Ausgabe 0903.pdf - Theater-Zytig
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Spotlicht ı Schlussapplaus<br />
Der Vorhang<br />
«Wer ein <strong>Theater</strong> füllen will,<br />
bedient sich der Dramaturgie.<br />
Um es zu leeren genügt Ideologie.»<br />
Oliver Hassencamp<br />
fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt<br />
Wenn ein <strong>Theater</strong> die fünfundzwanzigste,<br />
fünfzigste oder hundertste<br />
Vorstellung ankündigt,<br />
muss das nicht unbedingt auf die<br />
Ziffer genau stimmen. Als um die<br />
Jahrhundertwende der Sekretär<br />
des Volkstheaters in Wien sich einer<br />
Operation unterziehen musste,<br />
soll er der Aufforderung des<br />
Narkotiseurs «Zählen Sie jetzt<br />
bis zwanzig», folgendermassen<br />
entsprochen haben: «Eins, zwei,<br />
drei, vier, die fünfundzwanzigste,<br />
sechs, sieben, acht, die fünfzigste…»<br />
Albert Heine konnte wie Münchhausen<br />
fabulieren. So erzählte<br />
er einmal dem gläubig lauschenden<br />
Max Devrient: «Ich gehe<br />
über den Ring und sehe den<br />
Wagen Seiner Majestät, unseres<br />
Kaisers dahinrasen. Die Pferde<br />
waren scheu geworden, der<br />
Kutscher konnte sie nicht mehr<br />
zurückhalten, das grösste Unglück<br />
hätte geschehen können.<br />
Da springe ich vor die Pferde,<br />
falle in die Zügel und bringe das<br />
Gefährt zum Stehen. Unser alter<br />
Kaiser beugt sich aus dem Wagen<br />
und überreicht mir als Dank<br />
eine goldene Tabatiere. Ich mache<br />
sie auf, und, was sagst du,<br />
da war schon eingraviert: «Meinem<br />
Lebensretter Albert Heine<br />
– Franz Josef I.»<br />
Als der «Kastengeist» des Burgtheaters<br />
den Träger der Titelrolle<br />
des «Peer Gynt» über alle<br />
Klippen des Textes hilfreich hinübergetragen<br />
hatte und von der<br />
Bühne der vielstimmige Ruf erscholl:<br />
«Es lebe hoch der grosse<br />
Peer», klang aus dem Kasten<br />
der Reim: «Und dazu auch sein<br />
Souffleur!»<br />
Am 13. Oktober 1897 spielte<br />
Josef Kainz zum ersten Mal im<br />
Burgtheater seinen Hamlet.<br />
Nachdem er sich abgeschminkt<br />
und umgekleidet hatte, ging er<br />
zum Bühnenausgang. Da hörte<br />
er zufällig, dass sich zwei Arbeiter<br />
über den Hamlet unterhielten.<br />
«Ich hab‘ schon den Sonnenthal<br />
als Hamlet gesehen!» – «Und ich<br />
den Rübert.» – «Aber am besten»,<br />
meinten beide, «war doch<br />
heute der Kainz.» – «Schönen<br />
Dank, meine Herren», sprach<br />
Kainz sie an. «Aber jetzt möchte<br />
ich auch gerne wissen, warum?»<br />
Er erhielt die offene Antwort:<br />
«Ja, Sie waren halt zwanzig Minuten<br />
früher fertig als alle anderen.»<br />
Mit gut gespielter Verzweiflung<br />
wankte Arnold Korff in die Direktionskanzlei<br />
des Burgtheaters.<br />
Direktor Baron Berger liess<br />
sich bluffen und fragte ernstlich<br />
besorgt: «Was haben Sie denn,<br />
lieber Korff?» Dieser schüttelte<br />
verzweifelt den Kopf: «Mir hilft<br />
nur mehr ein Schuss!» Entsetzt<br />
rief Berger aus: «Sie wollen doch<br />
nicht…?» Da richtete Korff sich<br />
auf und lachte: «Ein Vorschuss<br />
natürlich!»<br />
Otto Tressler wollte sich einmal<br />
im Burgtheater ein Stück<br />
ansehen, der Logenschliesser<br />
verwehrte ihm jedoch den Eintritt.<br />
«Wie lange sind Sie schon<br />
im Dienst?» fragte Tressler erstaunt.<br />
«Dreissig Jahre«, erwiderte der<br />
Biedere. «Ich auch – und da kennen<br />
Sie mich nicht? Haben Sie<br />
mich in diesen dreissig Jahren<br />
nie auf der Bühne gesehen?»<br />
«Wieso denn? Ich schau doch nie<br />
zu», erwiderte der Hüter der Logen<br />
mit schöner Offenheit.<br />
Im hohen Alter wurde Otto Tressler<br />
ernstlich krank, so dass man<br />
schon fürchtete, es ginge dem<br />
Ende zu. Aber seine erstaunliche<br />
Lebenskraft bewies sich auch<br />
diesmal, und als die Kollegen ihn<br />
besuchten, sagte er: «Ich habe<br />
drei Wochen lang versucht zu<br />
sterben – jetzt geb ich‘s auf!»<br />
Wenn die Umbesetzung einer<br />
Rolle in letzter Minute vorgenommen<br />
werden muss und die Presse<br />
nicht mehr davon verständigt<br />
werden kann, ist es üblich, im<br />
Foyer an mehreren Stellen einen<br />
Zettel anzubringen, der dem Publikum<br />
die Umbesetzung mitteilt.<br />
In einem Stadttheater, das nicht<br />
genannt werden soll, konnte man<br />
folgenden Zettel an den Säulen<br />
des Foyers lesen: «Wegen plötzlicher<br />
Erkrankung wird Herr Müller<br />
die Rolle des Blinden lesen.»<br />
Die weltberühmte französische<br />
Tragödin Sarah Bernhardt empfing<br />
einmal in ihrer Garderobe<br />
den Prinz of Wales, den nachmaligen<br />
König Eduard VII. Er trat<br />
in ihre Garderobe, behielt aber<br />
den Hut auf dem Kopf. Da sagte<br />
die grosse Schauspielerin kühn:<br />
«Hoheit, die Krone behält man<br />
auf dem Kopf, den Hut nimmt<br />
man aber ab.»<br />
Das 20-Franken-Inserat<br />
Gewünschten Text per Post an:<br />
<strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong>, Postfach, 3661 Uetendorf<br />
Fr. 20.– dem Auftrag beilegen.<br />
<strong>Ausgabe</strong> kann nicht garantiert<br />
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Maiers, Albisriederplatz, Zürich.<br />
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<strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong> 0903