Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann
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„Und diese Geldrafferei auf Kosten der kleinen Leute, die in die Arbeitslosigkeit getrieben werden,<br />
macht die Manager glücklich?“ fragte Frieda.<br />
„Bestimmt nicht“, entgegnete Egon. „Guck sie dir doch an, diese Nieten in Nadelstreifen. Aber der<br />
Mammon ist nun mal das ehrenwerte Ziel in unserer Gesellschaft. Menschlichkeit zählt nicht. Wer<br />
keinen Profit bringt, dem Streß des immer hektischer werdenden Arbeitsalltags nicht <strong>mehr</strong> gewachsen<br />
ist, der fliegt auf die Straße. <strong>Es</strong> muß mit immer weniger Leuten immer <strong>mehr</strong> Geld verdient werden.“<br />
„Verrückte Welt“, seufzte Frieda und schaute zu uns herüber. „Guckt sie euch an, die beiden, Max und<br />
Bello, wie friedlich sie daliegen. Die haben keine Probleme mit dem Geldverdienen.“<br />
Gern hätte ich <strong>als</strong> Antwort ein zufriedenes Schnurren von mir gegeben, aber da man mich gerade<br />
kastriert hatte, guckte ich nur ganz grimmig herüber, und Bello gab ein herzhaftes Gähnen von sich.<br />
„Wenn der Hennemann meint, daß er in Wismar die modernste Werft der Welt mit unseren<br />
Steuergeldern bauen muß, bitte schön, das große Erwachen wird kommen“, meinte Frieda.<br />
„Das befürchte ich auch“, sagte Jan. „Heinrich Thyssen Bornemisza wird sich <strong>schon</strong> was dabei<br />
gedacht haben, <strong>als</strong> er die fast bankrotte Vulkan-Werft den Bremern überließ. Der hätte bestimmt nicht<br />
für 350 Millionen Mark auf Kredit Atlas Elektronik dazugekauft.“<br />
„Und 2,8 Millionen Vulkan-Aktien für den Kredit <strong>als</strong> Sicherheit hinterlegt“, ergänzte Egon.<br />
„Die Firma MSG Marine- und Sondertechnik mußte Hennemann von Daimler auch noch dazu<br />
kaufen“, fuhr Jan fort. „Ich weiß nicht, ob das richtig ist, eine Firma nach der anderen auf Kredit<br />
dazuzukaufen.“<br />
„Bestimmt nicht“, sagte Egon. „Diese Einkaufsaktionen hat Hennemann auf Kosten der<br />
Betriebsmodernisierung und der Aktionäre betrieben. Die Produktivität der Vu1kan-Werften liegt<br />
hinter der der Konkurrenz, und die Vulkan-Aktien rühren sich auch nicht. Mit denen ist kein<br />
Blumentopf zu gewinnen.“<br />
„Aber an den Auslandsreisen unseres Bundeskanzlers nimmt Hennemann doch auch teil“, sagte<br />
Frieda. „Neulich habe ich ihn mit Bundeskanzler Kohl zusammen im Fernsehen gesehen.“<br />
Egon winkte müde ab. „Das macht doch auf gutgläubige Menschen immer einen guten Eindruck,<br />
wenn er mit unserem Bundeskanzler zusammen auf Auslandsreisen zu sehen ist.“<br />
„Wo du vorhin die Vulkan-Aktien erwähnt hast“, sagte Jan zu Egon, „das kann im kommenden Jahr<br />
für uns Bremer teuer werden. Da kann der Bremer Staat nämlich laut Vertrag gezwungen werden, die<br />
beim Kauf von Atlas Elektronik Vulkan-Vulkan-Aktien zu verkaufen. Beim Kurs ab 125 DM über die<br />
Börse und bei tieferem Kurs an die Banken. Die Kursdifferenz muß dann Bremen bezahlen.“<br />
„Na, toll, schöne Aussichten, die da auf uns zukommen“, antwortete Egon.<br />
So kam das Jahr 1994. Mit Bello stromerte ich durch die Straßen des Bremer Stadtteils Walle. Bello<br />
bewunderte mich, daß ich so geschickt springen und klettern konnte. Das hätte er auch gern gekonnt,<br />
war ihm <strong>als</strong> Hund aber von der Natur nicht vergönnt. Bei den Hunden in der Nachbarschaft hatten wir<br />
uns schnell Respekt verschafft. Da waren einige aggressive Typen dabei, richtige Rassisten, die<br />
meinten, daß sie mich <strong>als</strong> Katze jagen müßten. Bello, der <strong>schon</strong> etwas betagt war, wollten sie auch<br />
noch beißen, da sie glaubten, daß er schwächlich sei und sich in seinem Alter nicht <strong>mehr</strong> richtig<br />
wehren könne. Aber da waren sie bei uns richtig. Wenn so ein Rassist keuchend auf uns zugerannt<br />
kam, habe ich nicht Reißaus genommen. Mit einem gewaltigen Satz bin ich ihm fauchend ins Gesicht<br />
gesprungen und habe gekratzt, was das Zeug hielt. Während ich ihn so bearbeitete, kam Bello mir zu<br />
Hilfe und biß ihn auch noch kräftig, so gut er konnte. Winselnd, den Schwanz eingezogen, <strong>sind</strong> diese<br />
Helden davongetrottet und haben uns in Ruhe gelassen. Einmal hat das Herrchen von solch einem<br />
Rassisten sich bei Jan und Frieda über uns beschwert. Wir würden die ganze Nachbarschaft<br />
terrorisieren meinte er. Sein Hund würde sich nicht <strong>mehr</strong> auf die Straße trauen. Die Tierarztrechnung<br />
wollte er auch noch beglichen haben, weil wir beide seinen Lumpi so arg zugerichtet hätten. Na, dem<br />
haben Jan und Frieda aber was erzählt. Wir seien guterzogene Haustiere, die keinem etwas zuleide tun,<br />
wenn sie in Frieden gelassen werden. Aber wenn er seinen Hund so schlecht erzogen hätte, daß er<br />
glaubt, Katzen und schwächere Hunde seien für ihn Freiwild, das er jagen könne, dann habe sein<br />
Lumpi diese Abreibung <strong>schon</strong> lange verdient.<br />
Wie ich <strong>schon</strong> erwähnte, wir hatten uns schnell Respekt verschafft, und die kläffenden Köter aus der<br />
Nachbarschaft gingen uns im großen Bogen aus dem Weg. Keiner mochte sich mit uns beiden <strong>mehr</strong><br />
anlegen.<br />
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