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„Wer nicht forscht bleibt dumm...“ - Arbeitsgemeinschaft der ...

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„Wer <strong>nicht</strong> <strong>forscht</strong> <strong>bleibt</strong> <strong>dumm</strong>...“<br />

Die Notwendigkeit <strong>der</strong> subjektorientierten Forschung und <strong>der</strong> daraus<br />

folgenden Praxisentwicklung in <strong>der</strong> Evangelischen Jugend-Verbandsarbeit<br />

Diplomarbeit zur Diplomprüfung Sommersemester 2005<br />

an <strong>der</strong> Evangelischen Fachhochschule Hannover<br />

- Studiengang Religionspädagogik -<br />

eingereicht von Kerstin Schmidt<br />

1


Inhalt<br />

1. Einleitung Seite 03<br />

2. Die Jugendverbandsarbeit Seite 04<br />

2.1 Die Geschichte <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit Seite 05<br />

2.2 Gesetzliche Grundlagen und die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit in diesem Kontext Seite 08<br />

2.3 Merkmale und Prinzipien <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit Seite 10<br />

2.4 Die Bedeutung und <strong>der</strong> Nutzen <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit<br />

für Jugendliche und für die Gesellschaft Seite 13<br />

2.5 Die Krise <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit Seite 16<br />

2.5.1 Verbandsinterne Probleme Seite 16<br />

2.5.2 Probleme, die sich aus dem Strukturwandel<br />

<strong>der</strong> Jugendphase ergeben Seite 19<br />

2.6 Die aej (<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend) Seite 23<br />

2.7 Fazit Seite 24<br />

3. Das Projekt „Realität und Reichweite<br />

von Jugendverbandsarbeit“ Seite 26<br />

3.1 Die Anfänge des Projektes Seite 27<br />

3.2 Die Ziele des Projektes Seite 28<br />

3.3 Der Aufbau und <strong>der</strong> Zeitplan des Projektes Seite 29<br />

4. Der Forschungsteil Seite 33<br />

4.1 Die verschiedenen genutzten Forschungsmethoden Seite 33<br />

4.2 Zwischenergebnisse Seite 36<br />

4.3 Modularisierung<br />

Seite 37<br />

5. Der Praxisentwicklungsteil Seite 38<br />

5.1 Die Praxisentwicklungsprojekte des Jugendverbandes<br />

Der Landeskirche Hannovers Seite 41<br />

5.2 Die Regionalstudien Seite 43<br />

5.3 Die weitere Begleitung <strong>der</strong> Praxisentwicklung<br />

durch die Forschung Seite 50<br />

6. Das Praxisentwicklungsprojekt des Sprengels<br />

Calenberg-Hoja Seite 52<br />

2


6.1 Die Ausgangslage im Sprengel Calenberg-Hoja Seite 53<br />

6.2 Die Idee und die Ziele<br />

des Praxisentwicklungsprojektes Seite 54<br />

6.3 Die Planung des Projektes Seite 56<br />

7. Bewertung des Gesamtprojekts und Perspektiven<br />

für die Evangelische Jugendverbandsarbeit Seite 60<br />

8. Schlußwort Seite 64<br />

Literatur Seite 65<br />

Eigenständigkeitserklärung Seite 70<br />

Anhang Seite 71<br />

1. Mike Corsa: „Was machen Jugendliche<br />

aus einem Jugendverband?“<br />

http://www.evangelische-Jugend.de/pepartikelco.htm Seite 72<br />

2. Mike Corsa: Die evangelische Jugend als Jugendverband<br />

http://www.ejh.de Seite 77<br />

3. Homepage <strong>der</strong> Freien Universität Berlin<br />

http://www.fu-berlin.de/jugendverbandsarbeit Seite 91<br />

CD-ROM (Fragebögen, Präsentationen, Sonstiges)<br />

1. Einleitung<br />

Von den Projekt „Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“, das von <strong>der</strong> aej<br />

(<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

e.V.) und <strong>der</strong> Freien Universität Berlin getragen und vom Bundesministerium für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend geför<strong>der</strong>t wird, habe ich das erste Mal auf einer<br />

Sitzung <strong>der</strong> Landesjugendkammer <strong>der</strong> Landeskirche Hannovers, <strong>der</strong> ich als Delegierte<br />

des Sprengels Ostfriesland angehöre, im März des Jahres 2003 gehört. Manfred<br />

Neubauer, <strong>der</strong> jugendpolitische Referent des Landesjugendpfarramtes <strong>der</strong> Landeskirche<br />

Hannovers, und Mike Corsa, <strong>der</strong> Generalsekretär <strong>der</strong> aej, berichteten <strong>der</strong> Kammer von<br />

<strong>der</strong> Möglichkeit an diesem bisher einmaligen Projekt, zu dem es bisher <strong>nicht</strong>s<br />

3


vergleichbares gibt, teilzunehmen. Nach diesem ausführlichen Bericht beschloß die<br />

Landesjugendkammer einen Antrag zur Beteiligung an diesem Projekt zu stellen, dem<br />

später nachgegeben werden sollte. Für die Teilnahme an dem Projekt stellte die<br />

Landesjugendkammer einen Finanzrahmen von maximal 15.000 Euro zur Verfügung.<br />

Im November des Jahres 2004 wurde ich dann von zwei Dozenten <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Fachhochschule Hannover gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, meine<br />

religionspädagogische Diplomarbeit zu diesem Projekt zu schreiben. Hintergrund<br />

dieses Vorschlags war eine Anfrage von Manfred Neubauer an das Kollegium des<br />

Studienganges Religionspädagogik und Diakonie, ob es sich vorstellen könne, sich z.B.<br />

durch die Begleitung von Diplomarbeiten, an dem Projekt zu beteiligen.<br />

Nachdem ich mich eine Weile genauer mit Teilen des Gesamtprojektes, z.B. konnte ich<br />

das Praxisentwicklungsprojekt des Sprengels Calenberg-Hoja ab Dezember des Jahres<br />

2004 begleiten, beschäftigt hatte, war mein Interesse an dem Gesamtprojekt so groß,<br />

dass ich dem Vorschlag, meine Diplomarbeit über dieses Projekt zu schreiben,<br />

zustimmte. Der Titel meiner Diplomarbeit ergab sich dann aus meinem Wissen, dass es<br />

im Gesamtprojekt einen subjektorientierten Forschungsteil und einen<br />

Praxisentwicklungsteil gibt, die zwar getrennt voneinan<strong>der</strong> arbeiten, jedoch im Bezug<br />

zueinan<strong>der</strong> stehen. Während meiner Arbeit an <strong>der</strong> Diplomarbeit bemerkte ich jedoch<br />

sehr bald, dass <strong>der</strong> Titel, den ich gewählt hatte (Die Notwendigkeit <strong>der</strong><br />

subjektorientierten Forschung und <strong>der</strong> daraus folgenden Praxisentwicklung in <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugendverbandsarbeit), so <strong>nicht</strong> ganz stimmig zu dem ist, was ich bei<br />

meiner Arbeit an diesem Thema lernte. Richtig heißen müsste es: Die Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> subjektorientierten Forschung als Teil <strong>der</strong> Praxisentwicklung in <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugendverbandsarbeit. Die erste Erkenntnis, die ich bei <strong>der</strong> Arbeit an meiner<br />

Diplomarbeit gemacht habe, ist nämlich die Tatsache, dass Forschung keine Rezepte<br />

liefern kann, die Praxisentwicklung dann nur noch zu befolgen braucht, son<strong>der</strong>n dass<br />

Forschung immer nur ein Teil von Praxisentwicklung ist und hier noch vielfältige<br />

an<strong>der</strong>e Faktoren, z.B. das Umfeld des Praxisfeldes, Finanz- und Personalressourcen,<br />

eine wichtige Rolle spielen.<br />

Beides, Praxisentwicklung und als Teil davon die subjektorientierte Forschung, so<br />

meine These, ist allerdings für die Gegenwart und Zukunft <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugendverbandsarbeit notwendig.<br />

Diese These werde ich durch die Betrachtung und Analyse von Jugendverbandsarbeit<br />

(Geschichte, Situation, Bedeutung, Probleme), die die Evangelische<br />

Jugendverbandsarbeit beinhaltet, im ersten Teil dieser Diplomarbeit zu belegen<br />

4


versuchen, um im zweiten Teil dieser Diplomarbeit 1 dann anhand des Projektes<br />

„Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“ aufzuzeigen, was<br />

Praxisentwicklung und subjektorientierte Forschung eigentlich bedeutet und wie eine<br />

Zusammenarbeit dieser beiden eigenständigen Teile funktionieren kann.<br />

2. Die Jugendverbandsarbeit<br />

In diesem Kapitel möchte ich etwas näher auf die Jugendverbandsarbeit eingehen, da<br />

ich es für notwendig erachte, zuerst einen Blick auf den Gegenstand, <strong>der</strong> er<strong>forscht</strong> und<br />

für den Praxis entwickelt werden soll, zu werfen. Erst durch das Verständnis dessen,<br />

was Jugendverbandsarbeit überhaupt genau ist, was sie ausmacht und mit welchen<br />

Problemen sie aktuell zu kämpfen hat, kann dann erläutert werden, warum<br />

subjektorientierte Forschung mit dem Ziel Praxis neu und an<strong>der</strong>s zu entwickeln für<br />

Jugendverbände allgemein und somit auch für die Verbandsarbeit <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugend notwendig ist.<br />

Im Einzelnen möchte ich mich mit <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Jugendverbände beschäftigen<br />

und ihre gesetzlichen Grundlagen sowie ihre Bedeutung in diesem Kontext darstellen.<br />

Weiter werde ich allgemeine Merkmale und Prinzipien <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit<br />

aufzeigen, sowie ihren Nutzen und ihre Bedeutung für Jugendliche und die<br />

Gesellschaft herausarbeiten.<br />

Um die viel beschworene Krise <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit soll es dann in einem<br />

weiteren Punkt gehen, wobei ich die verbandsinternen Problemstellungen, denen sich<br />

die Jugendverbandsarbeit zu stellen hat, getrennt von den Problemen, die sich aus dem<br />

Strukturwandel <strong>der</strong> Jugendphase ergeben, behandeln werde.<br />

Die <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend werde ich im folgenden Abschnitt<br />

vorstellen, um dieses Kapitel dann mit einem Fazit abzuschließen.<br />

2.1 Die Geschichte <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit<br />

Das Phänomen, dass Jugendliche ihre freie Zeit gemeinsam in selbstorganisierten<br />

Gruppen verbringen, und diese Gruppen in verschiedenartige Verbände<br />

1 Ich habe für diesen Teil meiner Diplomarbeit viele Gespräche geführt, Protokolle und Präsentationen<br />

gelesen bzw. gesehen. Einiges davon finden Sie auf einer CD-ROM im Anhang.<br />

5


zusammengefasst werden, gibt es erst seit ungefähr 150 Jahren. Jugendverbände, und<br />

somit auch die Jugendverbandsarbeit, sind demnach eine relativ junge Erscheinung.<br />

Entstehen konnten Jugendverbände erst durch den gesellschaftlichen Prozess <strong>der</strong><br />

Ausdifferenzierung <strong>der</strong> Lebensphase Jugend und denen sich dadurch entwickelnden<br />

Institutionalisierungsformen. Auch die Entwicklung des Vereinsrechts und die<br />

Entstehung eines Freizeitbereiches in <strong>der</strong> Jugendphase waren wichtige<br />

Voraussetzungen für die Entstehung und Entwicklung von Jugendverbänden.<br />

Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts bildeten sich die ersten Gruppierungen junger Menschen,<br />

wobei es sich hier meist um religiös motivierte o<strong>der</strong> berufsbezogene Standesvereine mit<br />

vorwiegend sozialen Aufgaben handelte. 1895 wurde dann <strong>der</strong> Zentralausschuss zur<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jugend- und Volksspiele gegründet, <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> staatlichen<br />

Jugendpflege. Ziel des Zentralausschusses war es, die erwerbstätige, männliche Jugend<br />

in den Städten zu erreichen, um sie auch in ihrer Freizeit zu einer sinnvollen<br />

Beschäftigung – im Sinne <strong>der</strong> kaiserlichen Obrigkeit – anzuleiten. Die kontrollierend –<br />

disziplinierenden Zielsetzungen <strong>der</strong> Jugendpflege erweiterten sich jedoch bald –<br />

inspiriert durch die Wan<strong>der</strong>vogelbewegung – um jugendkulturelle und<br />

dienstleistungsbezogene Angebote. Grundlinien einer För<strong>der</strong>struktur für<br />

Jugendorganisationen und die auf Ehrenamtlichkeit basierende Personalstruktur<br />

entwickelten sich in dieser Zeit ebenso, wie das plurale System <strong>der</strong><br />

Jugendverbandsarbeit, da viele bereits bestehende Erwachsenenorganisationen ihre<br />

eigenen Jugendverbände gründeten.<br />

In <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Weimarer Republik waren dann knapp 50 % aller Jugendlichen<br />

zwischen 14 und 21 Jahren Mitglie<strong>der</strong> in den verschiedensten Jugendverbänden, was<br />

eine enorm hohe gesellschaftspolitische Aktivität <strong>der</strong> Jugendverbände mit sich zog.<br />

Diese enorme Bedeutung und Beliebtheit konnten die Jugendverbände jedoch nur<br />

erreichen, da es gelungen war, die doch sehr verschieden geprägten Verbände in einer<br />

Dachorganisation zu vereinigen. Der Reichsausschuss <strong>der</strong> deutschen Jugendverbände<br />

vertrat ihre Interessen nun auf Reichsebene und ist somit mit dem heutigen Deutschen<br />

Bundesjugendring vergleichbar. Erste Ansätze einer wissenschaftlichen Beschäftigung<br />

mit den Jugendverbänden finden sich ebenfalls in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Weimarer Republik.<br />

In <strong>der</strong> Zeit des Nazi–Regimes wurden die Jugendverbände dann teilweise verboten<br />

(z.B. die sozialistischen Jugendverbände), teilweise in den Reichsausschuss, dessen<br />

Geschäftsstelle bereits am 05. April 1933 von <strong>der</strong> Hitlerjugend gestürmt wurde,<br />

integriert. „Die sogenannte » Gleichschaltung « machte auch vor den Jugendverbänden<br />

6


<strong>nicht</strong> halt.“ 2 Als Ausnahme können hier lediglich die kirchlichen Jugendverbände<br />

gelten, denen noch ein kleiner Spielraum zugestanden wurde. Doch auch Teile <strong>der</strong> in<br />

an<strong>der</strong>en Jugendverbänden organisierten Jugendliche trafen sich weiterhin zumeist<br />

heimlich und zeigten teilweise sogar Ansätze des Wi<strong>der</strong>stands.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte dann für die Jugendverbände eine Phase <strong>der</strong><br />

Neuorientierung und Selbstbestimmung. „ In Westdeutschland wurde teils an alte<br />

bündische o<strong>der</strong> kirchliche Traditionen angeknüpft, teils wurde versucht, kleine elitäre<br />

Zirkel in <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit zu etablieren. In Ostdeutschland entwickelte sich<br />

nach einer ersten, bis Anfang <strong>der</strong> fünfziger Jahre dauernden Phase <strong>der</strong> Offenheit und<br />

Experimentierfreude dann – unter <strong>der</strong> Ägide <strong>der</strong> SED – eine einheitliche<br />

Staatsjugendorganisation (die FDJ). “ 3<br />

Die Diskussionen über die gesellschaftliche Rolle und Funktion <strong>der</strong> Jugendverbände in<br />

Westdeutschland begannen in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> fünfziger Jahre. Mit <strong>der</strong><br />

Grundsatzerklärung des Deutschen Bundesjugendringes von St. Martin im Jahr 1962<br />

definierten die Jugendverbände ihre eigene Rolle als ergänzende Erziehungsfunktion<br />

neben Familie und Schule selber neu. Diese Neudefinition, die den Jugendverbänden<br />

zwar eine gesellschaftlich gesicherte Position versprach, brachte allerdings auch<br />

vielfache neue Probleme und Wi<strong>der</strong>sprüche zu den eigenen Prinzipen mit sich, wie ich<br />

später noch darlegen werde (siehe Punkt 2.5.1).<br />

Der Prozess <strong>der</strong> zunehmenden Professionalisierung, <strong>der</strong> am Anfang <strong>der</strong> siebziger Jahre<br />

begann, stellt einen weiteren wichtigen Punkt in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong><br />

Jugendverbandsarbeit dar. „Aufgrund des jugendpolitischen Engagements <strong>der</strong> frühen<br />

sozialliberalen Koalition ergaben sich im Laufe <strong>der</strong> siebziger Jahre für immer mehr<br />

Jugendverbände die Möglichkeit, hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

einzustellen – Jugendbildungsreferenten, Geschäftsführer etc. auf Bundes- und<br />

Landesebene -, die aufgrund ihrer Qualifikation (überwiegend Hochschulabschluss)<br />

neue Sichtweisen und Handlungsorientierungen in die, bis dahin überwiegend<br />

ausschließlich ehrenamtlich geführten, Verbände einbrachten.“ 4 Durch diese<br />

Entwicklung begannen nun viele Verbände ihre ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter ebenfalls zu qualifizieren, was meist durch auf hohem Niveau stattfindende<br />

Gruppenleiterschulungen geschah. Auch in dem Bereich <strong>der</strong> Verwaltung <strong>der</strong><br />

Jugendverbände wurde die Professionalisierung <strong>der</strong> dort tätigen Haupt- und<br />

2 Hans Gängler: Jugendverbände und Jugendpolitik in: Hans-Uwe Otto / Hans Thiersch (Hrsg.):<br />

Handbuch <strong>der</strong> Sozialarbeit / Sozialpädagogik; 2. völlig neu überarbeitete und aktualisierte Auflage;<br />

Luchterhand; Neuwied, Kriftel; 2001; S. 896<br />

3<br />

siehe oben<br />

4 siehe oben<br />

7


Ehrenamtlichen immer wichtiger, da die Verteilungsmechanismen <strong>der</strong> öffentlichen<br />

För<strong>der</strong>ung für die Jugendverbände immer komplexer wurden. „Geför<strong>der</strong>t wurde dieser<br />

Professionalisierungsprozess sicherlich auch durch die Tatsache, dass es seit den<br />

frühen siebziger Jahren auch einschlägig ausgebildete und qualifizierte<br />

Hochschulabsolventen <strong>der</strong> Fachhochschulen und Universitäten<br />

(Sozialpädagogik/Sozialarbeit) gab, die das Arbeitsfeld Jugendarbeit häufig als<br />

Einstiegsarbeitsfeld wählten.“ 5<br />

Die Anpassung an gesellschaftliche Entwicklungen und Verän<strong>der</strong>ungen, die zwar<br />

immer stattgefunden hat, stellt in <strong>der</strong> jüngeren Geschichte <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit<br />

jedoch die größte Herausfor<strong>der</strong>ung für diese dar. Gängler bezeichnet diese vorerst<br />

letzte Phase <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit als „strukturelle<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung“ 6 . Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Binnenstruktur <strong>der</strong> Jugendverbände,<br />

Neugewinnung von Ehrenamtlichen, Schaffung neuer Angebote und Angebotsformen,<br />

verschiedene Formen <strong>der</strong> Organisations- und Personalentwicklung,<br />

Qualitätsmanagement und Dienstleistungsorientierung sind nur einige Themen, mit<br />

denen sich die Leitungen <strong>der</strong> verschiedenen Jugendverbände in <strong>der</strong> letzten Zeit und<br />

auch heute noch beschäftigen. 7<br />

2.2 Gesetzliche Grundlagen und die Bedeutung <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit in<br />

diesem Kontext<br />

Nachdem ich im vorangegangenen Abschnitt dargelegt habe, dass Jugendverbände<br />

bereits ab dem Ausgang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts vom Staat geför<strong>der</strong>t wurden, möchte ich<br />

nun einen Blick auf die aktuelle gesetzliche Grundlage <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Jugendverbände werfen und ihre Bedeutung in diesem Kontext herausstellen. Durch<br />

die Schaffung des Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) 1990 im achten Buch des<br />

Sozialgesetzbuches gibt es in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland einen Leistungskatalog<br />

für die Jugendhilfe. Die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit (die einen wichtigen Teil<br />

<strong>der</strong> Jugendhilfe darstellt) durch den Staat wird hier festgeschrieben.<br />

Im ersten Kapitel dieses Gesetzes, das die Paragraphen 1 bis 10 umfasst, werden die<br />

allgemeinen Vorschriften <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfe festgehalten. Hier räumt <strong>der</strong><br />

Gesetzgeber u.a. jedem „jungen Menschen ein Recht auf För<strong>der</strong>ung seiner<br />

Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und<br />

5 siehe oben<br />

6 siehe oben; S. 897<br />

7 siehe oben; S. 894 - 897<br />

8


gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ 8 ein (§1). Ein junger Mensch ist, laut §7, je<strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong> das 27. Lebensjahr noch <strong>nicht</strong> vollendet hat, nach §11 Absatz 4 können allerdings<br />

auch Personen, die das 27. Lebensjahr bereits vollendet haben, in angemessenem<br />

Umfang in die Angebote <strong>der</strong> Jugendarbeit einbezogen werden.<br />

Der erste Abschnitt des zweiten Kapitels dieses Gesetzes, das die Leistungen <strong>der</strong><br />

Jugendhilfe beschreibt, beschäftigt sich mit den Leistungen <strong>der</strong> Jugendarbeit, <strong>der</strong><br />

Jugendsozialarbeit und dem erzieherischen Kin<strong>der</strong>- und Jugendschutz (§§11-15). Für<br />

die Jugendverbandsarbeit ist hier <strong>der</strong> §12, <strong>der</strong> die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jugendverbände regelt<br />

und im zweiten Absatz einige wichtige Merkmale <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit nennt,<br />

wichtig.<br />

„§12 KJHG - För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jugendverbände<br />

(1) Die eigenverantwortliche Tätigkeit <strong>der</strong> Jugendverbände und Jugendgruppen ist<br />

unter Wahrung des satzungsgemäßen Eigenlebens nach Maßgabe des §74 zu<br />

för<strong>der</strong>n.<br />

(2) ¹ In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird Jugendarbeit von jungen<br />

Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet.<br />

² Ihre Arbeit ist auf Dauer angelegt und in <strong>der</strong> Regel auf die eigenen Mitglie<strong>der</strong><br />

ausgerichtet, sie kann sich aber auch an junge Menschen wenden, die <strong>nicht</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong> sind.<br />

³ Durch Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse werden Anliegen und<br />

Interessen junger Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten.“ 9<br />

Die große Bedeutung und die Wichtigkeit, die <strong>der</strong> Gesetzgeber <strong>der</strong><br />

Jugendverbandsarbeit für unsere Gesellschaft hier zuschreibt, wird in diesem<br />

Paragraphen deutlich. „Mit diesem Gesetzesparagraphen will <strong>der</strong> Gesetzgeber explizit<br />

die Bereitschaft zu selbstorganisiertem, eigenverantwortlichem Handeln junger<br />

Menschen als Keimzelle einer demokratischen Gesellschaft anregen, unterstützen und<br />

stärken.“ 10 Durch den ständigen Umgang <strong>der</strong> jungen Menschen in den<br />

Jugendverbänden mit Strukturen und Institutionen, den die Prinzipien <strong>der</strong><br />

Selbstorganisation und Eigenverantwortung mit sich bringen, werden diese auf ein<br />

selbstbestimmtes und verantwortungsbewußtes Leben in unserer demokratischen<br />

Gesellschaft vorbereitet. Jugendverbände übernehmen also u.a. die Funktion <strong>der</strong><br />

8<br />

Deutscher Taschenbuch Verlag (Hrsg.): Familienrecht; Verlag C. H. Beck; München; 2003; S. 250<br />

9<br />

Deutscher Taschenbuch Verlag (Hrsg.): Familienrecht; Verlag C. H. Beck; München; 2003; S. 254<br />

10 Mike Corsa: Die Evangelische Jugend als Jugendverband – Selbstverständnis, Verbindlichkeit,<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen; Vortrag bei <strong>der</strong> Hauptamtlichenkonferenz in Verden; Februar 2003<br />

Internet: http://www.ejh.de; siehe Anhang<br />

9


Demokratiebildung und sind schon daher ein unverzichtbarer und för<strong>der</strong>ungswürdiger<br />

Bestandteil unserer Gesellschaft.<br />

Für die Evangelische Jugendverbandsarbeit ist noch wichtig zu erwähnen, dass die<br />

Kirchen, Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts und Wohlfahrtsverbände<br />

nach §75 (3) KJHG schon per Gesetz anerkannte Träger <strong>der</strong> freien Jugendhilfe sind<br />

und sich im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en Jugendverbänden keinem Anerkennungsverfahren<br />

unterziehen müssen.<br />

2.3 Merkmale und Prinzipien <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit<br />

Um in den nächsten beiden Abschnitten die Bedeutung <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit und<br />

ihre Problemlagen darstellen zu können, ist es meiner Meinung nach erst einmal<br />

notwendig darzulegen, welche Merkmale die Jugendverbandsarbeit auszeichnen und<br />

welche Prinzipien sie sich selber gibt, um so zu verstehen, was Jugendverbandsarbeit<br />

eigentlich genau ausmacht. Da die Palette <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

existierenden Jugendverbände allerdings enorm groß und vielschichtig ist 11 , ist es sehr<br />

schwierig Merkmale von Jugendverbänden zu beschreiben, die für einen Großteil aller<br />

Jugendverbände gelten. Gängler beschreibt in seinem Artikel über die Jugendverbände<br />

insgesamt sechs Merkmale, die die meisten Jugendverbände gemeinsam innehaben.<br />

1. Die meisten Jugendverbände haben ihre Entstehung und ihren Erfolg ihrer engen<br />

Bindung an die verschiedenen Milieus zu verdanken. Durch diese Bindung hatten<br />

die Verbände keinerlei Nachwuchsprobleme. Die Mitglie<strong>der</strong> eines bestimmten<br />

Milieus wuchsen <strong>nicht</strong> nur automatisch in dieses Milieu, son<strong>der</strong>n auch in den dort<br />

existierenden Verband hinein. Das Milieu war also das ergiebigste<br />

Rekrutierungsfeld des Verbandes, wobei die Organisation <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> eines<br />

Milieus in einem Verband gleichzeitig das Milieu stabilisierte und stärkte.<br />

„Jugendverbände waren damit gleichzeitig Produzenten und Produkte von<br />

Milieus. “ 12<br />

2. Die meisten Jugendverbände haben eine privatrechtliche Organisationsform, die<br />

überwiegend vereinsförmig ist. „Sie sind daher von Anfang an auch Teil des<br />

Systems gesellschaftlicher Dienstleistungen im Sozial-, Bildungs- und<br />

11<br />

Im Handbuch Jugendverbände, das 1991 erschienen ist, werden 75 Jugendverbände beschrieben,<br />

wobei <strong>nicht</strong> alle existierenden Jugendverbände aufgenommen wurden.<br />

12 Hans Gängler: Jugendverbände und Jugendpolitik in: Hans-Uwe Otto / Hans Thiersch (Hrsg.):<br />

Handbuch <strong>der</strong> Sozialarbeit / Sozialpädagogik; 2. völlig neu überarbeitete und aktualisierte Auflage;<br />

Luchterhand; Neuwied, Kriftel; 2001; S. 897<br />

13 siehe oben<br />

10


Erziehungsbereich, rechtlich kodifiziert und über staatliche Mittelvergabe<br />

gebunden.“ 13 Die Einflußmöglichkeiten des Staates auf den Jugendverband<br />

beschränken sich allerdings oftmals auf die För<strong>der</strong>politik.<br />

3. Die Personalstruktur <strong>der</strong> Jugendverbände ist seit <strong>der</strong>en Entstehung zum großen Teil<br />

ehrenamtlich geprägt. Waren früher jedoch noch eher interessierte Erwachsene in<br />

den Jugendverbänden ehrenamtlich tätig, so sind es heute die Jugendlichen selber,<br />

die in den verschiedensten Positionen Aufgaben ehrenamtlich übernehmen.<br />

Erwachsene arbeiten zumeist nur noch in den höheren Leitungsgremien<br />

ehrenamtlich mit, die praktische Arbeit in den Gruppen und auf Fahrten wird<br />

größtenteils von jugendlichen Ehrenamtlichen übernommen. Die Zahl <strong>der</strong><br />

hauptamtlich in den Jugendverbänden Tätigen hat erst seit Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre<br />

deutlich zugenommen (siehe Punkt 2.1).<br />

4. Jugendverbände werden häufig als dritte Sozialisationsinstanz bezeichnet. 14 Zu<br />

einen Zeitpunkt, in dem viele Jugendliche von den herkömmlichen<br />

Sozialisationsinstanzen Familie, Schule und Berufsausbildung <strong>nicht</strong> richtig erreicht<br />

werden, stellen die Jugendverbände für die Jugendlichen einen Ort vielfältiger<br />

sozialer Ressourcen dar. Hier haben sie die Möglichkeit eigene soziale Netze zu<br />

knüpfen und ihre eigene Beziehungsfähigkeit zu entwickeln und zu erproben.<br />

Gleichzeitig erhalten sie die Chance sich mit verschiedensten Lebensentwürfen<br />

auseinan<strong>der</strong>zusetzen und zu experimentieren, und auch kritischen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit allen möglichen Fragen <strong>der</strong> Lebensführung und –<br />

bewältigung wird hier ein Raum geboten. Jugendliche haben in Jugendverbänden<br />

die Möglichkeit sich mit ihren eigenen Ansichten zusammen mit Gleichaltrigen und<br />

interessierten jungen und älteren Erwachsenen auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

5. Beson<strong>der</strong>s wichtig für die Arbeit <strong>der</strong> Jugendverbände war und ist die Arbeit mit<br />

Gruppen, die immer noch das „pädagogische Herzstück <strong>der</strong><br />

Jugendverbandsarbeit“ 15 darstellt. Hatten die Jugendverbände jedoch früher noch<br />

oftmals die Möglichkeit auf natürliche Gruppen zurückgreifen zu können, z.B.<br />

Schulklassen o<strong>der</strong> Jahrgänge <strong>der</strong> jeweiligen Milieus, so stehen sie heute hingegen<br />

häufig vor <strong>der</strong> Aufgabe Gruppen selbst initiieren zu müssen.<br />

6. Jugendverbände stellen eine Organisationsform von Gleichaltrigen dar, die sich in<br />

den verschiedensten Gruppen gegenseitig erziehen. „Dieses pädagogische<br />

14 Gängler bezeichnet die Jugendverbandsarbeit als dritte Bildungs- und vierte Sozialisationsinstanz. Ich<br />

vermute, dass er die Clique als weite Sozialisationsinstanz mitzählt, bleibe selber aber bei <strong>der</strong><br />

gängigeren Bezeichnung (dritte Sozialisationsinstanz).<br />

11


Phänomen <strong>der</strong> Gleichaltrigenerziehung, die als organisierte Gleichaltrigenbeziehung<br />

den Kern verbandlicher Jugendarbeit ausmacht, ist ein so in keinem an<strong>der</strong>en<br />

pädagogischen Bereich vorfindbares Phänomen.“ 16 Jugendliche machen in ihrem<br />

alltäglichen Leben Erfahrungen, erlangen Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, von<br />

denen an<strong>der</strong>e Jugendliche profitieren, an denen sie sich orientieren und reiben<br />

können. Durch das Zusammensein mit mehreren gleichaltrigen Jugendlichen in den<br />

Jugendverbänden haben diese die Möglichkeit all dieses untereinan<strong>der</strong><br />

auszutauschen, zu diskutieren und so gegenseitig voneinan<strong>der</strong> zu lernen. 17<br />

Diese sechs Merkmale gelten also heute für einen Großteil <strong>der</strong> Jugendverbände in <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik Deutschland. Dass die vielfältigen Probleme, mit denen die<br />

Jugendverbände heute konfrontiert sind, oftmals aus diesen Merkmale und <strong>der</strong><br />

Entwicklung dieser Merkmale resultieren, werde ich in einem späteren Abschnitt (siehe<br />

die Punkte 2.5.1 und 2.5.2) darlegen.<br />

Zusätzlich zu diesen sechs Merkmalen <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit möchte ich allerdings<br />

noch einige Prinzipien nennen, die teilweise gesetzlich festgelegt, für einen Großteil <strong>der</strong><br />

verschiedenen Jugendverbände, auf jeden Fall aber für die Evangelische<br />

Jugendverbandsarbeit, gelten und diese ausmachen. Diese Prinzipien, die hier <strong>nicht</strong><br />

näher erläutert werden sollen, da sie sich meiner Meinung nach von selbst erklären,<br />

sind: Selbstorganisation, Partizipation, Freiwilligkeit, Offenheit, Wertorientierung und<br />

Bewertungsfreiheit.<br />

2.4 Die Bedeutung und <strong>der</strong> Nutzen <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit für Jugendliche<br />

und für die Gesellschaft<br />

Die Arbeit <strong>der</strong> Jugendverbände in Deutschland ist sicherlich für die verschiedensten<br />

Personen und Institutionen von unterschiedlichster Bedeutungen (z.B. haben die<br />

kirchlichen Jugendverbände aus <strong>der</strong> Sicht und für die Kirche oftmals die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Nachwuchsför<strong>der</strong>ung. Dies steht allerdings im Gegensatz zum Selbstverständnis<br />

<strong>der</strong> Jugendverbände, <strong>der</strong>en Erstinteresse <strong>der</strong> Situation und den Bedürfnissen <strong>der</strong><br />

Jugendlichen selber gilt. Die Nachwuchsför<strong>der</strong>ung für die Institution Kirche spielt<br />

dabei erst einmal nur eine untergeordnete Rolle.). In diesem Abschnitt soll es um die<br />

Bedeutung und den Nutzen <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit für die Jugendlichen selber, als<br />

15 siehe oben; S. 899<br />

16 siehe oben<br />

17 siehe oben; S. 897 bis 900<br />

12


Zielgruppe <strong>der</strong> Arbeit, und für die Gesellschaft, als Gesamtrahmen, in dem die Arbeit<br />

geschieht, gehen.<br />

Mögliche Bedeutungen und <strong>der</strong> Nutzen <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit für Jugendliche sind<br />

schon im vorangegangenen Abschnitt angeklungen. Jugendliche finden in den<br />

Angeboten <strong>der</strong> Jugendverbände Orte <strong>der</strong> Selbsterprobung und Selbstfindung. Es wird<br />

ihnen ein Raum geboten, in dem sie in <strong>der</strong> Kommunikation mit An<strong>der</strong>en (Gleichaltrigen<br />

und Erwachsenen) ihre eigenen Vorstellungen, Probleme, Ansichten und Zweifel<br />

diskutieren können, verschiedenste Lebensentwürfe ausprobieren können, voneinan<strong>der</strong><br />

lernen können und so auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden begleitet werden. Durch<br />

die hauptamtliche Begleitung vieler Angebote <strong>der</strong> Jugendverbände, steht den<br />

Jugendlichen fast immer eine ausgebildete und kompetente Person mit Rat und Tat zur<br />

Verfügung.<br />

Die Prinzipien <strong>der</strong> Selbstorganisation und Partizipation ermöglichen den Jugendlichen<br />

selbst zu bestimmen, worum es in den verschiedenen Angeboten <strong>der</strong> Jugendverbände<br />

gehen soll. Die einzige Ausnahme bildet hier die Tatsache, dass die Angebote auch zu<br />

dem Profil des jeweiligen Jugendverbandes passen müssen. Durch die Prinzipien <strong>der</strong><br />

