Tagungs- bericht - Sparkassenverband Baden-Württemberg
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möglich: Die Verstädterung der Dörfer<br />
und die Verdörferung der Städte oder in<br />
der Sprache der Planer: Die Verdichtung<br />
und die Entdichtung. Motorisierung und<br />
Mobilität lassen zudem die Grenzen zwischen<br />
Stadt und Land immer fließender<br />
werden. Der „Stadt“-Begriff wird kaum<br />
mehr abgrenzbar sein. Im internationalen<br />
Maßstab schwanken heute schon die<br />
Mindesteinwohnerzahlen einer Stadt<br />
zwischen 200 Einwohnern in Dänemark,<br />
10.000 Einwohnern in der Schweiz und<br />
30.000 Einwohnern in Japan.<br />
Die Weltbevölkerung wandert und<br />
wächst, Deutschlands Bevölkerung<br />
hingegen altert und schrumpft. Jahr für<br />
Jahr verliert das Land drei- bis vierhunderttausend<br />
junge Menschen. Die Folge<br />
ist eine rege Schrumpfungsdebatte zur<br />
Zukunft der Städte in Deutschland. Bei<br />
der rückläufigen Bevölkerungszahl wird<br />
teilweise sogar Entvölkerung befürchtet<br />
in Verbindung mit Problemen wie Überalterung,<br />
Vereinzelung und zunehmender<br />
sozialer Ungleichheit. Von notwendigem<br />
„Rückbau“ (vor allem in Ostdeutschland)<br />
ist die Rede, was im Klartext doch nur<br />
„Abriss“ bedeutet (vgl. Keim 2001, S. 20).<br />
Auf die Städte in Deutschland kommt<br />
eine schwierige Gratwanderung zwischen<br />
Schrumpfung und Wachstum zu.<br />
Manche Regionen müssen mit massiven<br />
Bevölkerungsrückgängen rechnen,<br />
andere entwickeln sich zu regelrechten<br />
Wachstumsregionen. Und wieder andere<br />
trotzen diesen Trends, weil sich ihre<br />
Einwohnerzahl wider Erwarten stabilisiert.<br />
Im Jahr 2000 war beispielsweise<br />
von den 320.000 Wohnungen in Leipzig<br />
jede Fünfte unbewohnt. Gleichzeitig<br />
standen in den das Stadtbild prägenden<br />
Altbauten über 40.000 Wohnungen leer.<br />
Jetzt sinkt die Leerstandsquote plötzlich<br />
und die alten Stadtquartiere gewinnen<br />
wieder an Attraktivität. Stadtteile und<br />
Wohnquartiere bekommen wieder eine<br />
neue Bedeutung als Mittelpunkte des Lebens,<br />
als private Rückzugs- und zentrale<br />
Aufenthaltsorte - nicht mehr nur für den<br />
Feierabend, sondern 24 Stunden lang,<br />
Tag für Tag.<br />
Aus städtepolitischer Sicht gleicht die<br />
Entwicklung mehr dem Bild einer bipolaren<br />
Stadt, „in der Schrumpfungs- und<br />
Wachstumsprozesse parallel verlaufen<br />
und sich gegenseitig beeinflussen“ (Tiefensee<br />
2003, S. 4): Großsiedlungen am<br />
Rande der Stadt durchleben Schrumpfungsprozesse,<br />
während gleichzeitig die<br />
Alt- und Innenstadt als Stadt der kurzen<br />
Wege ihre Magnetwirkung entfaltet.<br />
Das Leben in der Stadt der Zukunft hat<br />
somit zwei Gesichter: Schrumpfenden<br />
Städten z.B. im Osten Deutschlands, im<br />
nördlichen Ruhrgebiet, im Saarland oder<br />
in Rheinland-Pfalz stehen wachsende<br />
Städte in Regionen wie z.B. München,<br />
Stuttgart oder Frankfurt gegenüber, deren<br />
Bevölkerungszahl stabil bleibt oder<br />
sogar wächst.<br />
These 2:<br />
Die Menschen wandern zum Wohlstand:<br />
Pendler kehren in die Stadt zurück<br />
Wachsende Realeinkommen ermöglichten<br />
es den Bürgern in den vergangenen<br />
Jahrzehnten, die innere Stadt zu verlassen,<br />
um ein Einfamilienhaus im Umland<br />
(„suburb“) zu kaufen. Die Randbereiche<br />
der Metropolen wuchsen zu Lasten der<br />
Kernstädte. Eine Doppelmotorisierung<br />
der privaten Haushalte („Zweitauto“) war<br />
die Folge. Gleichzeitig folgte der Einzelhandel<br />
den Bewohnern in die Vororte.<br />
Ebenfalls ließen sich neue Kultur- und<br />
Freizeiteinrichtungen dort nieder. Ein<br />
stetig steigendes Verkehrsaufkommen<br />
führte zu extremen Belastungen des<br />
Straßennetzes. Im Zuge der Suburbanisierung<br />
kam es zum Verfall innerstädtischer<br />
Quartiere.<br />
Mit dem sich jetzt abzeichnenden Ende<br />
des sich ausbreitenden Wohlstands sind<br />
jetzt auch der Massenmotorisierung<br />
wieder Grenzen gesetzt. Erfahrungsgemäß<br />
zieht es die Menschen in wirtschaftlich<br />
starke Regionen - dorthin, wo es<br />
Arbeit, Wohlstand und Wachstum gibt.<br />
Die „besten Köpfe“, also junge und gut<br />
ausgebildete Menschen, lösen starke<br />
Binnenwanderungen aus und verschärfen<br />
die Ungleichgewichte zwischen den<br />
Regionen. Von den 40 zukunftsfähigsten<br />
Kreisen sollen allein 23 in Bayern und<br />
14 in <strong>Baden</strong> Württemberg liegen.<br />
Die großen Metropolregionen um München<br />
und Stuttgart, Frankfurt/M., Berlin<br />
und Hamburg werden die Gewinner der<br />
Wanderungsbewegung zum Wohlstand<br />
sein.<br />
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