IM AUGE DES SIEGERS!
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
fußball<br />
DER EINE (PETER STÖGER) HAT ES<br />
GESCHAFFT, DEN 1. FC KÖLN IN DEN<br />
GRIFF ZU BEKOMMEN, UND HAT<br />
DEN CLUB DORTHIN GEFÜHRT, WO<br />
ER NACH DEM SELBSTVERSTÄNDNIS<br />
DER FANS NIE HÄTTE FEHLEN DÜR-<br />
FEN: IN DIE ERSTE BUN<strong>DES</strong>LIGA. DEM<br />
ANDEREN (ANDRÉ BREITENREITER)<br />
IST MIT DEM SC PADERBORN EBEN-<br />
FALLS DER AUFSTIEG GELUNGEN –<br />
ZUR ÜBERRASCHUNG ALLER<br />
EXPERTEN. HÖCHSTE ZEIT, DIE<br />
BEIDEN ERFOLGSTRAINER VOR DER<br />
NEUEN SAISON VORZUSTELLEN.<br />
Wettschulden sind Ehrenschulden. Das<br />
dachte sich auch Peter Stöger (48), nachdem<br />
er den 1. FC Köln wieder in die Bundesliga<br />
zurückgeführt hatte. Mit der WDR-Lokalzeit<br />
hatte er schließlich eine irre Wette laufen:<br />
Wenn er mit dem 1. FC Köln aufsteige, hatte<br />
er in einem schwachen Moment versprochen,<br />
dann werde er auf Knien einmal um den<br />
Dom robben. Gesagt, getan. Als kleine<br />
Verstärkung schnappte sich der Österreicher<br />
noch seine Lebensgefährtin Ulrike Kriegler.<br />
Er startete die Umrundung auf Knien – sie im<br />
Handstand. Der Boulevard lag sich vor Glück<br />
fast weinend in den Armen, die Fans waren<br />
begeistert – und Stöger zufrieden.<br />
Es scheint, als würde da einer wie die Faust<br />
aufs Auge zu seinem neuen Verein passen.<br />
Die Fans jedenfalls lieben ihren neuen<br />
Coach, weil er ein wenig verrückt ist, aber<br />
vor allem weil er den sportlichen Erfolg<br />
zurückgebracht hat. Aber das wahre Wunder<br />
ist eigentlich ein anderes: In einem Club, der<br />
zuweilen eher an eine Karnevalsgesellschaft<br />
erinnerte, ist dank Stöger und Geschäftsführer<br />
Jörg Schmadtke tatsächlich Ruhe eingekehrt<br />
– sowohl intern als auch medial. „Peter<br />
hat bisher sehr viele Dinge richtig gemacht“,<br />
sagt Kölns Vize-Boss Toni Schumacher und<br />
lobt weiter: „Er nimmt keine Rücksicht auf<br />
große Namen, ist einfach konsequent. Peter<br />
lässt sich von niemandem reinreden.“<br />
Reinreden ließ er sich auch nicht bei seiner<br />
Entscheidung, die er vor seinem Engagement<br />
mit Köln treffen musste: Austria Wien<br />
und Champions League? Oder 1. FC Köln und<br />
Gegner wie der VfR Aalen? „Für mich war<br />
sofort klar, dass ich die Chance nutzen will,<br />
hier zu arbeiten“, sagt Stöger. „Das Umfeld,<br />
die Fans, die Strukturen – das ist alles<br />
bundesligatauglich. Den sportlichen Bereich<br />
auch wieder auf dieses Niveau zu heben, ist<br />
eine Aufgabe, die mich total reizt.“<br />
Die Voraussetzungen sind also da. Damit ist<br />
der 1. FC Köln seinem Mit-Aufsteiger schon<br />
ein gutes Stück voraus. Der Erfolg des SC<br />
Paderborn traf viele Experten, aber auch die<br />
Protagonisten recht unvorbereitet. Erstmals<br />
in der Historie sind die Paderborner in der<br />
ersten Bundesliga vertreten. Und so geriet<br />
selbst Trainer André Breitenreiter (40) nach<br />
dem Erfolg für einen kurzen Moment ins<br />
Grübeln.<br />
Trotz eines bis 2016 laufenden Vertrags ließ<br />
Breitenreiter nach dem Aufstieg erst einmal<br />
offen, ob er dieses Abenteuer überhaupt<br />
miterleben wolle. „Ich habe zu keiner Zeit<br />
an meinem Engagement in Paderborn gezweifelt“, sagt er, „aber ich<br />
wollte sichergehen, dass wir eine ausreichende Basis für erfolgreichen<br />
Fußball auch in der Bundesliga haben.“ Nun ist er sich sicher:<br />
„Ich bin absolut überzeugt davon, dass wir eine schlagkräftige<br />
Mannschaft haben werden.“<br />
Foto: Anke Waelischmiller/SVEN S<strong>IM</strong>ON<br />
Breitenreiter kennt eigentlich gar keine andere Situation, als aus<br />
eher bescheidenen Mitteln ein wettbewerbsfähiges Team zu formen.<br />
Das war beim Viertligisten TSV Havelse der Fall, als er seine Trainerkarriere<br />
begann, und das ist vor einem Jahr auch in Paderborn<br />
nicht anders gewesen. Vor der Runde wurde Paderborn bei vielen als<br />
Zweitliga-Absteiger gehandelt. Durch ein pressingorientiertes und<br />
wahlweise ballbesitzfokussiertes Spielsystem überraschten die<br />
Paderborner allerdings alle Experten – eine Entwicklung, die vor allem<br />
mit Breitenreiter zusammenhängt. Das weiß auch Präsident Wilfried<br />
Finke, der seinen Trainer nicht umsonst den Vater des Erfolgs nennt.<br />
Umso wichtiger, dass die Club-Verantwortlichen nun Breitenreiter<br />
von einem Verbleib überzeugen konnten, denn der Coach hat seine<br />
persönlich hohen Ziele nie verschwiegen: „Ich fixiere mich nicht auf<br />
Vereine, die schlechte oder nicht konkurrenzfähige Trainingsmöglichkeiten<br />
oder eine geringe Wirtschaftlichkeit besitzen. Perspektivisch<br />
würde ich mich gerne auch mal anders ausprobieren. Aber wann das<br />
der Fall ist, kann ich auch nicht sagen.“ Jetzt geht er erst mal die<br />
Mission Klassenverbleib an. Die Bundesliga darf sich freuen.<br />
Auf André Breitenreiter. Und auf Peter Stöger.<br />
Fotos: picture-alliance/dpa | Text: Carsten Meyer<br />
sportslife 33