Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann
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„Das kannst aber laut sagen“, pflichtete ihr Jan bei. „Unfähige Politiker, die nur mit ihrer<br />
Eigenversorgung beschäfftigt <strong>sind</strong>, ruinieren die Staatsfinanzen.“<br />
„Scherf hat auch gerade wieder einen Konflikt in der SPD ausgelöst“, sagte Jan. „Als ehemaliger<br />
Gegner des Jagdflugzeuges Jäger 90 hatte er im November 1988 eine große Anzeige des<br />
Friedensforums gegen Entwicklung und Bau des Flugzeuges unterzeichnet. Der Bau des Jäger 90<br />
würde die Grenzen unserer finanziellen Belastbarkeit überschreiten, hieß es in der Anzeige. Jetzt<br />
glaubt Scherf, mit Militärtechologie Arbeitsplätze retten zu können.“<br />
„Heute so, morgen so“, entgegnete Frieda. „Wo bleibt da die Glaubwürdigkeit unserer Politiker?“<br />
„Und deinen obersten Chef, den Hennemann, wollen die Banken“, stürzen“, wandte sich Egon an Jan.<br />
„Der ist überstürzt aus der Volksrepublik China zurückgekehrt, <strong>als</strong> er hörte, daß ihn die Banken<br />
absägen wollen“, antwortete Jan.<br />
„Ja“, sagte Egon, „die Banken <strong>sind</strong> wohl mit den Finanzierungskünsten von Hennemann nicht <strong>mehr</strong><br />
einverstanden. Man sagt, daß nur er und sonst keiner die Geldtransfers in diesem Sechs-Milliarden-<br />
Unternehmen durchschaut.“<br />
„Dabei wurden doch von den Experten die Vulkan-Aktien immer <strong>mehr</strong> zum Kauf empfohlen“, sagte<br />
Frieda. „Letzte Woche sogar von der Deutschen Bank.“<br />
„Nun ja“, meinte Egon, „Dumme, die solche Ratschläge befolgen, finden sich immer wieder. Ich<br />
würde jedenfalls im Moment keine Vulkan-Aktien kaufen.“<br />
„Ich versteh‘ das alles nicht“, sagte Jan, „gerade hat ein Bankenkonsortium unter Führung der<br />
Commerzbank mit großem Sträuben und nach langem Zögern dem Vulkan 300 Millionen<br />
Überbrückungskredit bewilligt, und gleichzeitig sagen sie, ihr Vertrauen zum Vorsitzenden<br />
Hennemann sei gestört.“<br />
„Das kann ich mir <strong>schon</strong> alles vorstellen“, meinte Egon, „daß die sich von der Selbstherrlichkeit,<br />
Verschlossenheit und Heimlichtuerei Hennemanns gestört fühlen. Bisher war Friedrich Hennemann<br />
der König vom Bremer Vulkan. Keiner hat ihm widersprochen. Er war der absolute Macher.“<br />
„König Friedrich vom Bremer Vulkan“, unterbrach Frieda lachend.<br />
„Könnte man so sagen“, sagte Egon und fuhr fort: „Einer aus seinem Umkreis hat gesagt: Der Mann<br />
macht alles allein, wenn dem mal was passiert, weiß hier keiner <strong>mehr</strong> Bescheid. Das ging auch so<br />
lange gut, wie das politische Umfeld stimmte. Bis ins letzte Jahr hinein hatte unser Bremen, seit 1945<br />
ununterbrochen in SPD-Hand, einen indirekten Anteil am Bremer Vulkan. Der wurde <strong>mehr</strong> und <strong>mehr</strong><br />
abgebaut, und Vertreter von Banken wie Commerzbank, Dresdner Bank, BHF-Bank und Bremer<br />
Landesbank besetzten die Plätze im Vulkan-Aufsichtsrat. Die gewinnen wohl langsam Durchblick<br />
über die Bilanzmanöver von Hennemann und sagen, der Mann muß weg, sonst ist alles zu spät.“<br />
Egon schaute auf seine Uhr. „Für mich ist es bald auch zu spät“, sagte er und verabschiedete sich.<br />
Bello und ich begleiteten ihn mal wieder bis zum Taxi. Dieser Besuch war Anfang September<br />
gewesen.<br />
Die Dresdner Bank wollte mit weiteren Krediten nicht <strong>mehr</strong> zur Verfügung stehen. In Bremen<br />
kursierte ein Brief des Vulkan-Aufsichtsrats Bernd W. Voss von der Dresdner Bank, der an den<br />
Vulkan-Vorstand adressiert war. In dem Brief hieß es: „Aus meiner und meines Hauses Sicht dürfte<br />
mit dem jüngsten Liquiditätskredit die Fremdverschuldungsgrenze der Bremer Vulkan Verbund AG<br />
erreicht worden sein.“<br />
Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern plante daraufhin eine Auffang-Holding für die<br />
Vulkan-Schiffbaubetriebe in Wismar, Str<strong>als</strong>und und Rostock. Falls es zu weiteren<br />
Massenentlassungen kommen sollte, befürchtete die Schweriner CDU/SPD-Landesregierung Unruhen<br />
in diesen Unternehmen., die zum Bremer Vulkan Verbund AG gehörten. Immerhin waren dort 6.000<br />
Menschen beschäftigt.<br />
„Habe gerade in den Nachrichten gehört, daß der Börsenkurs des Vulkan völlig zusammengebrochen<br />
ist, nachdem die Meldungen über eine drohende Zahlungsunfähigkeit nicht abreißen“, sagte Egon bei<br />
seinem nächsten Besuch nahm mit einem besorgten Blick einen Schluck Kaffee.<br />
„Und was sagt Hennemann dazu?“ fragte Jan.<br />
„Das übliche, in vielen schönen Worten sagt er, dem Vulkan geht es so gut wie nie. Aber er ist wohl<br />
der einzige, der seinen eigenen Worten noch Glauben schenkt und meint, 1,2 Milliarden Mark<br />
Schulden lassen sich mal eben so vom Tisch fegen.“<br />
„Der Mann muß krank sein“, meinte Frieda. „Mit einem gesunden Menschenverstand kann man sich<br />
nicht so vor den Realitäten verschließen.“<br />
„Im Frühjahr, sagte Jan, „da hat er noch herumgetönt, es werde seit langem wieder eine Dividende<br />
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