Offenheit, Freiwilligkeit und Bewertungsfreiheit ist sichergestellt, dass wirklich je<strong>der</strong><br />

Jugendliche die Angebote <strong>der</strong> verschiedenen Verbände nutzen kann, wenn er denn nur<br />

will. Die Bereitschaft des Jugendlichen sich mit den verbandsspezifischen Themen und<br />

Angeboten (z.B. Diskussionen über den eigenen Glauben o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Besuch einer<br />

Andacht auf einer Freizeit bei den Angeboten <strong>der</strong> kirchlichen Jugendverbände)<br />

auseinan<strong>der</strong>zusetzen bzw. daran teilzunehmen kann hier als einzige Bedingung zur<br />

Teilnahme gelten, was dem Prinzip <strong>der</strong> Wertorientierung <strong>der</strong> Jugendverbände<br />

entspricht. 18<br />

Durch die Teilnahme an Angeboten <strong>der</strong> Jugendverbände, eröffnen sich für die<br />

Jugendlichen verschiedenste Lernfel<strong>der</strong>. So können z. B. ganz praktische Dinge erlernt<br />

und erfahren werden, aber auch das Erlernen, Erfahren und Einüben von z.B. Solidarität<br />

gegenüber an<strong>der</strong>en, von Gemeinschaft und demokratischem Zusammenleben und die<br />

Artikulation <strong>der</strong> eigenen Bedürfnisse genießen in <strong>der</strong> Arbeit vieler Jugendverbände<br />

einen hohen Stellenwert.<br />

Durch den Zusammenschluß vieler Jugendlicher in einem Verband, haben die<br />

Jugendlichen ebenfalls die Möglichkeit ihre eigenen Interessen gebündelt nach außen<br />

z.B. gegenüber dem Staat o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erwachsenorganisation, zu artikulieren und zu<br />

18 vergleiche Mike Corsa: Standort und Zukunft <strong>der</strong> Jugendarbeit in: Nachrichtendienst des Deutschen<br />

Vereins für öffentliche und private Fürsorge; 78. Jahrgang; Frankfurt am Main; Heft 12/98; S. 362<br />

13


vertreten. Der Jugendverband kann so als Sprachrohr für die Interessenvertretung <strong>der</strong><br />

Jugendlichen genutzt werden.<br />

Sicherlich hat die Jugendverbandsarbeit für die verschiedensten Jugendlichen noch<br />

diverse an<strong>der</strong>e Bedeutungen und sicherlich nutzen die verschiedensten Jugendlichen die<br />

Angebote <strong>der</strong> Jugendverbände noch aus vielfältigen an<strong>der</strong>en Gründen, da sie diese<br />

Angebote ja selber gestalten. Jugendliche sind die Akteure des Jugendverbandes und<br />

entscheiden was passiert. Ich werde die Aufzählung <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Bedeutungsmöglichkeiten allerdings hier beenden, da ich denke, dass ich einen guten<br />

Einblick in diese gegeben habe und die wichtigsten genannt sind.<br />

Die Bedeutung und <strong>der</strong> Nutzen <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit für die Gesellschaft ist<br />

ebenfalls in den vorangegangenen Abschnitten schon angeklungen. Jugendverbände<br />

werden oft als dritte Sozialisationsinstanz bezeichnet, da sie Jugendliche zu einem<br />

Zeitpunkt ihres Lebens erreichen, in dem <strong>der</strong> Einfluß <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Sozialisationsinstanzen (Familie, Schule und Berufsausbildung) auf die Jugendlichen<br />

oftmals eher gering ist. In den Jugendverbänden werden den Jugendlichen<br />

gesellschaftlich anerkannte Werte und Normen vermittelt, und die Jugendlichen werden<br />

auf ihr Leben als Erwachsene in unserer Gesellschaft vorbereitet.<br />

Durch die Selbstorganisation <strong>der</strong> Jugendlichen in den Jugendverbänden, durch ihren<br />

ständigen Umgang mit Strukturen und Institutionen, lernen die Jugendlichen<br />

beispielhaft, wie demokratisches Leben in unserer Gesellschaft praktisch funktioniert;<br />

eine Erfahrung, die sie an<strong>der</strong>en Jugendlichen im späteren Leben voraus haben. Auch<br />

die verschiedenen Angebote, die die Arbeit <strong>der</strong> Jugendverbände auszeichnen, z.B. die<br />

umfassenden, auf Ganzheitlichkeit bedachten Bildungsangebote, sind von großer<br />

Bedeutung für die Gesellschaft. Jugendliche erhalten in den Jugendverbänden die<br />

Möglichkeit, verschiedenste Dinge zu erlernen und zu erfahren, die ihnen keine an<strong>der</strong>e<br />

Einrichtung in diesem Ausmaß bieten könnte.<br />

Dies sind einige <strong>der</strong> wichtigen Bedeutungen, die die Jugendverbandsarbeit für die<br />

Gesellschaft haben kann, doch auch hier hat die Jugendverbandsarbeit gewiss noch<br />

diverse an<strong>der</strong>e Bedeutungen und Nutzen. Allerdings möchte ich auch hier jetzt die<br />

Aufzählung <strong>der</strong> Bedeutungsmöglichkeiten beenden. Wichtig ist mir allerdings<br />

festzuhalten, dass Jugendverbandsarbeit sowohl für die Jugendlichen selber, als auch<br />

für die Gesellschaft insgesamt von großer Bedeutung ist und somit als wichtiger<br />

Bestandteil unserer Gesellschaft gelten kann und muss.<br />

14


2.5 Die Krise <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit<br />

In vielen Veröffentlichungen wird immer wie<strong>der</strong> von Krisen <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit<br />

gesprochen 19 , Behauptungen über sie werden ohne einen konkreten Bezug zur Realität<br />

aufgestellt und „manche Aspekte <strong>der</strong> Kritik wie<strong>der</strong>holen sich im Lauf <strong>der</strong> Geschichte<br />

gebetsmühlenhaft“ 20 Für viele Verbände ist es in den letzten Jahren immer schwieriger<br />

geworden z.B. Ehrenamtliche für ihre Arbeit zu gewinnen und auch die Angebote vieler<br />

Verbände leiden unter dem scheinbaren Desinteresse <strong>der</strong> Jugendlichen. Einige dieser<br />

Probleme, die zum Teil verbandsinterner Natur sind, zu einem an<strong>der</strong>en Teil ihren<br />

Ursprung im Strukturwandel <strong>der</strong> Jugendphase haben, möchte ich in den beiden<br />

folgenden Unterabschnitten erörtern. Die meisten dieser Probleme sind allerdings <strong>nicht</strong><br />

wirklich neu, aber sie sind bisher von einem Großteil <strong>der</strong> Jugendverbände noch immer<br />

<strong>nicht</strong> zufriedenstellend gelöst.<br />

2.5.1 Verbandsinterne Probleme<br />

In diesem Unterabschnitt soll es vor allem um zwei Problemstellungen gehen, mit<br />

denen die Jugendverbandsarbeit seit einigen Jahren zu kämpfen hat. Zum einen ist da<br />

<strong>der</strong> zu leistende Spagat zwischen dem Selbstanspruch <strong>der</strong> Jugendverbände, eine<br />

wichtige Erziehungsfunktion in <strong>der</strong> Gesellschaft einzunehmen (siehe Punkt 2.1) und<br />

den Prinzipien <strong>der</strong> Selbstorganisation und <strong>der</strong> Partizipation von Jugendlichen im<br />

Verband, zum an<strong>der</strong>en die Diskrepanz zwischen <strong>der</strong> zunehmenden Professionalisierung<br />

<strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit und dem Merkmal <strong>der</strong> Ehrenamtlichkeit.<br />

1. Jugendverbandsarbeit lebt von <strong>der</strong> Selbstorganisation und <strong>der</strong> Partizipation <strong>der</strong><br />

Jugendlichen am konkreten Verbandsleben. Sie bestimmen, was gemacht werden soll,<br />

welche Themen diskutiert werden. Hier können sie verschiedene Lebensentwürfe<br />

kennenlernen, in Frage stellen und ausprobieren. Jugendlichen soll so die Möglichkeit<br />

geboten werden, zu einem eigenen, für sie passenden, selbstbestimmten Lebensentwurf<br />

zu kommen.<br />

Was passiert allerdings, wenn Jugendliche an<strong>der</strong>e Lebensentwürfe präferieren, als die<br />

von <strong>der</strong> Gesellschaft akzeptierten? Was ist, wenn für die Jugendlichen eines Verbandes<br />

an<strong>der</strong>e Werte und Normen wichtig sind, als für den Großteil <strong>der</strong> Gesellschaft? Wie<br />

wird es beurteilt, wenn Jugendliche eines Verbandes beim Übergang in die<br />

19 vergleiche: Katrin Fauser: Ein Jugendverband aus Sicht <strong>der</strong> Jugendlichen – Subjektorientierte<br />

Jugendverbandsforschung in Sozial Extra 2004; 28. Jahrgang; Heft 7-8; S. 26ff<br />

20<br />

Mike Corsa: Konsequente Subjektorientierung als Anfor<strong>der</strong>ung an eine zielgenaue Steuerung von<br />

Jugendverbänden - ... in: FORUM Jugendhilfe; 1/2004; S. 74<br />

15


Erwachsenenwelt eben <strong>nicht</strong> die erwünschten angepassten Menschen sind, son<strong>der</strong>n<br />

Dinge an<strong>der</strong>s machen und verän<strong>der</strong>n wollen? Wie passen diese Vorstellungen mit dem<br />

Anspruch eine Erziehungsinstanz zu sein überein?<br />

Sicherlich sind diese Vorstellungen ein wenig übertrieben, doch die Erwartung <strong>der</strong><br />

Gesellschaft an Jugendliche ist nun einmal die, dass sie sich in ihrer Jugendzeit zu<br />

Individuen entwickeln, die sich gut in die bestehende Gesellschaft integrieren lassen.<br />

Genau dazu sollen Jugendliche erzogen werden, und von <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit als<br />

eine Erziehungsinstanz wird dann auch erwartet, dass sie genau dieses för<strong>der</strong>t. Solange<br />

es keinerlei Unterschiede zwischen den Bedürfnissen, Erwartungen und Einstellungen<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen in den Jugendverbänden und den Erwartungen <strong>der</strong> Gesellschaft an die<br />

Jugendverbände gibt, stellt dieses alles kein Problem dar. Driften die Bedürfnisse und<br />

die Erwartungen allerdings auseinan<strong>der</strong>, so ist die Jugendverbandsarbeit immer wie<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Situation ausbalancieren zu müssen, inwieweit sie beidem, ihrem<br />

Erziehungsauftrag (Erwartungen <strong>der</strong> Gesellschaft) und ihren Prinzipien<br />

(Selbstorganisation und Partizipation), gerecht werden kann.<br />

Hinzu kommt noch, dass <strong>der</strong> Staat den Jugendverbänden zwar ihr Recht auf<br />

Selbstorganisation usw. zuspricht und für sehr wichtig erachtet (siehe Punkt 2.2), er<br />

allerdings auch <strong>der</strong> wichtigste Geldgeber <strong>der</strong> Jugendverbände ist und so die<br />

Jugendverbände mit ihren verschiedenen Angeboten trotzdem, eben durch ihre<br />

Abhängigkeit von <strong>der</strong> Mittelvergabe, doch zum Teil vom Staat gesteuert werden<br />

können.<br />

Das verbandseigene Profil des jeweiligen Jugendverbandes spielt in diesem Kontext<br />

sicherlich ebenfalls eine wichtige Rolle.<br />

2. Ein wichtiges Merkmal von Jugendverbandsarbeit ist immer schon die<br />

Ehrenamtlichkeit gewesen (siehe Punkt 2.3). Im Laufe <strong>der</strong> Zeit hat sich das Bild <strong>der</strong><br />

Ehrenamtlichen stark gewandelt, <strong>nicht</strong> mehr interessierte Erwachsene, son<strong>der</strong>n<br />

Jugendliche selber bekleiden ehrenamtliche Positionen in den Jugendverbänden.<br />

Durch die vielfältig gewachsenen Strukturen <strong>der</strong> Jugendverbände, z.B. die Organisation<br />

vieler Jugendverbände in verschiedenen Ebenen (lokal, regional, auf <strong>der</strong> Ebene des<br />

Bundeslandes und des Bundes selber), <strong>der</strong> Mitarbeit vieler Jugendverbände in an<strong>der</strong>en<br />

(lokalen, regionalen und überregionalen) Gremien und <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong>en, z.B.<br />

Jugendhilfeausschuss, Jugendringe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> aejn (<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend in Nie<strong>der</strong>sachsen) und <strong>der</strong> immer anspruchsvolleren Richtlinien<br />

zur Mittelvergabe <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> und des Bundes selber, ist <strong>der</strong> Leistungsanspruch<br />

16


an Ehrenamtliche mit den Jahren immer höher geworden, so dass Jugendliche, die an<br />

dieser Arbeit zwar interessiert sind, diesen Zeit- und auch Professionalitätsansprüchen<br />

gar <strong>nicht</strong> mehr gerecht werden können. Viele <strong>der</strong> wichtigen Positionen und Ämter in<br />

den Jugendverbänden werden daher heute von Hauptamtlichen bekleidet o<strong>der</strong><br />

Hauptamtliche haben die Aufgabe den Ehrenamtlichen zu zuarbeiten, sind dadurch<br />

allerdings oftmals besser in <strong>der</strong> Materie als die jugendlichen Ehrenamtlichen. Hinzu<br />

kommt hier, dass die meisten Jugendverbände ohnehin Schwierigkeiten haben,<br />

Jugendliche für die ehrenamtliche Mitarbeit (vor allem auf höheren Ebenen und in<br />

verantwortungsvollen Positionen, die oftmals langfristig und zeitintensiv ist) zu<br />

gewinnen (siehe Punkt 2.5.2) 21 .<br />

Hauptamtliche spielen so in den Jugendverbänden eine immer wichtigere Rolle (was<br />

eine Diskrepanz zu dem Merkmal <strong>der</strong> Ehrenamtlichkeit und den Prinzipien <strong>der</strong><br />

Selbstorganisation und Partizipation darstellt) und werden daher auch durch diese<br />

Tatsache immer abhängiger von den För<strong>der</strong>töpfen des Bundeslandes und des Bundes.<br />

Sicherlich haben viele Jugendverbände noch verschiedene an<strong>der</strong>e verbandsinterne<br />

Probleme, doch die beispielhafte Schil<strong>der</strong>ung dieser beiden Problemfel<strong>der</strong> soll hier<br />

ausreichen.<br />

2.5.2 Probleme, die sich aus dem Strukturwandel <strong>der</strong> Jugendphase ergeben<br />

Um die Probleme, die sich für die Jugendverbände aus dem Strukturwandel <strong>der</strong><br />

Jugendphase ergeben, deutlich zu machen, möchte ich zuerst einige Merkmale und<br />

Folgen dieses Strukturwandels erläutern. Die Jugendzeit gilt seit einigen Jahren als<br />

eigenständige Lebensphase und <strong>nicht</strong> mehr nur als Übergang von <strong>der</strong> Kindheit in das<br />

Erwachsenenalter. Nicht eindeutig definiert ist allerdings <strong>der</strong> Anfang und das Ende <strong>der</strong><br />

Jugendphase, beim Anfang schwanken die Angaben zwischen zehn und 14 Jahren,<br />

beim Ende ist die Spannbreite noch größer (18 bis 30 Jahre). Die Gründe für diese<br />

Schwankungen liegen zum einem in <strong>der</strong> immer früher einsetzenden biologischen Reife<br />

<strong>der</strong> Mädchen und Jungen und zum an<strong>der</strong>en in <strong>der</strong> sich immer länger hinziehenden<br />

schulischen Ausbildung, die eine immer länger anhaltende wirtschaftliche Abhängigkeit<br />

vieler Jugendlicher von ihren Eltern mit sich bringt.<br />

Jugendliche sind heute mit vielen komplexen Aufgaben bzw. Zielsetzungen<br />

konfrontiert, die sie in <strong>der</strong> Lebensphase Jugend lösen bzw. erreichen sollen. Dies sind<br />

zum Beispiel:<br />

21 Sicherlich gibt es auch Jugendverbände, die über sehr viele Ehrenamtliche verfügen und sich eher<br />

über einen Teilnehmermangel beklagen, dies stellt allerdings wohl <strong>nicht</strong> den Normalfall dar.<br />

17


„«1. Entwicklung einer intellektuellen und sozialen Kompetenz, um<br />

selbstverantwortlich schulischen und anschließend beruflichen Qualifikationen<br />

nachzukommen, mit dem Ziel, eine berufliche Erwerbsarbeit aufzunehmen und dadurch<br />

die eigene, ökonomische und materielle Basis für die selbständige Existenz als<br />

Erwachsener zu sichern.<br />

2. Entwicklung <strong>der</strong> eigenen Geschlechtsreife und des sozialen Bindungsverhaltens<br />

zu Gleichaltrigen des eigenen und des an<strong>der</strong>en Geschlechts, Aufbau einer<br />

heterosexuellen Partnerbeziehung, die langfristig die Basis für eine Familiengründung<br />

und die Geburt und Erziehung eigener Kin<strong>der</strong> bilden kann. 22<br />

3. Entwicklung eigener Handlungsmuster für die Nutzung des<br />

Konsumwarenmarktes und des Freizeitmarktes einschließlich <strong>der</strong> Medien mit dem Ziel,<br />

einen eigenen Lebensstil zu entwickeln und zu einem gesteuerten und<br />

bedürfnisorientierten Umgang mit den entsprechenden Angeboten zu kommen.<br />

4. Entwicklung eines Werte- und Normensystems und eines ethischen und politischen<br />

Bewußtseins, das mit dem eigenen Verhalten und Handeln in Übereinstimmung steht,<br />

so dass die verantwortliche Übernahme von gesellschaftlichen Partizipationsrollen im<br />

kulturellen und politischen Raum möglich wird» (Hurrelmann 1994, S. 33f.).“ 23<br />

Von Jugendlichen wird in dieser Lebensphase also eine Menge verlangt, die nötige<br />

Orientierung, die sie zur Bewältigung dieser vielen Aufgaben benötigen, ist aber <strong>nicht</strong><br />

mehr zwingend gegeben.<br />

Durch die starken Verän<strong>der</strong>ungen innerhalb <strong>der</strong> Institution Familie (z.B. die Zunahme<br />

von Ein-Kindfamilien sowie die Zunahme von Alleinerziehenden) und des<br />

Verschwindens traditioneller Milieus, in denen Jugendliche früher aufgewachsen sind,<br />

verlieren die Jugendlichen heute wichtige Orientierungspunkte. Dass viele Jugendliche<br />

heute länger, aufgrund <strong>der</strong> wirtschaftlichen Abhängigkeit, in ihrem Elternhaus wohnen,<br />

bedeutet eben <strong>nicht</strong>, dass das Elternhaus immer noch einen großen Einfluß auf die<br />

Werte- und Normenentwicklung von Jugendlichen hat. Vielmehr nimmt die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Institution Familie bezüglich dieser Entwicklung stetig ab, Eltern werden heute eher<br />

22 Ich denke, hier muss man ergänzen, dass heutzutage auch homosexuelle Partnerschaften weitgehend<br />

gesellschaftlich akzeptiert sind und homosexuelle Jugendliche hier die Aufgabe haben mit ihrer<br />

Homosexualität als Teil ihres Individuums zu leben und homosexuelle Partnerschaften aufzubauen.<br />

23 Hurrelmann in Hans Günther Homfeldt u.a.: Jugendverbandsarbeit auf dem Prüfstand – Die<br />

Jugendfeuerwehr – Perspektiven für das verbandliche Prinzip <strong>der</strong> Jugendarbeit; Juventa-Verlag;<br />

Weinheim und München; 1995; S. 29f<br />

18


als Kumpel / Partner denn als Autoritätsperson, <strong>der</strong>en Werte und Normen man zu<br />

übernehmen hat, gesehen.<br />

Auch <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Jugendlichen zu einem selbständigen Erwerbsleben ist immer<br />

schwieriger geworden. Aufgrund <strong>der</strong> schlechten Arbeitsmarktsituation erstreben viele<br />

Jugendliche heute einen möglichst hohen Schulabschluss, wobei dieser eben keine<br />

Garantie mehr für einen späteren Arbeitsplatz ist. Dieses Paradoxon führt zum einen<br />

dazu, dass Jugendliche versuchen den immer höher werdenden Ansprüchen des<br />

Arbeitsmarktes gerecht zu werden (z.B. indem sie viel für die Schule lernen, freiwillige<br />

Praktika absolvieren o<strong>der</strong> auch außerschulische Bildungsangebote nutzen), um später<br />

eine Chance zu haben, zum an<strong>der</strong>en bedeutet es aber auch, dass an<strong>der</strong>e Lebens- und<br />

Wertebereiche, die außerhalb <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit liegen (z.B. Freizeit, Konsum, Peer-<br />

Groups), für Jugendliche immer wichtiger werden.<br />

Dass Zusammensein mit Gleichaltrigen in sogenannten Cliquen ist für viele<br />

Jugendliche heute zu einer wichtigen Sozialisationsinstanz geworden. Jugendliche<br />

verfügen heute über ein großes Maß an Freizeit, das sie vornehmlich in diesen Cliquen<br />

verbringen. Da Jugendliche heute ebenfalls über ein großes Maß an eigenem Geld<br />

verfügen, sind sie zu wichtigen Adressaten des kommerziellen Freizeit- und<br />

Konsumgütermarktes geworden. Der Besitz teurer Markenwaren ist z.B. heute oftmals<br />

die Voraussetzung, um Mitglied in einer Clique zu werden bzw. zu sein und ist somit<br />

Bestandteil eines eigenen Wertekataloges, <strong>der</strong> heute für viele Jugendliche zu gelten<br />

scheint. Für viele Jugendliche bedeutet dies, dass sie einem „Zwang zur<br />

Selbstvermarktung ausgesetzt sind, weil sie ohne den Selbstwertakkumulatoren von<br />

Familie und Beruf den Konkurrenzbedingungen schutzloser ausgesetzt sind.“ 24<br />

An dieser Stelle möchte ich nun die Darstellung <strong>der</strong> Merkmale und <strong>der</strong> Folgen des<br />

Strukturwandels <strong>der</strong> Jugendphase abbrechen, da ich denke, dass die wichtigsten Punkte<br />

deutlich geworden sind. Fortfahren möchte ich mit <strong>der</strong> Erklärung, warum dieser<br />

Strukturwandel einige Probleme für die Jugendverbandsarbeit mit sich bringt.<br />

Jugendliche verfügen heute über sehr viel Freizeit. Dieser Punkt müsste sich eigentlich<br />

positiv auf die Jugendverbandsarbeit auswirken, doch ist hier zu bedenken, dass<br />

Jugendliche ebenfalls zu wichtigen Adressaten eines enorm großen Freizeitmarktes<br />

geworden sind und mittlerweile vielfältige verschiede Optionen <strong>der</strong> Freizeitgestaltung<br />

haben. Jugendverbände befinden sich deshalb in einer Konkurrenzsituation zu den<br />

verschiedensten an<strong>der</strong>en Anbietern des Freizeitmarktes, die oft vor allem auf Fun und<br />

24 Hans Günther Homfeldt u.a.: Jugendverbandsarbeit auf dem Prüfstand – Die Jugendfeuerwehr –<br />

Perspektiven für das verbandliche Prinzip <strong>der</strong> Jugendarbeit; Juventa-Verlag; Weinheim und München;<br />

1995; S. 31<br />

19


Action setzen. Jugendliche stehen heute oftmals vor <strong>der</strong> Aufgabe, auswählen zu<br />

müssen, was sie in ihrer Freizeit machen wollen. Oft tun sie dies, indem sie mal dieses,<br />

mal jenes ausprobieren. Ein Merkmal <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit ist allerdings die Arbeit<br />

mit festen Gruppen (siehe Punkt 2.3), was ein hohes Maß an Kontinuität und<br />

Engagement bedarf, etwas, worauf Jugendliche heute oftmals <strong>nicht</strong> mehr eingehen<br />

wollen. Man könnte ja etwas an<strong>der</strong>es verpassen. Dieser Entwicklung versuchen viele<br />

Jugendverbände in <strong>der</strong> letzten Zeit verstärkt durch Projektarbeit entgegenzuwirken, was<br />

auf den lokalen Ebenen, bei den konkreten Angeboten auch gut funktioniert. Doch<br />

gerade die Arbeit in den verschiedensten Gremien <strong>der</strong> Jugendverbände leidet unter <strong>der</strong><br />

geringen Bereitschaft vieler Jugendlicher sich dauerhaft einer Aufgabe zu verpflichten.<br />

Hier sind viele Jugendverbände auf <strong>der</strong> Suche nach an<strong>der</strong>en, besser auf Jugendliche<br />

zugeschnittene Strukturen.<br />

Auch die Tatsache, dass traditionelle Milieus, die früher die Jugendverbänden<br />

sozusagen automatisch mit Nachwuchs versorgten, immer mehr wegbrechen und<br />

verschwinden, stellt, gerade für die kirchlichen Jugendverbände, ein großes Problem<br />

dar. Christliche Werte und Normen spielen in unserer Gesellschaft keine<br />

herausragende Rolle mehr, und Kin<strong>der</strong> und Jugendliche kommen auch in ihren<br />

Familien immer weniger in den Kontakt mit diesen. Die Institution Kirche, die oft mit<br />

<strong>der</strong> kirchlichen Jugendverbandsarbeit in Beziehung gesetzt wird, erscheint vielen<br />

Jugendlichen veraltet o<strong>der</strong> ist ihnen fremd. Daher ist die Hemmschwelle für<br />

Jugendliche, Angebote z.B. <strong>der</strong> Evangelischen Jugendverbände zu nutzen, im<br />

Gegensatz zu „normalen“ Verbänden (wie Sportverbände o<strong>der</strong> die Jugendfeuerwehr)<br />

eher hoch. Christliche Jugendverbände stehen hier also vor <strong>der</strong> Aufgabe, Angebote zu<br />

kreieren, die Jugendliche erst einmal anspricht und ihnen dann auch noch Lust auf die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit christlichen Themen, Werten und Normen macht.<br />

Mit <strong>der</strong> Schil<strong>der</strong>ung dieser beiden Problemfel<strong>der</strong>, denen die Jugendverbandsarbeit zur<br />

Zeit ausgesetzt ist, habe ich meiner Meinung nach auch einen guten Einblick in die<br />

Probleme, die sich aus dem Strukturwandel <strong>der</strong> Jugendphase ergeben, geben können.<br />

Gerade Jugendverbände in denen Werte und Normen eine große Rolle spielen (z.B.<br />

christliche Jugendverbände, aber auch an<strong>der</strong>e Jugendverbände, in denen das Thema<br />

„Helfen“ im Vor<strong>der</strong>grund steht (DLRG o<strong>der</strong> Rotes Kreuz)), scheinen beson<strong>der</strong>s stark<br />

von diesen Problemen betroffen zu sein und müssen vielfältige Aufgaben, die sich<br />

hieraus ergeben, angehen und erledigen.<br />

Da es in meiner Diplomarbeit konkret um die Erforschung und Praxisentwicklung <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugendverbandsarbeit gehen soll, möchte ich nun in einem nächsten<br />

Schritt die aej (<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend) vorstellen, die, neben<br />

<strong>der</strong> Freien Universität Berlin, Träger des in dieser Diplomarbeit vorzustellenden<br />

20


Projekts „Reichweite und Realität von Jugendverbandsarbeit“ ist, das vom<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geför<strong>der</strong>t wird.<br />

2.6 Die aej (<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend)<br />

Die <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend ist ein bundesweiter<br />

Zusammenschluß <strong>der</strong> Jugendverbände aus den verschiedenen Landeskirchen, <strong>der</strong><br />

Freikirchen, sowie <strong>der</strong> verschiedenen eigenständigen Verbände und Werke. Als<br />

Nachfolgeorganisation <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Bekennenden Kirche 1935 gegründeten<br />

Jugendkammer, wurde die <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> 1949 gegründet. Die Grundlagen ihrer<br />

Arbeit wurden von den Mitglie<strong>der</strong>n in einer Satzung festgelegt. Die aej sieht sich selber<br />

als Teil <strong>der</strong> Gemeinde Christi und bekennt sich zu Jesus Christus als dem einen Wort<br />

Gottes an alle Menschen. Sie sieht es als ihre Aufgabe an, jungen Menschen das<br />

Evangelium zu bezeugen, die ökumenische Wirklichkeit ernst zu nehmen und für die<br />

Interessen <strong>der</strong> jungen Generation einzutreten.<br />

„Evangelische Jugendarbeit will in allen ihren Gestalten den Glauben an Jesus<br />

Christus tradieren, för<strong>der</strong>n und bewahren, Jugendliche in politische Verantwortung<br />

einüben und Hilfen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung geben.“ 25<br />

Die Arbeit an theologischen und konzeptionellen Grundsatzfragen, die Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> BDKJ (Bund Deutscher Katholischer Jugend) bei Fragen <strong>der</strong> Ökumene und<br />

<strong>der</strong> Entwicklungspolitik, Internationale Jugendarbeit und Auslän<strong>der</strong>arbeit sind daher<br />

nur einige <strong>der</strong> Arbeitsschwerpunkte <strong>der</strong> aej.<br />

Das höchste beschlussfassende Organ <strong>der</strong> aej ist die Mitglie<strong>der</strong>versammlung, zu <strong>der</strong><br />

alle Mitglie<strong>der</strong> nach einem festgelegten Schlüssel Delegierte entsenden. Aus <strong>der</strong> Mitte<br />

<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung, die einmal im Jahr tagt, wird dann <strong>der</strong> Vorstand gewählt,<br />

<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um den Generalsekretär, den Hauptgeschäftsführer und die Referenten <strong>der</strong><br />

Geschäftsstelle <strong>der</strong> aej beruft. Auf die weiteren Beiräte, Arbeitskreise<br />

und sonstige Gremien möchte ich hier nun <strong>nicht</strong> weiter eingehen, da dieses alles im<br />

Handbuch Jugendverbände nachzulesen ist und ihre Erläuterung innerhalb dieser<br />

Diplomarbeit <strong>nicht</strong> erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />

25 Lothar Böhnisch / Hans Gängler / Thomas Rauschenbach (Hrsg.): Handbuch Jugendverbände;<br />

Juventa-Verlag; Weinheim und München; 1991; S. 864<br />

21


2.7 Fazit<br />

Ich habe versucht in diesem Kapitel zum einen deutlich zu machen, dass<br />

Jugendverbandsarbeit ein äußerst wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft ist<br />

(beson<strong>der</strong>s für Jugendliche selber ist sie wichtig), dass sie aber zum an<strong>der</strong>en seit<br />

längerer Zeit mit vielfältigen Problemen zu kämpfen hat, die es zu lösen gilt, wenn sie<br />

diesen Status (von vielen geschätzter und wichtiger Teil <strong>der</strong> Gesellschaft zu sein)<br />

beibehalten will. Viele Jugendverbände versuchen daher in letzter Zeit ihre Praxis neu<br />

zu entwickeln, um so die Bedürfnisse von Jugendlichen besser zu befriedigen, ihnen<br />

entgegenzukommen und so wie<strong>der</strong> mehr Jugendliche an sich zu binden.<br />

Die neu entwickelte Praxis muss aber immer auch noch zu dem Profil und den Zielen<br />

des spezifischen Jugendverbandes passen. Über ihr Profil und ihre Ziele sind sich wohl<br />

die meisten Jugendverbände im Klaren. Schwieriger wird es da schon, wenn die<br />

Mitarbeiter in den Jugendverbänden die Frage nach den Bedürfnissen und Wünschen<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen beantworten sollen, da ihnen hier oftmals <strong>der</strong> objektive Blick fehlt.<br />

Wichtig wäre es z.B. auch danach zu fragen, aus welchen Gründen Jugendliche<br />

Angebote <strong>der</strong> Jugendverbände überhaupt wahrnehmen, was die Frage nach <strong>der</strong><br />

Wahrnehmungsorientierung (absen<strong>der</strong>- o<strong>der</strong> subjektorientiert) mit sich zieht.<br />

Kommt Klaus wirklich jede Woche in die Gruppenstunde weil ihn die Themen so<br />

interessieren, o<strong>der</strong> hat sein regelmäßiges Erscheinen doch eher etwas mit seiner<br />

Verliebtheit in Karin zu tun?<br />

Die Dinge, die für die Leiter von Jugendgruppen beispielsweise ihre Angebote<br />

geradezu ausmachen (absen<strong>der</strong>orientierte Wahrnehmung), können für die Teilnehmer<br />

<strong>der</strong> Angebote eher nebensächlich sein. Aspekte, die <strong>der</strong> Jugendgruppenleiter gar <strong>nicht</strong><br />

so wirklich wahrnimmt, hingegen von großer Bedeutung (subjektorientierte<br />

Wahrnehmung).<br />

Um herauszufinden, welche Gründe die Jugendlichen wirklich für ihre Teilnahme an<br />

Angeboten <strong>der</strong> Jugendverbände haben und um zu erkennen, was Jugendliche aufgrund<br />

ihrer verschiedenen Hintergründe aus ihrem Verband machen, empfiehlt sich daher die<br />

Zusammenarbeit von Jugendverbänden mit Einrichtungen <strong>der</strong> Forschung, die einen<br />

objektiven Blick auf diese Fragestellungen garantieren kann.<br />

Doch gerade diese Zusammenarbeit scheint problematisch zu sein.<br />

Jugendverbandsforschung führt in <strong>der</strong> sozialwissenschaftlichen Kin<strong>der</strong>- und<br />

22


Jugendforschung immer noch ein Schattendasein 26 , was auch auf das scheinbar<br />

schwierige Verhältnis zwischen Forschern und Praktikern zurückzuführen ist.<br />

So werfen Forscher den Praktikern vor, Entscheidungen allzu oft aus „dem hohlen<br />

Bauch heraus“ zu treffen und sich eben <strong>nicht</strong> auf wissenschaftlich fundierte<br />

Ergebnisse zu beziehen, während die Praktiker den Ergebnissen von Forschern oft<br />

vorwerfen, dass sie <strong>nicht</strong>s o<strong>der</strong> nur sehr wenig mit dem Alltag <strong>der</strong> Praxis zu tun hätten.<br />

Auch die Angst <strong>der</strong> Praktiker vor einer externen Bewertung und vielleicht erfolgenden<br />

Herabwürdigung <strong>der</strong> eigenen Arbeit mag sicherlich eine Rolle spielen.<br />

Und doch brauchen Praxis und Forschung einan<strong>der</strong>, denn nur durch die<br />

Zusammenarbeit mit Personen aus <strong>der</strong> Praxis bekommen Forscher den für sie nötigen<br />

Einblick in die Alltagswelt und die Fragen <strong>der</strong> Praxis, so dass sie nur so sinnvolle, gute<br />

und hilfreiche Forschung betreiben können und nur durch den Bezug <strong>der</strong> Praxis auf<br />

gute Forschungsergebnisse und den daraus folgenden Theorien kann diese neue und<br />

bessere Konzepte für die Praxis entwickeln. Forschung und Praxis profitieren also<br />

beide von einer guten und partnerschaftlichen Zusammenarbeit.<br />

Wie eine Zusammenarbeit von Forschung und Praxis funktionieren kann, möchte ich<br />

nun anhand des Projektes „Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“, einem<br />

