Magazin als PDF - Universitätsklinikum Leipzig
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10 POLITIK SPEZIAL<br />
Ausgabe 25 / 10. Dezember 2010<br />
Gesundheit und mehr...<br />
PISA-STUDIE<br />
Leseförderung mit Büchergeschenken und Elternhilfe<br />
Beim Lesen zeigen noch<br />
immer viele deutsche<br />
Schüler erhebliche<br />
Schwächen. Insgesamt schnitten<br />
sie bei der neuen PISA-<br />
Schulstudie nur mittelmäßig<br />
ab, gut 18 Prozent der 15-Jährigen<br />
gehören sogar zur sogenannten<br />
Risikogruppe mit<br />
eklatanten Mängeln. Das Bundesbildungsministerium<br />
rief<br />
deshalb zusammen mit der<br />
Stiftung Lesen die Initiative<br />
„Lesestart“ ins Leben, die im<br />
kommenden Jahr starten soll.<br />
Das Programm zielt besonders<br />
darauf, Kinder aus sozial<br />
schwachen und bildungsfernen<br />
Familien früh an Bücher<br />
heranzuführen. Dazu sollen<br />
die Kinder im Alter von ein<br />
bis sechs Jahren zum Lesen<br />
und ihre Eltern zum Vorlesen<br />
ermutigt werden. Die Initiative<br />
konzentriert sich zunächst auf<br />
soziale Brennpunkte.<br />
Nicht alltäglich bei deutschen Schülern: Der zehnjährige Dan liest im elterlichen Wohnzimmer ein Buch.<br />
„Lesestart“ gliedert sich in<br />
drei Schritte: Zunächst sollen<br />
einjährige Kinder und ihre<br />
Eltern bei der vorgeschriebenen<br />
Vorsorgeuntersuchung U6<br />
ein kostenloses Lesestart-Set<br />
erhalten, das ein Bilderbuch,<br />
Lesetipps für Eltern und Hinweise<br />
auf Initiativen vor Ort<br />
enthält. Dieses Angebot gibt<br />
es zunächst nicht flächendeckend,<br />
vielmehr sollen in Zusammenarbeit<br />
mit den Kommunen<br />
vor allem in sozialen<br />
Brennpunkten die Sets verteilt<br />
werden.<br />
Ein zweites Lesestart-Set gibt<br />
es für Kinder im Alter von drei<br />
Jahren und ihre Eltern. Diese<br />
sollen in den örtlichen Bibliotheken<br />
verteilt werden, wozu<br />
diese eng mit den Kindertagesstätten<br />
zusammenarbeiten.<br />
Dadurch soll den Familien<br />
auch der Weg zu den Büchereien<br />
geebnet werden. Das<br />
dritte Set gibt es dann zum<br />
Schulstart. Sowohl in Bibliotheken<br />
und in Schulen wird das<br />
Angebot nicht flächendeckend<br />
sein, sondern zunächst auf<br />
ausgewählte Stadtviertel oder<br />
Regionen beschränkt bleiben.<br />
Das Programm ist zunächst auf<br />
acht Jahre ausgerichtet. Das<br />
Foto: dpa<br />
Bundesbildungsministerium<br />
finanziert es mit insgesamt 26<br />
Millionen Euro. Die Initiative<br />
knüpft an erste Pilotprojekte<br />
in Deutschland an. Internationales<br />
Vorbild ist das Projekt<br />
„Bookstart“ in Großbritannien.<br />
AFP<br />
KONSEQUENZEN<br />
Forscher fordert neues Ganztagsschulprogramm<br />
Der deutsche Pisa-Forscher<br />
Eckhard Klieme<br />
hält ein weiteres Bund-<br />
Länder-Programm zum Ausbau<br />
von mehr Ganztagsschulen<br />
für erforderlich. „Es darf aber<br />
kein neues Bauprogramm sein,<br />
sondern müsste in die Inhalte<br />
fließen, in besseren Unterricht<br />
und ein besseres Förder- und<br />
Freizeitprogramm“, sagte<br />
Klieme der Wochenzeitung<br />
„Die Zeit“. Der Frankfurter<br />
Erziehungswissenschaftler hat<br />
den deutschen Teil der neuen<br />
Pisa-Studie geleitet.<br />
Die rot-grüne Bundesregierung<br />
hatte 2004 gegen heftigen Widerstand<br />
