />
Unternehmenskonzept des Fahrradladens hat sich im Lauf der<br />
Zeit wenig verändert: der Verkauf qualitativ hochwertiger Räder<br />
und Zubehörteile bei einem guten Preis/Leistungsverhältnis.<br />
Soziale und ökologische Faktoren, nämlich wo die Räder<br />
und Teile herkommen und wie sie hergestellt werden, spielen<br />
ebenfalls eine Rolle. All das setzt eine intensive Beratung voraus,<br />
welche zum Ziel hat, den Kunden über Vor- und Nachteile<br />
eines Produkts aufzuklären. Das Kollektiv hat ein Stundenmodell<br />
entwickelt, welches festlegt, wie viele Stunden gearbeitet werden und wie sich das aufteilt. Nach wie<br />
vor gibt es vier Tätigkeitsfelder. Das sind Beratung und Verkauf, Service und Reparatur in der Werkstatt,<br />
Einkauf und Betriebswirtschaft. Hier gibt es keine strikte, aber eine lose Arbeitsteilung. Das hängt mit<br />
individuellen Vorlieben und Kompetenzen zusammen.<br />
Die anfänglichen Selbstreparaturtage und Selbsthilfekurse sind zwar abgeschafft, aber über die Mitarbeit<br />
im selbstverwalteten Plenum des Kultur- und Werkhofs, auch der Organisation von Konzerten und Theater,<br />
bleibt der Fahrradladen mit dem Viertel und der Sympathisantenszene der Nauwieser 19 verbunden.<br />
Auch beim Fahrradladen ging es über die Jahre häufig Auf und Ab, aber das Produkt bleibt aktuell. Heute<br />
sind es die Kinder der Generation, die beim Aufbau des Fahrradladens mithalf, und auch junge Familien,<br />
die gerne im Laden vorbeikommen.<br />
2.6 DAS MALSTATTER KOLLEKTIV „DRUCKEREI BLATTLAUS“<br />
Die Druckerei Blattlaus entwickelte sich aus dem Arbeiterselbsthilfe-Projekt „Provinzdruck“ im ländlichen<br />
Bereich des Saarlandes. „Provinzdruck“ entstand im Kontext der Bewegung selbstverwalteter Betriebe<br />
und Projekte im Saarland der 1970er Jahre. Die „Blattlaus“ wurde 1984 in Malstatt gegründet. „Kurz nach<br />
Gründung zog die Druckerei aus Platzgründen dann um in die Försterstraße im Nauwieser Viertel. Durch<br />
den Ausbau des Unternehmens und den Papierhandel mit recyceltem Papier war es schnell sinnvoll die<br />
Bereiche Papierhandel (Gross- und Einzelhandel) sowie die Druckerei voneinander zu trennen. Der<br />
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