Gemeinschaftsprojekt <strong>der</strong> aej und <strong>der</strong> Freien Universität Berlin, das vom<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geför<strong>der</strong>t wird, darstellen<br />

und reflektieren.<br />

3. Das Projekt „Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“<br />

Das Projekt „Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“ ist im Jahr 2001<br />

aufgrund <strong>der</strong> Initiative des Generalsekretärs <strong>der</strong> aej, Mike Corsa, entstanden, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />

Bitte die Situation an <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Evangelischen Jugendverbandsarbeit zu erforschen<br />

an Prof. Dr. Richard Münchmeier herangetreten ist. Dieser willigte in die<br />

Zusammenarbeit ein, und man einigte sich auf die Nutzung <strong>der</strong> subjektorientierten<br />

Forschungsperspektive, die bereits bei einigen Shell-Jugendstudien zum Einsatz<br />

gekommen war.<br />

Die Nutzung dieser Perspektive bedeutet, dass <strong>nicht</strong> er<strong>forscht</strong> wird, was Verbände in<br />

Zukunft tun sollen (konzeptorientiert) o<strong>der</strong> welche Angebote Jugendliche von den<br />

26 vergleiche Mike Corsa: „Was machen Jugendliche aus einem Jugendverband?“<br />

Internet: http://www.evangelische-Jugend.de/pepartikelco.htm<br />

siehe Anhang<br />

23


Jugendverbänden wollen (bedürfnisorientiert), son<strong>der</strong>n dass Jugendliche selber, als<br />

aktive Gestalter von Jugendverbandsarbeit, in den Blick kommen und er<strong>forscht</strong> werden<br />

soll, was diese Jugendlichen aus ihrem Jugendverband machen. Die Realität <strong>der</strong><br />

Jugendverbandsarbeit aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Jugendlichen selber soll so er<strong>forscht</strong><br />

werden. Die Ergebnisse dieser Forschung sollen dann für die weitere<br />

Praxisentwicklung <strong>der</strong> Jugendverbände genutzt werden. Forschung und<br />

Praxisentwicklung stellen somit die beiden großen Säulen des Gesamtprojektes dar, die<br />

ich beide später noch näher beschreiben und erläutern werde.<br />

3.1 Die Anfänge des Projektes<br />

Nachdem klar war, dass das Projekt in <strong>der</strong> Zusammenarbeit von Richard Münchmeier<br />

(Freie Universität Berlin), <strong>der</strong> für den Forschungsteil verantwortlich sein würde, und<br />

<strong>der</strong> aej durchgeführt werden sollte, wurden weitere Personen für die Mitarbeit gesucht<br />

und gefunden. So wird die Befragung <strong>der</strong> Jugendlichen im Forschungsteil von Arthur<br />

Fischer (psydata / Frankfurt am Main) durchgeführt und verantwortet. Außerdem steht<br />

dem Projekt ein Expert(inn)enbeirat zur Seite, dem mehrere renommierte<br />

Wissenschaftler(innen) aus dem Bereich <strong>der</strong> Jugendforschung angehören (Prof. Gaby<br />

Flösser, Prof. Benno Hafeneger, Prof. Thomas Rauschenbach, Dr. Wiebken Düx, Prof.<br />

Ulrich Schwab, Prof. Benedikt Sturzenhecker und Prof. Werner Thole 27 ).<br />

Auch auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> aej mussten zu Beginn des Projektes erst einmal die<br />

verschiedensten Verantwortlichen in den unterschiedlichen Organisationsebenen <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend und in den verschiedenen Mitglie<strong>der</strong>bereichen <strong>der</strong> aej von <strong>der</strong><br />

Notwendigkeit dieses kombinierten Forschungs- und Praxisentwicklungsprojektes<br />

überzeugt werden. Gerade die externe forschungsbasierte Herangehensweise an die<br />

Fragestellungen <strong>der</strong> Praxisentwicklung sorgte hier für Gesprächsstoff. Durch das<br />

Führen von vielen Gesprächen mit Verantwortlichen <strong>der</strong> Jugendverbände,<br />

Informationsvorträgen in den Entscheidungsgremien und durch die kontinuierliche<br />

Behandlung <strong>der</strong> Entwicklung des Projektes innerhalb <strong>der</strong> aej erklärten einige<br />

Mitgliedsverbände dann schließlich ihre Bereitschaft an diesem Projekt mitzuarbeiten<br />

und den Wissenschaftler(inne)n die notwendigen Zugänge zu Informationen und<br />

Materialien <strong>der</strong> Evangelischen Jugend zu ermöglichen.<br />

Das Jahr 2002 wurde dann zur konkreten Konzeptentwicklung genutzt und auch die<br />

Anträge zur Finanzierung des Gesamtprojektes wurden geschrieben. Die notwendigen<br />

27 Homepage <strong>der</strong> Freien Universität Berlin:<br />

http://www.fu-berlin.de/jugendverbandsarbeit/expertenbeirat<br />

siehe Anhang<br />

24


Mittel, die zur Durchführung des Projektes benötigt werden, stellt das<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Verfügung, das von<br />

Anfang an ein großes Interesse an dem Projekt gezeigt hat. „Es sieht darin einen<br />

notwendigen innovativen Schritt bei Jugendverbänden und in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit, sich mit <strong>der</strong> eigenen Bedeutung und <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit kontinuierlich<br />

reflexiv auseinan<strong>der</strong> zu setzen und Erfolg versprechende Instrumente für die<br />

Praxisentwicklung zu entwickeln.“ 28<br />

Die konkrete Arbeit im Forschungsteil begann dann im Jahr 2003 mit <strong>der</strong><br />

Durchführung <strong>der</strong> ersten qualitativen Untersuchungen und auch <strong>der</strong><br />

Praxisentwicklungsprozess begann im Mai 2003 mit einem Workshop für alle aej-<br />

Mitgliedsverbände.<br />

3.2 Die Ziele des Projektes<br />

Der subjektorientierte Forschungsteil des Projektes richtet sich auf die<br />

Aneignungsprozesse von Jugendlichen und fragt nach <strong>der</strong>en Nutzungsmotiven und<br />

ihren Nutzungspraktiken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die subjektorientierte<br />

Forschungsperspektive in <strong>der</strong> bisherigen Jugendverbandsforschung kaum<br />

berücksichtigt wurde.<br />

„Es gibt zwar qualitative Untersuchungen, die um eine subjektorientierte Perspektive<br />

bemüht sind (z.B. Becker et al. 1984) und quantitative Studien, die auch einen<br />

qualitativen Forschungsteil haben (z.B. Freund/Reichwein 1992), doch bleiben hier<br />

entwe<strong>der</strong> die Fragen sehr auf ein bestimmtes Thema konzentriert, o<strong>der</strong> aber qualitativer<br />

und quantitativer Teil werden kaum aufeinan<strong>der</strong> bezogen. Größere Studien, die in ihrem<br />

methodischen Vorgehen in hohem Maße auf die subjektive Perspektive <strong>der</strong><br />

Jugendlichen eingehen, lassen die Jugendverbände völlig unterbelichtet (z.B. Deutsche<br />

Shell 2000).“ 29<br />

Von dem Forschungsergebnissen kann also erwartet werden, dass sie neue und bisher<br />

unbekannte Aspekte und Perspektiven aufweisen, da diese Forschungsperspektive<br />

bisher so noch <strong>nicht</strong> genutzt wurde, und es demnach auch noch keine an<strong>der</strong>en<br />

Ergebnisse zu <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Realität von Jugendverbandsarbeit aus <strong>der</strong> Sicht von<br />

Jugendlichen gibt.<br />

28 Mike Corsa: „Was machen Jugendliche aus einem Jugendverband?“<br />

Internet: http://www.evangelische-Jugend.de/pepartikelco.htm<br />

siehe Anhang<br />

25


Für die verschiedenen Praxisentwicklungsprojekte sollen die Forschungsergebnisse<br />

dann zeitnah wichtige Informationen für die geplanten Verän<strong>der</strong>ungsprozesse <strong>der</strong><br />

Verbandspraxis liefern. „Die Ergebnisse sollen den Verband in die Lage versetzen,<br />

sich im Spiegel <strong>der</strong> Sichtweisen jugendlicher Akteurinnen und Akteure zu betrachten<br />

und bisher kaum vorhandene anwendbare Instrumente für eine subjektorientierte<br />

Praxisentwicklung liefern. O<strong>der</strong> ganz einfach gesagt: Evangelische Jugend benötigt<br />

gebrauchsfähiges Handwerkszeug um kontinuierlich die Sichtweisen von jungen<br />

Menschen in ihren Planungen einzubauen.“ 30<br />

Das vornehmliche Ziel des Gesamtprojektes ist also eine Praxisentwicklung, die,<br />

basierend auf wissenschaftlichen Ergebnissen, die Sichtweisen von jungen Menschen<br />

in diesem gesamten Prozess mit berücksichtigt und einbaut. Den Sichtweisen von<br />

Jugendlichen wird hier also eine sehr große Bedeutung für eine erfolgreiche<br />

Praxisentwicklung attestiert, was die Wichtigkeit des Prinzips <strong>der</strong> Partizipation von<br />

Jugendlichen für die Jugendverbände noch einmal deutlich hervorhebt.<br />

3.3 Der Aufbau und <strong>der</strong> Zeitplan des Projektes<br />

Das Gesamtprojekt besteht aus zwei selbständigen, jedoch aufeinan<strong>der</strong> bezogenen<br />

Teilen, dem Forschungsprojekt und dem Praxisentwicklungsprojekt, das aus vielen<br />

verschiedenen, meist regionalen Praxisentwicklungsprojekten besteht. Den Aufbau und<br />

Ablauf bei<strong>der</strong> Teile möchte ich im folgenden getrennt voneinan<strong>der</strong> beschreiben.<br />

1. Das Forschungsprojekt arbeitet mit verschiedenen qualitativen und quantitativen<br />

Methoden, die zum Teil aufeinan<strong>der</strong> aufbauen (siehe Punkt 4.1). Die Ergebnisse des<br />

Forschungsprojektes sollten eigentlich im Dezember 2005 auf einer Veranstaltung mit<br />

dem Bundesministerium offiziell vorgestellt werden, den Praxisentwicklungsprojekten<br />

sollten sie bereits Ende August zur internen Verwendung vorliegen. Diese Termine<br />

mussten allerdings im Laufe des Gesamtprozesses, z.B. da die Auswertung <strong>der</strong><br />

Fragebögen mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als eigentlich geplant worden war,<br />

verschoben werden, so dass die offizielle Vorstellung <strong>der</strong> Ergebnisse nun für den März<br />

des Jahres 2006 geplant ist und die Praxisentwicklungsprojekte Ende November mit<br />

den Ergebnissen rechnen können.<br />

29 Katrin Fauser: Ein Jugendverband aus Sicht <strong>der</strong> Jugendlichen – Subjektorientierte<br />

Jugendverbandsforschung in Sozial Extra 2004; 28. Jahrgang; Heft 7-8; S. 26ff; 2te Fußnote<br />

30 Mike Corsa: „Was machen Jugendliche aus einem Jugendverband?“<br />

Internet: http://www.evangelische-Jugend.de/pepartikelco.htm<br />

26


Zusätzlich zu <strong>der</strong> repräsentativen Befragung hatten die einzelnen regionalen und lokalen<br />

Praxisentwicklungsgruppen die Möglichkeit eigene Fragebögen zu entwickeln, die sie<br />

dann mit einem, für alle Praxisentwicklungsgruppen gleich aussehenden, sogenannten<br />

Regionalfragebogen an die eigenen Gruppen verteilen konnten. Diese Fragebögen<br />

wurden ebenfalls von dem Forschungsteam um Arthur Fischer ausgewertet und die<br />

Ergebnisse dieser Fragebögen, die allerdings <strong>nicht</strong> repräsentativ sind, liegen zu einem<br />

großen Teil den jeweiligen Praxisentwicklungsgruppen auch schon vor (siehe Punkt<br />

5.2).<br />

Da sich <strong>der</strong> Forschungsteil des Gesamtprojektes vieler verschiedener<br />

Forschungsmethoden bedient, möchte ich im folgenden einen Überblick über den<br />

zeitlichen Ablauf <strong>der</strong> verschiedenen angewandten Forschungsmethoden geben.<br />

Zeitlicher Ablauf des Forschungsteils:<br />

2002 Entwicklung des Projektkonzeptes<br />

2003 Qualitative Untersuchungen<br />

- Erhebung des Forschungsstandes<br />

- explorative und biographische Interviews<br />

- Dokumentenanalyse (<strong>nicht</strong> subjektorientiert)<br />

- Expertengespräche (<strong>nicht</strong> subjektorientiert)<br />

- Sozialraumportrait (externe Gruppe)<br />

2004 Vorstudie<br />

Fragebogenentwicklung<br />

Pre-Tests<br />

Fragebogenerhebung<br />

Experteninterviews<br />

Regionalstudien<br />

2005 Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

Nachgeschaltete Interviews<br />

Modularisierung <strong>der</strong> Forschungsmethoden<br />

2006 Veröffentlichung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

Einige <strong>der</strong> hier genannten Arbeitsschritte, z.B. die Reichweitenerhebung <strong>der</strong><br />

Jugendverbandsarbeit und die nachgeschalteten Interviews, haben sich erst im Verlauf<br />

des Gesamtprozesses ergeben.<br />

Der Praxisentwicklungsteil des Gesamtprojektes startete im Mai 2003 mit einem<br />

Workshop für alle Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej, da ja erst einmal Gruppen gefunden<br />

siehe Anhang<br />

27


werden mussten, die bereit waren sich mit sehr viel Zeit und Engagement in das Projekt<br />

einzubringen und in ihrem eigenen Arbeitsbereich ihre Praxis zu verän<strong>der</strong>n. An diesem<br />

Workshop nahmen 13 Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej engagiert teil und auch nach dem<br />

Workshop sind noch einige Gruppen in das Praxisentwicklungsprojekt mit<br />

eingestiegen.<br />

Bis heute konnten die verschiedenen Praxisentwicklungsgruppen sicherlich schon eine<br />

Menge an Vorarbeit erledigen und verschiedenste Fragen klären (z.B. was<br />

Praxisentwicklung überhaupt genau ist), die konkrete Praxisentwicklungsarbeit wird in<br />

vielen Gruppen allerdings wohl erst mit <strong>der</strong> Kenntnisnahme <strong>der</strong> Forschungsergebnisse<br />

beginnen bzw. beginnen können, da diese ja einen Teil <strong>der</strong> Grundlage für die<br />

Praxisentwicklung bilden sollen. Um den Informationsfluß und den Austausch<br />

zwischen den einzelnen Projekten, aber auch zwischen den<br />

Praxisentwicklungsprojekten (peps) und <strong>der</strong> Forschung zu gewährleisten, gibt es für<br />

den Praxisentwicklungsteil folgende Organisationsstruktur 31 :<br />

Da die verschiedenen Praxisentwicklungsprojekte bei ihrer Praxisentwicklung<br />

unterschiedlichen Fragestellungen nachgehen, <strong>nicht</strong> alle Praxisentwicklungsprojekte<br />

gleichzeitig die Ergebnisse ihrer Regionalstudien erhalten haben, die Zahl <strong>der</strong> in den<br />

Praxisentwicklungsgruppen Tätigen sehr unterschiedlich ist und auch verschieden viel<br />

Zeit für dieses Projekt verwendet wird, ist <strong>der</strong> Entwicklungsstand in den einzelnen<br />

Projekten sehr unterschiedlich. Der allgemeine Zeitplan für das Gesamtprojekt sieht für<br />

den Praxisentwicklungsteil allerdings folgende Zeiteinteilung vor:<br />

31 Folie einer Power-Point-Präsentation; erstellt von Ottokar Schulz (Referent <strong>der</strong> aej) in<br />

Zusammenarbeit mit Katrin Fauser ◊ siehe Anhang (CD-ROM)<br />

28


2002 Entwicklung des Projektkonzeptes<br />

2003 Initiierung des Praxisentwicklungsprozesses<br />

2004 Weiterarbeit am Prozess z.B. durch Gruppendiskussionen<br />

Begleitung des Prozesses z.B. durch Workshops<br />

2005 Weiterarbeit am Prozess<br />

Regionalstudien<br />

Modularisierung des Prozesses<br />

2006ff Fortführung <strong>der</strong> Praxisentwicklung<br />

(Eventuell erst hier Modularisierung)<br />

Durch den unterschiedlichen Fortschritt <strong>der</strong> einzelnen Praxisentwicklungsprojekte und<br />

durch verspätete Veröffentlichung <strong>der</strong> Forschungsergebnisse ist es zur Zeit schwer<br />

abzuschätzen, wann die geplante Modularisierung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Praxisentwicklungsgruppen geschehen wird. Fest steht nur, dass auch hier<br />

unternommene Arbeitsschritte und Ergebnisse modularisiert werden sollen, um die<br />

Erkenntnisse und Erfahrungen <strong>der</strong> einzelnen Gruppen auch an<strong>der</strong>en Gruppen zur<br />

Verfügung zu stellen. Geplant ist die Modularisierung <strong>der</strong> Ergebnisse im Moment für<br />

das Frühjahr 2006.<br />

4. Der Forschungsteil<br />

In diesem Kapitel möchte ich den Forschungsteil des Gesamtprojektes näher<br />

beschreiben. Anfangen werde ich mit <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Forschungsmethoden, die im Forschungsteil zum Einsatz gekommen sind. Weiterhin<br />

werde ich in diesem Kapitel auch schon von einigen Zwischenergebnissen <strong>der</strong><br />

Forschung, die bereits in verschiedenen Zeitungsartikeln veröffentlicht wurden,<br />

berichten. Um die Modularisierung <strong>der</strong> Fragebögen <strong>der</strong> Hauptstudie soll es dann im<br />

letzten Punkt dieses Kapitels gehen.<br />

4.1 Die verschiedenen genutzten Forschungsmethoden<br />

Im Forschungsteil des Gesamtprojektes wird mit verschiedenen qualitativen und<br />

quantitativen Forschungsmethoden, die teilweise aufeinan<strong>der</strong> aufbauen, gearbeitet (siehe<br />

Punkt 3.3).<br />

29


Der erste Arbeitsschritt des Forschungsteams bestand allerdings in <strong>der</strong> Erhebung des<br />

bisherigen Forschungsstandes zu den Themen „Jugendverbandsforschung“ und<br />

„Engagement Jugendlicher in Jugendverbänden“, um so einen Überblick über bereits<br />

existierendes Material zu bekommen.<br />

Die eigene Forschungsarbeit begann dann mit dem Führen von 25 explorativen, nondirektiven<br />

Interviews mit Jugendlichen im Alter zwischen acht und 22 Jahren. Alle<br />

befragten Jugendlichen nutzen Angebote <strong>der</strong> aej (und engagieren sich zum Teil auch in<br />

ihnen) in den verschiedenen Mitgliedsverbänden in Ost- und Westdeutschland und<br />

kommen aus ländlichen und auch aus urbanen Zusammenhängen. Diese Interviews<br />

wurden geführt, um etwas über die verschiedenen Erwartungen, Einstellungen und<br />

Sichtweisen junger Menschen bezüglich ihres Verbandes zu erfahren und die<br />

dazugehörigen Sprachcodes zu ermitteln, die später die Grundlage für die quantitative<br />

Hauptstudie bilden werden. Die quantitative Hauptstudie baut also auf den Ergebnissen<br />

<strong>der</strong> qualitativ geführten Interviews auf.<br />

Zusätzlich zu den explorativen Einzelinterviews sind dann elf biographische Interviews<br />

mit Jugendlichen zwischen 18 und 22 Jahren (plus ein Interview mit einer 27jährigen<br />

Person) geführt worden, um herauszufinden, wie sich das Nutzungsverhalten, die<br />

Einstellungen und Sichtweisen Jugendlicher im Bezug auf ihren Verband mit <strong>der</strong> Zeit<br />

verän<strong>der</strong>n. „Diese Interviews bilden markant unterschiedliche Bedeutungen des<br />

Jugendverbandes für junge Menschen und ihr Verhältnis zum Verbandsleben und<br />

seinen Strukturen ab.“ 32<br />

Eine <strong>nicht</strong> subjektorientierte Forschungsmethode stellt die Dokumentenanalyse dar, die<br />

ebenfalls vom Forschungsteam durchgeführt wurde. Über 2000 verschiedene<br />

Dokumente (z.B. Protokolle, Berichte, Zeitschriften und Flyer) aus dem Jahr 2002<br />

wurden dem Forschungsteam von den verschiedensten Mitgliedsverbänden <strong>der</strong> aej zur<br />

Auswertung zur Verfügung gestellt. Mit <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Dokumente wollen die<br />

Forscher(innen) herausfinden, welche Themen die Jugendverbände schriftlich nach<br />

außen und nach innen kommunizieren. So wird sichergestellt, dass die verbandlichen<br />

Traditionen, die Strukturen und die Organisations- und Arbeitsformen <strong>der</strong><br />

Jugendverbände <strong>nicht</strong> außer Acht gelassen werden, da diese ja eine wichtige Rolle<br />

bezüglich des Handelns von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern spielen und somit<br />

auch das Nutzungsverhalten <strong>der</strong> Jugendlichen betreffen.<br />

32 Mike Corsa: „Was machen Jugendliche aus einem Jugendverband?“<br />

Internet: http://www.evangelische-Jugend.de/pepartikelco.htm<br />

siehe Anhang<br />

30


Die zweite <strong>nicht</strong> subjektorientierte Forschungsmethode die eingesetzt wurde, sind die<br />

sogenannten Experteninterviews. Hier wurden hauptamtliche Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen zu ihren Kriterien und Begründungen bezüglich ihrer<br />

Angebotsentscheidungen befragt. „Diese Experteninterviews dienen außerdem dazu,<br />

die Ergebnisse <strong>der</strong> Dokumentenanalyse sowie <strong>der</strong> qualitativen und quantitativen<br />

Forschungsstränge kritisch zu überprüfen und sie mit den Sichtweisen <strong>der</strong><br />

jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu verglichen.“ 33<br />

Zusätzlich zu den von dem Forschungsteam selbst durchgeführten Forschungsteilen<br />

gibt es noch ein Sozialraumportrait <strong>der</strong> Evangelischen Jugendverbandsarbeit in dem Ort<br />

Fürstenwalde, das von einem Studentischen Forschungsprojekt durch die Auswertung<br />

von geführten Interviews und Ortsbegehungen erstellt wurde.<br />

Die Hauptuntersuchung des Forschungsteils ist eine repräsentative zweigeteilte<br />

Fragebogenerhebung. Zum einen wurde in 3020 „face-to-face Interviews“ die<br />

Reichweite <strong>der</strong> Evangelischen Jugendverbandsarbeit ermittelt, d.h. es wurde mit Hilfe<br />

von Filterfragen ermittelt wieviel Prozent aller deutschen Jugendlichen an Angeboten<br />

<strong>der</strong> Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej teilhaben. Zum an<strong>der</strong>en wurden ebenfalls in „face-toface“<br />

Interviews 2280 Jugendliche zur Realität <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugendverbandsarbeit befragt. Die Fragen, die den Jugendlichen hierbei gestellt<br />

wurden, ergaben sich aus den vorher durchgeführten Einzelinterviews. Sie wurden in<br />

Vorstudien ermittelt und in mehreren Pre-Tests erprobt. Die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Realitätsuntersuchung sollen nach ihrer Analyse durch nachgeschaltete Interviews<br />

überprüft werden. „Hier wird vor allem die Frage im Vor<strong>der</strong>grund stehen, inwieweit die<br />

empirisch gefundenen Nutzungsmuster auch subjektiv repräsentiert sind o<strong>der</strong> ob die<br />

Jugendlichen völlig an<strong>der</strong>e Nutzungsformen erleben.“ 34<br />

Eine weitere konkrete Zusammenarbeit zwischen <strong>der</strong> Forschungs- und <strong>der</strong><br />

Praxisentwicklungsgruppe, neben <strong>der</strong> Zuarbeit bei <strong>der</strong> Dokumentenanalyse, bestand in<br />

<strong>der</strong> Möglichkeit für die Praxisentwicklungsgruppen regionale Fragebögen für die<br />

Praxisentwicklung einzusetzen, die dann größtenteils von <strong>der</strong> Forschungsgruppe<br />

ausgezählt wurden und bei <strong>der</strong>en Auswertung Arthur Fischer den<br />

Praxisentwicklungsgruppen beratend zur Seite stand und steht. Näheres zu den<br />

Regionalfragebögen werde ich im Kapitel zum Praxisentwicklungsteil erläutern.<br />

33 Homepage <strong>der</strong> Freien Universität Berlin:<br />

http://www.fu-berlin.de/jugendverbandsarbeit<br />

siehe Anhang<br />

34 Homepage <strong>der</strong> Freien Universität Berlin:<br />

http://www.fu-berlin.de/jugendverbandsarbeit<br />

siehe Anhang<br />

31


4.2 Zwischenergebnisse<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Hauptuntersuchung des Forschungsteils sind noch <strong>nicht</strong><br />

veröffentlicht und dürfen vor <strong>der</strong> gemeinsamen Präsentation mit dem<br />

Bundesministerium auch nirgendwo angedeutet o<strong>der</strong> gar verschriftlicht werden. In<br />

verschiedenen Zeitschriften wurden allerdings bereits einige Ergebnisse <strong>der</strong><br />

explorativen und <strong>der</strong> biographischen Interviews dargestellt, so dass ich diese ebenfalls<br />

wie<strong>der</strong>geben kann.<br />

Nach <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> explorativen Interviews sind die Forscherinnen und Forscher<br />

zu dem Ergebnis gekommen, dass Jugendlichen, die an Angeboten <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugendverbandsarbeit teilhaben, den Spaß, den die Wahrnehmung <strong>der</strong> Angebote mit<br />

sich bringt, die Möglichkeit mit an<strong>der</strong>en Menschen in Kontakt zu kommen und auch<br />

die Gelegenheit Gespräche zu führen an diesen Angeboten schätzen. Die Chance selber<br />

etwas tun zu können und <strong>nicht</strong> immer nur auf Vorgegebenes reagieren zu müssen steht<br />

bei vielen im Vor<strong>der</strong>grund. Die Tatsache, dass ihre Meinung in den verschiedenen<br />

Gruppen gefragt ist und ernst genommen wird und dass sie sich mit ihren Ideen und<br />

Vorstellungen in die Gruppe einbringen können, ist für die befragten Jugendlichen sehr<br />

wichtig. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> verschiedenen Gruppen kommen<br />

dabei bei den Jugendlichen gut bis sehr gut an. „Auch herrscht im kirchlichen Rahmen<br />

eine an<strong>der</strong>e Atmosphäre als bei an<strong>der</strong>en Angeboten in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit<br />

o<strong>der</strong> in Sportvereinen. Beson<strong>der</strong>s herausgestellt wird in den betreffenden Interviews,<br />

dass es ein großer Wert ist, jede(n) so zu nehmen, wie sie o<strong>der</strong> er ist und dass man<br />

keinem massiven Leistungsdruck ausgesetzt ist. Dazu gehört auch, dass prinzipiell<br />

jede(r) willkommen ist.“ 35<br />

Durch die Analyse <strong>der</strong> Interviews konnten die Forscherinnen und Forscher ebenfalls<br />

viele verschiedene Motive <strong>der</strong> Jugendlichen für ihre Teilhabe an den Angeboten <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugendverbandsarbeit herausarbeiten. Hierbei lässt sich erkennen, dass<br />

die verschiedenen Motive <strong>der</strong> Jugendlichen <strong>nicht</strong> scharf voneinan<strong>der</strong> getrennt werden<br />

können, son<strong>der</strong>n in den verschiedensten Kombinationen vorkommen können.<br />

Die Analyse <strong>der</strong> biographischen Interviews sollte klären, inwieweit sich die subjektive<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Teilhabe an Angeboten <strong>der</strong> Evangelischen Jugendverbandsarbeit für<br />

Jugendliche im Verlauf ihres Lebens wandelt und wie sich dadurch das Verhältnis <strong>der</strong><br />

Jugendlichen zu ihrem Verband verän<strong>der</strong>t. „Zu erkennen sind beson<strong>der</strong>s zwei Linien:<br />

35 Mike Corsa: „Was machen Jugendliche aus einem Jugendverband?“<br />

Internet: http://www.evangelische-Jugend.de/pepartikelco.htm<br />

siehe Anhang<br />

32


Große Bedeutung hat für die befragten Jugendlichen die vorgefundene Gemeinschaft<br />

(„Ich halte es ohne die Gemeinde <strong>nicht</strong> aus! “) und was sie selbst im Jugendverband<br />

machen können (<strong>nicht</strong>: was vom Verband angeboten wird!).“ 36<br />

4.3 Modularisierung<br />

Die verschiedenen im Forschungsteil genutzten Forschungsmethoden und<br />

Messinstrumente sollen nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeit in Modulen zusammengefasst<br />

werden, zu denen ein Manual zur Anwendung dieser Methoden und Instrumente erstellt<br />

wird. Durch diese Modularisierung soll allen Interessierten ermöglicht werden, selber<br />

mit dem Instrumentarium <strong>der</strong> Forschungsgruppe zu arbeiten sowie ihre Mitglie<strong>der</strong> auch<br />

außerhalb des Projektes in Eigenregie zu befragen. Dazu stehen die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter <strong>der</strong> Forschungsgruppe den verschiedenen Mitgliedsverbänden <strong>der</strong> aej<br />

auch nach dem Ende <strong>der</strong> Laufzeit des Projektes noch mit Rat und Tat zur Verfügung.<br />

Ein Teil <strong>der</strong> Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej meldete bereits auf einer Tagung ihr Interesse an<br />

diesem Instrumentarium an, allerdings kann und wird sich <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong><br />

modularisierten Instrumente wohl <strong>nicht</strong> nur auf die Verwendung innerhalb <strong>der</strong><br />

Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej beschränken. „Auch an<strong>der</strong>e Jugendverbände können mit den<br />

Skalen arbeiten, zudem steht <strong>der</strong> Wissenschaft ein leistungsfähiges Instrument zur<br />

Analyse zur Verfügung.“ 37<br />

Eine Konstruktion <strong>der</strong> Instrumente in <strong>der</strong> Art und Weise, dass Langzeitbeobachtungen<br />

von Verbänden möglich sind, ist ebenfalls angedacht. Durch so eine Konstruktion<br />

stünde allen Personen, die an <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit interessiert o<strong>der</strong> beteiligt sind,<br />

ein zentrales Instrument zur Verfügung, das zur Optimierung und Kontrolle <strong>der</strong> Arbeit<br />

von Jugendverbänden beitragen kann. Auch ein Vergleich <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Jugendverbände wäre durch so ein Instrumentarium möglich.<br />

5. Der Praxisentwicklungsteil<br />

Im Praxisentwicklungsteil des Gesamtprojektes gibt es insgesamt 31 verschiedene<br />

Praxisentwicklungsprojekte, verteilt auf die verschiedenen beteiligten Mitgliedsverbände<br />

36 siehe oben<br />

37<br />

Homepage <strong>der</strong> Freien Universität Berlin:<br />

http://www.fu-berlin.de/jugendverbandsarbeit<br />

siehe Anhang<br />

33


<strong>der</strong> aej. Der Verband <strong>der</strong> Evangelischen Jugend <strong>der</strong> Landeskirche Hannovers besetzt<br />

hier allerdings sozusagen die „Poleposition“, da insgesamt elf <strong>der</strong> bestehenden<br />

Praxisentwicklungsprojekte hier angesiedelt sind. Neben dem Jugendverband <strong>der</strong><br />

Landeskirche Hannovers sind folgende Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej an dem<br />

Praxisentwicklungsteil des Gesamtprojektes beteiligt: Verbände <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugend <strong>der</strong> Landeskirchen Nord-Elbien, Hessen-Nassau, Berlin-Brandenburg,<br />

Rheinland, Pfalz und Baden-Württemberg, <strong>der</strong> CVJM in Sachsen und das<br />

Studienzentrum Josefstal.<br />

Die Arbeitsweise und auch die Zahl <strong>der</strong> Personen die an den verschiedenen<br />

Praxisentwicklungsprojekten beteiligt sind, ist von Projekt zu Projekt sehr<br />

unterschiedlich. So gibt es Projekte an denen nur ein sehr kleiner Personenkreis<br />

arbeitet, Projekte, in denen Personen aus verschiedensten an<strong>der</strong>en Gremien (z.B.<br />

Kirchenvorstand, Kirchenkreistag, Jugendausschüsse dieser Gremien, Jugendkonvente,<br />

Jugend-AG´s, Ehrenamtlichentreffen) mitarbeiten, Projekte, die sich in regelmäßigen<br />

Abständen treffen und Projekte, in denen eher unregelmäßig gearbeitet wird.<br />

Die Aufgaben und Fragen, denen sich die verschiedenen Praxisentwicklungsprojekte<br />

stellen mussten, waren und sind allerdings für alle Projekte gleich. Als erstes musste<br />

jedes einzelne Projekt die Frage nach dem „Ist-Stand“ <strong>der</strong> eigenen Praxis klären, um<br />

daraus die zu verän<strong>der</strong>nde Problemlage formulieren zu können. Was soll durch das<br />

Praxisentwicklungsprojekt eigentlich verän<strong>der</strong>t werden, und wie soll dann das Ergebnis<br />

aussehen?<br />

Um diese Fragen beantworten zu können war es ebenfalls notwendig, erst einmal zu<br />

definieren, was <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Praxisentwicklung überhaupt bedeutet, bzw. wie er<br />

verstanden wird. Da es hierfür bisher keine allgemeingültige Definition gegeben hat,<br />

wurde dieser Begriff auf <strong>der</strong> Ebene des regionalen Arbeitskreises Praxisentwicklung<br />

und auf einer Studientagung des Landesjugendpfarramtes <strong>der</strong> Landeskirche Hannovers<br />

diskutiert und eine, für alle Praxisentwicklungsprojekte des Gesamtprojektes gültige<br />

Definition erarbeitet.<br />

„Praxis: Der Alltag in <strong>der</strong> Jugendarbeit, mit all seinen unterschiedlichen<br />

Ausprägungen und Prozessen.<br />

Praxisverän<strong>der</strong>ung: Ähnlich <strong>der</strong> Evolution verän<strong>der</strong>t Praxis auch ungesteuert.<br />

Solange dies <strong>nicht</strong> bewusst bzw. reflektiert geschieht, handelt es sich noch <strong>nicht</strong> um<br />

Praxisentwicklung. (Bsp.: Selektionsprozesse) Es ist auch dann keine<br />

Praxisentwicklung wenn Handlungen nebenher bestimmte Konsequenzen für die<br />

Praxis haben, diese jedoch <strong>nicht</strong> bewusst intendiert sind.<br />

34


Praxisentwicklung: Die Verän<strong>der</strong>ung geschieht bewusst und systematisch. Die Ziele<br />

können sich aber auch im Laufe des Prozesses än<strong>der</strong>n.<br />

Praxisentwicklung geschieht, wenn die Praxis bewusst und systematisch, das<br />

heißt auf ein Ziel hin, verän<strong>der</strong>t wird. “ 38<br />

Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang auch die Äusserung zu sein, dass<br />

innerhalb eines Praxisentwicklungsprozesses <strong>nicht</strong> die konkrete Arbeit <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Prüfstand steht, son<strong>der</strong>n diese die<br />

