Holger Alda - SOFI
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Zu fragen ist vor diesem Hintergrund mindestens zweierlei. Erstens, welche Bedeutung<br />
kommt heute fordistischer Arbeitsorganisation auf der Betriebsebene zu? Inwiefern existiert<br />
(noch) das idealtypische fordistische Leitbild mit seiner Facharbeiter-Tradition, langen Betriebszugehörigkeitsdauern<br />
und Existenz sichernden Löhnen bzw. bei welchen Parametern<br />
sind Veränderungen zu beobachten? Zweitens ist zu fragen, welchen Zusammenhang es zwischen<br />
diesen sozioökonomischen Outputs von Betrieben und den Veränderungen der Strukturparameter<br />
des auf den ökonomischen Wettbewerb ausgerichteten betrieblichen Handels<br />
gibt. Denn Löhne und Gehälter, die Frage nach Beschäftigungsstabilität und zum Einsatz von<br />
Qualifikationen im Arbeitsprozess sind natürlich nicht nur für Arbeitnehmer relevant, sondern<br />
auch für Arbeitgeber. Für Betriebe mit ausdifferenzierten Leistungsspektren lassen sich verschiedene<br />
marktgängige Ausprägungskombinationen denken. Niedriglohnbetriebe könnten<br />
vermehrt auf un- und angelernte Arbeitskräfte zurückgreifen und ihr Personal häufiger austauschen,<br />
während Hochlohnbetriebe eher auf hohe Qualifikation, Konzepte zum lebenslangen<br />
Lernen und dementsprechend längere Betriebszugehörigkeitsdauern setzen dürften.<br />
Die Forschungsfrage dieses Beitrags ist, wie diese Konzepte in einem Wirtschafts- und<br />
Sozialmodell miteinander korrespondieren. Erwerbsarbeit ist funktional stets doppelt<br />
bestimmt und eingebettet. Als Produktionsfaktor ist sie an Verwertungs- und Reproduktionsbedingungen<br />
des Wirtschaftssystems gebunden, als Teil der Lebensführung und Einkommensgrundlage<br />
der Individuen ist sie an lebensweltliche Reproduktionsbedingungen gekoppelt<br />
und Teil biografischer Lebenskonstruktionen. Die Bedingungen der Einbindung von Erwerbsarbeit<br />
in die Lebensführung der Individuen einerseits und in das Wirtschaftssystem andererseits<br />
können bzw. müssen aber a priori nicht (unbedingt) übereinstimmen (<strong>Alda</strong> et al.,<br />
2004: 70).<br />
Die Verfahrensregeln der sozialen Sicherungssysteme sind gerade in einer erwerbszentrierten<br />
Gesellschaft wie der Bundesrepublik Deutschland relativ eng an Annahmen über die Leistungen<br />
des Arbeitsmarktes geknüpft, etwa ein Existenz sicherndes Einkommen, langjährige Beschäftigung<br />
und gute zukünftige Beschäftigungschancen. Genau dies sind aber Faktoren, die<br />
auf Seiten des Wirtschaftssystems seit längerem unter Druck stehen, nicht ohne Folgen für die<br />
Ausgestaltung der auf Erwerbsarbeit bezogenen sozialen Sicherungssysteme. Unternehmen<br />
klagen über zu hohe Lohnniveaus, mangelnde Flexibilität und unzureichende Qualifikationen<br />
der Arbeitnehmer. Andererseits wird der hohe Exportüberschuss Deutschlands gelobt, der zu<br />
einem wesentlichen Teil der deutschen Qualitätsproduktion zu verdanken sei. Neuerdings<br />
erweitern Niedriglohnbetriebe mit schlechten Arbeitskonditionen (insbesondere nicht Existenz<br />
sichernden Löhnen) das Bild der öffentlichen Wahrnehmung. Offenbar ist es also so,<br />
dass alle diese betrieblichen Organisationsformen von Beschäftigung und Arbeit für die<br />
(west-)deutsche Betriebslandschaft in gewisser Weise Struktur gebend sind. Es ist demnach<br />
eine empirische Fragestellung, wie verbreitet welche typische Form der Organisation betrieblicher<br />
Arbeit mit welcher Qualität der Arbeit ist.<br />
Der nächste Abschnitt begründet, warum die drei Aspekte Löhne/Gehälter, Beschäftigungsstabilität<br />
und die betriebliche Qualifikationsstruktur in den Fokus der Untersuchung gerückt<br />
werden. Der dritte Abschnitt beschreibt die Datenbasis und Methoden für die Betriebstypisie-