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Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann

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„Du bist aber mal wieder schadenfroh“, entgegnete Frieda.<br />

Mitte Februar erwähnte Egon beiläufig beim Kaffeetrinken:<br />

„Hennemann muß ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Mark zahlen. Aber das ist für ihn sicherlich<br />

ein Trinkgeld.“<br />

Frieda sagte: „Ich nehme mal an, daß er nicht f<strong>als</strong>ch geparkt hat und deshalb löhnen muß.“<br />

„Mit dieser Annahme liegst du richtig, Frieda. Er muß diese 1.000 Mark Ordnungsgeld zahlen, weil er,<br />

ihr erinnert euch, bei seiner zweiten Zeugenvernehmung Ende November vor dem<br />

Untersuchungsausschuß zu der Frage geschwiegen hat, von wem 1987 die Initiative ausging, ihn von<br />

seinem Beamtenstuhl in den Vulkan-Vorstand zu schicken. Jetzt wird er erneut vorgeladen. Mal sehen,<br />

wie es dann mit seinen Gedächtnisstörungen aussieht.“<br />

„<strong>Es</strong> ist doch inzwischen bekannt“, sagte Frieda, „einige Vulkan-Vorstände hielten es mit den drei<br />

Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.“<br />

„Richtig!“ gab Jan ihr recht. „Vorstandskräfte legten Ergebnisse von Gutachten <strong>schon</strong> von vornherein<br />

fest, und darum soll ein eingeweihter Vulkanese gesagt haben: Für Affentheater kassieren die<br />

Millionen.“<br />

„Konkursverwalter Wellensiek sagt: <strong>Es</strong> war nicht <strong>mehr</strong> herauszuholen“, bemerkte Egon. „Er sei<br />

enttäuscht darüber, daß er die Vulkan-Werft nicht erhalten konnte. Doch sei es ihm gelungen, einen<br />

Totalabsturz zu verhindern, und er meint, das sei <strong>schon</strong> eine bedeutende Leistung.“<br />

„300 Arbeitsplätze sollen auch in Zukunft beim Marineschiffbau in Zusammenarbeit mit der Lürssen-<br />

Werft erhalten bleiben“, bestätigte Jan. „Vorausgesetzt, daß der Vulkan wieder in die<br />

Arbeitsgemeinschaft Fregattenbau aufgenommen wird.“<br />

„Fest steht jedenfalls“, ergänzte Egon, „daß das Kreuzfahrtschiff ‚Costa II‘ nicht in Bremen oder<br />

Bremerhaven fertiggebaut wird. Man will den Rumpf verkaufen.“<br />

Ende Februar berichtete Egon: „Gestern ist der Vulkan-Untersuchungsausschuß in die zweite Runde<br />

gegangen. Der ehemalige Vulkan-Vorstand Manfred Timmermann sagte, daß er davon ausgeht, daß<br />

die Politiker in Mecklenburg-Vorpommern wie auch in Bremen genau über die finanzielle Lage des<br />

Konzerns Bescheid wußten. Ein entscheidender Grund dafür, daß er im Herbst 1993 aus dem Vorstand<br />

der Bremer Vulkan Verbund AG ausgeschieden war, sei der sorglose Umgang mit Fördermitteln<br />

gewesen, die den Ost-Werften zugestanden hätten. Er hatte <strong>schon</strong> dam<strong>als</strong> bezweifelt, daß der Konzern<br />

jem<strong>als</strong> die Gewinnkraft aufbringen könnte, die Ostgelder ordnungsgemäß zurückzuzahlen.“<br />

„Ansonsten hat die Vulkan-Werft die Ost-Werften ja auch reichlich über den Tisch gezogen“,<br />

bemerkte Jan. „So verkaufte der Vulkan im September 1993 siebzehn alte Ordner mit Zeichnungen für<br />

Containerschiffe für 80 Millionen Mark an die Werften in Mecklenburg-Vorpommern. Das sollte Geld<br />

in die leere Kasse der Bremer Schiffbauer bringen. Die Wismarer Schiffbauer hätten diese Schiffe<br />

auch allein bauen können. Diese Unterlagen sollen höchstens 8 Millionen Mark wert gewesen sein.“<br />

Egon berichtete weiter: „ Timmermann sagte aus, die Frage habe immer nur gelautet: Wo kriegen wir<br />

Unternehmen mit großen Subventionen her? So bedauerte Timmermann, daß er bei seinem<br />

Ausscheiden nicht auf die gefährliche Fehlentwicklung im Konzern aufmerksam machen konnte, da<br />

ihn sein Ausscheidungsvertrag zur Verschwiegenheit verpflichtete. Trotzdem nutzte er seine<br />

Abschiedsbesuche, um die politisch Verantwortlichen zu warnen. So hat er beim Ausscheiden seine<br />

Besorgnis Birgit Breuel mitgeteilt, die <strong>als</strong> ehemalige Treuhand-Chefin für die Auszahlung von Subventionen<br />

verantwortlich war. Sie hatte es für ganz schlimm befunden, was sie da zu hören bekam,<br />

aber die Millionen flossen weiter. Auch dem Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Dr.<br />

Bernd Seite, saß er in seinem Amtszimmer gegenüber. Dr. Seite hatte seinen für Werften zuständigen<br />

Abteilungsleiter, Michael Bednorz, hinzugezogen. Doch ungläubig und ausweichend hatte der<br />

Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern auf Timmermanns Vorwürfe geantwortet. Ähnlich<br />

erging es ihm bei Bremens damaligem Ersten Bürgermeister, Klaus Wedemeier, bei der CDU-<br />

Landesvorsitzenden Angela Merkel, die im Werftenstandort Str<strong>als</strong>und ihren Wahlkreis hat, im<br />

Kanzleramt mit dem Staatssekretär Johannes Ludewig und im Wirtschaftsministerium mit<br />

Staatssekretär Dieter von Würzen. Anscheinend wollten sie sich nicht eingestehen, daß die Vulkan-<br />

Politik gescheitert war, oder sie fürchteten die Konsequenzen. Alle hofften sie bis zuletzt, daß Hennemanns<br />

Visionen von einem maritimen Großkonzern Wirklichkeit würde.“<br />

Frieda bemerkte: „Laut Timmermann müssen auch die Führung der Hibeg und der damalige FDP-<br />

Wirtschaftssenator Claus Jäger über die Situation beim Vulkan Bescheid gewußt haben. Aber<br />

vielleicht haben diese Herren es auch alle mit den drei Affen gehalten.“<br />

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