Überprüfung ihrer Arbeit zunächst selber vornehmen und dabei lediglich begleitet<br />

werden. Durch die Praxisentwicklung wird ihnen angeboten, einen differenzierten Blick<br />

auf ihre Arbeit zu werfen; sie dient dazu, das Bewusstsein zu stärken und Instrumente<br />

zu entwickeln und eben <strong>nicht</strong> zur Kontrolle durch Dritte (siehe Punkt 2.7 – Angst <strong>der</strong><br />

Praktikerinnen und Praktiker vor externer Bewertung ihrer Arbeit).<br />

In den verschiedenen Praxisentwicklungsprojekten musste zudem geklärt werden,<br />

welche Hilfestellungen von Seiten <strong>der</strong> Forschung, sowie vom regionalen Arbeitskreis<br />

und vom Bundesarbeitskreis benötigt werden. Die Verschriftlichung <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Arbeitsformen und –schritte, sowie <strong>der</strong> erzielten Ergebnisse des Projektes gehört<br />

ebenfalls zu den Aufgaben <strong>der</strong> lokalen Praxisentwicklungsprojekte, da diese, mit dem<br />

Ziel an<strong>der</strong>en Gruppen <strong>der</strong> Evangelischen Jugendverbandsarbeit diese Erfahrungen zur<br />

Nutzung zugänglich zu machen, ebenfalls modularisiert werden sollen.<br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>der</strong> verschiedenen lokalen<br />

Praxisentwicklungsprojekte treffen sich zudem im regionalen Arbeitskreis<br />

Praxisentwicklung, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Landeskirche Hannovers von Manfred Neubauer, dem<br />

jugendpolitischen Referenten des Landesjugendpfarramtes geleitet wird. Hier werden<br />

die lokalen Projekte vernetzt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die<br />

Möglichkeit sich gegenseitig über ihre Erfahrungen auszutauschen. In dem regionalen<br />

Arbeitskreis, <strong>der</strong> den Kontakt zum Bundesarbeitskreis hält und somit auch für den<br />

Informationsfluß zuständig ist, können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zudem<br />

ihre Unterstützungswünsche und auch ihre Schulungs- und Fortbildungswünsche<br />

mitteilen, die dann, soweit diese im Rahmen <strong>der</strong> Möglichkeiten (z.B. <strong>der</strong> finanziellen)<br />

liegen, von <strong>der</strong> Leitung dieses Arbeitskreises organisiert werden. Auch die<br />

Koordination <strong>der</strong> regionalen Fragebogenerhebungen gehört zu den Aufgaben <strong>der</strong><br />

Leitung des regionalen Arbeitskreises.<br />

38 entnommen einer Power-Point-Präsentation von Katrin Fauser: Diskussionsertrag <strong>der</strong> Studientage<br />

des Landesjugendpfarramt Hannover – 20.-22.09.2004 ◊ siehe Angang (CD-ROM)<br />

35


Der Bundesarbeitskreis Praxisentwicklung, <strong>der</strong> sich ca. sechs bis acht Mal im Jahr trifft<br />

und dem die Leiter <strong>der</strong> regionalen Arbeitskreise und die Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter <strong>der</strong> Forschung angehören, ist für die Gesamtkoordination <strong>der</strong> lokalen und<br />

regionalen Praxisentwicklungsgruppen zuständig. Er steht im ständigen<br />

Informationsaustausch mit den Forscherinnen und Forschern. Die Durchführung<br />

bundesweiter Veranstaltungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>der</strong><br />

Praxisentwicklungsprojekte, und die Modularisierung <strong>der</strong> Projekte aufgrund <strong>der</strong><br />

Aufzeichnungen <strong>der</strong> Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehört ebenso zu den Aufgaben<br />

dieses Arbeitskreises, wie die Veröffentlichung und Verbreitung <strong>der</strong> zu erstellenden<br />

Dokumentation.<br />

5.1 Die Praxisentwicklungsprojekte des Jugendverbandes <strong>der</strong> Landeskirche<br />

Hannovers<br />

Im Verband <strong>der</strong> Evangelischen Jugend <strong>der</strong> Landeskirche Hannovers gibt es insgesamt<br />

elf verschiedene Praxisentwicklungsprojekte. Konkret sind es die Projekte <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend in den Kirchenkreisen Nienburg, Burgdorf, Hittfeld,<br />

Winsen/Luhe, Hameln-Pyrmont, Georgsmarienhütte, Neustadt, Burgwedel und<br />

Wesermünde-Süd, im Sprengel Calenberg-Hoja und im Bereich <strong>der</strong> Schüler- und<br />

Schülerinnenarbeit des Landesjugendpfarramtes.<br />

Da ich im sechsten Kapitel dieser Diplomarbeit das Projekt des Sprengels Calenberg-<br />

Hoja genauer vorstellen werde, möchte ich mich in diesem Abschnitt darauf<br />

beschränken Themen und Fragestellungen, mit denen sich die elf<br />

Praxisentwicklungsprojekte beschäftigen, zu benennen, um so aufzuzeigen, wie<br />

vielfältig und verschieden die einzelnen Projekte sind.<br />

Die Themen und Fragestellungen <strong>der</strong> oben genannten Projekte lauten 39 :<br />

Sprengel Calenberg-Hoja<br />

- Stimmen unsere Strukturen noch?<br />

- Ist unser Delegationsprinzip noch sinnvoll?<br />

- In welchen Kirchenkreisen gibt es Jugendkonvente und wie können wir diese<br />

stärken?<br />

- Wie begeistern wir Haupt- und Ehrenamtliche so, dass sie zu einer Zusammenarbeit<br />

mit uns bereit sind?<br />

39 Die folgenden Themen und Fragestellungen habe ich größtenteils einer Power-Point-Präsentation<br />

von Ottakar Schulz in Zusammenarbeit mit Katrin Fauser entnommen. ◊ siehe Anhang (CD-ROM)<br />

36


Kirchenkreis Nienburg<br />

- Welche Jugendlichen erreichen wir mit unserer Arbeit?<br />

- Was erwarten Jugendliche von <strong>der</strong> Evangelischen Jugend?<br />

- Wie gewinnen wir Ehrenamtliche für die Evangelische Jugend?<br />

- Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schule<br />

- Schnittstelle Jugendarbeit und Konfirmandenunterricht<br />

Kirchenkreis Burgdorf<br />

- Überprüfung von Angebot und Nachfrage <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Evangelischen Jugend<br />

- Evangelische Jugendarbeit für Jugendliche von Jugendlichen<br />

- Die Rolle <strong>der</strong> Hauptamtlichen im Kirchenkreis<br />

- Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schule<br />

Kirchenkreis Hittfeld<br />

- Aufstellung von Qualitätsmerkmalen für die Arbeit vor Ort in verschiedenen<br />

Arbeitsbereichen (z.B. Freizeiten, Aus- und Fortbildung, Schule und Jugenarbeit,<br />

Konfirmandenunterricht und Jugendarbeit, Arbeit mit Mädchen, außerschulische<br />

Bildungsangebote)<br />

Kirchenkreis Winsen/Luhe<br />

- Selbstevaluation<br />

- Darstellung <strong>der</strong> Jugendarbeit nach außen<br />

- Schaffung von verbindlichen Inhalten<br />

- Jugendarbeit und Schule<br />

- Schnittstelle Jugendarbeit und Konfirmandenunterricht<br />

Kirchenkreis Hameln-Pyrmont<br />

- Evaluation und Perspektiven des Partizipationsprojektes „Jugendkongress 2003 “<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Jugend<br />

- Was soll vom 8 – Punkte – Programm umgesetzt werden<br />

- Jugendarbeit und Schule<br />

Kirchenkreis Georgsmarienhütte<br />

- Neukonzeption <strong>der</strong> Zusammenarbeit in <strong>der</strong> Region<br />

- Überprüfung <strong>der</strong> Angebote, Aufgabenverteilung und des Einsatzes <strong>der</strong> personellen<br />

Ressourcen im haupt- und ehrenamtlichen Bereich<br />

Kirchenkreis Neustadt<br />

37


- Ausweitung des Modells „Konfirmandenfreizeitseminare“ auf den gesamten<br />

Kirchenkreis - Wirkungsanalyse des Angebots<br />

- Übergang und Kooperation mit evangelischer Jugendarbeit<br />

Kirchenkreis Burgwedel<br />

- Neustrukturierung <strong>der</strong> Arbeit<br />

- Bedarfsanalyse, Neugestaltung des Angebotsspektrums<br />

Kirchenkreis Wesermünde-Süd<br />

- Konfirmandenfreizeitseminar<br />

- Jugendarbeit und Schule<br />

Schüler- und Schülerinnenarbeit im Landesjugendpfarramt<br />

- Jugendarbeit und (Ganztags-)Schule<br />

5.2 Die Regionalstudien<br />

Für alle Praxisentwicklungsprojekte bestand die Möglichkeit regionale Studien in Form<br />

von Fragebogenerhebungen, Einzel- und Gruppeninterviews durchzuführen, die vom<br />

Forschungsteam begleitet wurden. Durch die gezielten regionalen<br />

Fragebogenerhebungen, die allerdings <strong>nicht</strong> repräsentativ sein würden, sollte den<br />

Praxisentwicklungsprojekten die Chance gegeben werden, ihre speziellen Fragen, die in<br />

<strong>der</strong> Hauptstudie <strong>nicht</strong> erhoben wurden, durch die eigenen Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmer vor Ort beantworten zu lassen.<br />

Auf einer Tagung im November 2004 in Berlin - Wandlitz einigten sich alle am Projekt<br />

teilnehmenden Praxisentwicklungsgruppen auf die Erstellung eines Fragebogens AB,<br />

in dem zum einen Fragen <strong>der</strong> Hauptstudie, zum an<strong>der</strong>en Fragen zum Thema<br />

„Ehrenamt“ eingehen sollten. Dieser Fragebogen, <strong>der</strong> wie die Hauptstudie auch dem<br />

subjektorientierten Ansatz folgte, sollte von allen Praxisentwicklungsgruppen vor Ort<br />

verteilt werden. Ausgezählt wurden die Fragebogen dann von dem Team um Arthur<br />

Fischer, <strong>der</strong> auch für die Fragebogenerhebung <strong>der</strong> Hauptstudie zuständig war. Die<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Auszählung wurden den Praxisentwicklungsgruppen, in Hannover auf<br />

regionaler Ebene, im Rahmen einer sogenannten Verständigungstagung mitgeteilt, bei<br />

denen Arthur Fischer die Ergebnisse vorstellte, auf Probleme bei <strong>der</strong> Interpretation<br />

hinwies und Vorschläge zur Weiterarbeit mit den Ergebnissen machte.<br />

Zusätzlich zu dem Fragebogen AB gab es für die verschiedenen<br />

Praxisentwicklungsprojekte die Möglichkeit einen weiteren für die eigenen<br />

Fragestellungen noch spezifischeren Fragebogen einzusetzen. Bei <strong>der</strong> Erstellung dieses<br />

38


sogenannten Fragebogen C konnten die Praxisentwicklungsgruppen ebenfalls die Hilfe<br />

von Arthur Fischer in Anspruch nehmen, die Auszählung und –wertung des<br />

Fragebogens sollte allerdings in Eigenregie erfolgen.<br />

Im Laufe des Gesamtprozesses kristallisierte sich allerdings heraus, dass eine große<br />

Zahl von Praxisentwicklungsprojekten Interesse an einem Fragebogen zum<br />

Themenbereich Jugendarbeit und Schule hatte, so dass nach einigen Verhandlungen<br />

und <strong>der</strong> Investition von eigenen Mitteln 40 ein Fragebogen C, mit eben diesem<br />

Themenbereich, in <strong>der</strong> Zusammenarbeit von Arthur Fischer und Thomas Ringelmann,<br />

Referent für Schüler- und Schülerinnenarbeit im Landesjugendpfarramt <strong>der</strong><br />

Landeskirche Hannovers, erstellt wurde (in diesem Fall war <strong>der</strong> Fragebogen<br />

absen<strong>der</strong>orientiert) und ebenfalls von Arthur Fischer ausgezählt wurde.<br />

Dieser Fragebogen wurde im Bereich <strong>der</strong> Hannoverschen Landeskirche von den<br />

Praxisentwicklungsprojekten <strong>der</strong> Kirchenkreise Nienburg, Burgdorf, Hittfeld,<br />

Wesermünde-Süd, Winsen/Luhe und Hameln-Pyrmont, des Sprengels Calenberg-Hoja<br />

und <strong>der</strong> Schüler- und Schülerinnenarbeit des Landesjugendpfarramtes eingesetzt. Über<br />

diesen Bereich hinaus kam <strong>der</strong> Fragebogen in den Praxisentwicklungsprojekten <strong>der</strong><br />

Landeskirchen Rheinland, Pfalz und Baden-Württemberg zum Einsatz. Die Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> Auszählung dieses Fragebogens wurden den teilnehmenden<br />

Praxisentwicklungsgruppen des Jugendverbandes <strong>der</strong> Landeskirche Hannovers<br />

ebenfalls auf einer regionalen Verständigungstagung von Arthur Fischer mitgeteilt, <strong>der</strong><br />

auch hier vielfältige Hilfestellungen bei <strong>der</strong> Interpretation und Auswertung <strong>der</strong><br />

Ergebnisse gab und Vorschläge zur Weiterarbeit machte.<br />

Neben dem Fragebogen C zum Thema Jugendarbeit und Schule gab es im Bereich <strong>der</strong><br />

Hannoverschen Landeskirche allerdings noch weitere Fragebögen C, die sich mit den<br />

Themen „Schnittstelle Jugendarbeit und Konfirmandenunterricht“ und<br />

„Regionalisierung“ beschäftigten. Diese wurden in Eigenregie erstellt und in<br />

Zusammenarbeit mit verschiedenen Hochschulen (z.B. <strong>der</strong> Konfirmandenfragebogen<br />

des Kirchenkreises Wesermünde-Süd in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Ralf Hoburg<br />

von <strong>der</strong> EFH) ausgewertet 41 .<br />

Zu den Ergebnissen des Fragebogens AB kann ich <strong>nicht</strong> viel sagen, da ich nur an <strong>der</strong><br />

Hälfte <strong>der</strong> Verständigungstagung zu diesem Fragebogen teilgenommen habe. Zwei <strong>der</strong><br />

40 Die Landesjugendkammer <strong>der</strong> Landeskirche Hannovers hat für das Gesamtprojekt insgesamt maximal<br />

15.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Auszählung des Fragebogens C konnte für den Bereich <strong>der</strong><br />

Landeskirche Hannovers von diesem Geld bezahlt werden.<br />

41 Auch anfallende Kosten bei <strong>der</strong> Auswertung dieser Fragebögen können aus dem „Gesamtpool“<br />

(15.000 Euro) bezahlt werden.<br />

39


Ergebnisse möchte ich hier dennoch benennen. Zum einen wurde auch <strong>der</strong> Tagung<br />

festgestellt, dass mit dem Fragebogen sehr unterschiedliche Gruppen (Verhältnis zur<br />

Evangelischen Jugend, Anzahl <strong>der</strong> Befragten, Umfeld <strong>der</strong> Befragung) befragt wurden,<br />

was einerseits dazu führt, dass die hier gewonnen Ergebnisse <strong>nicht</strong> mit den noch<br />

ausstehenden Ergebnissen <strong>der</strong> Hauptstudie vergleichbar sind und an<strong>der</strong>seits diese<br />

Tatsache bei <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse stark berücksichtigt werden muss. So<br />

lassen sich z.B. die hohen Werte bei <strong>der</strong> Frage nach den Gottesdienstbesuchen <strong>der</strong><br />

letzten Woche bei einer <strong>der</strong> befragten Gruppen dadurch erklären, dass diese Gruppe die<br />

<strong>der</strong> Befragung vorangegangene Woche gemeinsam in Taize verbracht hat. Zum an<strong>der</strong>en<br />

hat die Befragung ergeben, dass den befragten Jugendlichen die Aspekte<br />

„Gemeinschaft“ und „Etwas für sich und für an<strong>der</strong>e Tun zu können“ sehr wichtig<br />

sind. Ein Ergebnis, zu dem auch schon die Forschungsgruppe bei den von ihnen<br />

geführten Einzelinterviews (siehe Punkt 4.2) gekommen ist.<br />

Da ich allerdings an <strong>der</strong> gesamten Verständigungstagung zum Fragebogen C, die am<br />

23.09.2005 in Hannover stattgefunden hat, teilgenommen habe, möchte ich auf diese<br />

Tagung noch etwas genauer eingehen, da ich denke, dass ich bei dieser Tagung sehr<br />

viel über Fragebogenerhebungen und die damit einhergehenden Probleme gelernt habe.<br />

Teilgenommen haben an dieser Tagung, neben meiner Person, Vertreter aller beteiligten<br />

Praxisentwicklungsprojekte, Manfred Neubauer und Arthur Fischer. Begonnen hat sie<br />

mit <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong> Praxisentwicklungsprojekte, wie <strong>der</strong> Kontakt zu<br />

den befragten Schulen (Art <strong>der</strong> Veranstaltungen, Kontakte, Häufigkeit) bisher gewesen<br />

ist. Auch die Frage, wie die Befragung <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler stattgefunden hat<br />

(von wem wurden die Fragebögen verteilt?) wurde geklärt. Ein Kurzreferat des<br />

Referenten für Schüler- und Schülerinnenarbeit des Landesjugendpfarramtes, Thomas<br />

Ringelmann, über die momentane Situation des Verhältnisses von Jugendarbeit und<br />

(Ganztags)Schule, folgte im Anschluss.<br />

Dann begann die Beschäftigung mit dem Fragebogen. Arthur Fischer benannte hier<br />

bereits am Anfang dieses Arbeitsschrittes drei Problemfel<strong>der</strong>, die die Nutzung eines<br />

absen<strong>der</strong>orientierten Fragebogens mit sich bringt.<br />

1. Sind die Fragen, die ich stelle, für die Zielgruppe des Fragebogens überhaupt<br />

relevant?<br />

2. Sind alle für die Zielgruppen relevanten Fragestellungen in meinen Fragebogen<br />

enthalten?<br />

3. Sind die Fragen des Fragebogens in einer für die Zielgruppe verständlichen<br />

Sprache gestellt?<br />

40


Von <strong>der</strong> Tatsache, dass ca. 10 bis 15 Prozent <strong>der</strong> abgegeben Fragebögen <strong>nicht</strong> zu<br />

verwerten waren, da sie z.B. verschiedenste Schmierereien und Beschimpfungen<br />

enthielten o<strong>der</strong> offensichtlich falsch ausgefüllt wurden (es wurde jedes Kästen<br />

angekreuzt o<strong>der</strong> die Kreuze ergaben verschiedene Muster), berichtete Arthur Fischer<br />

ebenfalls. Dieser Prozentsatz sei, da es sich um beaufsichtigte Klassenbefragungen<br />

handele, sehr hoch. Er vermutete, dass dieses bedenkliche Ausfüllverhalten <strong>der</strong><br />

Schülerinnen und Schüler damit zusammenhängen könnte, dass die gestellten Fragen<br />

für sie eben <strong>nicht</strong> beson<strong>der</strong>s relevant waren. Gerade im hinteren Teil des Fragebogens<br />

nimmt die Ausfüllqualität nämlich stark ab.<br />

Das Fehlen einer negativen Perspektive auf das Verhältnis von Jugendarbeit und Schule<br />

(Jugendarbeit hat in <strong>der</strong> Schule <strong>nicht</strong>s zu suchen!) könnte ebenfalls, als Art Protest, zu<br />

<strong>der</strong> großen Zahl an sinnlos ausgefüllten Fragebogen beigetragen haben. Auch eine<br />

Überfor<strong>der</strong>ung einiger Schülerinnen und Schüler o<strong>der</strong> einfach nur ihre „Unlust“ am<br />

Ausfüllen des Fragebogens könnten hier als Ursachen angeführt werden.<br />

Das Herausnehmen von ausgefüllten Fragebogen verfälscht allerdings das Ergebnis<br />

(z.B. wurden mehr Fragebögen von Jungen herausgenommen, da die viel öfter heftige<br />

Beschimpfungen enthielten), was bei <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Zahlen beachtet werden<br />

muss. Außerdem enthält die Auszählung teilweise von <strong>der</strong> Forschung bereinigte Daten<br />

(Wenn z.B. bei <strong>der</strong> Frage, ob man bereits Angebote <strong>der</strong> Jugendarbeit in <strong>der</strong> Schule<br />

erlebt hat, nein angekreuzt wurde, bei einer an<strong>der</strong>en Frage aber sorgfältig angekreuzt<br />

wurde, was man schon alles erlebt hat, wurde vorne aus dem nein ein ja gemacht.), eine<br />

Tatsache, die ebenfalls beachtet werden muss. Auch 14 von 15 Fragebögen aus einer<br />

Klasse, die alle genau gleich angekreuzt waren, wurden von dem Forschungsteam <strong>nicht</strong><br />

berücksichtigt, was eine weitere Manipulation darstellt. Hier stellte Arthur Fischer die<br />

Frage in den Raum, ob es möglich sei, dass Fragebögen gemeinsam ausgefüllt worden<br />

seien o<strong>der</strong> vielleicht von Lehrern korrigiert worden seien.<br />

Für mich stellte sich nach diesen Vorbemerkungen von Arthur Fischer, noch bevor wir<br />

überhaupt einen Blick auf die konkreten Zahlen geworfen hatten, bereits die Frage,<br />

welche Schlussfolgerungen sich aus den Zahlen überhaupt noch ziehen lassen, wobei<br />

Arthur Fischer erklärte, dass die Forschung nur da, wo es wirklich nötig gewesen ist,<br />

eingegriffen hätte und das mit dem Ziel, möglichst nutzbare Ergebnisse zu erhalten.<br />

Auch die Formulierungen und Antwortmöglichkeiten des Fragebogens selber wurden<br />

auf <strong>der</strong> Tagung zunehmend kritischer gesehen. So stellte sich z.B. plötzlich die Frage,<br />

was die befragten Schülerinnen und Schüler eigentlich unter dem Begriff<br />

„Evangelische Jugend“ verstehen bzw. womit sie ihn verbinden (Kirche, Pastor,<br />

Konfirmandenunterricht, Jugendgruppe, Freunde)? Auch die Tatsache, dass es auf viele<br />

41


Fragen im Fragebogen sehr viel mehr positive Antwortmöglichkeiten als negative gibt<br />

und die daraus folgende Frage, was dieses für die Auswertung zu bedeuten hat, gab<br />

den Anwesenden zu denken.<br />

Bei einem anschließenden Durchgang durch das Zahlenwerk ergaben sich ebenfalls<br />

vielfältige Fragen. So beantworten z.B. nur ca. 10 bis 35 % <strong>der</strong> befragten Schülerinnen<br />

und Schüler die Frage, ob es für sie wichtig sei, dass man den Personen, die<br />

evangelische Jugendarbeit an die Schule bringen, anmerkt, ob sie bei <strong>der</strong> Kirche<br />

arbeiten, mit Ja. Das Profil dieser Personen scheint also für die Befragten wenig<br />

relevant zu sein. Daher stellt sich die Frage, wie man zukünftig mit dieser Tatsache<br />

umgehen soll.<br />

Trotz dieser vielfältigen Schwierigkeiten und auftauchenden Fragen, kann man aber<br />

auch einige für die praktische Arbeit nutzbare Aussagen aus dem Zahlenwerk treffen.<br />

So wünschen sich die befragten Schülerinnen und Schüler z.B. eher Angebote <strong>der</strong><br />

evangelischen Jugendarbeit außerhalb <strong>der</strong> Schule (z.B. Klassenfahrten o<strong>der</strong> Projekttage<br />

an Orten außerhalb des Schulgebäudes), als in <strong>der</strong> Schule selber. Auch trauen sie eher<br />

Pastoren / Pastorinnen und Diakonen / Diakoninnen zu, diese Angebote durchzuführen,<br />

als ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern o<strong>der</strong> gut ausgebildeten Schülern und<br />

Schülerinnen <strong>der</strong> eigenen Schule.<br />

Die eigentliche Auswertung des Zahlenwerks muss nun allerdings, laut <strong>der</strong> Aussage<br />

von Arthur Fischer, direkt vor Ort, z.B. durch das Führen von nachgeschalteten<br />

Gruppeninterviews in Schulen, stattfinden. Das Zahlenwerk bietet hierfür genügend<br />

Ansatzpunkte und Fragen, die im persönlichen Gespräch mit Schülern und<br />

Schülerinnen geklärt werden können. Die Tatsache, dass die aufwendige<br />

Auswertungsarbeit nun erst richtig los geht und von den Praktikern selber geleistet<br />

werden muss, hatte meinem Eindruck nach, eine eher ernüchternde Wirkung auf die<br />

an<strong>der</strong>en Teilnehmer <strong>der</strong> Tagung. Ich hatte das Gefühl, dass sich viele Teilnehmer doch<br />

erhofft hatten, dass ihre Fragen bereits durch das Betrachten und Analysieren des<br />

Zahlenwerks beantwortet sein würden und sie ihre Schlussfolgerungen für die<br />

praktische Arbeit jetzt ziehen könnten. Dass ein Großteil <strong>der</strong> Auswertungsarbeit erst<br />

jetzt durch sie passieren muss, war, meinem Eindruck nach, einigen Teilnehmern <strong>der</strong><br />

Tagung vorher <strong>nicht</strong> wirklich klar.<br />

Insgesamt hatte ich am Ende <strong>der</strong> Tagung das Gefühl, dass die mittlerweile doch sehr<br />

langwierige eher theoretische Arbeit an den verschiedenen Praxisentwicklungsprojekten<br />

die anwesenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eher ermüdet und sie sich wünschten,<br />

endlich mit <strong>der</strong> praktischen Umsetzung <strong>der</strong> Ergebnisse beginnen zu können.<br />

42


Um mit den Ergebnissen <strong>der</strong> Auszählung des Fragebogens jedoch weiterarbeiten zu<br />

können, wurde am Ende <strong>der</strong> Tagung vereinbart, dass in allen<br />

Praxisentwicklungsgruppen darüber diskutiert werden soll, welche Fragen man jetzt, da<br />

man die Auszählungsergebnisse vorliegen hat, noch geklärt haben möchte. Diese sollen<br />

dann zum einen auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> vorhandenen Daten mit Hilfe eines<br />

Statistikcomputerprogramms, zum an<strong>der</strong>en durch nachgeschaltete Interviews an<br />

Schulen beantwortet werden. Da das Führen von nachgeschalteten Interviews für die<br />

Beantwortung einiger Fragen sehr sinnvoll und auch notwendig ist, die Technik des<br />

Erstellens von Interviewleitfäden und das Führen von solchen Interviews den<br />

Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> Praxisentwicklungsprojekte allerdings eher<br />

unbekannt bzw. fremd ist, wurde <strong>der</strong> Wunsch nach einer Fortbildung zu dieser<br />

Thematik geäußert, dem wohl auch gegen Ende des Jahres nachgekommen werden<br />

wird.<br />

Mir selber ist bei dieser Tagung (wie auch schon vorher, bei <strong>der</strong> Arbeit an dieser<br />

Diplomarbeit) noch einmal sehr deutlich geworden, dass a) es sehr schwierig ist, einen<br />

guten und nutzbaren Fragebogen zu erstellen und auszuwerten, dass man unglaublich<br />

viele Einflussmöglichkeiten beachten muss, nie alle negativen Beeinflussungen<br />

ausschließen kann und von daher sehr vorsichtig bei <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

sein muss und b) die Forschung <strong>der</strong> Praxis keine Rezepte liefern kann, son<strong>der</strong>n dass<br />

die Forschung, wie in diesem Fall, oftmals vielfältige Anknüpfungspunkte und Fragen<br />

liefert, welche die Praxis dann, durch die eigene Auswertung <strong>der</strong> gelieferten Ergebnisse,<br />

beantworten muss und sich so, mit Hilfe <strong>der</strong> Forschung, ihr eigenes Rezept (o<strong>der</strong><br />

besser Konzept) erarbeiten muss.<br />

5.3 Die weitere Begleitung <strong>der</strong> Praxisentwicklung durch die Forschung<br />

Neben <strong>der</strong> Zusammenarbeit von Praxisentwicklung und Forschung bei den<br />

Regionalstudien, hat es im Rahmen des Gesamtprojektes weitere Hilfestellungen <strong>der</strong><br />

Forschung für die Praxis gegeben. So hatten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

während des gesamten Prozesses die Möglichkeit, sich mit Fragen an die Personen <strong>der</strong><br />

Forschung zu wenden, es gab einen Workshop von <strong>der</strong> Forschung für die Praxis zu<br />

<strong>der</strong> Thematik „Durchführung von qualitativen Einzel- und Gruppeninterviews“, <strong>der</strong><br />

von Arthur Fischer angeboten wurde, und es wird für die Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> Praxisentwicklungsprojekte des Jugendverbandes im Bereich <strong>der</strong><br />

Hannoverschen Landeskirche aller Voraussicht nach eine weitere Fortbildung zu <strong>der</strong><br />

Thematik „Erstellung eines Interviewleitfadens“ geben ( siehe Punkt 5.2).<br />

43


An dem Workshop zu dem Thema „Durchführung von qualitativen Einzel- und<br />

Gruppeninterviews“, <strong>der</strong> im Februar 2005 in Hannover stattgefunden hat, habe ich<br />

ebenfalls teilgenommen und möchte hier nun einige meiner Erkenntnisse, die ich bei<br />

diesem Workshop gewonnen habe, darstellen. Auf diese Erkenntnisse werde ich am<br />

Ende meiner Diplomarbeit noch einmal zurückkommen, da sie für mich für die<br />

Bewertung des Gesamtprojektes und für das Aufstellen von Perspektiven für die<br />

Evangelische Jugendverbandsarbeit wichtig geworden sind.<br />

1. Die Praxisentwicklungsprojekte des Gesamtprojektes haben alle das Ziel die<br />

Verhaltensweisen von Jugendlichen zu verän<strong>der</strong>n. Sie sollen beispielsweise an die<br />

ihnen oft befremdlich wirkende Kirche heran geführt werden, die Angebote <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend nutzen o<strong>der</strong> dazu bewegt werden ein Ehrenamt zu<br />

übernehmen.<br />

2. Um eine Verän<strong>der</strong>ung des Verhaltens von Jugendlichen zu erwirken, muss man<br />

wissen, wie Jugendliche die Welt/Realität wahrnehmen, da sich ihr Verhalten an<br />

ihrer Wahrnehmung <strong>der</strong> Realität ausrichtet.<br />

3. Durch das Führen von Einzel- o<strong>der</strong> Gruppeninterviews (je nachdem, ob man eher<br />

an einer Vielzahl von verschieden Aspekten interessiert ist (Gruppeninterviews)<br />

o<strong>der</strong> es einem eher um die Werte und Normen <strong>der</strong> Jugendlichen geht<br />

(Einzelinterviews)), kann man etwas über die Realität <strong>der</strong> Jugendlichen und die für<br />

sie relevanten Themen erfahren.<br />

4. Bei dem Führen von Einzel- und Gruppeninterviews ist es notwendig, dass <strong>der</strong><br />

Gruppenleiter bzw. Interviewer sich selbst aus dem Gespräch o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Diskussion<br />

heraushält, also non-direktiv vorgeht. Die Personen, mit denen er das Interview<br />

führt, sind die Experten, von denen er etwas lernen will. Daher ist es oft auch <strong>nicht</strong><br />

sinnvoll, dass Interviews von einer Person geführt werden, die <strong>der</strong> Gruppe o<strong>der</strong> dem<br />

Einzelnen bereits bekannt o<strong>der</strong> gar auch sonst <strong>der</strong> Leiter dieser Gruppe ist. Dieses<br />

könnte nämlich z.B. zur Folge haben, dass Themen o<strong>der</strong> Dinge <strong>nicht</strong> angesprochen<br />

werden, da <strong>der</strong> Interviewer ja vielleicht selber dabei war und selber weiß, was<br />

passiert ist. Es könnten auch Irritationen auftreten, wenn <strong>der</strong> Interviewer einen<br />

Gesprächsanstoß zu einem Thema gibt, über das in an<strong>der</strong>en Zusammenhängen<br />

bereits gesprochen wurde o<strong>der</strong> wenn über Dinge (z.B. über die eigene Gefühlswelt,<br />

die eigenen Einstellungen) <strong>nicht</strong> gesprochen wird, da man nach dem Interview ja<br />

auch weiterhin mit dieser Person zusammenarbeiten muss.<br />

5. Der Erstellung eines quantitativen Fragebogens, in dem es um die subjektive<br />

Sichtweise <strong>der</strong> Jugendlichen über bestimmte Dinge/Themen gehen soll, sollte<br />

44


immer das Führen von qualitativen Einzel- und/o<strong>der</strong> Gruppeninterviews<br />

vorausgehen, da man a) durch das Führen dieser Interviews erfährt, ob die<br />

Dinge/Themen, die man selber für relevant hält, auch für die Zielgruppe eine<br />

gewisse Relevanz besitzen, b) erfahren kann, was für Vorstellungen die Zielgruppe<br />

von den Dingen/Themen, über die man etwas erfahren will, hat und c) erfährt,<br />

welche Sprache (konkrete Äußerungen) die Jugendlichen im Bezug auf diese<br />

Dinge/Themen benutzen.<br />

6. Die eigenen Erkenntnisinteressen können an den Ergebnissen so einer Vorstudie<br />

überprüft werden.<br />

a) Sind die Dinge/Themen, die ich relevant finde, auch für meine Zielgruppe<br />

relevant?<br />

b) Falls ja, wie muss ich meine Fragen formulieren, damit meine Zielgruppe diese<br />

versteht (Sprache)?<br />

c) Falls nein, was ist für meine Zielgruppe relevant? Welche Schlussfolgerungen<br />

ziehe ich aus diesem Ergebnis? Muss ich mir noch einmal Gedanken über mein<br />

Erkenntnisinteresse machen? Wie passen die Dinge/Themen, die für mich<br />

relevant sind, mit denen zusammen, die für meine Zielgruppe relevant sind? Wie<br />

kann ich weiterarbeiten?<br />

7. Aus eigenen absen<strong>der</strong>orientierten Fragen kann durch eine gründlich durchgeführte<br />

Vorstudie ein subjektorientierter Fragebogen entstehen, <strong>der</strong> a) diese Fragen<br />

aufnimmt, welche b) für die Zielgruppe relevant sind. Die Chance durch dieses zwar<br />

sehr zeitaufwendige Verfahren zu besseren und nutzbareren Ergebnissen zu<br />

kommen, als es beim Einsatz eines rein absen<strong>der</strong>orientierten Fragebogens <strong>der</strong> Fall<br />

wäre, ist meines Erachtens sehr groß. 42<br />

6. Das Praxisentwicklungsprojekt des Sprengels Calenberg-Hoja<br />

In diesem Kapitel möchte ich eines <strong>der</strong> elf Praxisentwicklungsprojekte des<br />

