Neue Wege - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und ...
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<strong>und</strong> Männern türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen<br />
<strong>und</strong> fanden heraus, dass überraschend<br />
viele Männer geschlechterdemokratische<br />
Einstellungen vertreten. Lediglich an der<br />
Umsetzung hapere es oftmals. Aber das ist wohl<br />
kein spezifisch türkisches Problem.<br />
Die junge Generation von männlichen Türken<br />
in Deutschland entwickelt eigene <strong>und</strong> zum Teil<br />
sehr unterschiedliche Konzepte, die sich sowohl<br />
von Altersgleichen der deutschen Gesellschaft<br />
wie auch von der eigenen Elterngeneration unterscheiden.<br />
Ali Dericioglu ist dafür ein Beispiel.<br />
„Hätte ich eine Türkin in der Türkei geheiratet,<br />
wäre ich heute vermutlich kein Hausmann. So<br />
etwas gibt es dort so gut wie gar nicht. Außerdem<br />
habe ich in Deutschland durch viele Diskussionen<br />
mit meinen Fre<strong>und</strong>en herausgef<strong>und</strong>en,<br />
dass ich nicht religiös bin.“ Er möchte so leben,<br />
wie er es für richtig hält.<br />
ƒ Zur richtigen Zeit am richtigen Ort<br />
Es gibt ein weiteres Klischee, das Ali Dericioglu<br />
nicht bedient: das des Hausmanns, der im<br />
handgestrickten Norweger-Pullover über anthroposophische<br />
Erziehung philosophiert. Ali<br />
Dericioglu ist jemand, der sein Leben selbst<br />
in die Hand nimmt. Er ist bis zu seinem 20. Lebensjahr<br />
in Adana, einer türkischen Provinzhauptstadt,<br />
aufgewachsen <strong>und</strong> kam dann nach<br />
Deutschland. Sein Vater hat die Schule nur bis<br />
zur dritten Klasse besucht. Seine Mutter kümmerte<br />
sich – ohne Schulbildung – zeitlebens um<br />
die <strong>Familie</strong>. Nach Deutschland kam der damals<br />
20-Jährige um zu studieren. Zwei seiner Brüder<br />
lebten bereits in Deutschland, als er hierher<br />
kam. Er ist aber der einzige in der <strong>Familie</strong>, der<br />
einen Hochschulabschluss hat.<br />
Noch etwas zeichnet den Lebensweg von Ali<br />
Dericioglu aus: Er war sehr oft in seinem Leben<br />
zur rechten Zeit am rechten Ort. Und jedes Mal<br />
fasste er die Gelegenheit beim Schopfe. Er war<br />
das erste Kind der <strong>Familie</strong>, das den Kindergarten<br />
besuchen konnte – den einzigen in der ganzen<br />
Stadt. Als er zur Schule ging, lernte er im Möbelgeschäft<br />
seines Vaters einen älteren Mann kennen,<br />
der sein Mentor wurde <strong>und</strong> ihn motivierte,<br />
weiter zur Schule zu gehen. In Bremen büffelte<br />
er an der Bremer Universität zuerst zwei Jahre<br />
lang Deutsch. Er wurde dabei von einer jungen<br />
deutschen Frau unterrichtet, die sich sehr für<br />
andere Kulturen interessierte <strong>und</strong> mit einer seiner<br />
türkischen Bekannten befre<strong>und</strong>et war: Pe-