Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann
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„Darum wird Hennemann auch ganz schnell wieder draußen sein“, sagte Jan. „Denn auch für einige<br />
Bremer Politiker könnte ein Verfahren gegen Hennemann sehr peinlich werden. Schließlich konnte<br />
SPD-Mitglied Hennemann nur im Genossenfilz von Bremen zum Konzernherrn aufsteigen.“<br />
„Ein Rostocker Ermittler hat gesagt, zu sehr seien in Bremen Regierung und Justiz verfilzt. Schnelle<br />
und energische Ermittlungen könnten die Existenz des Bundeslandes Bremen und seiner politischen<br />
Eliten gefährden, wenn sich beweisen lassen sollte, daß die Gewaltenteilung in Bremen nicht <strong>mehr</strong><br />
funktioniert“, unterbrach Egon Jan.<br />
„So ist es“, gab ihm Jan recht, „denn einige Politiker hier in Bremen haben ihr Schäfchen noch nicht<br />
ins Trockne gebracht, die brauchen noch etwas Zeit. Wohlgemerkt, die Anzeige gegen Hennemann<br />
und andere Vorstände lag seit Februar vor, und jetzt, vier Monate später, wo alle ausreichend Zeit<br />
hatten, belastendes Material verschwinden zu lassen, finden die Durchsuchungen statt. Eigentlich war<br />
davon auszugehen, daß nichts <strong>mehr</strong> gefunden wird, nur Hennemann, wie gesagt, der stellte sich so<br />
dusselig an, daß sie ihn festnehmen mußten.“<br />
„Was hat er denn nun so Dusseliges angestellt, daß sie ihn mitgenommen haben?“ wollte Frieda<br />
nochm<strong>als</strong> wissen.<br />
„Er hat sich bei der Durchsuchung seiner beiden Wohnungen in allerhand Widersprüche verwickelt“,<br />
antwortete Jan. „Erst behauptete Hennemann, daß die 121.000 Mark, die in seiner Erstwohnung<br />
gefunden wurden, Haushaltsgeld für seine Frau seien, da er beabsichtigte, für ein paar Tage in die<br />
USA zu fliegen.“<br />
„Komisch“, sagte Frieda, „Hennemanns Frau hat doch eine Apotheke, und Apotheker verdienen nicht<br />
schlecht. Da braucht Frau Hennemann für ein paar Tage Abwesenheit ihres Mannes zusätzlich zu<br />
ihrem Apotheker-Einkommen 121.000 Mark Kostgeld, um nicht darben zu müssen?“<br />
„Das haben sich die Ermittler wohl auch gedacht und diese Story dem Märchenerzähler Hennemann<br />
nicht geglaubt. Als Hennemann merkte, daß das mit dem Kostgeld für seine Frau nicht glaubwürdig<br />
klang, erzählte er, es wäre Geld, das sein Sekretär für die Bezahlung ausstehender Rechnungen für<br />
seine neu gegründete Privatfirma benötigte. Aber irgendwie klang das auch nicht glaubhaft, und da<br />
sagte er, es wären Honorare, die er <strong>als</strong> Werftenmanager für erbrachte Dienstleistungen erhalten habe.“<br />
Egon schimpfte dazwischen: „Das ist eine Verarschung der Werftarbeiter, die demnächst alle keine<br />
Arbeit <strong>mehr</strong> haben und zusehen müssen, wie sie mit wenig Geld ihre Familie über die Runden<br />
bringen. Da tischt uns dieser Märchenerzähler solch einen Bären auf über viel Geld, das mal so eben in<br />
seiner Wohnung herumliegt.“<br />
Jan berichtete weiter: „Na dann wollte er mal eben mit seinem Wagen in sein Büro am Fallturm<br />
fahren, wo auch <strong>schon</strong> Polizisten auf ihn warteten. Dort kam er aber nicht an. Statt dessen fuhr er in<br />
seine Zweitwohnung in der Parkallee 99, und auch die Fahnder machten sich auf den Weg dorthin. Als<br />
sie dort ankamen, verließ Hennemann gerade das Haus und erzählte den Beamten des<br />
Bundeskriminalamtes, er wolle ihnen behilflich sein und habe Unterlagen geholt, da der Staatsanwaltschaft<br />
doch eigentlich seine Zweitwohnung nicht bekannt sei. So sahen sich die Beamten die<br />
Zweitwohnung näher an und entdeckten Papierschnipsel im Klo, die Hennemann zuvor heimlich aus<br />
der Welt schaffen wollte.<br />
Die Fahnder, nicht untätig, fischten handbeschriebene Papierschnipsel mit vielen Zahlenangaben aus<br />
dem Lokus. Außerdem fanden sie Flugscheine nach Amerika, die für den nächsten Tag gültig waren,<br />
und Auszüge über Beträge in Millionenhöhe auf verschiedenen Auslandskonten. Die Papierschnipsel<br />
aus dem Lokus entpuppten sich <strong>als</strong> handschriftliche Notizen über sein weitgestreutes Eigentum, und<br />
Märchenerzähler Hennemann sagte, daß sein Steuerberater am Vorabend die Unterlagen die Toilette<br />
heruntergespült habe. Als die Beamten wissen wollten, wer der Berater sei, da gab er zu, es selbst<br />
getan zu haben, und sein Anwalt meinte dann, Hennemann habe die Unterlagen vor der USA-Reise ins<br />
Klo gespült, damit seine Putzfrau sie nicht liest.“<br />
Jan war fertig mit seinem Bericht, und Egon sagte ganz trocken: „Das war mal wieder das Neueste aus<br />
Hennemanns Märchenstunde.“<br />
Frieda ergänzte: „Also sitzt Hennemann jetzt, der Untreue verdächtigt, wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr<br />
im Knast.“<br />
„So ist es“, bestätigte Jan, „und ich schätze, daß er nun schweigen wird und keine unglaubwürdigen<br />
Rechtfertigungen <strong>mehr</strong> von sich geben wird.“<br />
Wieder fügte Egon ganz trocken hinzu: „Dann folgt <strong>als</strong>o jetzt Hennemanns Schweigestunde.“<br />
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