Jugendverbandes <strong>der</strong> Landeskirche Hannovers, das Projekt des Sprengels Calenberg-<br />

Hoja, näher vorstellen, um einen Einblick in die konkrete Arbeit so eines Projektes zu<br />

geben.<br />

Anfangen werde ich mit <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong> Jugendarbeit im Sprengel<br />

vor dem Beginn des Projektes, um dann darzulegen, wie es überhaupt zu <strong>der</strong> Idee, ein<br />

Praxisentwicklungsprojekt durchzuführen, gekommen ist und welche Ziele mit <strong>der</strong><br />

42 siehe / vergleiche: Protokoll des Workshops<br />

siehe Anhang (CD-ROM)<br />

45


Durchführung dieses Projektes verfolgt werden. Die Umsetzung desselben werde ich<br />

in einem weiteren Punkt beschreiben, in dem ich auch kurz auf die Zusammenarbeit<br />

zwischen dem Projekt und <strong>der</strong> Forschung eingehen werde.<br />

6.1 Die Ausgangslage im Sprengel Calenberg-Hoja<br />

Der Sprengel Calenberg-Hoja besteht aus fünf Kirchenkreisen, von denen drei<br />

(Nienburg, Hameln-Pyrmont und Stolzenau-Loccum) über eine volle<br />

Kreisjugendwartsstelle verfügen. Die Stelle im Kirchenkreis Stolzenau-Loccum, die<br />

von Herrn Daust besetzt wird, ist allerdings, aufgrund einer schweren Erkrankung von<br />

Herrn Daust, stark reduziert worden. Im Kirchenkreis Syke-Hoja gibt es zwei halbe<br />

Kirchenkreisjugendwartsstellen, die allerdings seit August 2004 <strong>nicht</strong> besetzt sind. In<br />

<strong>der</strong> Grafschaft Schaumburg, den fünften Kirchenkreis des Sprengels, gab es bis zum<br />

September 2005 eine halbe Kreisjugendwartsstelle, die durch einen Personalwechsel im<br />

September 2005 (seit dem hat die Stelle dort Frau Martina Brose inne) auf eine 75%-<br />

Stelle aufgestockt wurde. Über die volle Arbeitskraft einer vollen<br />

Kreisjugendwartsstelle verfügten bisher also nur die beiden Kirchenkreise Hameln-<br />

Pyrmont (Michael Frey) und Nienburg (Martin Bauer). In diesen beiden<br />

Kirchenkreisen gibt es funktionierende Kirchenkreisjugendkonvente, im<br />

Sprengeljugendkonvent arbeiten teilweise auch einzelne Mitarbeiter aus den an<strong>der</strong>en<br />

Kirchenkreisen mit, die zum Teil auch vom Sprengeljugendkonvent in die<br />

Landesjugendkammer <strong>der</strong> Landeskirche delegiert sind.<br />

In den verschiedenen Gemeinden des Sprengels Calenberg-Hoja gibt es teilweise<br />

„Jugendarbeitsinseln“, die allerdings größtenteils <strong>nicht</strong> miteinan<strong>der</strong> und auch <strong>nicht</strong> mit<br />

<strong>der</strong> Arbeit des Jugendverbandes vernetzt sind. So macht jede Gemeinde, in <strong>der</strong> es<br />

Jugendarbeit gibt, diese für sich alleine. Ein Grund für die fehlende Zusammenarbeit<br />

ist, laut <strong>der</strong> Aussage Michael Freys 43 , dass es über eine lange Zeit vernachlässigt wurde,<br />

den Nutzen so einer Zusammenarbeit mit dem Jugendverband für die Jugendarbeit vor<br />

Ort, die Ehrenamtlichen, aber auch für die Hauptamtlichen deutlich zu machen. Auch<br />

schlecht gelaufene Kooperationen in <strong>der</strong> Vergangenheit haben wohl dazu beigetragen,<br />

dass <strong>der</strong> Verband <strong>der</strong> Evangelischen Jugend und seine Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen scheinbar vor allem bei den Hauptamtlichen in den verschiedenen<br />

Gemeinden ein eher negatives Image innehaben.<br />

43 Aus einem Gespräch mit Michael Frey - geführt am 26.08.2005<br />

46


Als Beispiel für dieses schlechte Image des Jugendverbandes möchte ich hier folgende<br />

Gegebenheit wie<strong>der</strong>geben, die mir von Michael Frey geschil<strong>der</strong>t wurde 44 :<br />

Auf einer Ephorenkonferenz des Sprengels Calenberg-Hoja im Mai 2004 versuchten<br />

Mitglie<strong>der</strong> des Sprengeljugendkonventes und die beiden Hauptamtlichen Michael Frey<br />

und Martin Bauer den Landessuperintendenten des Sprengels, Arend de Vries, und die<br />

Superintendenten <strong>der</strong> Kirchenkreise des Sprengels für eine Zusammenarbeit an dem<br />

aej-Projekt „Come in Contract“ zu gewinnen. Dieser Versuch scheiterte an den<br />

Wi<strong>der</strong>ständen <strong>der</strong> Superintendenten, die bezweifelten, dass <strong>der</strong> Verband <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend ein Partner für sie sei. Aufgrund dieser Wi<strong>der</strong>stände entschied<br />

daher <strong>der</strong> Landessuperintendent, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeit des Jugendverbandes insgesamt sehr<br />

positiv gegenübersteht, dass eine Zusammenarbeit im Moment wohl <strong>nicht</strong> sinnvoll sei.<br />

Der Verband <strong>der</strong> Evangelischen Jugend hat also gerade bei den Hauptamtlichen des<br />

Sprengels ein negatives Image, das sich natürlich auch auf die Jugendlichen in den<br />

Gemeinden (Ehrenamtliche und Teilnehmende) überträgt. Ein Zugehörigkeitsgefühl<br />

zum Verband <strong>der</strong> Evangelischen Jugend, das Wissen, dass es diesen Verband<br />

überhaupt gibt, was es macht, usw., ist von daher in vielen Gemeinden fast gar <strong>nicht</strong><br />

ausgeprägt bzw. vorhanden. 45<br />

6.2 Die Idee und die Ziele des Praxisentwicklungsprojektes<br />

Nachdem <strong>der</strong> Versuch ein Projekt mit an<strong>der</strong>en Hauptamtlichen des Sprengels zu<br />

initiieren gescheitert war (siehe Punkt 6.1), beschlossen <strong>der</strong> Sprengeljugendkonvent<br />

und die Sprengeljugend-AG (ein Gremium, in dem sich Hauptamtliche des Sprengels<br />

treffen, die in <strong>der</strong> Jugendarbeit aktiv sind) auch für den Sprengel Calenberg-Hoja ein<br />

Praxisentwicklungsprojekt im Rahmen des Gesamtprojektes „Realität und Reichweite<br />

<strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit“ zu entwickeln. Berührungspunkte mit dem<br />

Praxisentwicklungsteil gab es durch bereits bestehende Projekte in den Kirchenkreisen<br />

Nienburg und Hameln-Pyrmont. Dieses Vorhaben wurde in Zusammenarbeit mit dem<br />

Landessuperintendenten des Sprengels auf den Weg gebracht, <strong>der</strong> ebenfalls an einer<br />

besseren Positionierung <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit im Sprengel interessiert ist und<br />

daher seine Bereitschaft erklärt hat, an diesem Projekt mitzuarbeiten.<br />

44 siehe oben<br />

44 Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel.<br />

47


Die Ziele, die durch die Entwicklung dieses Praxisentwicklungsprozesses und die daran<br />

anschließende Durchführung erreicht werden sollen, sind folgende:<br />

1. Der Verband <strong>der</strong> Evangelischen Jugend und das Gefühl <strong>der</strong> Zugehörigkeit zu<br />

diesem soll den im Sprengel aktiven Jugendlichen (als Teilnehmende o<strong>der</strong><br />

Ehrenamtliche) wie<strong>der</strong> näher gebracht werden.<br />

2. Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>der</strong> Jugendarbeit sollen<br />

mit ihren Jugendgruppen etc. eingeladen werden, an einer Aktion teilzunehmen, um<br />

so Kontakte zu knüpfen und Lust auf die Arbeit im bzw. als Verband zu machen.<br />

3. Haupt- und Ehrenamtliche sollen die Gelegenheit erhalten, aktiv an <strong>der</strong> Planung und<br />

Umsetzung einer Aktion mitzuwirken, um zu beweisen, dass <strong>der</strong> Jugendverband<br />

Partner sein kann und dass so eine Kooperation gut gelingen kann.<br />

4. Die Aktion soll einer Sichtung <strong>der</strong> im Sprengel vorhandenen Jugendarbeit (und <strong>der</strong><br />

in ihnen aktiven Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen) dienen, um Anknüpfungspunkte<br />

(Kontakte) für ein zu bildendes Netzwerk zu erhalten.<br />

5. Die Aktion soll Spaß machen.<br />

6.3 Die Planung des Projekts<br />

Die Planung des Praxisentwicklungsprojektes im Sprengel Calenberg-Hoja habe ich ab<br />

dem Monat Dezember des Jahres 2004 verfolgen können, ich war also fast von Anfang<br />

an dabei. Bei <strong>der</strong> Planung konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projektes<br />

(Mitglie<strong>der</strong> des Sprengeljugendkonventes, <strong>der</strong> Sprengeljugend-AG und <strong>der</strong><br />

Landessuperintenden des Sprengels) auf Ergebnisse eines Jugendkongresses<br />

zurückgreifen, <strong>der</strong> im Jahr 2003 im Kirchenkreis Hameln-Pyrmont als<br />

Partizipationsprojekt für Jugendliche des Kirchenkreises stattgefunden hat. 46<br />

Arthur Fischer, <strong>der</strong> zu <strong>der</strong> Auswertungsveranstaltung des Jugendkongresses im Januar<br />

2005 eingeladen worden war, sagte zu dem stattgefunden Kongress, dass die<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwar alles falsch gemacht hätten, allerdings dennoch<br />

subjektorientiert ge<strong>forscht</strong> wurde und die guten Ergebnisse darauf beruhen würden,<br />

46 Diese Tatsache führt dazu, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts bereits sehr früh<br />

(bevor überhaupt irgendwelche Ergebnisse <strong>der</strong> Forschung, z.B. <strong>der</strong> Regionalstudien, vorlagen) mit <strong>der</strong><br />

konkreten Planung des Projekt beginnen konnten.<br />

48


dass die Jugendlichen so freundlich waren mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

gut zusammenzuarbeiten. 47<br />

So war klar, dass die zu planende Aktion ein Großevent werden müsste (Aktionen mit<br />

über 100 Teilnehmern sind bei Jugendlichen sehr beliebt) und z.B. Workshops und<br />

spirituelle Angebote Bestandteil dieses Großevents sein müssten (Jugendliche for<strong>der</strong>n<br />

Spiritualität und die Möglichkeit Mitwirken/selber etwas machen zu können bei<br />

Aktionen <strong>der</strong> Evangelischen Jugend ein). 48 Auf dem Hintergrund dieser Ergebnisse des<br />

Jugendkongresses, entschieden sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des<br />

Praxisentwicklungsprojektes für die Durchführung einer Sprengeljugendnacht im<br />

Januar des Jahres 2006, die an dem Wochenende nach <strong>der</strong> Vergabe <strong>der</strong><br />

Halbjahreszeugnisse in einem Hamelner Gymnasium stattfinden sollte. Zu dieser<br />

Sprengeljugendnacht sollten alle im Sprengel existierenden Jugendgruppen eingeladen<br />

und möglichst auch an <strong>der</strong> Vorbereitung beteiligt werden.<br />

Nachdem einige Rahmenbedingungen für die Sprengeljugendnacht geklärt waren (Zeit<br />

und Ort), begann dann die Phase <strong>der</strong> Vorankündigung des Events in allen<br />

Jugendgruppen und die Werbung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Dazu wurde<br />

vom Landessuperintendenten des Sprengels, in Zusammenarbeit mit Michael Frey,<br />

eigens ein Brief verfasst, <strong>der</strong> allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sprengels,<br />

von denen bekannt war, dass sie in <strong>der</strong> Jugendarbeit aktiv sind, zuging und in dem für<br />

die Teilnahme, aber auch für die Mitarbeit an <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht geworben<br />

wurde. Ein Terminablauf für die Vorbereitung <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht lag dem Brief<br />

ebenfalls bei. Durch diese Briefaktion ist ein Ziel des Praxisentwicklungsprojektes (in<br />

Kontakt mit an<strong>der</strong>en Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus <strong>der</strong> Jugendarbeit zu<br />

kommen) bereits teilweise erreicht worden.<br />

Ein erstes Treffen aller an <strong>der</strong> Mitarbeit interessierten Haupt- und Ehrenamtlichen fand<br />

dann am 15. Juni 2005 in Hameln statt. Teilnehmer dieser ersten Vorbereitung waren<br />

<strong>der</strong> Landessuperintendent Arend die Vries, sechs weitere Hauptamtliche und 24<br />

Ehrenamtliche des Sprengels, wobei jedoch gesagt werden muss, dass dies alles<br />

Vertreter und Vertreterinnen von Jugendgruppen bzw. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

aus Kirchenkreisen waren, zu denen bereits vor <strong>der</strong> Initiierung des Projektes ein guter<br />

Kontakt bestand. Das Ziel neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (haupt- als auch<br />

ehrenamtlich) aus den Jugendgruppen des Sprengels zu gewinnen, ist also erst einmal<br />

47 Aus einem Gespräch mit Michael Frey - geführt am 26.08.2005<br />

48 Ich werde, bis auf die Nennung dieser drei Ergebnisse des Jugendkongresses, <strong>nicht</strong> weiter auf diesen<br />

eingehen, da dies für die weitere Beschreibung <strong>der</strong> Planung des Projektes des Sprengels <strong>nicht</strong> notwendig<br />

ist. Erwähnen möchte ich aber, dass meine Kommilitonin Tanja von Rüsten eine<br />

Hausarbeit zum Thema „Partizipation im Verband <strong>der</strong> Evangelischen Jugend“ geschrieben hat, in <strong>der</strong><br />

sie dieses Projekt näher vorstellt.<br />

49


<strong>nicht</strong> erreicht worden. Allerdings haben viele <strong>der</strong> angeschriebenen Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen erklärt, mit ihren Jugendgruppen an <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht<br />

teilnehmen zu wollen.<br />

Die Tagesordnung dieses Treffens sah ein Kennenlernen aller Beteiligten und ein<br />

Vorstellen <strong>der</strong> Projektidee vor, Bil<strong>der</strong> und Ideen, die die Beteiligten bisher zur<br />

Sprengeljugendnacht hatten, wurden ausgetauscht, eine organisatorische Struktur des<br />

Projekts wurde beschlossen, Themen- bzw. Mottovorschläge für die<br />

Sprengeljugendnacht und Ideen für die Programmgestaltung dieser wurden gesammelt<br />

und weitergehende Absprachen wurden getroffen. So teilten sich z.B. Gruppen<br />

bestimmten Programmideen zu, die diese bis zum nächsten Gruppentreffen weiter<br />

vorbereiten wollten.<br />

Der Zeitplan für die Vorbereitung <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht, <strong>der</strong> auf diesem ersten<br />

Treffen ebenfalls von allen Anwesenden beschlossen wurde, sieht folgen<strong>der</strong>maßen<br />

aus 49 :<br />

15.06.2005, 19.30 Uhr Erste Vorbereitung <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht in Hameln<br />

- Kennenlernen<br />

- Sammeln von Ideen<br />

- Bildung von Arbeitsgruppen<br />

- etc.<br />

13.09.2005, 19.00 Uhr Zweites Vorbereitungstreffen in Hameln<br />

- Bericht <strong>der</strong> Projektleitung<br />

- Berichte aus den Arbeitsgruppen<br />

- Treffen von Absprachen / Klärung <strong>der</strong> Weiterarbeit<br />

- etc.<br />

22.11.2005, 19.00 Uhr Letzte Vorbereitung <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht in Hameln<br />

- Berichte <strong>der</strong> Arbeitsgruppen und <strong>der</strong> Projektleitung<br />

- Klärung letzter Absprachen<br />

- Ortsbesichtigung (falls möglich)<br />

28.–29.01.2006 Sprengeljugendnacht<br />

22.02.2006 Reflexion <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht<br />

49 Natürlich wird <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Planung <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht auch weiterhin von dem<br />

Sprengeljugendkonvent und <strong>der</strong> Sprengeljugend-AG verfolgt und begleitet. Die konkrete Planung (vor<br />

allem die Progammgestaltung) liegt aber bei <strong>der</strong> Mitarbeitendengruppe, die sich auf dem ersten Treffen<br />

konstituiert hat, und hier vor allem bei den Jugendlichen selber.<br />

50


Dieser Zeitplan konnte bisher eingehalten werden, so dass inzwischen das zweite<br />

Vorbereitungstreffen <strong>der</strong> Gesamtgruppe stattgefunden hat. Auf diesem Treffen wurde<br />

das Bild, das ich mir von <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht bisher gemacht hatte, immer<br />

konkreter und bunter. Viele <strong>der</strong> Arbeitsgruppen hatten in <strong>der</strong> Zwischenzeit ihrem<br />

Auftrag entsprechen weitergearbeitet; neue Programmideen wurden formuliert, das<br />

Leitungsteam, das aus Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Kreisjugenddienstes<br />

Hameln-Pyrmont besteht, da die Sprengeljugendnacht ja in Hameln stattfinden soll,<br />

gab neue Informationen bekannt und insgesamt hatte ich den Eindruck dass die Lust<br />

an diesem Projekt mitzuarbeiten bei vielen noch gestiegen war. Auf diesem Treffen<br />

wurde ebenfalls über das Motto <strong>der</strong> Sprengeljugendnacht (Aufstehen, miteinan<strong>der</strong><br />

abgehen) entschieden, so dass die gezielte Einladung zur Sprengeljugendnacht mit<br />

Motto jetzt beginnen kann.<br />

Ob die Sprengeljugendnacht im Januar des kommenden Jahres genau so toll und bunt<br />

wird, wie die Vorbereitungen bereits jetzt erahnen lassen, kann ich natürlich noch <strong>nicht</strong><br />

sagen. Der Motivation aller bisher Beteiligten nach, muss sie allerdings ein voller<br />

Erfolg werden.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxisentwicklung ist im Rahmen<br />

dieses Projektes ist eher gering und teilweise auch schwierig gewesen. Dies lag zum<br />

einen daran, dass die konkrete Arbeit an dem Projekt bereits vor dem Vorliegen von<br />

Ergebnissen <strong>der</strong> Regionalstudie AB begonnen hatte, da man sich ja auf die Ergebnisse<br />

des Jugendkongresses berufen konnte. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Regionalstudie AB sollten<br />

allerdings eigentlich noch in den Planungsprozess mit einfließen, was sich jedoch im<br />

nachhinein, auch durch die verlängerten Abgabefristen <strong>der</strong> Fragebögen, was eine<br />

spätere Auszählung dieser mit sich brachte, als schwierig herausstellte.<br />

Auf meine Frage an Michael Frey, wie er die Zusammenarbeit von Forschung und<br />

Praxisentwicklung insgesamt einschätzen würde, antwortete dieser, dass er damit sehr<br />

zufrieden sei. So würde er die Forschungsergebnisse <strong>nicht</strong> als Kritik <strong>der</strong> eigenen<br />

Arbeit, son<strong>der</strong>n als Denkanstoß für die eigene Arbeit empfinden. Die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Hauptstudie, in <strong>der</strong> man, laut einer Aussage Arthur Fischers, Antworten auf alle Fragen<br />

finden würde, erwarte man von daher im Sprengel (und ich denke, <strong>nicht</strong> nur dort) mit<br />

beson<strong>der</strong>er Spannung. 50<br />

50 Ich habe natürlich während des gesamten Praxisentwicklungsprozesses des Sprengel Calenberg-Hoja<br />

viele Gespräche mit Michael Frey und auch mit an<strong>der</strong>en Mitarbeitenden geführt. Die Aussagen,<br />

die ich in diesem Kapitel wie<strong>der</strong>gebe, habe ich allerdings ausschließlich einem Gespräch, das ich am<br />

28. August 2005 mit Herrn Frey geführt habe, entnommen.<br />

51


7. Bewertung des Gesamtprojekts und Perspektiven für die Evangelische<br />

Jugendverbandsarbeit<br />

Insgesamt hat das Projekt „Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“<br />

innerhalb <strong>der</strong> beteiligten Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej sicherlich vielfältige Diskussionen<br />

und Entwicklungen angestoßen, die es ohne das Projekt wohl so <strong>nicht</strong> gegeben hätte.<br />

Allein daher, ohne zum jetzigen Zeitpunkt des Gesamtprozesses schon beurteilen zu<br />

können, welche Ergebnisse z.B. die vielen Praxisentwicklungsprojekte erzielen werden,<br />

denke ich, dass die Entscheidung so ein umfangreiches Projekt zu initiieren und<br />

durchzuführen, sich sehr positiv auf die weitere Arbeit <strong>der</strong> Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej<br />

und darüber hinaus, durch die geplante Modularisierung (siehe die Punkte 4.3 und 5.)<br />

auch für an<strong>der</strong>e interessierte Jugendverbände auswirken kann und wird.<br />

Durch das Projekt wurde in und außerhalb <strong>der</strong> aej ein Zeichen gesetzt, das zeigt, dass<br />

die Evangelische Jugend in Bewegung ist und sich auf einem guten Weg in die Zukunft<br />

befindet. 51<br />

Doch trotz aller positiven Auswirkungen und Ergebnisse, die das Projekt mit sich<br />

bringt und nach sich zieht, möchte ich an dieser Stelle auch einige kritische Anfragen<br />

meinerseits an das Projekt darlegen.<br />

1. Können die Ergebnisse <strong>der</strong> Hauptstudie, die im Sommer des Jahres 2004 erhoben<br />

wurden, aber erst im Dezember 2005 bzw. März 2006 den Mitarbeitern und<br />

Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> Praxisentwicklungsprojekte bzw. <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

zugänglich gemacht werden, angesichts dieses langen Zeitraums zwischen<br />

Erhebung und Veröffentlichung noch als aktuell gelten? (Sind die Jugendlichen des<br />

Jahres 2006 <strong>nicht</strong> schon zu einem großen Teil wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e als die im Jahr 2004<br />

befragten?)<br />

2. Kommen die Praxisentwicklungsprojekte, die auf den Ergebnissen <strong>der</strong> im Jahr<br />

2004 erhobenen Umfrage beruhen, noch den an <strong>der</strong> Umfrage beteiligten<br />

51 vergleiche: Martin Nörber: „... und sie bewegt sich!“ – Praxisentwicklung in <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugend – Bericht zum Praxisentwicklungsprojekt <strong>der</strong> Evangelischen Jugend im Rahmen des<br />

kombinierten Forschungs- und Praxisentwicklungsprojektes zur Bedeutung von Jugendverbänden in <strong>der</strong><br />

Perspektive <strong>der</strong> Nutzerinnen und Nutzer; Stand: 05.08.2005; noch <strong>nicht</strong> veröffentlicht; S.6<br />

52


Jugendlichen zu Gute? Kann man bei diesem Projekt von einer zeitnahen<br />

Umsetzung <strong>der</strong> erhobenen Ergebnisse sprechen? Ist es möglich, dass für die<br />

jugendlichen des Jahres 2006 ganz an<strong>der</strong>e Dinge relevant sind, als für die befragten<br />

Jugendlichen des Jahres 2004? Welche Bedeutung haben die Umfrageergebnisse<br />

für die Jugendlichen des Jahres 2006?<br />

Dies sind alles Fragen, die ich mir mit Blick auf die in absehbarer Zeit anstehende<br />

Veröffentlichung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Hauptstudie und die sich daraus weiter<br />

entwickelnde Arbeit <strong>der</strong> Praxisentwicklungsprojekte stellen. Ich kann mir vorstellen,<br />

dass sich ein Teil meiner Fragen z.B. durch das Führen von nachgeschalteten<br />

Interviews beantworten lassen, was allerdings auf keinen Fall den Erhalt von<br />

repräsentativen Antworten bedeuten würde und in die wie<strong>der</strong>um eine Menge Zeit und<br />

Arbeit investiert werden müsste. Auf meine Frage, wie Forschungsergebnisse den<br />

Praxisentwicklungsprojekten zeitnaher mitgeteilt werden können bzw. von diesen<br />

genutzt werden können, habe ich lei<strong>der</strong> auch keine Antwort. Ich denke allerdings, dass<br />

bei diesem Projekt aufgrund <strong>der</strong> Finanzierung durch das Bundesministerium für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend einiges etwas langsamer gelaufen ist, als es<br />

eigentlich hätte laufen können (Verbot <strong>der</strong> Veröffentlichung vor <strong>der</strong> gemeinsamen<br />

Präsentation). Bei eigenfinanzierten Projekten, die es in <strong>der</strong> Zukunft vielleicht geben<br />

wird, könnte dieser Prozess also schneller ablaufen.<br />

Doch auch bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> bereits erledigten Arbeiten des Gesamtprojektes<br />

stellen sich mir z.B. folgende Fragen:<br />

1. War den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern <strong>der</strong><br />

Praxisentwicklungsprojekte bereits zu Beginn des Gesamtprojekts wirklich klar,<br />

was Forschung leisten kann bzw. wieviel Arbeit von den Praktikerinnen und<br />

Praktikern selbst erledigt werden muss? (Meinen Beobachtungen und<br />

Wahrnehmungen auf verschiedenen Tagungen zufolge, war ihnen dieses,<br />

genauso wenig wie mir am Anfang meiner Diplomarbeit, <strong>nicht</strong> klar.)<br />

2. Warum wurde <strong>nicht</strong> mehr Zeit auf Absprachen unter den beteiligten<br />

Praxisentwicklungsgruppen beim Fragebogen AB und auf die Erstellung des<br />

Fragebogens C verwand?<br />

Durch eine bessere Absprache zwischen den beteiligten Praxisentwicklungsgruppen<br />

bezüglich <strong>der</strong> Zielgruppen des Fragebogens AB, hätte man, meiner Meinung nach, hier<br />

wohl eher darauf geachtet wenigstens in Teilen vergleichbare Gruppen zu befragen, so<br />

dass man bei <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Auszählung sicherlich um einiges bessere Chancen<br />

gehabt hätte, zu nutzbaren Ergebnissen zu kommen (siehe Punkt 5.2). Dass bei <strong>der</strong><br />

53


Befragung zum Thema „Jugendarbeit und Schule“ <strong>der</strong> absen<strong>der</strong>orientierte<br />

Fragebogen C eingesetzt wurde, ist für mich ebenfalls völlig unverständlich. Gerade<br />

nach <strong>der</strong> Teilnahme an dem Workshop zu <strong>der</strong> Thematik „Führen von Einzel- und<br />

Gruppeninterviews“ (siehe Punkt 5.3), <strong>der</strong> vor dieser Befragung stattgefunden hat,<br />

denke ich, dass man durch die Verwendung von mehr Zeit auf die Erstellung dieses<br />

Fragebogens durch Vorstudien aus den absen<strong>der</strong>orientierten Fragen <strong>der</strong> Praktiker einen<br />

subjektorientierten Fragebogen hätte entwickeln können. Auf die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Befragung hätte sich ein solches Vorgehen sicherlich sehr positiv ausgewirkt (siehe<br />

Punkt 5.2).<br />

Das Projekt „Realität und Reichweite <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit“ ist also meines<br />

Erachtens insgesamt für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugendverbandsarbeit sehr positiv zu bewerten, auch wenn es sicherlich noch einige<br />

Dinge gibt, die verbesserungswürdig sind. Doch das ist, so denke ich ebenfalls, bei<br />

einem bisher einmaligen Projekt wohl auch <strong>nicht</strong> zu vermeiden.<br />

Für die Zukunft <strong>der</strong> Evangelischen Jugendverbandsarbeit ist es meiner Meinung nach<br />

utopisch, dass sich Projekte dieser Art in regelmäßigen Abständen wie<strong>der</strong>holen lassen,<br />

da ich mir <strong>nicht</strong> vorstellen kann, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend die dafür nötigen Gel<strong>der</strong> bereitstellen wird. Praxisentwicklung wird<br />

aber auch zukünftig eine große Bedeutung für die Jugendarbeit spielen und ein<br />

wichtiger Bestandteil <strong>der</strong> Praxisentwicklung ist die subjektorientierte Forschung. Da<br />

Forschung allerdings nur ein Bestandteil von Praxisentwicklung ist und noch vielfältige<br />

weitere, zumeist lokale Faktoren (Umfeld des Praxisfeldes, Finanz- und<br />

Personalressourcen) für die Praxisentwicklung wichtig sind, stelle ich hier die<br />

Behauptung auf, dass die Ergebnisse von bundesweiten repräsentativen<br />

Fragebogenbefragungen für die einzelnen lokalen Praxisentwicklungsprojekte eher<br />

zweitrangig sind. Viel wichtiger sind für sie Ergebnisse aus lokalen und regionalen<br />

Befragungen, die auch ohne die komplizierte Methode <strong>der</strong> Fragebogenerstellung und –<br />

befragung, z.B. durch Interviews und Gruppendiskussionen, zu erhalten sind. Daher<br />

denke ich, dass sich Praktikerinnen und Praktiker <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugendverbandsarbeit, also vor allem Diakone und Diakoninnen, zukünftig viel stärker<br />

mit diesen Forschungsmethoden und ihrer Anwendung auseinan<strong>der</strong>setzen müssen. Die<br />

stärkere Einbindung dieses Themenkomplexes (Forschung, Forschungsmethoden und<br />

ihre Anwendung) in die Curricula <strong>der</strong> Ausbildungsstellen wäre von daher sehr sinnvoll<br />

und wünschenswert.<br />

Da es allerdings <strong>nicht</strong> sinnvoll ist, Forschung in dem Praxisfeld zu betreiben, in dem<br />

man selber arbeitet (siehe Punkt 5.3) ist es erfor<strong>der</strong>lich, die zur Zeit bestehenden<br />

lokalen Arbeitskreise und den regionalen Arbeitskreis Praxisentwicklung zu erhalten,<br />

54


neue zu gründen und sich weiter zu vernetzen. Durch diese Zusammenarbeit <strong>der</strong><br />

verschiedenen lokalen Praxisentwicklungsprojekte ist es nämlich möglich, dass die<br />

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> Praxisentwicklungsprojekte sich so austauschen<br />

und gegenseitig so unterstützen, dass die notwendige Forschungsarbeit in den lokalen<br />

Projekten jeweils von „praxisfeldfremden“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die<br />

oben genannten Forschungsmethoden beherrschen, durchgeführt werden kann.<br />

Da die Arbeit an und in Praxisentwicklungsprozessen sehr viel Arbeit und einen großen<br />

Zeit- und Kraftaufwand für die beteiligten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bedeutet,<br />

muss dieser, für die Zukunft <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit äußerst wichtige Arbeitsbereich,<br />

meiner Meinung nach, auch in den Arbeitsfeldbeschreibungen <strong>der</strong> an diesen Prozessen<br />

beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter festgehalten werden.<br />

Eine über das Projekt „Realität und Reichweite <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit“<br />

hinausgehende Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Forschung ist sicherlich sinnvoll und<br />

wünschenswert, hier stellt sich allerdings die große Frage, wie so eine Zusammenarbeit<br />

finanziert werden kann. Doch da diese Kontakte jetzt geknüpft wurden, sollte man sie,<br />

meiner Meinung nach, so schnell <strong>nicht</strong> wie<strong>der</strong> aufgeben, gerade aufgrund <strong>der</strong> Tatsache,<br />

dass Praktiker nun einmal Praktiker und keine Forscher sind, und eben <strong>nicht</strong> in <strong>der</strong><br />

Lage sind, die Arbeiten zu leisten, die die Forschung leisten kann. Ich kann mir für die<br />

Zukunft eine weitere, allerdings wahrscheinlich eher punktuelle, Zusammenarbeit<br />

zwischen Jugendverbänden Forschung gut vorstellen und hoffe hierbei vor allem auf<br />

die Beratungsbereitschaft <strong>der</strong> Forschung für die Jugendverbände.<br />

Meine Anfangsthese von <strong>der</strong> Notwendigkeit von Praxisentwicklung und<br />

subjektorientierter Forschung als Teil dieser, habe ich, so denke ich doch, mit dieser<br />

Diplomarbeit deutlich belegen können, so dass ich jetzt zum letzten Kapitel dieser<br />

Diplomarbeit komme.<br />

8. Schlußwort<br />

An dieser Stelle <strong>bleibt</strong> mir zu sagen, dass mir die Arbeit an dieser Diplomarbeit sehr<br />

viel Spaß gemacht hat, sie allerdings zwischenzeitlich, dadurch das ich über Projekt<br />

geschrieben habe, das sich während meiner Schreibzeit immer weiterentwickelt hat,<br />

auch schwierig war. Danken möchte ich allen an dem Gesamtprojekt Beteiligten, die<br />

mir einen Einblick in ihre Arbeit ermöglicht und mir meine vielfältigen Fragen immer<br />

wie<strong>der</strong> bereitwillig beantwortet haben. Beson<strong>der</strong>s erwähnen möchte ich hier Michael<br />

Frey, Manfred Neubauer und Katrin Fauser, ohne <strong>der</strong>en Hilfe ich diese Diplomarbeit<br />

<strong>nicht</strong> hätte schreiben können.<br />

55


Ich hoffe, dass ich durch diese Arbeit einen Beitrag zur Diskussion über die Thematik<br />

„Praxisentwicklung und Forschung in <strong>der</strong> Evangelischen Jugendverbandsarbeit“<br />

liefern konnte, deutlich gemacht habe, dass Forschungskenntnisse für Diakoninnen und<br />

Diakone zukünftig immer wichtiger sein werden und vielleicht auch einen Anstoß zum<br />

Nachdenken bei den Verantwortlichen an <strong>der</strong> EFH bezüglich <strong>der</strong> stärkeren<br />

Verankerung von Forschung und Praxisentwicklung in das Curriculum <strong>der</strong><br />

Diakonenausbildung geben konnte.<br />

Literatur<br />

Frank Benseler u.a. (Hrsg.): RISIKO JUGEND – Leben, Arbeit und politische Kultur;<br />

VOTUM Verlag GmbH; Münster; 1988<br />

Lothar Böhnisch, Hans Gängler, Thomas Rauschenbach (Hrsg.): Handbuch<br />

Jugendverbände; Juventa Verlag; Weinheim und München; 1991<br />

Lothar Böhnisch, Hans Gängler, Thomas Rauschenbach: Jugendverbände und<br />

Wissenschaft In: Lothar Böhnisch, Hans Gängler, Thomas Rauschenbach (Hrsg.):<br />

Handbuch Jugendverbände; Juventa Verlag; Weinheim und München; 1991; S. 162ff<br />

Lothar Böhnisch: Jugendverbandsarbeit im kirchlichen Raum In: Lothar Böhnisch,<br />

Hans Gängler, Thomas Rauschenbach (Hrsg.): Handbuch Jugendverbände; Juventa<br />

Verlag; Weinheim und München; 1991; S. 366ff<br />

Mike Corsa: Tradition und Wagnis – Die Pole, die den Spannungsbogen<br />

Jugendverbandsarbeit ermöglichen In: Deutscher Bundesjugendring (Hrsg.):<br />

Jugendverbände im Spagat – Zwischen Erlebnis und Partizipation; VOTUM Verlag<br />

