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Holger Alda - SOFI

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die Bewertung der functionings eine eigenständige Herausforderung. Wenn auch eine positive<br />

Definition von Wahlfreiheit und Verwirklichungschancen schwierig ist, so ist die negative<br />

Definition über die mögliche Unterschreitung gewisser gesellschaftlich definierter Mindeststandards<br />

bei der Teilhabe an Erwerbsarbeit greifbarer. Solche Mindeststandards setzen<br />

sozialpolitische Regelungen oder gleichwertige Übereinkünfte (etwa Tarifverträge). Hartnäckig<br />

kontroverse Diskurse über die Ausgestaltung der Mindeststandards gibt es genügend<br />

bei den Themen Löhne und Gehälter, bei der Beschäftigungsstabilität und im Zusammenhang<br />

mit dem Erhalt und Ausbau beruflich verwertbarer Qualifikationen 3 . Der Grund hierfür ist,<br />

dass die Sichtweisen und Interessen der unmittelbaren Akteure – Arbeitnehmer und Arbeitgeber<br />

– im Sinne der Sozialpolitik und -gesetzgebung scheinbar nicht unbedingt immer zu vollständig<br />

miteinander kompatiblen Übereinkünften führen. Das liegt daran, dass sich die Frage<br />

nach Löhnen, Beschäftigungsstabilität und der betrieblichen Qualifikationsstruktur unter ökonomischen<br />

Prämissen zumindest teilweise etwas anders stellt als es unter dem Aspekt der<br />

Lebensführung von Individuen bzw. Haushalten der Fall ist. Aus Sicht der Beschäftigten ist<br />

davon auszugehen, dass ihre Teilhabemöglichkeiten an Erwerbsarbeit von wettbewerbsrelevanten<br />

Faktoren aus dem ökonomischen Umfeld strukturiert werden.<br />

In der Literatur gibt es Hinweise, dass sich Unternehmen nicht nur in Deutschland zumindest<br />

teilweise in (eigenständige) Hoch- und Niedriglohnbetriebe auftrennen 4 . Dahinter steckt weit<br />

mehr als die bloß analytische Zerlegung von ehemals in vertikal organisierten Betrieben vorhandenen<br />

Abteilungen in nun je einzelne voneinander weitestgehend unabhängige Betriebe<br />

bzw. Leistungserstellungsprozesse. Die Vernetzung mit anderen Unternehmen, aber auch die<br />

Abflachung von Hierarchieebenen oder der technologische Fortschritt, machen eine mehr<br />

oder minder permanente Anpassung der betrieblich benötigten Qualifikationen erforderlich.<br />

Damit werden gleichzeitig sich nicht verändernde oder anspruchslosere berufliche Anforderungsprofile<br />

entwertet. Es handelt sich demnach um keine Zerlegung, sondern um die Beschreibung<br />

eines mehr oder minder kontinuierlichen und dynamischen Prozesses, wobei offen<br />

ist, ob sich in naher Zukunft ein neues, weniger dynamisches Gleichgewicht einstellen wird.<br />

Zunehmend projektförmig (einzelauftragsbezogene) organisierte Arbeit in Betrieben erschwert<br />

Vorhersagen über die zu erwartende Beschäftigungsstabilität, aber auch über den<br />

Umgang mit beruflichen Qualifikationen. Projektförmig organisierte Arbeit ist einerseits<br />

kurzfristig angelegt, benötigt aber andererseits zumindest teilweise hohe Qualifikationsprofile,<br />

die zudem permanent weiterentwickelt werden müssen. Bei nicht projektförmig organisierten<br />

bzw. standardisierbaren Güter- und Dienstleistungserstellungsprozesse kann die Verlagerung<br />

ins Ausland eine (zusätzliche) Gewinnmarge einbringen, wodurch im Inland insbesondere<br />

weniger gut qualifizierte Personen von Entlassung bedroht oder betroffen sind. Andererseits<br />

können sich Betriebe insbesondere bei anspruchsvollen Qualifikationsprofilen nicht<br />

3 Im Bereich der Löhne und Gehälter ist das beispielsweise die Frage nach Mindestlöhnen (oder<br />

Lohnerhöhungen), im Bereich der Beschäftigungsstabilität die Kündigungsschutzregelungen (bzw. zu möglichen<br />

Auffangmechanismen wie es in der Flexicurity-Diskussion anklingt) und im Bereich der Qualifikationen<br />

Aspekte und Möglichkeiten lebenslangen Lernens.<br />

4 Zu diesem Thema wird ein Sammelband von Lazaer/Shaw (2007) herausgegeben, der dies anhand empirischer<br />

Daten für verschiedene westeuropäische Länder und die Vereinigten Staaten zeigt. Ergebnisse für<br />

(West-)Deutschland im Zeitraum 1993 bis 2000 befinden sich in <strong>Alda</strong> et al. (2006).

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