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SANIEREN UND SPAREN - Sparkassenzeitung

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36<br />

FINANZGRUPPE<br />

BERATUNG<br />

Heimliche Tester<br />

Der Einsatz von staatlichen Testkäufern in Kreditinstituten wurde zuletzt emotional diskutiert.<br />

Dabei ist ins Hintertreffen geraten, dass „Mystery Shopper“ in vielen Häusern bereits zum Einsatz<br />

kommen – um die Beratungsqualität zu ermitteln und zu verbessern.<br />

n VON ANJA KÜHNER<br />

Viele Unternehmen nutzen Testkäufer<br />

zur Qualitätssicherung, und das<br />

nicht erst seit der umstrittenen Ankündigung<br />

der Verbraucherschutzministerin<br />

Ilse Aigner, verdeckte BaFin-Ermittler<br />

auf die Kreditwirtschaft loszulassen. Die<br />

Ostsächsische Sparkasse Dresden (OSD)<br />

etwa lässt sich seit vielen Jahren regelmäßig<br />

von Mystery Shoppern auf den<br />

Zahn fühlen. „Testkäufe runden neben<br />

den klassischen Marktforschungsinstrumenten<br />

das Bild über unser Haus von<br />

außen ab“, sagt Gunnar Fischer, Direktor<br />

Vertriebsmanagement bei der OSD.<br />

„Mit ihnen kann man frühzeitig Verbesserungspotenziale<br />

und zugleich Stärken<br />

identifizieren.“<br />

Ziel sei die Qualitätssicherung. Testkäufe<br />

seien Kritik, Gradmesser und<br />

Impuls zugleich. „Mit dem Sparkassen-<br />

Finanzkonzept haben wir eine gute<br />

Grundlage für eine bedürfnisgerechte<br />

Beratung unserer Kunden. Testkäufe unterstützen<br />

uns bei der Perfektionierung<br />

unserer Beratungstechnik“, erläutert<br />

Fischer. Für ihn sei das ein klarer Wettbewerbsvorteil.<br />

Außerdem gelte: „Selbst<br />

wenn einem das Spiegelbild missfällt,<br />

und Fehler zeigt – es bleibt trotzdem ein<br />

Spiegelbild.“<br />

„Viele Banken setzen derzeit auf Qualitätsoffensiven,<br />

doch die Beratungsqualität<br />

muss man zur Erfolgskontrolle etwa<br />

jedes Jahr prüfen“, bestätigt Mystery<br />

Shopping-Experte Kai Fürderer vom Institut<br />

für Vermögensaufbau (IVA). Denn<br />

nur im Jahresvergleich könne man eine<br />

Qualitätsänderung dokumentieren.<br />

Haspa: Tests steigern die Qualität<br />

Davon zeigen sich auch die Verantwortlichen<br />

der Hamburger Sparkasse überzeugt.<br />

Bereits seit Jahren setzt das Institut<br />

Testkäufer ein, um die eigenen Qualitätsansprüche<br />

zu verifizieren. Dabei gibt es<br />

die Testbereiche Service und Beratung.<br />

Sechs Mal im Jahr wird die Servicequalität<br />

jeder Filiale getestet. Die sechs unterschiedlichen<br />

Testszenarien beziehen<br />

sich auf Themen wie Reiseschecks, Sortenumtausch,<br />

Prepaid-Kreditkarte oder<br />

Onlinebanking. Jährlich prüfen sieben<br />

Tests pro Filiale die Beratungsqualität.<br />

Ein Test-Szenario dreht sich dabei um<br />

die Neueröffnung eines Girokontos. „Die<br />

Tests zeigen ein gutes und steigendes<br />

Qualitätsniveau, so dass sich das gesamte<br />

Institut in einem kontinuierlichen<br />

Verbesserungsprozess befindet“, berichtete<br />

Reinhard Klein, stellvertretender<br />

Sprecher des Haspa-Vorstands, auf der<br />

16. „Handelsblatt“-Tagung Privatkunden<br />

im März in Mainz. Dazu sei vor allem<br />

auch ein zeitnahes Feedback notwendig.<br />

Die Ergebnisse der Testkäufer würden<br />

den Beratern mitgeteilt. Allerdings fließe<br />

das Ergebnis laut Klein in keiner Weise<br />

in eine individuelle Beurteilung ein. Es<br />

schlage sich auch nicht in Personalakten<br />

nieder, und es habe keinen Einfluss auf<br />

das Erreichen von Vergütungszielen.<br />

Die Haspa hat ihr Qualitätsmanagement<br />

bereits seit 1993 auf der Basis von<br />

Kundenbindung und -zufriedenheit etabliert.<br />

Zwischen 1998 und 2004 setzte das<br />