GmbH; Münster; 1994; S. 98ff<br />

Deutscher Bundesjugendring (Hrsg.): Jugendverbände im Spagat – Zwischen Erlebnis<br />

und Partizipation; VOTUM Verlag GmbH; Münster; 1994<br />

Deutscher Taschenbuch Verlag (Hrsg.): Familienrecht; Deutscher Taschenbuch Verlag<br />

GmbH & Co.KG; München; 2003<br />

56


Andreas Feige: Jugend und Religion In: Heinz-Hermann Krüger, Cathleen Grunert<br />

(Hrsg.): Handbuch Kindheits- und Jugendforschung; Verlag Leske + Budrich;<br />

Opladen; 2002; S. 805ff<br />

Hans Gängler: Kleiner Wunschzettel an Jugendverbände In: Deutscher<br />

Bundesjugendring (Hrsg.): Jugendverbände im Spagat – Zwischen Erlebnis und<br />

Partizipation; VOTUM Verlag GmbH; Münster; 1994; S. 31ff<br />

Hans Gängler: Jugendverbände und Jugendpolitik In: Hans-Uwe Otto, Hans Thiersch<br />

(Hrsg.): Handbuch <strong>der</strong> Sozialarbeit/Sozialpädagogik; Hermann Luchterhand Verlag<br />

GmbH; Neuwied; 2001; S. 894ff<br />

Cathleen Grunert: Methoden und Ergebnisse <strong>der</strong> qualitativen Kindheits- und<br />

Jugendforschung In: Heinz-Hermann Krüger, Cathleen Grunert (Hrsg.): Handbuch<br />

Kindheits- und Jugendforschung; Verlag Leske + Budrich; Opladen; 2002; S. 225ff<br />

Josef Held: Praxisorientierte Jugendforschung – Theoretische Grundlagen,<br />

Methodische Ansätze, Exemplarische Projekte; Argument-Verlag; Hamburg; 1994<br />

Hans Günther Homfeldt u.a. (Hrsg.): Jugendverbandsarbeit auf dem Prüfstand – Die<br />

Jugendfeuerwehr – Perspektiven für das verbandliche Prinzip <strong>der</strong> Jugendarbeit; Juventa<br />

Verlag; Weinheim und München; 1995<br />

Ingo Holzapfel: Neues konfessionelles Profil nach <strong>der</strong> Vereinigung? In: Deutscher<br />

Bundesjugendring (Hrsg.): Jugendverbände im Spagat – Zwischen Erlebnis und<br />

Partizipation; VOTUM Verlag GmbH; Münster; 1994; S. 155ff<br />

Franz Josef Krafeld: Zum Funktions- und Bedeutungswandel von Jugendverbänden In:<br />

Deutscher Bundesjugendring (Hrsg.): Jugendverbände im Spagat – Zwischen Erlebnis<br />

und Partizipation; VOTUM Verlag GmbH; Münster; 1994; S. 27ff<br />

Heinz-Hermann Krüger, Cathleen Grunert (Hrsg.): Handbuch Kindheits- und<br />

Jugendforschung; Verlag Leske + Budrich; Opladen; 2002<br />

Landesjugendpfarramt <strong>der</strong> Ev.-luth. Landeskirche Hannovers (Hrsg.): Jugend, Kirche,<br />

Gesellschaft – Situation, Selbstverständnis und Profil Evangelischer Jugend; Hahn-<br />

Druckerei; Hannover; 1993<br />

57


Christian Lü<strong>der</strong>s, Wolfgang Mack: Jugendliche als Akteure ihrer selbst In: Hans<br />

Merkens, Jürgen Zinnecker (Hrsg.): Jahrbuch Jugendforschung 1/2001; Verlag Leske<br />

+ Budrich; Opladen; 2001; S. 121ff<br />

Hans Merkens, Jürgen Zinnecker (Hrsg.): Jahrbuch Jugendforschung 1/2001; Verlag<br />

Leske + Budrich; Opladen; 2001<br />

Richard Münchmeier: Auswachsen in einer verän<strong>der</strong>ten Welt – Zum Strukturwandel<br />

von Jugend und Familie In: Lothar Böhnisch, Hans Gängler, Thomas Rauschenbach<br />

(Hrsg.): Handbuch Jugendverbände; Juventa Verlag; Weinheim und München; 1991;<br />

S. 297ff<br />

Martin Nörber: „... und sie bewegt sich!“ – Praxisentwicklung in <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugend – Bericht zum Praxisentwicklungsprojekt <strong>der</strong> Evangelischen Jugend im<br />

Rahmen des kombinierten Forschungs- und Praxisentwicklungsprojektes zur<br />

Bedeutung von Jugendverbänden in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Nutzerinnen und Nutzer;<br />

Stand: 05.08.2005; noch <strong>nicht</strong> veröffentlicht<br />

Thomas Olk: Gibt es eine Krise <strong>der</strong> Jugendverbände? Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Jugendverbandsarbeit durch den Strukturwandel <strong>der</strong> Jugend In: Frank Benseler u.a.<br />

(Hrsg.): RISIKO JUGEND – Leben, Arbeit und politische Kultur; VOTUM Verlag<br />

GmbH; Münster; 1988; S. 199ff<br />

Hans-Uwe Otto, Hans Thiersch (Hrsg.): Handbuch <strong>der</strong> Sozialarbeit/Sozialpädagogik;<br />

Hermann Luchterhand Verlag GmbH; Neuwied; 2001<br />

Thomas Rauschenbach: Jugendverbände im Spagat – Jugendverbände zwischen (alter)<br />

Progammatik und (neuer) Funktion In: Deutscher Bundesjugendring (Hrsg.):<br />

Jugendverbände im Spagat – Zwischen Erlebnis und Partizipation; VOTUM Verlag<br />

GmbH; Münster; 1994; S. 12ff<br />

Susanne Reichwein, Thomas Freund: Von <strong>der</strong> „Sozialisationsagentur“ zum<br />

„Lebensraum“ In: Lothar Böhnisch, Hans Gängler, Thomas Rauschenbach (Hrsg.):<br />

Handbuch Jugendverbände; Juventa Verlag; Weinheim und München; 1991; S. 353ff<br />

Albert Scherr: Subjektorientierte Jugendarbeit – Eine Einführung in die Grundlagen<br />

emanzipatorischer Jugendpädagogik; Juventa Verlag; Weinheim und München; 1997<br />

Ulrich Schwab: Kin<strong>der</strong> und Jugendliche in Kirchen und Verbänden In: Heinz-<br />

Hermann Krüger, Cathleen Grunert (Hrsg.): Handbuch Kindheits- und<br />

Jugendforschung; Verlag Leske + Budrich; Opladen; 2002; S. 795ff<br />

58


Sabine Walper, Rudolf Tippelt: Methoden und Ergebnisse <strong>der</strong> quantitativen Kindheitsund<br />

Jugendforschung In: Heinz-Hermann Krüger, Cathleen Grunert (Hrsg.):<br />

Handbuch Kindheits- und Jugendforschung; Verlag Leske + Budrich; Opladen; 2002;<br />

S. 189ff<br />

Wolfgang Wende: Jugendverbände ohne Jugend? In: Frank Benseler u.a. (Hrsg.):<br />

RISIKO JUGEND – Leben, Arbeit und politische Kultur; VOTUM Verlag GmbH;<br />

Münster; 1988; S. 216ff<br />

Zeitschriften:<br />

Mike Corsa: Konsequente Subjektorientierung als Anfor<strong>der</strong>ung an eine zielgenaue<br />

Steuerung von Jugendverbänden – das Kooperationsprojekt „Realität und Reichweite<br />

von Jugendverbandsarbeit“ In: FORUM Jugendhilfe; 1/2004; S. 74ff<br />

Mike Corsa: Standort und Zukunft <strong>der</strong> Jugendarbeit In: Nachrichtendienst des<br />

Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge; 78. Jahrgang; Heft 12/98; S.<br />

361ff<br />

Katrin Fauser: Ein Jugendverband aus Sicht <strong>der</strong> Jugendlichen – Subjektorientierte<br />

Jugendverbandsforschung In: Sozial Extra 2004; 28. Jahrgang; Heft 7-8; S. 26ff<br />

Internet:<br />

Mike Corsa: „Was machen Jugendliche aus einem Jugendverband?“<br />

http://www.evangelische-Jugend.de/pepartikelco.htm<br />

siehe Anhang<br />

Mike Corsa: Die evangelische Jugend als Jugendverband<br />

http://www.ejh.de<br />

siehe Anhang<br />

Homepage <strong>der</strong> Freien Universität Berlin<br />

http://www.fu-berlin.de/jugendverbandsarbeit<br />

59


siehe Anhang<br />

Hans Merkens: Jugendforschung<br />

http://www.familienhandbuch.de/cms/Kindheitsforschung-Jugendforschung.pdf<br />

Letzter Zugriff am: 29. August 2005<br />

Eigenständigkeitserklärung<br />

1. Ich versichere, dass ich die Arbeit selbständig verfasst und an<strong>der</strong>e als die von mir<br />

angegebenen Quellen und Hilfsmittel <strong>nicht</strong> benutzt habe.<br />

2. Ich bin mit <strong>der</strong> Einstellung meiner Diplomarbeit in die Bibliothek <strong>der</strong> EFHH<br />

einverstanden.<br />

Kerstin Schmidt<br />

60


Anhang<br />

1. Mike Corsa: „Was machen Jugendliche aus einem Jugendverband?“<br />

http://www.evangelische-Jugend.de/pepartikelco.htm<br />

„Was machen Jugendliche aus einem Jugendverband?“<br />

Ein Kooperationsprojekt <strong>der</strong> Freien Universität Berlin und <strong>der</strong><br />

<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland e. V. (aej) zur Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit<br />

Gemeinhin ist bekannt, dass <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit und damit auch den<br />

Jugendverbänden eine empirisch gesicherte Grundlage und eine ausreichende<br />

Darstellung ihrer Konzepte, Methoden und Wirkungen fehlen. Die<br />

Jugendhilfestatistik berücksichtigt beispielsweise die vielen alltäglichen<br />

Gruppenangebote, das Kennzeichnende <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit,<br />

überhaupt <strong>nicht</strong>. Jugendverbände bleiben damit angreifbar. Oft werden<br />

Behauptungen über sie und die Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit ohne Bezug zur<br />

Realität aufgestellt. Dies trifft aber <strong>nicht</strong> nur auf Kritiker(innen) zu. Auch aus den<br />

überregionalen Zentralen <strong>der</strong> Jugendverbände und ihren Zusammenschlüssen<br />

kommen programmatische Beschreibungen, die zwar versuchen die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Arbeit darzustellen, jedoch mehr darauf gerichtet sind zu beschreiben, was<br />

Jugendverbände und die Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit tun sollen, statt aufzuzeigen,<br />

was sie real leisten. In <strong>der</strong> sozialwissenschaftlichen Forschung und <strong>der</strong><br />

Forschungsför<strong>der</strong>ung führt Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit regelrecht ein<br />

Schattendasein, obwohl wissenschaftliche Forschungsergebnisse und eine<br />

empirische Datenbasis für die Darstellung von Bedeutung und Reichweite und<br />

für eine zielerreichende Steuerung <strong>der</strong> Arbeit erfor<strong>der</strong>lich sind. Zu diesem Defizit<br />

tragen Jugendverbände und die gesamte Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit selbst<br />

gehörig bei. Prof. Dr. Richard Münchmeier spricht von einem schwierigen bis<br />

61


gespannten Verhältnis zwischen Jugendarbeit und Forschung, Werner Lindner<br />

stellt in <strong>der</strong> Jugendarbeit eine generelle Theorie- und Empirieabstinenz fest –<br />

mit fatalen Folgen: die Planungsgrundlagen für Angebote scheinen <strong>nicht</strong> nur für<br />

Außenstehende fragwürdig, die gesamte Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit findet sich<br />

dadurch immer wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Defensive bei Auseinan<strong>der</strong>setzungen über die<br />

Bedeutungszuschreibung und bei <strong>der</strong> Teilhabe an Einfluss und Ressourcen.<br />

Manche Aspekte <strong>der</strong> Kritik wie<strong>der</strong>holen sich im Lauf <strong>der</strong> Geschichte<br />

gebetsmühlenhaft; so etwa <strong>der</strong> Vorwurf, Jugendverbände erreichten <strong>nicht</strong><br />

ausreichend viele Jugendliche o<strong>der</strong> handelten mit ihrem Angebot an den<br />

Interessen und Bedürfnissen junger Menschen vorbei. In den letzten Jahren<br />

mehren sich Argumente, die mangelnde Wirksamkeit und fehlende Evaluation<br />

von Zielerreichung berühren.<br />

Evangelische Jugend stellt sich <strong>der</strong> Forschung und den Motiven junger<br />

Menschen<br />

Die Bereitschaft <strong>der</strong> <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend in <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik Deutschland e. V. (aej), sich einer Selbstaufklärung aktiv zu<br />

stellen und das Interesse von Prof. Dr. Richard Münchmeier (FU), die<br />

Bedeutung von jugendverbandlicher Arbeit im Horizont jugendlicher<br />

Motivationen abzubilden, waren ausschlaggebend für das Projekt „Realität und<br />

Reichweite von Jugendverbandsarbeit“. Es besteht aus zwei selbstständigen,<br />

jedoch aufeinan<strong>der</strong> bezogenen Teilen,<br />

• einem mit qualitativen und quantitativen Verfahren arbeitenden<br />

Forschungsprojekt zur Realität und Reichweite von<br />

Jugendverbandsarbeit. Das Forschungsinteresse richtet sich<br />

subjektorientiert auf die Aneignungsprozesse von Jugendlichen und fragt<br />

nach <strong>der</strong>en Nutzungsmotiven und Nutzungspraktiken. Kurz gesagt: Was<br />

machen die Jugendlichen aus dem Verband?<br />

• einem Praxisentwicklungsprojekt in einem Jugendverband bzw. in<br />

seinen Mitgliedsverbänden und Unterglie<strong>der</strong>ungen, das versucht die<br />

Forschungsergebnisse in Verän<strong>der</strong>ungsprozesse <strong>der</strong> Verbandspraxis<br />

umzusetzen. Die Ergebnisse sollen den Verband in die Lage versetzen,<br />

sich im Spiegel <strong>der</strong> Sichtweisen jugendlicher Akteurinnen und Akteure zu<br />

betrachten und bisher kaum vorhandene anwendbare Instrumente für<br />

eine subjektorientierte Praxisentwicklung liefern. O<strong>der</strong> ganz einfach<br />

gesagt: Evangelische Jugend benötigt gebrauchsfähiges<br />

Handwerkszeug um kontinuierlich die Sichtweisen von jungen Menschen<br />

in ihren Planungen einzubauen.<br />

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigt großes<br />

Interesse an diesem Projekt und stellt die notwendigen För<strong>der</strong>mittel zur<br />

Durchführung bereit. Es sieht darin einen notwendigen innovativen Schritt bei<br />

Jugendverbänden und in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit, sich mit <strong>der</strong> eigenen<br />

Bedeutung und <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit kontinuierlich reflexiv auseinan<strong>der</strong> zu<br />

setzen und Erfolg versprechende Instrumente für die Praxisentwicklung zu<br />

entwickeln.<br />

In <strong>der</strong> ersten Projektphase (Dezember 2002 bis Dezember 2003) wurden<br />

die Ziele, Fragestellungen und Verfahren des Forschungsprojekts auf ihre<br />

Stimmigkeit überprüft sowie <strong>der</strong> forschungs- und jugendpolitische Ertrag<br />

beleuchtet. Zugleich konnten erste Schritte zur Praxisentwicklung eingeleitet<br />

werden. Im Einzelnen heißt das für das...<br />

...Forschungsprojekt<br />

In <strong>der</strong> ersten, qualitativ orientierten Stufe wurden Erwartungen, Einstellungen und<br />

Sichtweisen junger Menschen und ihre diesbezüglichen Sprachcodes ermittelt,<br />

62


die <strong>der</strong> quantitativen Studie (Fragebogenerhebung mit 2000 Jugendlichen) zu<br />

Grunde gelegt werden. Die spezifische Fragestellung <strong>der</strong> geplanten<br />

Untersuchung kann nur in begrenztem Umfang auf vorliegende Daten bekannter<br />

Jugendstudien (Jugendsurvey, Shell Studien) zurückgreifen. 25 explorative<br />

Interviews mit Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen im Alter zwischen acht und 22 Jahren<br />

aus den alten und neuen Bundeslän<strong>der</strong>n zu Angeboten <strong>der</strong> evangelischen<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit verweisen auf eine große Varianz von Bedeutungen<br />

und eine große Vielfalt von Nutzungsmotiven, die junge Menschen mit<br />

Angeboten o<strong>der</strong> Ressourcen <strong>der</strong> Evangelischen Jugend verknüpfen. Die<br />

Wissenschaftler(innen) kommen zum Ergebnis, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendliche,<br />

die konkrete Angebote wahrnehmen, den Spaß dabei, die Möglichkeit locker in<br />

Kontakt zu kommen und Gespräche zu führen schätzen. Vor allem aber liegt<br />

ihnen daran, etwas „tun“ zu können und <strong>nicht</strong> nur auf Vorstrukturiertes reagieren zu<br />

müssen. Die hauptberuflich und ehrenamtlich Verantwortlichen kommen dabei<br />

gut bis sehr gut an und erhalten hohe Wertschätzung bei den Kin<strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen. Auch herrscht im kirchlichen Rahmen eine an<strong>der</strong>e Atmosphäre als<br />

bei an<strong>der</strong>en Angeboten in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit o<strong>der</strong> in Sportvereinen.<br />

Beson<strong>der</strong>s herausgestellt wird in den betreffenden Interviews, dass es ein<br />

großer Wert ist, jede(n) so zu nehmen, wie sie o<strong>der</strong> er ist und dass man keinem<br />

massiven Leistungsdruck ausgesetzt ist. Dazu gehört auch, dass prinzipiell<br />

jede(r) willkommen ist. Jugendliche berichten, dass ihre Meinung in <strong>der</strong> Gruppe<br />

gefragt ist, dass sie Ideen einbringen können, die umgesetzt werden, und dass<br />

sie mit ihren Vorstellungen Einfluss nehmen können auf Entscheidungen. Die<br />

Interviews lassen erkennen, dass die Motivationslagen <strong>nicht</strong> trennscharf sind,<br />

son<strong>der</strong>n in unterschiedlichsten Kombinationen vorkommen können.<br />

Eine ähnliche Bedeutungsvielfalt spiegeln zwölf biografische Interviews<br />

wi<strong>der</strong>. Die Profile jugendlichen Nutzungsverhaltens sind ja <strong>nicht</strong> allein situativ und<br />

angebotsbezogen, son<strong>der</strong>n wandeln sich im Verlauf des Lebens und im<br />

Zusammenhang mit lebensphasenspezifischen Entwicklungen. Diese<br />

Interviews bilden markant unterschiedliche Bedeutung des Jugendverbands für<br />

junge Menschen und ihr Verhältnis zum Verbandsleben und seinen Strukturen<br />

ab. Zu erkennen sind beson<strong>der</strong>s zwei Linien: Große Bedeutung hat für die<br />

befragten Jugendlichen die vorgefundene Gemeinschaft („Ich halte es ohne die<br />

Gemeinde <strong>nicht</strong> aus!“) und was sie selbst im Jugendverband machen können<br />

(<strong>nicht</strong>: was vom Verband angeboten wird!).<br />

Die Ergebnisse sind Grundlage für die Durchführung einer repräsentativen<br />

Befragung von jungen Menschen in Deutschland. 2004 findet die<br />

Haupterhebung statt. Etwa 2000 Jugendliche im Alter von zehn bis 20 Jahren<br />

werden mit einem Fragebogen zu ihren Motiven, ihrem Engagement und ihrer<br />

Sichtweise über die Teilnahme und Mitarbeit an evangelischer Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit befragt. „Was machen Jugendliche aus dem Verband?“, das ist<br />

die leitende Frage des Projekts.<br />

Die verbandlichen Traditionen, Strukturen, Organisations- und Arbeitsformen<br />

werden von den Wissenschaftler(inne)n <strong>nicht</strong> außer Acht gelassen. Sie spielen<br />

eine konstitutive Rolle, weil sie das Handeln <strong>der</strong> ehrenamtlichen und<br />

hauptberuflichen Akteurinnen und Akteure bestimmen und selbstverständlich<br />

auch den Nutzungshorizont <strong>der</strong> Jugendlichen treffen. Ziel einer<br />

Dokumentenanalyse ist es, empirisch gestützte Aussagen darüber zu<br />

machen, welche Themen <strong>der</strong> Verband schriftlich kommuniziert. Die<br />

übergeordnete Fragestellung lautet dabei: Welche Themen kommuniziert <strong>der</strong><br />

Verband nach innen und nach außen? Zu diesem Zweck haben die<br />

Mitgliedsorganisationen <strong>der</strong> aej schriftliches Material (Briefe, Rundschreiben,<br />

Infoletter, aber beson<strong>der</strong>s auch Protokolle, Mitglie<strong>der</strong>zeitschriften, Berichte,<br />

Flyer) eines Jahres für eine thematische Auswertung zur Verfügung gestellt.<br />

63


Das Forschungsprojekt wird von Prof. Dr. Richard Münchmeier (Freie Universität<br />

Berlin) verantwortet, die Befragung von Arthur Fischer (psydata) durchgeführt.<br />

Ein Expert(inn)enbeirat, dem renommierte Wissenschaftler(innen) aus <strong>der</strong><br />

Jugendforschung angehören, berät und unterstützt das Projekt.<br />

...Praxisentwicklungsprojekt<br />

Die ersten Schritte <strong>der</strong> intendierten Praxisentwicklung liegen schon vor Beginn<br />

des eigentlichen Projekts. Um die Grundlagen für eine qualifizierte Durchführung<br />

eines <strong>der</strong>artig angelegten kombinierten Forschungs- und<br />

Praxisentwicklungsprojekts zu schaffen, mussten und müssen Verantwortliche auf<br />

den unterschiedlichen Organisationsebenen <strong>der</strong> Evangelischen Jugend und in<br />

den verschiedenen Mitglie<strong>der</strong>bereichen <strong>der</strong> aej von <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />

überzeugt werden, sich solchen Fragestellungen mit externen<br />

forschungsbasierten Herangehensweisen zu stellen. Die Öffnung <strong>der</strong> aej und<br />

ihrer Mitgliedsverbände für dieses Projekt hat schon im Sommer 2001<br />

begonnen - durch Gespräche mit Verantwortlichen, Informationsvorträge in<br />

Entscheidungsgremien und die kontinuierliche Behandlung <strong>der</strong> Entwicklung im<br />

Rahmen <strong>der</strong> aej (Vorstand, Mitglie<strong>der</strong>versammlung). Dieser erste, erfolgreiche<br />

Teil von Praxisentwicklung ist grundlegend für die berichtete Bereitschaft, den<br />

Wissenschaftler(inne)n die notwendigen Zugänge zu Informationen und<br />

Materialien <strong>der</strong> Evangelischen Jugend zu eröffnen.<br />

Mit einem Workshop für alle aej-Mitgliedsverbände begann im Mai 2003<br />

<strong>der</strong> Einstieg in den konkreten und verbindlich angelegten Prozess von<br />

Praxisentwicklung. 13 Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> aej nahmen engagiert teil. Das Echo auf<br />

das Forschungsprojekt und die damit einhergehende Praxisentwicklung war<br />

durchweg positiv. Das Interesse an einer Beteiligung <strong>bleibt</strong> hoch. Die<br />

Teilnehmenden unterlegten mit Berichten aus ihrer Praxis die Annahmen<br />

hinsichtlich des Forschungsbedarfs und bestätigen die Notwendigkeit einer<br />

angeleiteten, abgestimmten, jedoch <strong>nicht</strong> standardisierten subjektbezogenen<br />

Praxisentwicklung. So wird in <strong>der</strong> Praxis ein Spannungsfeld zwischen<br />

Angeboten <strong>der</strong> Evangelischen Jugend und dem Nutzungsverhalten von<br />

Jugendlichen wahrgenommen. Jugendliche nutzen die Angebote als<br />

Gelegenheitsstrukturen für ihre eigenen, vielfältigen und <strong>nicht</strong> unbedingt und <strong>nicht</strong><br />

immer mit den Intentionen <strong>der</strong> Initiator(inn)en kompatiblen Interessen. Die<br />

Evangelische Jugend wird sich also dem stellen und fragen müssen, ob<br />

bestimmte Nutzungspraxen von Jugendlichen zu neuen Zielen für die Arbeit<br />

führen.<br />

Ein wichtiges Ergebnis des Workshops ist, dass das Forschungsprojekt als<br />

Grundlage <strong>der</strong> angestrebten Modularisierung einen Fragebogen entwickeln soll,<br />

<strong>der</strong> interessierten Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> aej ermöglicht, im Rahmen ihrer Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit eigene Erhebungen durchzuführen. Ein solcher Fragebogen kann<br />

auch von an<strong>der</strong>en Jugendverbänden eingesetzt werden.<br />

Der konstituierte „Arbeitskreis Praxisentwicklung (AKPE)“ initiiert zentrale<br />

und dezentrale organisatorische Voraussetzungen für die Praxisentwicklung, leitet<br />

eine kritische Bestandsaufnahme von vorhandener Praxisentwicklung ein und<br />

wird die Befunde des Forschungsprojekts in Verän<strong>der</strong>ungsvorschläge und -<br />

schritte umsetzen. Neben <strong>der</strong> Gründung, Begleitung und Vernetzung von<br />

regionalen Arbeitskreisen für die einzelnen Praxisentwicklungsmodelle vor Ort<br />

werden die Sichtweisen von ehrenamtlichen und hauptberuflichen<br />

Mitarbeiter(inne)n über aktivierende Interviews und Gruppendiskussionen<br />

eingebunden. Die Praxisentwicklungsprozesse werden extern durch einen<br />

Coach mit Erfahrungen aus <strong>der</strong> Organisations- und Qualitätsentwicklung<br />

begleitet.<br />

64


Ein Praxisentwicklungsprozess, <strong>der</strong> das Nutzugsverhalten junger Menschen als<br />

eine wichtige Steuerungskategorie implementieren will, muss von <strong>der</strong> Basis<br />

Evangelischer Jugend ausgehen. Er kann <strong>nicht</strong> zentral gesteuert o<strong>der</strong> initiiert<br />

werden, son<strong>der</strong>n muss vor Ort (regional und lokal) aufgegriffen, motiviert und<br />

vorangetrieben werden. Es wird eine Vielfalt von Antworten und<br />

Umsetzungsversuchen geben. Die aej wird sich also aufmerksam und<br />

vordringlich dem Problem einer „Organisation von Vielfalt“ widmen müssen –<br />

dazu soll dauerhaft ein Prozessmonitoring in <strong>der</strong> aej-Geschäftsstelle etabliert<br />

werden.<br />

Ein Ausblick<br />

Das Projekt „Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“ leistet<br />

Pionierarbeit sowohl in seiner nutzer(innen)orientierten Perspektive als auch in<br />

dem Versuch, die gewonnenen empirischen Ergebnisse in<br />

Praxisentwicklungsimpulse zu übersetzen. Die angestrebte Modularisierung <strong>der</strong><br />

Forschungsinstrumente und die Dokumentation <strong>der</strong> Praxisentwicklungsschritte<br />

und -erfahrungen werden nach Abschluss des Projekts an<strong>der</strong>en interessierten<br />

Jugendverbänden zu Verfügung stehen und von ihnen selbst in<br />

Praxisentwicklungsprozesse umgesetzt werden können.<br />

Kernpunkt wird das zu entwickelnde Befragungsmodul (Messinstrumente,<br />

Fragebögen) sein, mit dem aej-Mitgliedsverbände und ihre jeweiligen<br />

Unterglie<strong>der</strong>ungen sowie an<strong>der</strong>e Jugendverbände und Träger von Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit in Eigenregie ihre erreichten Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen befragen<br />

können. Damit stünde allen an Jugend- und Jugendverbandsarbeit<br />

Interessierten und Beteiligten ein Instrument zur Optimierung und Kontrolle ihrer<br />

eigenen Bemühungen zu Verfügung – und brächte Jugendverbände und die<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit in den Diskussionen über Wirksamkeit,<br />

Qualitätssicherung und mo<strong>der</strong>ne Anpassungsfähigkeitspotentiale ein gutes<br />

Stück voran.<br />

Mike Corsa<br />

Generalsekretär <strong>der</strong> <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Jugend in <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik Deutschland e. V. (aej)<br />

(Beitrag aus: Jugendpolitik 2/04)<br />

2. Mike Corsa: Die evangelische Jugend als Jugendverband<br />

http://www.ejh.de<br />

Die Evangelische Jugend als Jugendverband<br />

Selbstverständnis – Verbindlichkeit - Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

Wenn wir uns des Themas seriös annehmen und <strong>nicht</strong> ins Horn vieler ignoranter<br />

Proklamatoren <strong>der</strong> Krise <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit blasen wollen, müssen wir<br />

uns die Mühe machen, unterschiedliche Zugänge zum Thema zu betrachten und<br />

65


die jeweiligen Bedingungen und Bedeutungen des Themas Jugendverbände,<br />

respektive Evangelische Jugend als Jugendverband aufzunehmen und zu<br />

würdigen. Ein <strong>nicht</strong> ganz leichtes Unterfangen, dass einiges an grundsätzlicher<br />

Arbeit bedarf, die lei<strong>der</strong> in <strong>der</strong> heutigen Beschreibung von Realität und<br />

zukünftigen Notwendigkeiten etwas zu kurz kommt, möglicherweise zum<br />

Schaden jugendlicher Entwicklungsperspektiven. Ich spiele damit ausdrücklich<br />

auf amtskirchliche Diskussionen über das zukünftige Profil unserer Mutter Kirche<br />

an, ebenso wie auf die Praxis von Hauptberuflichen in <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugend, von Verantwortlichen in Kirchengemeinden – ganz zu schweigen von<br />

Sichtweisen im öffentlichen Raum, bei Politiker(innen) und <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendhilfeadministration <strong>der</strong> unterschiedlichen politischen Organisationsebenen.<br />

Nun denn zur Autopsie dessen, was im Sprachgebrauch sehr unterschiedliche<br />

Termini aufweist – Evangelische Jugend (evangelisch mal groß, mal klein<br />

geschrieben), evangelische Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit, Dienst an <strong>der</strong> Jugend.<br />

1. Jugendverbände sind ambivalente Organisationen<br />

- eine erste Annäherung<br />

Jugendverbände wie die Evangelische Jugend sind ambivalente<br />

Organisationen, die im Lauf ihrer Geschichte immer wie<strong>der</strong> tiefgreifende<br />

Verän<strong>der</strong>ungen und Wandlungen erfahren. Sie sind aus einer Vielzahl von<br />

Anlässen entstanden, sie entstammen unterschiedlichen Milieus und Traditionen<br />

und haben unterschiedliche Teilbereiche integriert. Jugendverbände sind<br />

deshalb <strong>nicht</strong> einfach zweckrationale Organisationen, die sich beliebig für<br />

bestimmte Ziele in Anspruch nehmen und pragmatisch-rational steuern ließen.<br />

Nur durch ihre Aufnahme- und Anpassungsfähigkeit können sie den Wandel <strong>der</strong><br />

sozio-kulturellen Rahmenbedingungen und <strong>der</strong> Jugendphase bewältigen und<br />

sich immer wie<strong>der</strong> neu als jugendrelevant behaupten. Sie bleiben einerseits<br />

Trägerinnen <strong>der</strong> Jugendbewegung, jugendliche Selbstorganisation und<br />

Interessenvertretung. An<strong>der</strong>erseits sind sie aber immer auch<br />

Erziehungsinstitutionen, also gesellschaftliche Vorkehrung zur Sozialisation und<br />

Erziehung im Jugendalter. Jugendverbände sind also keine Mo<strong>der</strong>erscheinung<br />

son<strong>der</strong>n zeitüberdauernde und deshalb ernstzunehmende<br />

Sozialisationsinstanzen und Strukturen jugendgemäßer Lebensformen.<br />

Als typische „intermediäre Organisationen“ vermitteln sie die Interessen von<br />

jungen Menschen in die Gesellschaft hinein und üben umgekehrt<br />

gesellschaftliche Kontroll- und Integrationsinteressen gegenüber <strong>der</strong> Jugend aus.<br />

Der Altmeister <strong>der</strong> Jugendarbeitsforschung, Hermann Giesecke, bezeichnet<br />

diese Ambivalenz als „Grundkonflikt zwischen Emanzipation und Integration“,<br />

<strong>der</strong> sich unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen zugespitzt hat.<br />

Um diesen Grundkonflikt in <strong>der</strong> Balance halten zu können, müssen<br />

Jugendverbände sich an den Interessen und Bedürfnissen junger Menschen<br />

ausrichten. Sie können <strong>nicht</strong> einfach ein Programm am grünen Tisch entwerfen.<br />

Sie müssen vielmehr die Interessen und Bedürfnisse junger Frauen und Männer<br />

einbeziehen. Sie müssen ihre Erziehungsziele gewissermaßen in die<br />

Motivations- und Erwartungsstruktur von jungen Menschen einbetten. Dies<br />

verlangt eine im Unterschied zur Schule weitaus offenere Programmgestaltung.<br />

Die höchst unterschiedlichen Bedeutungen, die Jugendverbände in <strong>der</strong><br />

Biographie junger Menschen einnehmen können - als zweites Zuhause o<strong>der</strong> als<br />

Hilfe für bisher <strong>nicht</strong> bewältigte Entwicklungsaufgaben, aber auch als Ort<br />

biographischer Klärungsversuche und individueller Lebenshilfe o<strong>der</strong> schlicht als<br />

Kontrastprogramm im Alltag - erschweren den Nachweis von Zielerreichung und<br />

Effizienz ihrer Aktivitäten. Effizienzkriterien werden von<br />

66


Erwachsenenorganisationen und <strong>der</strong> Politik immer wie<strong>der</strong> formalisiert abgefragt,<br />

etwa als Nachweis einer hinreichend großen Mitglie<strong>der</strong>- o<strong>der</strong><br />

TeilnehmerInnenzahl. Aber auch dieser Indikator <strong>bleibt</strong> problematisch: Je offener<br />

nämlich Programme gestaltet werden und je stärker lebensweltorientiert die<br />

Aktivitätsformen ausgerichtet werden, desto unschärfer werden die Grenzen<br />

zwischen Verbandsgruppe und Lebenswelt, und desto fließen<strong>der</strong> werden die<br />

Übergänge zwischen formeller Verbandsarbeit und informeller Freundesclique.<br />

Fazit 1: Jugendverbände sind zeitüberdauernde und deshalb<br />

ernstzunehmende Sozialisationsinstanzen und Strukturen<br />

jugendgemäßer Lebensformen.<br />

Diese Vorgabe – von fester Organisation zwischen <strong>der</strong> Jugend- und<br />

Erwachsenenwelt und dem Selbstinszenierungsraum jugendlicher<br />

Lebenswelten und –ausdrucksweise – will ich im folgenden an die Evangelische<br />

Jugend anlegen. Dazu ist wichtig, einen kurzen Ausflug in die<br />

Entstehungsgeschichte <strong>der</strong> Evangelischen Jugend als jugendverbandliche<br />

