Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann
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Mit ironischer Stimme meinte Egon: „Noch Fragen, Kienzl?“<br />
„Ja, Hauser“, entgegnete Jan, und Frieda meinte: „Wenn das alles nicht so maßlos traurig wäre, könnte<br />
ich das komisch finden.“<br />
„So hat Knoth denn das Handtuch beim Vulkan geworfen“, berichtete Jan weiter aus der Zeitung.<br />
„Außerdem hat Knoth gesagt, daß auf den betriebswirtschaftlich notwendigen Arbeitsplatzabbau mit<br />
Rücksicht auf die Gewerkschaften verzichtet worden sei.“<br />
„Das kann ich <strong>schon</strong> irgendwie verstehen“, sagte Egon, „aber was ist das Resultat? Demnächst habt<br />
ihr alle auf dem Vulkan keine Arbeit <strong>mehr</strong>. Diese kommende Katastrophe hätten die Gewerkschaften<br />
erkennen müssen.“<br />
Jan nickte zustimmend und sagte: „Weiter steht hier, <strong>als</strong> Knoth gefragt wurde, wie der Vulkan die<br />
Verluste verkrafte, da sagte er: <strong>Es</strong> war immer ein Sterben auf Raten. Fast kein Schiff sei mit Ertrag<br />
abgeliefert worden. Der Aufsichtsrat habe wenig kontrolliert. Die Arbeitnehmervertreter und auch die<br />
Banken hätten das alles mitgemacht, und das Land Bremen sei über alle Vorgänge im Werftenverbund<br />
informiert. Im Vorstand konnte man nicht vernünftig arbeiten, denn Hennemann habe sich stets <strong>als</strong> der<br />
Größte gefühlt.“ „Irgendwie ist das ja für Bremen beschämend“, sagte Egon. „Der Bremer Senat mit<br />
unserem ehemaligen Bürgermeister Wedemeier an der Spitze war über alles informiert, wenn es<br />
stimmt, was der Knoth da <strong>als</strong> Zeuge gesagt hat.“<br />
„Wedemeier ist während des letzten Bürgerschaftswahlkampfes noch mit dem Vorschlag kräftiger<br />
Zuwendungen an den Vulkan hausieren gegangen“, sagte Frieda.<br />
„Unsere ach so klugen Politiker hier in Bremen, die für dieses Desaster verantwortlich <strong>sind</strong>, haben<br />
geglaubt, daß sie die Marktwirtschaft überlisten können. Daß es möglich ist, den Vulkan unter<br />
staatlicher Regie und mit dem Geld von uns Steuerzahlern zu erhalten“, sagte Jan.<br />
„Warum haben die sich nur so verhalten?“ wollte Frieda wissen.<br />
„Frieda“, antwortete Egon, „das Übliche, die Erhaltung ihrer Macht. Da entwickeln sie einen<br />
ungemeinen Ehrgeiz, wenn es darum geht, viele schöne, gutbezahlte Posten zu ergattern. Doch durch<br />
den Untergang des Vulkan gerät da nun einiges ins Wackeln und wird aufgedeckt. So auch die<br />
Mauscheleien mit Versorgungsansprüchen, Beraterverträgen und Zuwendungen an einflußreiche<br />
Politiker.“<br />
„Das kommt nun durch den Untersuchungsausschuß nach und nach ans Tageslicht?“ fragte Frieda.<br />
„Nur einiges“, sagte Egon, „glaubt ja nicht, daß alle Schweinereien, die da gelaufen <strong>sind</strong>, aufgedeckt<br />
werden.“<br />
„Ferner die Banken“, sagte Jan, „die haben auch Dreck am Stecken. Schließlich waren sie genauso im<br />
Aufsichtsrat vertreten. Aber das Land Bremen ist ja bei den Banken mit seinen hohen Schulden ein<br />
guter Kunde, und so war es der Vulkan auch. Die Banken waren bestens abgesichert und hatten daher<br />
kaum Verluste zu befürchten. Als dann vom Vulkan die Sicherheiten nicht <strong>mehr</strong> geboten werden<br />
konnten, da wurde der Geldhahn zugedreht. Geld machen, das war alles. Ein Verantwortungsgefühl<br />
für das Unternehmen und die Arbeitsplätze haben die Banken anscheinend nicht gehabt.“<br />
Eine Woche später, da schaute Egon <strong>schon</strong> wieder mit einer Zeitung unter dem Arm zu seinem<br />
morgendlichen Kaffee vorbei.<br />
„Habe heute morgen in der Zeitung gelesen“, sagte er „daß ein Vulkan-Manager bei seiner Einstellung<br />
auch um die Altersversorgung seiner Ehefrau gebeten hat.“<br />
„Wie geht das denn?“ fragte Frieda. „<strong>Es</strong> gibt doch Witwenrente!“<br />
„Aber ein Vulkan-Manager wollte sich damit nicht begnügen“, erwiderte Egon. „Der hatte andere<br />
Ansichten in bezug auf Altersversorgung.“ Egon schlug die Zeitung auf und fing an, daraus<br />
vorzulesen: „Dr. Dieter H. wollte die Vulkan-Konzernleitung <strong>als</strong> Geschäftführer für das<br />
Fusionsgebilde DSR/Senator Line holen. Hennemann und sein Kollege Hans Schnüttgen wandten sich<br />
im Mai 1993 an ihren Aufsichtsratsvorsitzende Wilhelm Scheider: Der Vorstand bittet sie<br />
einverstanden zu sein, daß - anders <strong>als</strong> im Personalausschuß am 22. April 1993 beschlossen - in die<br />
Bedingungen für die Regelung der Altersversorgung von Herrn Dr. H. auch dessen Ehefrau<br />
einbezogen wird. Die Mehrkosten für eine Witwenversorgung im üblichen Rahmen gegenüber einer<br />
alleinigen Versorgung für Herrn Dr. H. betragen insgesamt ca. DM 200.000. Wie diese unverschämte<br />
Forderung erfüllt und vertraglich formuliert wurde, ist unklar, da nach der Vulkan-Pleite und vor den<br />
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eine Aktenvernichtungsaktion in Gang gesetzt wurde. So<br />
dürften den Fahndern manch brisante Unterlagen entgangen sein, die, wenn sie wieder auftauchen<br />
sollten, so manch Prominenten um den Schlaf bringen werden. Aber vielleicht war einer so plietsch<br />
und hat vor der Aktenvernichtung noch Kopien angefertigt. Jedenfalls waren die Konditionen, die<br />
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