Matrix3000 History: Was wäre wenn... die Geschichte anders wäre? (Sonderheft) (Vorschau)
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Mozart und<br />
Linley 1770<br />
im weiteren Verlauf der Handlung jedoch<br />
widerlegt. Das insgesamt recht<br />
wirre Werk von Regisseur Miroslav<br />
Luther entzieht sich bewusst der<br />
Festlegung auf eine bestimmte Deutung<br />
von Mozart Tod.<br />
Die „Freimaurer-Theorie“ besagt<br />
in ihrer detaillierteren Ausformung,<br />
dass in der „Zauberflöte“<br />
18 Geheimnisse der Loge verraten<br />
worden seien. Der Bund der Freimaurer<br />
war seit 1742 in Wien vertreten.<br />
Kaiser Joseph II., Urheber des Bonmots,<br />
Mozarts „Figaro“ enthalte „zu<br />
viele Noten“, stand dem humanitären<br />
und aufgeklärten Geist der Loge ursprünglich<br />
wohlwollend gegenüber.<br />
1785 allerdings beschloss er jedoch<br />
sein „Freimaurerpatent“, das <strong>die</strong> Logentätigkeit<br />
stark behinderte und einschränkte.<br />
In <strong>die</strong>sen Zeiten der Loge<br />
nicht den Rücken zu kehren, bewies<br />
Mut. Das Verschwiegenheitsgebot<br />
gab es zweifellos, jedoch war <strong>die</strong> „Geheimniskrämerei“<br />
kein Selbstzweck,<br />
sondern entstand zum Selbstschutz<br />
aufgrund kirchlicher Verfolgung. So<br />
merkwürdig uns <strong>die</strong> Logen-Rituale<br />
heute erscheinen, zur Lebenszeit Mozart<br />
war es ein Zeichen eines freien,<br />
kritisches Geistes, dort Mitglied zu<br />
werden. Es gab im Ständestaat nicht<br />
so viele säkulare, humanistische Bewegungen,<br />
<strong>die</strong> das Prinzip der Ranggleichheit<br />
aller Menschen vertraten.<br />
Seit 1782 war der Komponist Mitglied<br />
der Loge „Zur Wohltätigkeit“.<br />
In seinem letzten Brief an den Vater<br />
Leopold (4. April 1787) beschreibt<br />
er seine Gefühle der Dankbarkeit<br />
gegenüber den Freimaurern. Er<br />
sah den Beitritt als Gelegenheit zur<br />
Schulung seines Geistes im Sinne<br />
von praktizierter Humanität. Mehrere<br />
Kompositionen widmete Mozart<br />
der Loge, so zuletzt im Todesjahr <strong>die</strong><br />
„Freimaurer“-Kantate. Nach Ansicht<br />
mehrerer Mozart-Experten enthält<br />
<strong>die</strong> „Zauberflöte“ keinen Geheimnisverrat.<br />
In dichterischer Form werden<br />
darin lediglich einige Ideale der Loge<br />
(Tugend, Verschwiegenheit, Wohltätigkeit)<br />
transportiert. Prinz Tamino<br />
durchläuft eine Reihe von Prüfungen,<br />
<strong>die</strong> an <strong>die</strong> Einweihungsrituale der<br />
Freimaurer erinnern. „Guru“ Sarastro<br />
gibt den gravitätischen Logen-Oberen:<br />
„In <strong>die</strong>sen heiligen Hallen kennt<br />
man <strong>die</strong> Rache nicht“. Ist es wahrscheinlich,<br />
dass sich Mozart gerade<br />
durch <strong>die</strong>ses eindeutige Bekenntnis<br />
zur Weltanschauung der Freimaurer<br />
deren Rache zugezogen hat? Für ein<br />
Zerwürfnis des Genies mit der Loge<br />
kurz vor Lebensende gibt es keine<br />
historischen Belege. Ebenso dürfte<br />
<strong>die</strong> Vorstellung einer rachsüchtigen<br />
Mörderbande überkommenen und<br />
ungerechten Freimaurer-Klischees<br />
geschuldet sein.<br />
Wie starb Mozart wirklich?<br />
In den 50er-Jahren gehörte Aloys<br />
Greither, Professor für Dermatologie,<br />
zu den geachtetsten Mozart-Experten.<br />
In seinem Werk „Wolfgang Amadé<br />
Mozart – Seine Leidengeschichte“<br />
führt er aus, dass der Keim von Mozarts<br />
tödlicher Krankheit schon in den<br />
schweren Erkrankungen des Knaben<br />
zu finden gewesen sei. Die Wunderkind-Karriere“<br />
des Buben, vorangetrieben<br />
durch den ehrgeizigen Vater<br />
Leopold, hätte Wolfgangs Gesundheit<br />
früh untergraben. Maßgeblich dafür<br />
seien <strong>die</strong> ausgedehnte Reisetätigkeit<br />
sowie geistige Überanstrengung gewesen.<br />
Mozarts finale Erkrankung<br />
war nach Greither ein chronisches<br />
Nierenleiden, das sich durch einen<br />
aktuellen Infekt verschlimmerte.<br />
Dieses Ereignis sei aber nur <strong>die</strong> Eskalationsstufe<br />
einer ganzen Kette<br />
gesundheitlicher Probleme gewesen.<br />
„Zeit online“ resümiert: „Der Leser<br />
<strong>die</strong>ser Krankheitsgeschichte wird mit<br />
Erschütterung inne, wie überbürdet<br />
von Leiden, wie arm an Licht und wie<br />
fast ganz ohne fürsorgende Liebe in<br />
jedem Alter das Dasein <strong>die</strong>ses Genies<br />
war, der soviel Glanz und Wärme zu<br />
verschenken hatte.“<br />
Im Jahr 2000 beschäftigte sich ein<br />
Ärztekongress in Baltimore erneut<br />
intensiv mit dem Tod des Komponisten.<br />
Den Kongress-Teilnehmern<br />
wurde <strong>die</strong> Krankheitsgeschichte<br />
Mozarts in allgemeiner Form vorgetragen,<br />
ohne dass sein illustrer<br />
Name genannt wurde. Auf <strong>die</strong>se Weise<br />
konnten <strong>die</strong> beteiligten Ärzte <strong>die</strong><br />
wahrscheinliche Todesursache objektiver<br />
bestimmen. Den akuten Krankheitsverlauf<br />
kann man ungefähr so<br />
zusammenfassen: Am 20. November<br />
1991 klagte Mozart über Fieber, Gliederschmerzen,<br />
geschwollene Arme<br />
und Beine. Er war reizbar und ruhebedürftig.<br />
Später kamen Erbrechen<br />
und Durchfall hinzu. Kurz vor seinem<br />
Tod am 5. Dezember fiel er ins Koma.<br />
Die Kongress-Teilnehmerin Faith<br />
Fitzgerald diagnostizierte ein akutes<br />
rheumatisches Fieber, ausgelöst<br />
durch Streptokokken-Bakterien – ein<br />
Leiden übrigens, das man heute mit<br />
Antibiotika problemfrei behandeln<br />
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MATRIX 3000 <strong>History</strong>