Organisation zu unternehmen.<br />

2. Vom Jünglingsverein zur sozialen Infrastruktur für junge Menschen<br />

Ihre Wurzeln hat die Evangelische Jugend im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t. Beherzte Männer<br />

und Frauen haben sich <strong>der</strong> wachsenden Not junger oftmals alleinstehen<strong>der</strong><br />

Menschen angenommen, die in die Großstädte und entstehenden industriellen<br />

Zentren zogen, <strong>der</strong> Enge des Landlebens zu entfliehen und um Arbeit zu<br />

finden. Sie wollten ihnen Gemeinschaft bieten, vom christlichen Leben<br />

überzeugen und natürlich ganz praktische Alltagshilfe leisten. Es entstehen in<br />

ganz Deutschland sozial orientierte, missionarische Jünglingsvereine. Auch<br />

Mädchen beginnen sich in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts in eigenen Missionsvereinen zu sammeln. All diese Vereine<br />

entstehen unabhängig von amtskirchlichen Strukturen, ebenso die in Folge<br />

gebildeten Bünde (1848 Rheinisch-westfälischen Jünglingsbund, 1856<br />

Ostbund, 1869 Süddeutscher Jünglingsbund), die einen Zusammenhalt<br />

zwischen den einzelnen Vereinen herstellen sollen. Sie werden jedoch häufig<br />

von Theologen und Predigern <strong>der</strong> Erweckungsbewegung geleitet. Kontakte mit<br />

dem Ausland, unter an<strong>der</strong>em die Weltkonferenz 1855 in Paris und die dort<br />

verabschiedete „Pariser Basis“, ebnen den Weg zur größeren Einheit. In Folge<br />

gründet sich das später so genannte Jungmännerwerk und das sogenannte<br />

Mädchenwerk. Im ausgehenden 19. Jahrhun<strong>der</strong>t und vor allem nach dem ersten<br />

Weltkrieg beeinflusst die bündische Jugendbewegung die weitere Entwicklung<br />

und das Profil <strong>der</strong> eigenständigen evangelischen Vereine. BK, Jugendbund für<br />

EC und CVJM-Vereine entstehen, nach dem ersten Weltkrieg blüht die<br />

christliche Pfadfin<strong>der</strong>schaft CPD auf.<br />

Wenig überraschend ist, dass sich bei dieser rasanten Entwicklung von - mo<strong>der</strong>n<br />

ausgedrückt – bürgerschaftlicher Initiative staatliche Stellen <strong>nicht</strong> unberührt<br />

bleiben. Konzentrierte sich die staatliche Fürsorge vor <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>twende im<br />

wesentlichem auf die Erhaltung <strong>der</strong> öffentlichen Ordnung und Lin<strong>der</strong>ung er<br />

allergrößten Not in Jugendfürsorgeeinrichtungen so zwingt <strong>der</strong> gesellschaftliche<br />

Wandel und trägt das Engagement <strong>der</strong> entstehenden Jugendvereine und<br />

Jugendverbände zum Umdenken bei – <strong>der</strong> Staat beginnt seine Verantwortung<br />

für die Entwicklung junger Menschen zu beschreiben – über<br />

Jugendpflegeerlasse bis zum Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (1922) und eine<br />

entsprechende För<strong>der</strong>ung durch staatliche Mittel. Im Zuge dessen wird auch das<br />

freiwillige Engagement von Personen und Verbänden gewürdigt und anerkannt.<br />

67


Die Neuorientierung staatlichem Handels for<strong>der</strong>t auch die Kirchen heraus. Sie<br />

haben ganz ähnlich wie staatliche Stellen die Entstehung und Arbeit von freien<br />

Jugendvereinen und – verbänden ignoriert und tendenziell <strong>nicht</strong> als kirchliche<br />

Aufgabe gesehen, sich explizit den Lebenswelten junger Menschen mit<br />

spezifischen Angeboten anzunehmen. Es dauert Jahrzehnte, bis die Kirchen<br />

anerkennen, dass die freien Vereine sich ihrer ureigenen Aufgaben<br />

angenommen haben“ (Jürgensen, 1980, S. 35). In den 20-erJahren berufen die<br />

Landeskirchen Landesjugendpfarrer, die jedoch nur geringe Anerkennung bei<br />

den freien Werken und Verbänden finden. Das Verbändespektrum differenziert<br />

sich weiter aus - auch in <strong>der</strong> evangelischen Szenerie. Im Reichsausschuss <strong>der</strong><br />

deutschen Jugendverbände (so <strong>der</strong> Name ab 1928) vertreten sich die<br />

evangelischen Verbände eigenständig – von 117 Jugendverbänden kommen<br />

allein 19 aus protestantischen Reihen.<br />

Das alles nimmt mit <strong>der</strong> Machtergreifung Hitlers ein jähes Ende.<br />

Jugendverbände aus <strong>der</strong> Arbeiterbewegung werden 1933 verboten,<br />

bündische Jugendverbände im wesentlichen in die Hitlerjugend überführt, und<br />

auch <strong>der</strong> evangelischen Jugendarbeit <strong>bleibt</strong> dieses Los <strong>nicht</strong> erspart. Im<br />

Dezember 1933 wird zwischen Reichsbischof Müller und dem<br />

Reichsjugendführer Baldur von Schirach ein Abkommen über die<br />

Zwangseinglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Evangelischen Jugend in die Hitlerjugend<br />

geschlossen. Ein Teil <strong>der</strong> Vereinsarbeit wird unter dem Mantel <strong>der</strong> Kirche als<br />

Gemeindejugendarbeit weitergeführt, mit Argusaugen von staatlichen Organen<br />

beobachtet und behin<strong>der</strong>t, sobald sie ihren Rahmen – lediglich<br />

Wortverkündigung – zu überschreiten droht.<br />

Nach 1945 nehmen die unterschiedlichen Vereine ihre Arbeit wie<strong>der</strong> auf. Die<br />

Gemeinsamkeit mit den Kirchen soll jedoch aufrechterhalten werden. Die<br />

Gemeindejugend wird als Ergänzung zu den eigenständig organisierten Werken<br />

und Verbänden beibehalten. Ihre Zielgruppe sind die <strong>nicht</strong> organisierten jungen<br />

Christen, die sich in kirchengemeindlichen Gruppen treffen wollen. Doch auch<br />

dieser Sektor wird sich in den Folgejahren aufgrund <strong>der</strong> ihm innewohnenden<br />

jugendbezogenen Bedeutung verbandsähnlich organisieren – es entstehen<br />

Jugendkonvente als jugendliche Selbstvertretung, eine Eigenständigkeit unter<br />

dem großen Dach <strong>der</strong> Kirche wird über Jugendordnungen geregelt. In einigen<br />

Landeskirchen geht die Verselbständigung <strong>der</strong> Gemeindejugend noch weiter –<br />

in Württemberg wir das eigenständige Evangelische Jugendwerk gegründet<br />

(mit <strong>der</strong> Formel: selbständig im Auftrag <strong>der</strong> Kirche), in Bayern und Baden bildet<br />

sich die Evangelische Gemeindejugend stärker mit verbandlichen Strukturen aus.<br />

All dies findet sich für die Westszonen und nach <strong>der</strong> Vereinigung für ganz<br />

Deutschland mit den Jugendwerken <strong>der</strong> Freikirchen als Mitgliedsorganisationen in<br />

<strong>der</strong> heutigen aej zusammen.<br />

Auf eine differenzierte Betrachtungsweise weiterer Entwicklungsschritte verzichte<br />

an dieser Stelle, da sie die Grundfragen selbstorganisierter Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit nur in sofern tangieren, wie sich Zeitgeist und<br />

gesamtgesellschaftliche Fragestellungen immer in und durch die jeweils aktiven<br />

Menschen in <strong>der</strong> Evangelischen Jugend spiegeln. Es <strong>bleibt</strong> also<br />

festzuhalten: Evangelische Jugendarbeit hat ihre Wurzeln in <strong>der</strong><br />

Selbstorganisation, die wie<strong>der</strong>um bis heute unter dem Dach <strong>der</strong><br />

verfassten Kirche als Fragestellung virulent ist (Fazit 2).<br />

3. Das beson<strong>der</strong>e Verständnis von evangelischer Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit als<br />

jugendverbandliche Organisation<br />

Programmatisch beschreiben sich Jugendverbände – so auch die Evangelische<br />

Jugend in ihren unterschiedlichen organisatorischen Ausprägungen - als<br />

Selbstorganisationen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen, die sowohl das Prinzip <strong>der</strong><br />

68


Offenheit für alle Interessierten als auch das Prinzip Freiwilligkeit einschließt.<br />

Maßstab für die Selbstorganisation ist die eigenverantwortliche und<br />

gemeinschaftliche Gestaltung <strong>der</strong> Aktivitäten durch alle Beteiligten bzw. durch<br />

von allen Beteiligten gewählten und beauftragten Gremien. Diese Charakteristik<br />

kennzeichnet strukturell auch das Verhältnis zu den Erwachsenenorganisationen.<br />

So ist die Evangelische Jugend Teil <strong>der</strong> Evangelischen Kirche, es bestehen<br />

aber eigenständige, jugendverbandliche Organe <strong>der</strong> Willensbildung und somit<br />

eine organisatorische Eigenständigkeit – darauf werden ich später noch näher<br />

eingehen. Noch einmal aus einem an<strong>der</strong>en Blickwinkel: als eine beson<strong>der</strong>e Form<br />

<strong>der</strong> Zuwendung zu jungen Menschen eröffnet die Kirche ihnen den Raum zur<br />

Selbstgestaltung als Evangelische Jugend. Dies geschieht im Bewusstsein,<br />

dass junge Menschen sich an Erwachsenen orientieren, „<strong>der</strong>en Lebensstil sie<br />

aber <strong>nicht</strong> unbesehen und wi<strong>der</strong>spruchslos übernehmen (...). Sie wollen auf ihre<br />

Mitverantwortung hin angesprochen werden, in ihrer wachsenden<br />

Selbständigkeit freigegeben und in ihrer Einsatzbereitschaft ernst genommen<br />

werden“ (Synode <strong>der</strong> EKD 1978 in Bethel). Kirche will sich somit auf junge<br />

Menschen ohne Bevormundung einlassen und ihnen ermöglichen, sich die<br />

angebotenen Werte selbstbestimmt und auf eigene Weise erfahrbar zu<br />

machen, sie abzuwägen und sie bestenfalls als wi<strong>der</strong>standsfähigen Grundlage<br />

für den persönlichen Wertehorizonts zu nehmen. Sie hat die Größe anzubieten<br />

und <strong>nicht</strong> vorzugeben, weil sie weiß, dass die biblische Botschaft nur durch eine<br />

offene, persönliche Auseinan<strong>der</strong>setzung mit ihr zu einer stabilen Glaubenspraxis<br />

führen kann. Gerade im Jugendalter sind selbstbestimmte Formen <strong>der</strong> offenen<br />

Herangehensweise zwingend für eine positive Aneignung von Werthaltungen.<br />

Wir wissen seit Jahrzehnten, dass Jugendliche traditionellen Angeboten<br />

gegenüber starke Vorbehalte zeigen, sogar offene Ablehnung, die vor allem<br />

die traditionelle Sprache und die liturgische und theologische Denkwelt betreffen<br />

(vgl.: EKD Texte 43, 1992, S. 15). Selbstverantwortet und selbstbestimmt<br />

gestalten junge Menschen Angebote „ihrer“ kirchlichen Jugendarbeit und<br />

beteiligen sich als eigenständiger Teil <strong>der</strong> Kirche in kritischer Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

an ihrer Gestaltung. Erwähnt sei ergänzend, dass Jugendverbände i.d.R. <strong>nicht</strong><br />

nur örtlich orientiert sind son<strong>der</strong>n sich organisieren auch auf regionaler und<br />

überregionaler Ebene.<br />

Formen, Methoden und Inhalte entstehen im Aushandeln zwischen den<br />

unterschiedlichen Erwartungen, Interessen und Bedürfnissen <strong>der</strong> beteiligten<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen und <strong>der</strong> grundlegenden wertgebundenen Ausrichtung<br />

also <strong>der</strong> biblischen Botschaft und ihrer zeitgemäßen Antworten. Die<br />

Arbeitsansätze sind sehr vielfältig und breit angelegt. Sie reichen von den<br />

klassischen Kin<strong>der</strong>- und Jugendgruppen über alle möglichen Formen offener<br />

Angebote bis zu Projekten, Ferienfreizeitmaßnahmen und Bildungsangeboten.<br />

Die amtliche Jugendhilfestatistik zeigt trotz ihrer Beschränkungen, das gut zwei<br />

Drittel <strong>der</strong> öffentlich geför<strong>der</strong>ten Maßnahmen in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit im<br />

ganzen Bundesgebiet von Jugendverbänden getragen werden (<strong>nicht</strong><br />

berücksichtigt sind u.a. die vielen alltäglichen Gruppenangebote). Es kann davon<br />

ausgegangen werden, dass ein relevanter Teil davon in <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend (als einer <strong>der</strong> größten bundesweit tätigen<br />

Jugendverbände) liegt.<br />

Prägend sind einerseits <strong>der</strong> Spaß- und Erlebnischarakter (gemeinsam was<br />

erleben), an<strong>der</strong>erseits eine je auf die regionale Situation abgestimmte<br />

Angebotsmixtur - nie<strong>der</strong>schwellig bis hin zu hoher Verbindlichkeit mit großem<br />

persönlichen und zeitlichen Engagement .<br />

Jugendverbandliche Arbeit zeichnet sich durch ehrenamtliche Leitung und<br />

Tätigkeit aus- ein weiteres Charakteristikum <strong>der</strong> Selbstorganisation.<br />

Ehrenamtliche sind die notwendigen Dolmetscher und Vermittler zwischen<br />

subjektiven Bedürfnisartikulationen und gesellschaftlich begründeten Lernzielen.<br />

Sie repräsentieren zugleich den Verband und die jugendlichen Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Außerschulische Bildung und die Vertretung <strong>der</strong> Interessen junger Menschen<br />

69


sind hierbei von großer Bedeutung – auch darauf gehe ich geson<strong>der</strong>t ein.<br />

Natürlich verfügen Jugendverbände heute auch über hauptberufliche<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Engagement junger Menschen und die<br />

Arbeit <strong>der</strong> ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen,<br />

qualifizieren, mit fachlichen Kompetenzen ergänzen und durch Zuarbeit im<br />

expandierenden administrativen Bereich entlasten. Dennoch: Mindestens 95%<br />

<strong>der</strong> Mitarbeitenden sind ehrenamtlich!<br />

Fazit 3: Jugendverbände als jugenddominierte, selbstbestimmte<br />

Organisationen haben eine eigenständige gesellschaftliche Funktion<br />

inne zwischen Familie, Schule und Ausbildung und informellen<br />

Freundescliquen sowie dem Freizeitmarkt.<br />

Auf folgende Charakteristika will ich genauer eingehen:<br />

- Jugendverbände als Ort <strong>der</strong> Selbstgestaltung, <strong>der</strong> Aneignung von<br />

Lebensführungskompetenzen und Orientierung<br />

Soziologen und Jugendforscher haben ausreichend beschrieben, welche<br />

Bedeutung <strong>der</strong> beschleunigte gesellschaftliche Wandel für Menschen in unserer<br />

Gesellschaft, insbeson<strong>der</strong>e für junge Menschen hat. Selbstverständliche<br />

Orientierungspunkte (Traditionen) sind brüchig geworden, große, klassische<br />

Milieus lösen sich immer mehr auf. Die christlichen Kirchen können davon ein<br />

trauriges Lied singen.<br />

Durch die voranschreitende Enttraditionalisierung gewinnen Menschen an<br />

persönlichem Entscheidungsspielraum, verlieren aber gleichzeitig die<br />

schützende und wegweisende "Hand" <strong>der</strong> biographischen Einbindung in<br />

traditionelle Lebenskonzepte. Die Ausrichtung <strong>der</strong> eigenen Lebensplanung an<br />

den Erfahrungen <strong>der</strong> Elterngeneration nimmt rapide ab. Der biographische Weg<br />

<strong>der</strong> Eltern ist für die nachwachsende Generation faktisch kaum noch Relevanz.<br />

Gerade junge Menschen müssen unter diesen gesellschaftlichen Bedingungen<br />

experimentieren. "Zukunftszentriertheit und klare Lebensplanung gehen <strong>nicht</strong><br />

mehr wie früher mit Sorgenfreiheit einher, vielmehr mit biographischen<br />

Anstrengungen" (13. Shell Jugendstudie, 2000, S. 13). Junge Menschen surfen<br />

durch Lebenswelten und lernen dabei, mit dem raschen Wandel und vielfältigen<br />

Optionen vergleichsweise gut umzugehen. Sie sind im Gegensatz zu ihrer<br />

Elterngeneration in weit höherem Maße in <strong>der</strong> Lage, die Vielfalt und<br />

Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit von Einstellungen und Orientierungen als stabiles<br />

Fundament unserer Gesellschaft zu akzeptieren und damit im wesentlichen<br />

konstruktiv umzugehen. Verständlicherweise - und gezwungenermaßen -<br />

distanzieren sich junge Menschen von eindeutigen Vorgaben zur Bewertung <strong>der</strong><br />

Lebenszusammenhänge und für die Lebensgestaltung. Dies min<strong>der</strong>t den<br />

prägenden Einfluss von Eltern und die Akzeptanz von weltanschaulich<br />

wirkenden gesellschaftlichen Organisationen. Gleichzeitig gewinnt die<br />

Gleichaltrigengruppe als Raum für den Erfahrungsaustausch und die Bewertung<br />

von Erfahrungen an Bedeutung (Im Alter von zwischen 15 und 21 Jahren sind<br />

73% <strong>der</strong> Jugendlichen Mitglied einer Clique – 14. Shell Jugendstudie, 2002).<br />

Der Zwang, die Zügel des Lebens selbst in die Hand nehmen zu müssen, den<br />

junge Menschen heute sehr früh erfahren, und die damit einhergehende Praxis<br />

von Selbststeuerung erfor<strong>der</strong>t eine beteiligungsorientiert organisierte<br />

Gesellschaft. „Normalität“ hat keine festen Fixpunkte mehr, sie muss kontinuierlich<br />

ausgehandelt werden. Beteiligung ist damit ein zentrales Element <strong>der</strong><br />

Gesellschaftsentwicklung unter den Bedingungen schnellen gesellschaftlichen<br />

Wandels. Die Erkenntnis, was wahr und richtig ist kann nur im Dialog gefunden<br />

werden – eben <strong>nicht</strong> nur zwischen den gesellschaftlichen Gruppen <strong>der</strong><br />

etablierten Erwachsenen son<strong>der</strong>n zwingen<strong>der</strong> Weise auch zwischen dem<br />

70


gesellschaftlichen Nachwuchs, <strong>der</strong> die Zukunft <strong>der</strong> Gesellschaft zu sichern hat und<br />

den Erwachsenen – auf gleicher Augenhöhe auch innerhalb <strong>der</strong> Kirche!<br />

Dazu braucht es gesellschaftliche Orte für das unerlässliche und kraftzehrende<br />

Laborieren, die <strong>nicht</strong> von Erwachsenen reglementiert und die vielfach gestaltbar<br />

sind, um sich über die Lebenspraktiken und Lebensentwürfe – vor allem über<br />

die Aussicht des Gelingens – verständigen zu können. Und natürlich, um die<br />

eigenen Positionen in den komplexen Welten zu finden und die eigenen<br />

Interessen zu artikulieren. Jugendverbände wie die Evangelische Jugend<br />

können – wenn sie wirkungsvoll sind – solche Orte sein und arrangieren –<br />

nämlich einen Lebensort für Offenheit und Halt. Evangelische Jugend bietet<br />

einen festen gesellschaftlichen und räumlichen Ort, feste Zeiten, verlässliche und<br />

vertrauliche Zuwendung und grundlegende soziale Dienstleistungen. In<br />

fließen<strong>der</strong> Abgrenzung zu Cliquen suchen junge Menschen in<br />

Jugendverbänden auch die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Erwachsenen über die Art<br />

<strong>der</strong> Lebensführung, Normalitätsvorstellungen, Handlungsweisen, kollektive und<br />

gesellschaftliche Deutungsmuster. Der etablierte Status <strong>der</strong> erwachsenen<br />

Generation bietet jungen Menschen notwendige Reibungsflächen und<br />

Orientierung bei <strong>der</strong> Herausbildung von Identität. Familien kommen dabei immer<br />

öfter an Grenzen. Das Generationenverhältnis steht in verschiedenen Fel<strong>der</strong>n<br />

geradezu auf dem Kopf – vielfach lernen die Älteren von Jungen, sich in <strong>der</strong><br />

mo<strong>der</strong>nen technisierten Welt erfolgreich zurechtzufinden.<br />

In erwachsenen ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeiter(innen) <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend können Jugendliche freundschaftliche Partner bei <strong>der</strong><br />

Suche nach gelingendem Leben mit authentischen Orientierungshilfen aus <strong>der</strong><br />

Welt <strong>der</strong> Erwachsenen finden. Sie verstehen Jugendliche in ihrer kulturellen<br />

Eigenart und akzeptieren ihr „so sein“. Sie bieten sich authentisch für Fragen <strong>der</strong><br />

Lebensgestaltung und Glaubenspraxis auf Basis <strong>der</strong> eigenen biographischen<br />

und alltäglichen Lebenserfahrung an – Kumpel und respektierte Vertreter/innen<br />

<strong>der</strong> Erwachsenenwelt in einem.<br />

Fazit 4: Selbstorganisation und damit verbunden, die Möglichkeit und<br />

Anfor<strong>der</strong>ung, selbst zu bestimmen und zu verantworten, muss als<br />

wichtiger Entwicklungsschritt zu einer reifen Persönlichkeit und einer<br />

tragfähigen Glaubenspraxis bezeichnet werden. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

Jugendverbände wie die Evangelische Jugend sind deshalb ein<br />

infrastrukturelles Angebot mit wachsen<strong>der</strong> Bedeutung.<br />

- Evangelische Jugend als Erziehungs- und Bildungsinstanz<br />

Die Selbstentfaltung des jugendlichen Lebens steht in <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugend wie in den meisten an<strong>der</strong>en Jugendverbänden in konstruktiver<br />

Spannung mit dem Anspruch grundlegende Werte und Orientierungen zu<br />

vermitteln. Dies geschieht autodidaktisch auf dem Erfahrungshorizont <strong>der</strong><br />

Gleichaltrigen, durch Angebote <strong>der</strong> oftmals nur unwesentlich älteren<br />

Ehrenamtlichen und ebenso durch erwachsene Fachkräfte beruflicher o<strong>der</strong><br />

ehrenamtlicher Herkunft. Evangelische Jugend will dabei individuelle, religiöse,<br />

soziale und politische Orientierung durch Erziehung und Bildung vermitteln und<br />

damit zur Herausbildung <strong>der</strong> persönlichen Identität und Wertorientierung junger<br />

Menschen beitragen.<br />

Herausgefor<strong>der</strong>t sieht sie sich insbeson<strong>der</strong>e in religiösen Fragestellungen junger<br />

Menschen. Sie spürt mit ihnen zusammen den Grundfragen des Lebens nach<br />

und macht sich mit ihnen auf den Weg, in dieser komplexen Welt Anteile des<br />

Reiches Gottes zu erfahren. Dazu gehört <strong>der</strong> Dialog über individuelle<br />

Gottesbeziehung ebenso wie die Eröffnung vielfältiger spiritueller<br />

Erfahrungsräume. Als Nachfolgebewegung des Jesus Christus, <strong>der</strong> den Blick in<br />

das Reich Gottes, auf ein gelingendes Leben freigibt, versucht die<br />

Evangelische Jugend, mit jungen Menschen den Hoffnungen und Ängsten<br />

71


nachzugehen und mit ihnen individuelle Bausteine für eine Lebensperspektive<br />

zu entwickeln. Mit <strong>der</strong> suchenden Bewegung verbunden ist die angemessene<br />

Information über die christliche Botschaft des menschgewordenen Gottes –<br />

Glaubenserzählungen <strong>der</strong> Bibel mit ihren zutiefst menschlichen Verstrickungen,<br />

die bis ins hier und heute hineinwirken können – <strong>der</strong> auferstandene Christus<br />

mitten im Leben junger Menschen.<br />

Dank ihrer vergleichsweise geringen strukturellen Vorgaben sind<br />

Jugendverbände wie die Evangelische Jugend in <strong>der</strong> Lage, Bildungsprozesse<br />

offen zu gestalten und den Gebrauchswert von Bildungsangeboten in den<br />

Mittelpunkt zu stellen. Nur so können wie<strong>der</strong>um die Bildungskonzepte<br />

erfolgreich sein, betrachtet man die hohe Selbststeuerung unter<br />

jugendverbandlichen Rahmung - Stichwort Freiwilligkeit.<br />

Der selbstgestellte Anspruch an Bildung ist sehr breit: Persönlichkeitsbildung,<br />

soziale, kulturelle und interkulturelle Bildung, politische Bildung und die<br />

Vermittlung von Schlüsselkompetenzen gehören theoretisch ebenso zum<br />

Repertoire wie die begleitende Vermittlung von grundlegendem Wissen –<br />

Sprach- und Ausdruckvermögen zum Beispiel und die Stärkung von Fähigkeiten<br />

– Denkvermögen.<br />

Fazit 5: Mit dem Erfahrungsraum, die Ambivalenzen zwischen<br />

Solidarität und Individualität, zwischen Infrastrukturangebot und<br />

Selbstorganisation, zwischen informeller Gemeinschaft und formaler<br />

Organisation zu bearbeiten, können Jugendverbände für Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendliche einen unvergleichlichen gesellschaftlichen<br />

außerschulischen Lernort darstellen.<br />

- Jugendverbände– eine einzigartige Form <strong>der</strong> Interessenvertretung junger<br />

Menschen<br />

Eines darf bei <strong>der</strong> Betrachtung von Selbstinszenierung und jugendgemäßer<br />

Aneignung <strong>der</strong> Welt <strong>nicht</strong> außer Acht gelassen werden. Jugendverbände und<br />

damit die Evangelische Jugend sind gleichzeitig auch politische Räume. Sie<br />

bilden den Resonanzboden für die Interessenartikulation von jungen Menschen.<br />

Sie sind sozusagen ein authentisches und dadurch beson<strong>der</strong>s qualifiziertes<br />

Sprachrohr <strong>der</strong> jungen Generation im gesellschaftlichen Geflecht von krassen<br />

Interessensgegensätzen. Sie bringen die eigenwilligen Vorstellung und<br />

Bedürfnisse von jungen Menschen auf den Punkt und in die Gesellschaft ein –<br />

auf allen politischen Ebenen. Sie sind aber auch Vermittler zwischen den<br />

Welten, gleichsam Dolmetscher für jugendliche Vorstellungen in <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong><br />

Erwachsenen einerseits und für die Vermittlung von Denkweisen <strong>der</strong><br />

Erwachsenen an<strong>der</strong>erseits. So können Jugendliche in die Räume <strong>der</strong><br />

Erwachsenen vordringen und ihre Interessen platzieren. Eine Fernsteuerung<br />

durch Erwachsenenorganisationen nähme ihnen die Legitimation und <strong>der</strong> Jugend<br />

ein wichtiges Instrument des Einflusses auf die gesellschaftliche Entwicklung und<br />

auf politische Entscheidungen.<br />

In <strong>der</strong> politischen Interessenvertretung ist Jugendverbänden eine<br />

herausgehobene Funktion zuzuschreiben, weil sie diese <strong>nicht</strong> zufällig son<strong>der</strong>n<br />

organisiert und ebenenübergreifend kontinuierlich betreiben. Die Vertretung <strong>der</strong><br />

Interessen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen – und damit auch des<br />

gesellschaftlichen Ortes Jugend- und Jugendverbandsarbeit – in politischen<br />

Diskursen gehört zum Kerngeschäftgeschäft aller jugendverbandlicher<br />

Organisationen. Bis heute bekommt Jugend erst in institutioneller Form eine<br />

beson<strong>der</strong>e öffentliche Bedeutung. Von örtlichen Gruppen und Jugendringen bis<br />

zu den Bundesverbänden und dem Deutschen Bundesjugendring reicht ein eng<br />

geknüpftes Netzwerk von politischen Kontakten, Politikberatung, Einflussnahme<br />

auf politische Entscheidungen und Bündnispartnerpflege.<br />

72


Wie nur wenige gesellschaftliche Organisati-onen können Jugendverbände<br />

dabei ein umfassendes institutionelles Lernen in und an <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong><br />

Organisation vermitteln. Politische Bildung ermöglicht die intellektuelle Auseinan<strong>der</strong>setzung;<br />

<strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong> Organisation und die gefor<strong>der</strong>te Übernahme von<br />

Verantwortung bieten den praktischen Erfahrungshintergrund als wesentliche<br />

Voraussetzung, sich im Kräftespiel einer komplexen Gesellschaft aktiv<br />

behaupten zu können. Komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge können<br />

beispielhaft erfahren und demokratisches Zusammenleben praxisnah erprobt<br />

werden.<br />

Fazit 6: Jugendverbände sind durch ihre eigenständige, alle politischen<br />

Ebenen umfassende organisatorische Verfasstheit eine einzigartige<br />

Interessenvertretung von und mit jungen Menschen. Sie ermöglichen<br />

als nahezu einzige gesellschaftliche Organisationsstruktur die<br />

Einflussnahme auf politische Entscheidungen im Interesse <strong>der</strong> jungen<br />

Generation .<br />

- Selbständigkeit in <strong>der</strong> Kirche – ein Ausdruck evangelischer Verantwortung für<br />

junge Menschen und die Sicherung von Kirche<br />

Evangelische Jugend versteht sich als eigenständig organisierter Teil <strong>der</strong><br />

Evangelischen Kirche und beschreibt sich mit ihren Organisationsprinzipien als<br />

jugendverbandliche Organisation. Sie ist die Trägerin evangelischer Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit, einem gewachsenen und für die Vermittlung des Glaubens<br />

bedeutenden Arbeitsfeld <strong>der</strong> Evangelischen Kirche. Landeskirchliche<br />

Ordnungen beschreiben Aufgabe, Aufbau <strong>der</strong> Selbstorganisation und regeln<br />

den Verantwortungsumfang bzw. die eigenständige Entscheidungstiefe <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend. Der Evangelischen Jugend gehören in <strong>der</strong> Regel die<br />

kirchengemeindlichen Kin<strong>der</strong>- und Jugendgruppen und die evangelischen<br />

Jugendverbände eigener Prägung (CVJM, EC u.a.) an.<br />

Mit diesen Ordnungen ist auch das sensible Verhältnis zwischen<br />

Eigenständigkeit und Nachwuchsorganisation <strong>der</strong> Kirche geregelt. Der<br />

Evangelischen Jugend wird demnach die Verantwortung für das Arbeitsfeld<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit <strong>der</strong> Evangelischen Kirche und für die Belange <strong>der</strong><br />

organisierten jungen Menschen auf allen Organisationsebenen übertragen. Das<br />

Weisungs- und Aufsichtsrecht <strong>der</strong> kirchlichen Leitung <strong>bleibt</strong> im Sinne einer<br />

Aufsicht erhalten, <strong>der</strong>en Eingriffsrecht zum Zuge kommt, wenn Beschlüsse<br />

gegen die Ordnung, Kirchengesetze o<strong>der</strong> Bekenntnisgrundlagen verstoßen. An<br />

dieser Schnittstelle entstehen häufig und vor allem auf kirchengemeindlicher und<br />

kreiskirchlicher Ebene Kompetenzkonflikte, wenn Gremien <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Jugend ihr Selbstbestimmungsrecht aktiv ausüben. Im Konfliktfall können<br />

jeweiligen kirchenleitenden Gremien in <strong>der</strong> Gefahr stehen, ihre Rechte entgegen<br />

den Statuten geltend zu machen, wenn es sich <strong>nicht</strong> um grundlegende Verstöße<br />

gegen die Rechtsordnung handelt son<strong>der</strong>n – was häufig <strong>der</strong> Fall ist – um<br />

angemessene Formen kirchlicher Angebote für junge Menschen. Die<br />

Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit zwischen Selbstorganisation und Einbindung muss in einer<br />

Balance gehalten werden, von beiden Seiten, damit dieses Modell möglichst<br />

wirksam sein kann. Wirksam bedeutet hier:<br />

- Möglichst viele junge Menschen ergreifen die Chance, im kirchlichen Rahmen in<br />

<strong>der</strong> Evangelischen ihre Interessen zu artikulieren, ihre jugendkulturellen<br />

Eigenheiten auszuprägen und konstruktive Lebensentwürfe zu entwickeln.<br />

- Jungen Menschen können Glaubensinhalte näher gebracht und es kann zu<br />

einer soliden Glaubenspraxis beigetragen werden.<br />

- Junge Menschen werden langfristig für Evangelische Kirche und ihre Anliegen<br />

ansprechbar.<br />

73


Meine Hypothese lautet – und kann, wenn auch noch <strong>nicht</strong> repräsentativ<br />

erhoben, an Biographien von aktiven Kirchenmännern und -frauen untermauert<br />

werden: je mehr wir die selbstverständliche Einbindung über Milieus verlieren,<br />

um so notwendiger ist <strong>der</strong> eigenständige Raum Evangelische Jugend in <strong>der</strong><br />

Evangelischen Kirche als kirchenmilieustiftend. Junge Menschen, die ihr<br />

verantwortungsreiches Engagement in <strong>der</strong> Evangelischen Jugend positiv<br />

bewerten, werden zukünftig ein unverzichtbares Reservoir für kirchliche<br />

Angebote, Aufgaben und für Kirche schlechthin sein.<br />

Zur Unterstützung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit und ihrer Trägerin, <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend unterhält die Evangelische Kirche ein<br />

Landesjugendpfarramt (o.ä.) und stellt hauptberufliches Fachpersonal zur<br />

Verfügung. Das Landesjugendpfarramt ist ein Teil <strong>der</strong> landeskirchlichen<br />

Arbeitsstrukturen (beispielsweise ein Arbeitsgebiet im Amt für<br />

Gemeindedienst). Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Landesjugendpfarramt<br />

eine doppelte Funktion hat, die ebenfalls entlag des Konfliktkorridors zwischen<br />

Selbständigkeit und Einbindung verläuft. Als Teil <strong>der</strong> kirchlichen Arbeitsstruktur ist<br />

das Landesjugendpfarramt eine kirchliche Dienststelle und unterliegt den<br />

Maßgaben <strong>der</strong> Kirchenleitung. Gleichzeitig ist es aber auch Geschäftsstelle <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend und ihren Vorgaben verpflichtet. Über das<br />

Landesjugendpfarramt werden Interessen von jungen Menschen artikuliert und<br />

auch nach außen vertreten. Das Konstrukt Jugendverband in <strong>der</strong> Kirche bringt es<br />

mit sich, dass das Landesjugendpfarramt mit weit reichenden Kompetenzen <strong>der</strong><br />

Selbständigkeit ausgestattet sein muss, um seiner Aufgabe gerecht werden zu<br />

können. Diese Wi<strong>der</strong>sprüche sind <strong>nicht</strong> auflösbar und eng verbunden mit dem<br />

