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Tagungs- bericht - Sparkassenverband Baden-Württemberg

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Senioren, bei denen ein ambulanter Pflegestandard<br />

garantiert wird und in denen<br />

Bewohner eigenständiger und selbstbestimmter<br />

als in Heimen leben können.<br />

Sie wohnen in eigenen Räumen, werden<br />

aber zugleich aktiviert durch einen<br />

Gemeinschaftsbereich, in dem gekocht,<br />

gegessen, gebügelt und geredet wird. In<br />

diese Richtung zielen auch Konzepte des<br />

Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA)<br />

mit Förderung des Bundesfamilienministeriums<br />

und der Bertelsmann-Stiftung.<br />

Auch und gerade in räumlicher Hinsicht<br />

sorgt die ältere Generation für ihre<br />

Zukunft gut vor: Jeder vierte Ältere über<br />

50 Jahre wohnt im gleichen Haus bzw.<br />

mit mindestens einem der Kinder unter<br />

einem Dach. Und eine Mehrheit der über<br />

65-Jährigen und hat ihre (erwachsenen)<br />

Kinder in erreichbarer Nähe. Die Alternsforschung<br />

spricht in diesem Zusammenhang<br />

von einer „Beinahe-Koresidenz“<br />

(Kohli u.a. 2000, S. 186). Gemeint ist das<br />

Zusammenwohnen im gleichen Haus,<br />

aber in getrennten Haushalten.<br />

Bereits im 2. Jahrhundert n.Chr. hatten<br />

einzelne Adlige Angehörige eines<br />

anderen Adelsgeschlechts adoptiert, um<br />

so den Fortbestand der Familie und des<br />

Adelsgeschlechts zu sichern. Römische<br />

Kaiser von Trajan bis Mark Aurel gelangten<br />

auf dem Weg über die Adoption<br />

zur Herrschaft. Auch im 21. Jahrhundert<br />

entstehen durch Wohngemeinschaften<br />

und eine Art Adoption neue Wahlfamilien.<br />

Enkel-, Kinder- und Familienlose<br />

werden wie durch Adoption in Wahlfamilien<br />

und -verwandtschaften aufgenommen.<br />

Städte und Gemeinden müssen in<br />

Zukunft mehr als bisher offen für solche<br />

individuellen Lebenszyklusstrategien<br />

sein und dabei die sich im Laufe eines<br />

Lebens mehrfach verändernden Lebens-,<br />

Einkommens- und Vermögensverhältnisse<br />

im Blick haben. Einziehen. Ausziehen.<br />

Umziehen. Diese Unstetigkeit im<br />

Wohnverhalten gehört zum Leben wie<br />

der Wechsel des Arbeitsplatzes oder des<br />

Berufes auch.<br />

Wie in früheren Jahrhunderten lebt der<br />

Gedanke des „ganzen Hauses“ wieder<br />

auf, weil die Menschen aufeinander<br />

angewiesen bleiben und sich mehr<br />

selber helfen müssen. In wirtschaftlich<br />

und gesellschaftlich schwierigen Zeiten<br />

lebt die Genossenschaftsidee wieder<br />

auf. Gleichzeitig wird der Familienbegriff<br />

um den Gedanken des ‚ganzen Hauses’<br />

erweitert. Im ‚ganzen Haus’ haben in<br />

Zukunft wieder alle Platz und werden in<br />

die Haus- und Wohngemeinschaft aufgenommen.<br />

So könnten alle ein selbstbestimmtes<br />

Leben führen – aber nicht<br />

allein. Gemeinsam statt einsam heißt das<br />

Wohnkonzept der Zukunft: Mehr Generationenhaus<br />

und Baugemeinschaft als<br />

Heimplatz und betreutes Wohnen.<br />

Nur knapp drei Prozent der älteren<br />

Menschen ab sechzig Jahren leben heute<br />

in Gemeinschaftsunterkünften wie z.B.<br />

Senioren- und Pflegeheimen. Allerdings<br />

nimmt der Anteil mit steigendem Alter<br />

erheblich zu – mit der Tendenz zur<br />

Verdoppelung: Stationär pflegebedürftig<br />

sind z.B. nur sechs von hundert der<br />

80- bis 84-Jährigen, aber jeder vierte<br />

über 90-Jährige. Drei Viertel der über<br />

90-Jährigen leben also noch in eigenen<br />

Wohnungen bzw. Privathaushalten.<br />

Das Wohnangebot wird in Zukunft für<br />

den Zusammenhalt mehrerer Generationen<br />

sowie für nichtfamiliale Netzwerke<br />

(einschließlich Nachbarschaften)<br />

förderlich sein müssen. Lebensgemeinschaft<br />

wird neu definiert: Soziale Konvois<br />

und Wahlverwandtschaften werden als<br />

lebenslange Begleiter immer wichtiger.<br />

These 9:<br />

Altwerden mit Familie und Freunden<br />

statt Einweisung ins Heim<br />

Mit jedem Wandel einer Lebensphase ändern<br />

sich die Wohnstile. Mit der Zunahme<br />

der Lebenserwartung muss jede(r)<br />

viele und vielfältige Lebensphasen (und<br />

damit Wohnformen) durchlaufen. Idealiter<br />

müsste mit jeder neuen Lebensphase<br />

das Haus bzw. die Wohnung neu eingerichtet<br />

oder gar umgebaut werden. So<br />

gesehen hört mit dem demografischen<br />

Wandel das Einfamilienhaus auf, Idealtypus<br />

der Gesellschaft zu sein.<br />

Sozialer Zusammenhalt wird in Zukunft<br />

pragmatischer verstanden. Bis ins hohe<br />

Alter Selbstverantwortung für das eigene<br />

Befinden tragen und sich weitgehend<br />

selber helfen können, um anderen nicht<br />

zur Last zu fallen: Das wird die neue Solidarität<br />

bzw. neue soziale Verantwortung<br />

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