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Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann

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Sie war auf die Straße gekommen und hatte Jan den Korb aus der Hand genommen. Voller Interesse<br />

sah sie mir durch die Gittertür ins Gesicht; ich erwiderte ihren Blick, wir waren uns auf Anhieb<br />

sympathisch.<br />

„Nun kommt mal schnell rein“, sagte sie. „Der Kaffeetisch ist gedeckt, und für euch beide gibt es auch<br />

was.“ Damit waren Bello und ich gemeint.<br />

„Dein Vorgänger hat mit Bello aus einem Napf gefressen und aus einer Schüssel Wasser gesoffen,<br />

dann wirst du das wohl auch tun“, sagte Jan und füllte in der Küche einen großen Napf mit Futter.<br />

Warum nicht, mir war das egal, die Hauptsache war doch, daß es genug zu fressen gab. So stand ich<br />

mit Bello gemeinsam Seite an Seite vor dem Freßnapf, und wir leerten ihn schmatzend. Anschließend<br />

zeigte mir Bello das Haus. Auf der Rückseite zum Gemüsegarten befand sich in der Kellertür eine<br />

Katzentür, die sich leicht mit dem Kopf aufstoßen ließ. Das war praktisch, so konnte ich auch nachts<br />

jederzeit das Haus verlassen. Nur Bello, der paßte da nicht durch, der konnte nicht stets das Haus<br />

verlassen. Auf dem weiteren Rundgang erzählte mir Bello, daß Jan und Frieda noch zwei erwachsene<br />

Kinder hätten, und die hätten auch <strong>schon</strong> wieder Kinder. Hin und wieder kamen alle zu Besuch, aber<br />

das fand Bello gar nicht schön, weil dann solch ein großer Trubel herrschte, und er wollte seine Ruhe<br />

haben. Wir gingen wieder ins Wohnzimmer. Hier saßen Jan und Frieda am Tisch, tranken genüßlich<br />

Kaffee und ließen sich dazu Kuchen schmecken. Mit einem Sprung setzte ich auf die Fensterbank.<br />

Von hier aus konnte man wunderbar die Straße einsehen.<br />

„Siehste“, sagte Jan „Max hat sich <strong>schon</strong> eingelebt, der weiß, wo der schönste Platz ist.“<br />

Bello winselte, er wollte auch auf die Fensterbank, konnte aber nicht so elegant wie ich springen.<br />

Jan stellte seine Kaffeetasse ab. „Ja, du sollst da auch rauf“, sagte er und hob ihn auf die Fensterbank.<br />

Zufrieden lag Bello an meiner Seite, und wir blickten gemeinsam die Straße.<br />

Das war der erste Tag in meinem neuen Zuhause, und in der ersten, der kommenden Nacht streunte ich<br />

nicht durch die Straßen meiner neuen Heimat. Ich war viel zu müde und schlief die ganze Nacht auf<br />

der wärmenden Decke an. Bellos Seite auf dem Fensterplatz durch. Am Morgen hob Frieda Bello von<br />

seinem Platz und ging mit ihm auf die Straße. Gassi gehen nannten sie das. Davon blieb ich ver<strong>schon</strong>t,<br />

hatte ich doch mein Katzenklo. Jan kam aus der Küche und deckte im Wohnzimmer den<br />

Frühstückstisch. Er hatte Spätschicht und somit ausgiebig Zeit zum Frühstücken. Wenn Frieda mit<br />

Bello zurückkam, sollte der Tisch gedeckt sein. Da kamen sie auch <strong>schon</strong> von ihrem morgendlichen<br />

Ausflug retour. Bello grenzte nochm<strong>als</strong> sein Revier ab, indem er sein Bein an der Gartenpforte hob,<br />

und dann ging es wieder rein in die gemütlich warme Stube. Jan und Frieda frühstückten, und wir<br />

beide leerten wieder gemeinsam unseren Freßnapf. Anschließend wieder mein eleganter Sprung auf<br />

die Fensterbank, den ich trotz meines Alters von erst sechs Wochen schaffte. Bello stand winselnd<br />

unten und wollte auch rauf an meine Seite. Jan erbarmte sich und legte ihn zu mir. Wieder blickten wir<br />

gemeinsam die Straße auf und ab. Ein Mann mit Schirmmütze, schwarzer Lederjacke und blauen<br />

Jeans kam auf unser Haus zu.<br />

„Das ist Egon, der Taxifahrer“, klärte mich Bello auf. „Ein Freund und früherer Kollege von Jan. Die<br />

haben gemeinsam auf der AG „Weser“ gearbeitet. Als die Werft geschlossen wurde, hat er in seinem<br />

Beruf keinen Job gefunden, da ist er Taxifahrer geworden. Er verdient in diesem Beruf nicht viel Geld,<br />

aber dafür hat er seine Freiheit, sagt er. ‚Lieber eine Mark weniger und seine Ruhe haben‘, ist seine<br />

Devise. Kein Meister, der ihm sagt, was er zu machen hat. Er ist immer draußen, kommt überall rum<br />

und hört und sieht, was los ist. Du wirst es gleich merken, wenn er reinkommt.“<br />

Jan hatte Bellos Gesprächigkeit bemerkt und war ans Fenster getreten, um zu sehen, was sich auf der<br />

Straße tat. Nun hatte auch er Egon erblickt, der auf unser Haus zukam.<br />

Er öffnete das Fenster und rief: „Egon, alter Kumpel, komm rein, der Kaffee ist fertig!“<br />

„Ich komme <strong>schon</strong>“, war die freudige Antwort, „hatte gerade eine Tour hierher gehabt. Da denk‘ ich,<br />

guck mal auf einen Sprung bei Jan vorbei, der muß doch diese Woche Spätschicht haben.“<br />

Schon stand Egon in der guten Stube, und Jan sagte zu ihm nach der Begrüßung: „Wir haben eine<br />

neue Katze.“<br />

„Habe ich <strong>schon</strong> eben von draußen im Fenster gesehen“, antwortete Egon.<br />

Er trat an die Fensterbank und streichelte mich. Zufrieden schnurrte ich.<br />

„Ein prächtiges Tier“, sagte er.<br />

„Eine richtige Werft-Katze, auf dem Bremer Vulkan geboren, das bürgt für Qualität. So wie wir gute<br />

Schiffe bauen, kommen auch gute, wohlerzogene Katzen vom Gelände der Vulkan-Werft.“<br />

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