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1954 - Nr. 09 bis 12

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Echternadt, Anno 17 56<br />

Oder, wie die ,,Angel" bei uns aulkam.<br />

von Jean Paul<br />

Venn die Oktoberregen beginnen, ist es mit dem Spinnern aus. Dann kommen die<br />

Hechtfischer mit primitiven, kräftigen Stangen äns Vasser. Von einer gtoben Bolle<br />

läuft eine steife Schnur durch die weiten Angelringe. Die Schnur hat einen plumpen,<br />

hühnereigroßen Schwimmer. Dicht unter dem Schwimmer hänet an einem starken<br />

Drahtvorfach ein großer Dreihaken.<br />

Die Fischet haken ein lebendes Rotauge oder einen Hasel an den Drilling. Dann<br />

setzen sio das ängstliche Fischchen dahin, wo sie den lauernden Hecht vermuten und sie<br />

warten aul deu Anbiß.<br />

Vinterdurchs fischt man an Sauer und Mosel kaum anders. Die Methode ist alt<br />

und bewährt. Wir kennen sie von unseren Vätern, Diese lernten sie bei ihren Vätern.<br />

Unsere Großväter haben es so bei ihren Vätern gesehen. Einmal aber begann dieses<br />

Fischen ... und es war Imfried, der Echternacher Mönchsbruder, der es hierzulando<br />

lehrte.<br />

Imfried war ein bleicher, ruhiger, frommer Mönch, der im Schreibsaal fleißig und<br />

geschickt Miniaturen malte. Nur Äbt Horman wußte genau wer Imlried war, woher et<br />

karn und weshalll er die Kutte trug.<br />

Abt Horman war gutmütig, aber er hielt die Klostergemeinde streng an die Vorschriften<br />

Vatcr Benedikts. Dreimal die Voche *urde Fisch gegessen, Alle Sauerlische<br />

von Vallendorf <strong>bis</strong> hinunter nach rVasserbillig gehörten dem Kloster, so auch das Privileg<br />

in Prüm und Nims, in Gay, in Enns und Erz. Die Lorentz aus Echternach waren die<br />

Klosterfischer. Sie hatten in -einem Seitenbau, dicht neben der Kunstschmiede, wo Bruder<br />

Stephan arbeitete, eine eigene Fischerwerkstätte. Dort besserten sie die Boote aus, dort<br />

strickten sie Netze und flochten sie Körbe. Von dem Gebälk der Decke hingen Netze, Bügel<br />

und Stellkörbc in vielen Größen herab. An den Vänden hingen viele Stecheisen u, Picken.<br />

Dio Lorentzbrüder waren gute Fischer. Sie fingen immer mit Vurf- und Hebenetz.<br />

Alles was sie erbeuteten blieb lebend in einem großen Holzlagel, das dicht am Kloster in<br />

der Sauei lag. Fabian und Ambrosius, die Küchenbrüder, holten daraus, was das Kloster<br />

brauchte.<br />

Wenn die beiden Lorentz es einmal sehr gut meinten, dann gingen sie Hechte stechen.<br />

Fabian briet sie am Spieß und beträufelte sie darauf mit einer Essigtunke, die mit<br />

Angelika, mit Alant, Äit R"..t" und tllelisse durchwürzt war. So a-S .q-bi Horman<br />

sro un8emern gern.<br />

* * *<br />

Da war ein Jahr gekommen, wo die Lorentzbrüder, mit dem besten Villen das<br />

Lagel nicht füllen konnten. Die Sauer war ihres Vissens noch nie so ann an Mönnen,<br />

Barben, Nasen, Aschen, Forellen und Barschen gewesen. Nur Hechte lagen dickgemästet<br />

in alleu Ecken Da wollten die beiden diesem Raubvieh einmal gehörig auf den Leib<br />

rücken. Vochenlang hatten sie Fischkörbe geflochten und sie ausgelegt, Aber diese waren<br />

so rasch gestohleu worden wie sie ausgestellt wurden, Da blieben nur die Stecheisen. Die<br />

Lorentz brachten schöne Hechte, aber sie waren alle schlimm zerschunden und aufgerissen.<br />

Pater Cellerarius erzählte zulällig von dieser Fischsorge in Gegenwart von Bruder<br />

Imfried, Imfried meinte genau so zufällig die Lorentz seien Vandalen, die vom Fischen<br />

wenig verstünden, Venn die Hechte rechtzeitig weggefangen worden wären, hätte diese<br />

, Katastropho nie kommen können. Aber Hechte steche man nicht. Sein Herz ziehe sich<br />

lmmer zusommen wenn er die Gesellen mit den Eisen ausziehen sehe. fn seiner Heimat<br />

Iango man Hechtc mit einer Angel. Dann könne man sie lebend in Trögen halten pls<br />

leckere Bissen für die heiligen Tage.<br />

* * *<br />

Einmal später holte Pater Cellerarius ilen hageren Imfried aus dem Malsaal und<br />

ging mit ihm zu Pater Volfgang, dem Prior. Hier hörte Imfried, es sei beschlossen,<br />

daß er für längere Zeit d,as Malpult verlasse, um sich einmal um die Lorentz und dio<br />

Klosterfische zu- kümmern. Er sei- an allen Tagen. wo er fische von Terz. von Sext und<br />

Non entbunden, So wolle es Pater Abbas.<br />

Nachdem der Prior gesprochen, hatto der Cellerarius ein lrohes Leuchten in den<br />

Augen des stilleu Imfried gesehen.<br />

* * ?<br />

t29

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