Institut auch die Vereinbarung von vergütungsrelevanten<br />

Qualitätszielen um.<br />

Diese Qualitätsziele machen inzwischen<br />

auf Mitarbeiterebene 50 Prozent der gesamten<br />

Ziele aus, wie Klein berichtete.<br />

Allerdings warnen Mystery-Shopping-<br />

Experten: „Wenn ein Mitarbeiter Angst<br />

hat, dass er ausspioniert wird, dass das<br />

Testergebnis in der Personalakte landet<br />

oder er bei schlechtem Abschneiden gefeuert<br />

wird, dann könnte er sich verweigern“,<br />

sagt Stefanie Prins vom Beratungsunternehmen<br />

Yougov-Psychonomics.<br />

Wenn sich ein Berater aber verweigere<br />

oder gar bewusst eine schlechte Beratung<br />

abliefere, bestehe die Gefahr, dass er<br />

echte Kunden vergrault.<br />

Letzten Endes zählt für ein Geldinstitut<br />

nur, dass die Testkäufe die Beratungsqualität<br />

verbessern: „Wenn ich auf dem<br />

Stuhl des Kunden keine Verbesserung<br />

spüre, war das nicht erfolgreich“, sagt<br />

IVA-Experte Fürderer. „Wenn ein Institut<br />

nach drei Jahren feststellt, dass sich<br />

die Freundlichkeit der Mitarbeiter nicht<br />

verbessert hat, haben die Unternehmen<br />

eine bessere Argumentationsbasis für<br />

Maßnahmen, so dass die Mitarbeiter Veränderung<br />

eher akzeptieren.“ Solche Maßnahmen<br />

seien meist Fach- und Kommunikations-Trainings.<br />

Berater testen oft andere Berater<br />

Die Haspa-Berater können in Zukunft<br />

auch individuelle Beraterbewertungen<br />

erhalten, wenn die Mitarbeitervertretung<br />

zustimmt. „Externe Beraterportale bieten<br />

schon jetzt vermehrt Transparenz“, sagt<br />

Institutsmanager Klein. „So können sich<br />

die Mitarbeiter darauf vorbereiten und<br />

an die kommende interne Transparenz<br />

gewöhnen.“<br />

Viele Sparkassen setzen systematische<br />

Testkäufe seit Jahrzehnten ein. Die Vorgaben<br />

externer Tester unterscheiden sich<br />

jedoch oft von der Ausrichtung interner<br />

Tests. „Externe machen keine Tests zur<br />

Selbstbeweihräucherung, sondern haben<br />

zum Ziel, in wenigen Sichtproben<br />

kritische Aspekte herauszuarbeiten, die<br />

zum Schutz der Mitarbeiter und der Kunden<br />

besser definiert und trainiert werden<br />

müssen“, sagt IVA-Experte Fürderer.<br />

Für die Ostsächsische Sparkasse Dresden<br />

gehören Testkäufe – egal ob von ihr<br />

selbst oder von Dritten initiiert – zum<br />

Beratungsalltag, wie Vertriebsmanager<br />

Fischer sagt. Das Institut beauftrage regelmäßig<br />

Dienstleister mit anonymen<br />

Testkäufen und das Engagement mache<br />

sich bezahlt. In der Sparkassen-Finanz-<br />

Geplante BaFin-Testkäufe sind derzeit nicht möglich<br />

Verbraucherzministerin Ilse Aigner will, dass<br />

die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />

(BaFin) künftig von Dritten Testkäufe<br />

im staatlichen Auftrag durchführen lässt. Die<br />

Testkäufe sollen überprüfen, ob Institute die<br />

rechtlichen Vorgaben des Wertpapierhandelsgesetzes<br />

zur Anlageberatung einhalten. Das ist<br />

allerdings nur mit einer Gesetzesänderung des<br />

Wertpapierhandelsgesetzes möglich, darauf<br />

hatte der Bundesbeauftragte für Datenschutz,<br />

Peter Schaar, hingewiesen. Wann das Verfahren<br />

beendet sein wird, steht zurzeit nicht fest.<br />

Bei den BaFin-Testkäufen soll es sich nicht<br />

um „verdeckte Ermittlungen“ im Sinne der<br />

Strafprozessordnung“ handeln, stellt eine<br />

BaFin-Sprecherin klar. Aigners Begriff der „privaten<br />

Ermittler“ hatte bei den Bankenverbänden<br />

Widerstand ausgelöst, die sich gegen die<br />

„Kriminalisierung einer ganzen Berufsbildes<br />

von 300.000 Mitarbeitern“ verwehren.<br />

S P A R K A S S E J U L I 2 0 1 1

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