der unionsgeführten<br />
Bundesländer ein erstes Ganztagsschulprogramm<br />
in einem<br />
Umfang von vier Milliarden<br />
Euro durchgesetzt. Auf Druck<br />
der Länder durfte jedoch der<br />
Bund nur in Baumaßnahmen<br />
investieren. 2006 setzte der<br />
damalige hessische Ministerpräsident<br />
Roland Koch (CDU)<br />
bei der Föderalismusreform<br />
ein Kooperationsverbot im<br />
Grundgesetz durch, dass dem<br />
Doris Ahnen (SPD), Prof. Eckhard Klieme, Bundesbildungsministerin<br />
Annette Schavan (CDU) und Heino von Meyer (OECD) bei der<br />
Vorstellung der aktuellen PISA-Studie (v.l.).<br />
Foto: AFP<br />
Bund direkte Investitionen in<br />
die Schulen untersagt. Der<br />
Präsident der Universität<br />
Hamburg, Dieter Lenzen, kritisierte<br />
den Bildungsföderalismus<br />
<strong>als</strong> „unglaubliche Leistungsbremse“<br />
in Deutschland.<br />
Ungeachtet der verbesserten<br />
Testergebnisse gebe es in der<br />
Bildungspolitik immer noch<br />
reichlich Nachholbedarf, sagte<br />
Lenzen der dpa in Hamburg.<br />
Als „richtigen Weg“ bezeichnete<br />
Lenzen den bundesweiten<br />
Trend zu zentralen Bildungsstandards.<br />
Der Bildungsforscher Manfred<br />
Prenzel, der 2003 und 2006<br />
die deutschen Teile der Pisa-<br />
Studien verantwortete, übte in<br />
der „Zeit“ Kritik an den Gymnasien.<br />
Sie betrieben zu wenig<br />
Spitzenförderung. Auch an anderen<br />
Schulen könnten Schüler<br />
inzwischen das Abitur ablegen.<br />
„Wenn die Gymnasien in der<br />
Konkurrenz bestehen wollen,<br />
dann müssen sie den besonders<br />
leistungsstarken Schülern<br />
einfach mehr bieten.“<br />
Sachsens Kultusminister Roland<br />
Wöller (CDU) forderte eine<br />
bessere Lehrerausbildung.<br />
„Der Bund sollte gemeinsam<br />
mit den Ländern eine Exzellenzinitiative<br />
ins Leben rufen“,<br />
sagte der CDU-Politiker der<br />
Nachrichtenagentur dpa in<br />
Dresden. Wenn der Aufwärtstrend<br />
bei Pisa anhalten solle,<br />
müsse mehr in die Qualität der<br />
Lehrerausbildung investiert<br />
werden.<br />
Auch der Wissenschaftler<br />
Ewald Terhart von der Universität<br />
Münster forderte eine<br />
bessere Qualifikation der Lehrer.<br />
„Um die Weiterbildung<br />
von Lehrern steht es im Vergleich<br />
zu anderen Berufen sehr<br />
schlecht“, sagte er der dpa in<br />
Münster. Um die anhaltend<br />
schlechten Schulleistungen<br />
von Kindern aus bildungsfernen<br />
Familien zu verbessern,<br />
müssten bereits in den Kindergärten<br />
stärker qualifizierte Erzieher<br />
zum Einsatz kommen.<br />
Seit dem ersten Pisa-Test vor<br />
zehn Jahren sind die deutschen<br />
Schulen etwas besser geworden.<br />
In Naturwissenschaften<br />
und Mathematik erreichen die<br />
15-jährigen Schüler in Deutschland<br />
jetzt das obere Leistungsdrittel<br />
der 34 wichtigsten<br />
OECD-Industrienationen. In<br />
der wichtigsten Lerndisziplin,<br />
dem Lesen und Verstehen von<br />
Texten, bleibt Deutschland allerdings<br />
nur Mittelmaß. Trotz<br />
einiger Verbesserungen bei<br />
Migrantenkindern und Risikoschülern<br />
bleibt auch die soziale<br />
Förderung in den deutschen<br />
Schulen weiter mangelhaft.<br />
Pisa wird von der Organisation<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (OECD)<br />
in Paris veranstaltet. dpa