Erfolg/Misserfolg. An die MitarbeiterInnen des Landesjugendpfarramts stellt<br />

diese Konfliktkonstellation große Anfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Dies trifft ebenfalls auf alle beruflichen Fachkräfte <strong>der</strong> Evangelischen Jugend zu,<br />

die in Trägerschaft von Kirche (Gemeinde, Kirchenkreis) angestellt sind. In <strong>der</strong><br />

Regel sind sie kirchlichen Vorgesetzten unterstellt und unterliegen <strong>der</strong>en<br />

Anleitung. Gleichzeitig aber erhalten sie ihre Aufträge von jungen Menschen <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend. An dieser Stelle besteht sicherlich in vielen<br />

Landeskirchen Klärungsbedarf. Die Praxis hauptberuflicher Mitarbeiter(innen)<br />

zeigt, dass das Verhältnis zwischen notwendiger Selbstorganisation und<br />

Einbindung in Kirche <strong>nicht</strong> die nötige Balance hat. Die Dienstanweisungen bzw.<br />

Stellenbeschreibungen müssen zukünftig eine deutliche Aussage über die<br />

Einbindung in die Evangelische Jugend und ihre Auftraggeberschaft enthalten.<br />

Damit verbunden werden sollte eine verbindlichere Regelung für die Mitwirkung<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Jugend bei <strong>der</strong> Stellenbesetzung. Weiter ist zu prüfen, ob<br />

die Aufsicht <strong>nicht</strong> an Leitungspersonen <strong>der</strong> Evangelischen Jugend zu delegieren<br />

ist. In Frage kommt auch eine Übertrag an das Landesjugendpfarramt. Ich<br />

betone nochmals den Handlungsbedarf, denn die Konflikte in <strong>der</strong> Praxis vor Ort<br />

sind nach meiner Kenntnis immens. Ein Hinweis dafür ist, dass wir immer weniger<br />

Fachkräfte für diese Arbeitsbereiche bekommen. Darunter leidet oftmals das<br />

ganze filigrane Modell und die Verbindlichkeit – zu Lasten einer wirkungsvollen<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit und Interessenvertretung junger Menschen.<br />

Fazit 7: Das filigrane Modell einer selbstorganisierten Evangelischen<br />

Jugend in <strong>der</strong> evangelischen Amtskirche braucht eine Balance zwischen<br />

Eigenständigkeit und Einbindung. Dieses dialektische Verhältnis<br />

erfor<strong>der</strong>t ein fundiertes Wissen bei allen Beteiligten über die<br />

Bedingungen und seine Bedeutung für die Evangelische Jugend und die<br />

Amtskirche. Die Kompetenzregelungen sind so transparent wie möglich<br />

zu fassen, damit Selbständigkeit auch Wirkung entfalten kann.<br />

Evangelische Jugend benötigt deshalb personelle Ressourcen, die in<br />

ihrem Auftrag handeln können (Landesjugendpfarramt / hauptberufliche<br />

Fachkräfte).<br />

4. Die beson<strong>der</strong>e Bedeutung <strong>der</strong> Jugendverbände im bundesdeutschen Recht<br />

74


Mit dem Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfegesetz (KJHG) als 8. Teil des<br />

Sozialgesetzbuches (SGB VIII) schaffte <strong>der</strong> Gesetzgeber 1990 ein<br />

Leistungsgesetz für die bundesdeutsche Jugendhilfe. Im Zweiten Kapitel führt<br />

das Gesetz differenziert den Leistungskatalog <strong>der</strong> Jugendhilfe auf. Die §§ 11,<br />

13, 14 „Jugendarbeit“, „Jugendsozialarbeit“ und „Erzieherischer Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendschutz“ beschreiben Fel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfe als eigenständigen<br />

Leistungsbereich innerhalb eines ausdifferenzierten Aufgabenspektrums <strong>der</strong><br />

Jugendhilfe. Mit einem eigenen Gesetzesparagraphen wird die<br />

Jugendverbandsarbeit von <strong>der</strong> Leistungsbeschreibung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Bereiche -<br />

auch <strong>der</strong> Jugendarbeit – abgehoben. Rechtliche Normierung findet in § 12 <strong>nicht</strong><br />

ein Leistungsangebot son<strong>der</strong>n die Jugendverbände als eine dem<br />

Gesetzgeber sehr bedeutungsvolle Organisationsform von jungen Menschen,<br />

überschrieben mit „För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jugendverbände“.<br />

§12 För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jugendverbände<br />

(1) Die eigenverantwortliche Tätigkeit <strong>der</strong> Jugendverbände und Jugendgruppen<br />

ist unter Wahrung ihres satzungsgemäßen Eigenleben nach Maßgabe des § 74<br />

zu för<strong>der</strong>n.<br />

(2) In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird Jugendarbeit von jungen<br />

Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet. Ihre<br />

Arbeit ist auf Dauer angelegt und in <strong>der</strong> Regel auf die eigenen Mitglie<strong>der</strong><br />

ausgerichtet, sie kann sich aber auch an junge Menschen wenden, die <strong>nicht</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong> sind. Durch Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse werden<br />

Anliegen und Interessen junge Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten.<br />

Mit dieser Festlegung bezweckt <strong>der</strong> Gesetzgeber mehr als nur die För<strong>der</strong>ung<br />

eines Feldes <strong>der</strong> freien Jugendhilfe und <strong>der</strong> Gewährung von Leistungen <strong>der</strong><br />

Jugendarbeit. Mit diesem Gesetzesparagraphen will <strong>der</strong> Gesetzgeber explizit<br />

die Bereitschaft zu selbstorganisiertem, eigenverantwortlichem Handeln junger<br />

Menschen als Keimzelle einer demokratischen Gesellschaft anregen,<br />

unterstützen und stärken.<br />

Es ist eine Einladung an alle Bürgerinnen und Bürger im Wirkungsbereich des<br />

Gesetzes durch Eigeninitiative selbst aktiv zu werden. Konsequenterweise<br />

verpflichtet sich <strong>der</strong> Gesetzgeber dann auch zur Wahrung des<br />

satzungsgemäßen Eigenlebens (Abs. 1) indem er auf die Selbstorganisation,<br />

die Eigenverantwortung und den autonomen Willensentschluss, auf dem die<br />

jeweilige Arbeit beruht, hinweist (Abs.2). In ihrer Begründung zum<br />

Gesetzesentwurf (BT-Drs. 11/5948, a.a.O., S. 54f) beschreibt die<br />

Bundesregierung diese demokratiebildende Funktion von Jugendverbänden:<br />

„Sie (die Jugendverbände, d. Verf.) bereiten auf die mo<strong>der</strong>ne<br />

Organisationsgesellschaft vor, indem sie den kontinuierlichen Umgang mit<br />

Strukturen und Institutionen trainieren. Sie sind ein unentbehrliches Medium <strong>der</strong><br />

organisierten Interessenvertretung und <strong>der</strong> politischen Beteiligung Jugendlicher“.<br />

Folgerichtig haben die Obersten Landesjugendbehörden in ihren<br />

„Grundsätze(n) für die Anerkennung freier Träger <strong>der</strong> Jugendhilfe nach § 75<br />

KJHG“ (AGOL , 1994) beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen für die Anerkennung von<br />

Jugendverbänden als Träger <strong>der</strong> freien Jugendhilfe angelegt:<br />

1. Die Tätigkeit des Jugendverbandes bzw. <strong>der</strong> Jugendgruppe muss<br />

eigenverantwortlich und selbstorganisiert sein. Es muss daher die<br />

Eigenständigkeit im Verhältnis <strong>der</strong> Erwachsenenorganisation gewährleistet<br />

werden. Dies wird insbeson<strong>der</strong>e belegt durch:<br />

- Gewährleistung des Rechts auf Selbstorganisation und Selbstgestaltung in<br />

<strong>der</strong> Satzung des Erwachsenenverbandes,<br />

- eigene Jugendordnung o<strong>der</strong> -satzung,<br />

75


- selbstgewählte Organe,<br />

- demokratische Willensbildung und demokratischer Organisationsaufbau<br />

innerhalb des Jugendverbandes bzw. <strong>der</strong> Jugendgruppe eigenverantwortliche<br />

Verfügung über die für die Jugendarbeit bereitgestellten Mittel.<br />

2. Die gemeinschaftliche Gestaltung und die Mitverantwortung <strong>der</strong><br />

jugendverbandlichen Arbeit setzt voraus, dass im Organisationsstatut<br />

Regelungen getroffen sind, die eine innerverbandliche Willensbildung und eine<br />

Organisationsstruktur nach demokratischen Grundsätzen gewährleisten. Die<br />

Grundsätze führen weiter aus, dass die Beteiligung am innerverbandlichen<br />

Willensbildungsprozess allen Mitglie<strong>der</strong>n entsprechend ihres Alters, mindestens<br />

aber ab dem vollendeten 14. Lebensjahr ermöglicht wird.<br />

3. Die Arbeit von Jugendverbänden und Jugendgruppen muss auf Dauer<br />

angelegt sein im Unterschied zu beispielsweise projektbezogenen<br />

Jugendinitiativen, die sich nach Beendigung wie<strong>der</strong> auflösen. Ein<br />

Jugendverband bzw. eine Jugendgruppe zeichnet sich daher durch eine<br />

hinreichend feste Organisationsstruktur aus, die die Einheit und Kontinuität des<br />

Verbands unabhängig vom Wechsel seiner Mitglie<strong>der</strong> gewährleistet.<br />

Da ein Rechtszusammenhang zwischen <strong>der</strong> Anerkennung nach § 75 und einer<br />

auf Dauer angelegten För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jugendverbände nach § 12 und § 74<br />

besteht, hat die Anerkennung als Träger <strong>der</strong> freien Jugendhilfe für<br />

Jugendverbände eine existenzielle Bedeutung.<br />

Fazit 8: Jugendverbände wie die Evangelische Jugend haben einen<br />

beson<strong>der</strong>en gesetzlichen Status als unentbehrliches Medium <strong>der</strong><br />

organisierten Interessenvertretung und <strong>der</strong> politischen Beteiligung<br />

Jugendlicher in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft.<br />

5. Conclusio<br />

So gilt es festzuhalten:<br />

- Mit <strong>der</strong> Ausprägung <strong>der</strong> Jugendphase sind Jugendverbände als<br />

selbstorganisierter Rahmen und Ort von jungen Menschen entstanden.<br />

Selbstorganisation ist ein Ausdruck <strong>der</strong> Jugendphase.<br />

- Auf ihrem biografischen Weg zu einer eigenständigen und<br />

gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit benötigen junge Menschen<br />

Gestaltungsräume, die frei von Erwachsenenbevormundung und<br />

jugenddominiert sind.<br />

- Die rechtlichen Rahmungen in Deutschland normieren Jugendverbände und<br />

sprechen ihnen eine bedeutende Funktionen bei <strong>der</strong> Interessenartikulation <strong>der</strong><br />

jungen Menschen zu.<br />

- Evangelische Kirchen benötigen für eine wirkungsvolle Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit und für die Gewinnung von Nachwuchs eine eigenständige<br />

Evangelische Jugend unter ihrem organisatorischen Dach<br />

Solange es eine Jugendphase geben wird, solange werden sich junge<br />

Menschen selbst organisieren und sich dazu organisatorische Räume suchen.<br />

Den Evangelischen Kirchen ist dringend zu raten, auf diese Ressource ihrer<br />

Zukunftsbildung <strong>nicht</strong> zu verzichten.<br />

Und ganz zum Schluss: Ist <strong>nicht</strong> gerade das Modell einer selbstverantwortlichen,<br />

organisatorisch in hohem Grade eigenständigen Evangelischen Jugend als Teil<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Kirche Ausdruck unseres protestantischen<br />

Selbstverständnisses, also reformatorischer Kernbestand? In diesem Modell<br />

76


kommt die Eigenverantwortlich des Einzelnen vor Gott und damit natürlich auch<br />

für das Handeln in <strong>der</strong> Welt zum Ausdruck. Und gleichzeitig ist sie Teil einer<br />

Gemeinschaft, <strong>der</strong> Kirche, die sich aber <strong>nicht</strong> bevormundend geriert son<strong>der</strong>nd<br />

auf einer gemeinsamen Glaubensbasis die Unterschiedlichkeiten als<br />

Bereicherung und Gottes Schöpfung begreift und sie in die Heilsgeschichte<br />

einbezieht.<br />

Mike Corsa<br />

aej – Generalsekretär<br />

Vortrag bei <strong>der</strong> Hauptamtlichenkonferenz (HAK) im Evangelischen Jugendhof<br />

Sachsenhain, Februar 2003<br />

3. Homepage <strong>der</strong> Freien Universität Berlin<br />

http://www.fu-berlin.de/jugendverbandsarbeit<br />

In dem Projekt „Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“ wird<br />

Jugendverbandsarbeit aus subjektorientierter Perspektive untersucht: Was<br />

machen die Jugendlichen aus dem Verband? Dies geschieht am Beispiel <strong>der</strong><br />

aej e.V., <strong>der</strong> Evangelischen Jugend in Deutschland.<br />

Das Vorhaben besteht aus zwei Teilen: einem Forschungsprozess und einem<br />

Praxisentwicklungsprozess.<br />

Im qualitativen Forschungsteil werden mittels explorativer und biographischer<br />

Interviews, einem Sozialraumportrait und Experteninterviews die Sichtweisen<br />

Jugendlicher auf ihren Verband ermittelt. Im quantitativen Forschungsteil wird<br />

eine große Fragebogenerhebung mit über 2000 jungen, <strong>der</strong> aej assoziierten<br />

Menschen durchgeführt. Dabei geht es um die Motivlagen <strong>der</strong> jungen<br />

Menschen, die an Evangelischer Jugendarbeit teilhaben und sie gestalten<br />

(zusätzlich werden aktivierende Interviews und Gruppendiskussionen mit<br />

Ehrenamtlichen durchgeführt, sowie eine Dokumentenanalyse). Darüber hinaus<br />

wird in einer Umfrage, die repräsentativ für Jugendliche in Deutschland angelegt<br />

ist, die Reichweite von evangelischer Jugendarbeit erhoben.<br />

77


In regionalen und lokalen Zusammenhängen <strong>der</strong> Evangelischen Jugendarbeit<br />

werden die Ergebnisse für die jeweiligen Belange übersetzt und für eine<br />

Weiterentwicklung <strong>der</strong> Praxis genutzt. Dazu bilden sich verschiedene<br />

Arbeitsgruppen, die diese Prozesse initiieren und begleiten.<br />

Die Fragebögen <strong>der</strong> Erhebung werden anschließend an das Projekt in einer<br />

Weise modularisiert, dass sie von Laien – auch an<strong>der</strong>er Jugendverbände –<br />

angewendet werden können.<br />

Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend (bmfsfj) geför<strong>der</strong>t.<br />

Ziele des Projekts / Praxisentwicklung in <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit<br />

Eine teilnehmerorientierte Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Praxis des Jugendverbands setzt<br />

ein Wissen darüber voraus, wie er von den Jugendlichen selber erlebt wird. Um<br />

solches strategisches Verän<strong>der</strong>ungswissen zu erhalten, reicht es <strong>nicht</strong> aus, (im<br />

Stil <strong>der</strong> traditionellen Verbändeforschung) allein die Strukturen und<br />

Organisationsformen sowie das Programm <strong>der</strong> Verbandsglie<strong>der</strong>ungen<br />

(„angebotsorientiert“ – in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> verbandlichen Ziele und<br />

„Intentionen“) zu betrachten. Vielmehr muss analysiert werden, (im Stil neuerer<br />

Konzepte von Verbändeforschung) was <strong>der</strong> Verband „funktional“ für seine<br />

TeilnehmerInnen bedeutet. Dies erschließt sich nur, wenn <strong>der</strong><br />

„Aneignungsprozess“ durch die Jugendlichen mitberücksichtigt, also danach<br />

gefragt wird, was die jungen Menschen „aus dem Verband machen“. Es muss<br />

also eine zuverlässige und repräsentative empirische Erhebung jugendlicher<br />

Nutzungsprofile durchgeführt werden – gekennzeichnet durch einen<br />

Perspektivenwechsel bei <strong>der</strong> Untersuchung des Verbands, <strong>der</strong> darauf abstellt,<br />

Realität und Reichweite verbandlicher Arbeit <strong>nicht</strong> einfach anhand von<br />

äußerlichen Indikatoren (wie z.B. Mitglie<strong>der</strong>zahlen, Veranstaltungsstunden o.ä.)<br />

zu bestimmen, son<strong>der</strong>n durch seine Alltagsrealität für die jungen Menschen, die<br />

aus ihrem Aneignungs- und Selbstgestaltungshandeln entsteht.<br />

Das Projekt „Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit“ versteht sich<br />

als Pionierarbeit sowohl in dieser neuen Perspektive wie in dem Versuch, die<br />

gewonnenen empirischen Ergebnisse in Praxisentwicklungsimpulse zu<br />

übersetzen. Es strebt an, durch eine Modularisierung <strong>der</strong> Forschungsinstrumente<br />

und durch die Dokumentation <strong>der</strong> Praxisentwicklungsschritte und -erfahrungen,<br />

das hier gesammelte und erprobte Wissen nach Abschluss des Projekts allen<br />

interessierten Verbänden zu Verfügung zu stellen und so eine möglichst breite<br />

Dissemination zu gewährleisten.<br />

Erste Arbeitsschritte<br />

In <strong>der</strong> ersten Projektphase wurden folgende Schritte und Arbeiten durchgeführt:<br />

• Auswertung <strong>der</strong> vorliegenden Forschungsarbeiten zu Jugendverbänden<br />

in Bezug auf Befunde und Ergebnisse, auf die man sich stützen, Daten,<br />

Instrumente und Skalen, die man übernehmen kann, Lücken, die geschlossen<br />

werden müssen,<br />

78


• Analyse und Auswertung <strong>der</strong> neueren Jugendforschung, soweit sie<br />

Informationen zum Engagement Jugendlicher in Verbänden bzw. zu ihrer<br />

grundsätzlichen Engagementbereitschaft und den Faktoren, von denen diese<br />

abhängig ist, liefert,<br />

• Recherche und Auswertung von Dokumenten, Statistiken,<br />

Kommunikationsprozessen und Prozeduren, die ermöglichen zu<br />

rekonstruieren, wie <strong>der</strong> Jugendverband aej seine Praxis und sein Handeln in<br />

Bezug auf seine Adressaten entwickelt, beobachtet, überprüft und verän<strong>der</strong>t,<br />

• Durchführung und Auswertung von explorativen, non-direktiven<br />

Interviews bei Mädchen (bzw. jungen Frauen), Jungen (bzw. jungen<br />

Männern), die in verschiedenen Mitgliedsverbänden in Ost- und<br />

Westdeutschland, in ländlichen und urbanen Zusammenhängen verbandliche<br />

Angebote <strong>der</strong> aej nutzen und sich in ihnen engagieren,<br />

• Durchführung und Auswertung von biografischen Interviews zu <strong>der</strong><br />

lebensgeschichtlichen Bedeutung von Teilnahme an und Engagement in<br />

Jugendverbänden,<br />

• Konstituierung von Zugängen zum Forschungsfeld (Mitgliedsverbände<br />

<strong>der</strong> aej), von Arbeitsgruppen für die Praxisentwicklung und Konkretisierung<br />

<strong>der</strong> diesbezüglichen Arbeitsweisen (Tagung zur Praxisentwicklung),<br />

• Präsentation und Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> ersten Projektphase mit<br />

sachkundigen Expertinnen und Experten (Expertengespräch und -<br />

workshop).<br />

Erste Befunde<br />

Dass die Betrachtung <strong>der</strong> Verbandsrealität in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> jugendlichen<br />

Nutzungs- und Aneignungs- sowie eigenaktiven Gestaltungsprozesse, also in<br />

einer subjektiven Logik neue und praxisrelevante Erkenntnisse zeitigt, hat sich<br />

durch die Ergebnisse <strong>der</strong> ersten Forschungsphase bestätigt. Ein<br />

entsprechen<strong>der</strong> Perspektivenwechsel in <strong>der</strong> Verbändeforschung hat sich als<br />

sinnvoll und geboten erwiesen.<br />

• Die explorativen Interviews zeigen, dass die jungen Menschen mit den<br />

verbandlichen Angeboten sehr unterschiedliche Bedeutungen verbinden und<br />

zumeist in eigenaktiven Nutzungsformen realisieren. Sie machen offenkundig,<br />

dass aus Sicht <strong>der</strong> Jugendlichen an<strong>der</strong>e Dinge in den Vor<strong>der</strong>grund treten, als<br />

dies die Intentionen <strong>der</strong> Verbände wie<strong>der</strong>geben. Diese subjektiven<br />

Bedeutungszuschreibungen und Aneignungsformen ergeben erst die<br />

„Realität“ des Verbandes, <strong>nicht</strong> seine Angebote und Intentionen allein.<br />

• Die biographisch-längsschnittlichen Interviews machen deutlich, in welch<br />

unerwartet hohem Ausmaß <strong>der</strong> subjektive Nutzen von Jugendarbeit mit <strong>der</strong><br />

persönlichen Biographie <strong>der</strong> jungen Menschen verwoben ist. Losgelöst von<br />

einer Einbettung in das alltägliche Leben lässt sich jugendliches Nutzen von<br />

Ressourcen, Möglichkeiten und Angeboten eines Verbandes <strong>nicht</strong> sinnvoll<br />

beschreiben.<br />

• Die ersten Befunde <strong>der</strong> Dokumentenanalyse zeigen die starke Differenz<br />

zwischen <strong>der</strong> intentionalen und funktionalen Bedeutung des Jugendverbands.<br />

Das heißt: In <strong>der</strong> sich in den Dokumenten nie<strong>der</strong>schlagenden internen wie<br />

externen Kommunikation des Verbandes spielen seine Absichten,<br />

Verfahrensweisen, organisatorischen Handlungsbedingungen, also seine<br />

pädagogischen und politischen „Intentionen“ die Hauptrolle. Die „Funktionen“,<br />

79


die er für Mädchen und Jungen erfüllt, werden normativ gesetzt o<strong>der</strong><br />

postuliert, also dem eigenen Selbstverständnis untergeordnet. Die<br />

subjektiven Sichtweisen und Erfahrungen <strong>der</strong> jugendlichen TeilnehmerInnen<br />

kommen deshalb weitaus weniger deutlich in den Blick, was auch <strong>nicht</strong><br />

beson<strong>der</strong>s überraschen kann. Letztere zu ermitteln bedarf es eigener<br />

Zugänge, die in unserem Projekt durch Explorationen und<br />

Fragebogeninterviews unternommen werden.<br />

• Auch die Durchsicht des verfügbaren Forschungsstands belegt die<br />

Notwendigkeit einer Studie zur subjektiven Sichtweise von Jugendlichen.<br />

Zum einen existiert keine Arbeit, die sich dieser Sichtweise in <strong>der</strong> gebotenen<br />

Sorgfalt und Ausführlichkeit annimmt, zum an<strong>der</strong>en zeigen aber die<br />

Ergebnisse von verschiedenen Jugendverbandsstudien, dass die<br />

Sichtweise <strong>der</strong> Jugendlichen notwendig wäre, um die Realität und Reichweite<br />

von Jugendverbandsarbeit sinnvoll beschreiben zu können (vgl. dazu z.B.<br />

Landesjugendring Rheinland-Pfalz e.V. 1992, Reichwein/Freund 1992,<br />

Homfeldt 1995 u.a.).<br />

• Grundlage für eine qualifizierte Durchführung eines <strong>der</strong>artig angelegten<br />

kombinierten Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekts ist die Bereitschaft<br />

von Verantwortlichen auf den unterschiedlichen Organisationsebenen <strong>der</strong><br />

Evangelischen Jugend und in den verschiedenen Mitglie<strong>der</strong>bereichen <strong>der</strong><br />

aej, sich Fragestellungen zu öffnen und mithilfe von externer Beratung<br />

Antworten für die Steuerung <strong>der</strong> verbandlichen Angebote zu erarbeiten und<br />

in die Praxis umzusetzen. Die Öffnung <strong>der</strong> aej und ihrer Mitgliedsverbände für<br />

das Projekt hat im Sommer 2001 begonnen: durch Gespräche mit<br />

Verantwortlichen, Informationsvorträgen in Entscheidungsgremien und <strong>der</strong><br />

kontinuierlichen Beratung <strong>der</strong> Entwicklung im Rahmen <strong>der</strong> aej (Vorstand,<br />

Mitglie<strong>der</strong>versammlung). Bei einem Workshop für alle aej–<br />

Mitgliedsverbände ist das Echo auf das Forschungsprojekt und die damit<br />

einhergehende Praxisentwicklung durchweg positiv ausgefallen. Die<br />

TeilnehmerInnen unterlegen mit Berichten aus ihrer Praxis die Annahmen<br />

hinsichtlich des Forschungsbedarfs und bestätigen die Notwendigkeit einer<br />

angeleiteten, abgestimmten, jedoch <strong>nicht</strong> standardisierenden<br />

subjektbezogenen Praxisentwicklung. So wird in <strong>der</strong> Praxis ein<br />

Spannungsfeld zwischen Angeboten <strong>der</strong> Evangelischen Jugend und dem<br />

Nutzungsverhalten von Jugendlichen wahrgenommen. Jugendliche nutzen<br />

die Angebote als Gelegenheitsstrukturen für ihre eigenen, vielfältigen und<br />

<strong>nicht</strong> unbedingt und <strong>nicht</strong> immer mit den Intentionen <strong>der</strong> InitiatorI(innen<br />

kompatiblen Interessen. Ein wichtiges Ergebnis des Workshops war, dass<br />

die von <strong>der</strong> Praxis jugendverbandlicher Arbeit benötigten<br />

Selbststeuerungsinstrumente im Rahmen des Forschungsteils in<br />

modularisierter Form entwickelt werden können. Sie sollen von allen<br />

interessierten Verbänden und Verbandsebenen selbständig eingesetzt<br />

werden können. Im September 2003 konstituierte sich <strong>der</strong> „Arbeitskreis<br />

Praxisentwicklung (AK PE)“, <strong>der</strong> die Initiative zur verbandsinternen<br />

Praxisentwicklung trägt. Ihm gehören eine repräsentative Auswahl von<br />

Führungspersonen aus dem aej–Mitglie<strong>der</strong>spektrum an. Aufgabe ist es,<br />

zentrale und dezentrale organisatorische Voraussetzungen einer<br />

Praxisentwicklung zu initiieren, kritische Bestandsaufnahmen und<br />

Zielfestsetzungen vorzunehmen und die Befunde des Forschungsprojekts in<br />

Verän<strong>der</strong>ungsvorschläge und –schritte umzusetzen.<br />

Methodisches Vorgehen (Forschungsteil)<br />

Aus den Ergebnissen <strong>der</strong> Vorphase im Jahr 2003 lassen sich nun einige<br />

Präzisierungen und Konsequenzen für die methodischen Vorgehensweisen in<br />

<strong>der</strong> Hauptphase ziehen. Die wichtigste Konsequenz lässt sich folgen<strong>der</strong>maßen<br />

formulieren: Der Begriff „Nichtnutzung“ ergibt aus <strong>der</strong> subjektiven<br />

80


Betrachtungsweise <strong>der</strong> jungen Menschen keinen Sinn. Sie unterscheiden<br />

nämlich <strong>nicht</strong> in <strong>der</strong> Angebotslogik des Verbands, son<strong>der</strong>n nach ihren eigenen<br />

Intentionen. Insofern gibt es nur verschiedene Formen <strong>der</strong> Nutzung, aber keine<br />

Nichtnutzung.<br />

• Das bisherige Forschungsdesign ging von einer Gegenüberstellung <strong>der</strong><br />

Gruppe <strong>der</strong> Nutzer mit einer Gruppe von Nichtnutzern, <strong>der</strong> sogenannten<br />

Kontrollgruppe, aus. Diese Unterscheidung macht nur aus Sicht <strong>der</strong> Anbieter<br />

von Jugendverbandsarbeit Sinn. Außerdem setzt dieses Vorgehen voraus,<br />

dass sich die Gruppe <strong>der</strong> Nutzer durch ein relativ stabiles Nutzungsverhalten<br />

auszeichnet. Unterschiede zwischen den beiden Gruppen in vielen<br />

Merkmalsbereichen könnten dann zur Erklärung des unterschiedlichen<br />

Nutzungsverhaltens herangezogen werden. Aufgrund <strong>der</strong> Erkenntnisse aus<br />

<strong>der</strong> qualitativen Vorstufe können wir aber ein solches stabiles<br />

Nutzungsverhalten <strong>nicht</strong> mehr voraussetzen. Werden<br />

Jugendverbandsangebote <strong>nicht</strong> genutzt, so werden „funktionale Äquivalente“<br />

<strong>der</strong>selben an an<strong>der</strong>en Orten o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Gelegenheitsstrukturen<br />

angeeignet, z.B. in Traditionsvereinen, in <strong>der</strong> Clique, in<br />

Schulnachmittagsangeboten usw. Damit entfällt auch die Begründung für die<br />

Befragung <strong>der</strong> Kontrollgruppe. Stattdessen werden die unterschiedlichen<br />

Nutzungsmuster sich gegenseitig als "Kontrollgruppen" (in einem an<strong>der</strong>en<br />

Sinn) dienen, wobei <strong>der</strong>en Stabilität nur eine unter vielen Variablen ist.<br />

• Vorstufe zur Instrumentenentwicklung. Allerdings werfen die Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> qualitativen Voruntersuchung auch ein Problem auf. Bei dem bisher<br />

geplanten Forschungsansatz konnte man davon ausgehen, dass entwe<strong>der</strong><br />

vorliegende Messinstrumente eingesetzt werden können o<strong>der</strong> dass <strong>der</strong><br />

Vergleich "Nutzergruppe vs. Kontrollgruppe" die wichtigsten<br />

Motivationskomplexe zutage för<strong>der</strong>n wird. Beide Ansätze sind <strong>nicht</strong> mehr zu<br />

halten. Die aus an<strong>der</strong>en Studien vorliegenden Messinstrumente, Skalen o<strong>der</strong><br />

Listen (<strong>der</strong>en Anzahl ohnehin kärglich bemessen ist) gehen sämtlich von<br />

einem stabilen Nutzerverhalten aus, von dem eben <strong>nicht</strong> mehr die Rede sein<br />

kann. Deshalb erweist es sich als notwendig, ein neues Instrumentarium in<br />

einer eigenen Vorstufe zu entwickeln, das <strong>der</strong> tatsächlichen Motivationslage<br />

und dem Verhalten <strong>der</strong> Jugendlichen Rechnung trägt. Aus dem vorliegenden<br />

qualitativen Material <strong>der</strong> explorativen und biografischen Interviews werden<br />

Items (möglichst wörtliche Statements) von jungen Menschen zu ihrem<br />

Aneignungsverhalten selegiert. Selbstverständlich werden aber auch Items<br />

aus an<strong>der</strong>en Studien (Fragebögen, Skalen, Listen usw.) in den Items-Pool<br />

integriert. Es ist mit mindestens 150 Items zu rechnen, die in einer Items-<br />

Abfrage bei ca. 500 Jugendlichen (netto) bewertet werden sollen.<br />

• Im Zentrum des methodischen Designs <strong>der</strong> Forschungsarbeit steht eine<br />

quantifizierende Fragebogenerhebung bei einer repräsentativen Stichprobe<br />

von Mädchen und Jungen, die Angebote <strong>der</strong> aej nutzen o<strong>der</strong> genutzt haben,<br />

um <strong>der</strong>en subjektive Aneignungsprofile und eigenaktive Gestaltungsformen<br />

ermitteln und in verschiedenen Untergruppen vergleichen zu können.<br />

• Für die Entwicklung des Fragebogens müssen die explorativen und<br />

biografischen Interviews genutzt werden. Sie geben Auskunft darüber,<br />

welche Aspekte des Verbands für die Nutzerinnen und Nutzer relevant sind<br />

und welche Bedeutungen diese für sie haben. Ohne solche Interviews wären<br />

die relevanten Themen und Fragenbereiche <strong>nicht</strong> zu bestimmen und die<br />

Gefahr zu hoch, dass ungeprüfte Setzungen vorab bereits über die<br />

Ergebnisse entscheiden.<br />

• Geplant ist des weiteren eine Befragung (durch die wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin und den Projektleiter) von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern über <strong>der</strong>en Kriterien und Begründungen für ihre Angebots- und<br />

Programmentscheidungen, Maßnahmen und Veranstaltungen, also für die<br />

81


Logik des intentionalen Handelns des Verbands zu erhalten. Diese<br />

Experteninterviews dienen außerdem dazu, die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Dokumentenanalyse sowie <strong>der</strong> qualitativen und quantitativen<br />

Forschungsstränge kritisch zu überprüfen und sie mit den Sichtweisen <strong>der</strong><br />

jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu vergleichen.<br />

• Innerhalb dieser Grundstruktur lassen sich folgende methodischen<br />

Konkretisierungen benennen:<br />

• Die Stichprobengröße von netto 2.000 zu befragenden Jugendlichen<br />

(also brutto ca. 8.000) muss unbedingt gehalten werden, ja sie stellt eher die<br />

untere Grenze dar. Die Begründung dafür liegt in den völlig unterschiedlichen<br />

Formen <strong>der</strong> Angebotsnutzung, unterschiedlich nach Intensität, zeitlicher Dauer,<br />

subjektiver Verankerung, erlebter Nähe zu <strong>der</strong> Organisation, Wissen über<br />

den Verband, Art des Engagements und vieles mehr. Dies wird dazu führen,<br />

dass diese unterschiedlichen Formen sehr genau beschrieben und evtl.<br />

typologisiert werden müssen. Dazu ist aber eine große Ausgangsstichprobe<br />

eine inhaltliche und statistische Voraussetzung.<br />

• Die Ziehung <strong>der</strong> Stichprobe darf <strong>nicht</strong> - wie ursprünglich geplant - über<br />

eine Auswahl mit Hilfe einiger aej-Verbände erfolgen. Es würde angesichts<br />

des Unverbindlichkeitsgrades einiger Nutzungsformen zu einer<br />

schwerwiegenden Verzerrung <strong>der</strong> Stichprobe führen. Stattdessen wird eine<br />

Repräsentativstichprobe unter allen deutschen Jugendlichen organisiert, die<br />

vorab nach ihrer Teilnahme bei bzw. nach ihrer Nutzung von Angeboten <strong>der</strong><br />

aej-Jugendverbände befragt werden. Die Formulierung dieser Filterfrage wird<br />

zuvor sorgfältig empirisch getestet. Erst wenn die Nähe zu aej-<br />

Jugendverbänden damit sichergestellt wird, wird <strong>der</strong> Jugendliche befragt<br />

(Netto-Stichprobe: 2000 Jugendliche). Dieses Vorgehen hat u.a. den Vorteil,<br />

dass es damit möglich sein wird, den exakten Anteil <strong>der</strong> aej-Jugendlichen an<br />

allen Jugendlichen zu bestimmen. Überdies wird damit eine Vorarbeit<br />

geleistet, die an<strong>der</strong>en Verbänden bei <strong>der</strong> Erstellung einer ihren<br />

Verbandsstrukturen entsprechenden Frage sehr hilfreich sein kann. Durch eine<br />

Quotierung nach dem regionalen Größenverhältnis <strong>der</strong> einzelnen<br />

Mitgliedsverbände <strong>der</strong> aej auf Landesebene kann sichergestellt werden,<br />

dass die Anteile <strong>der</strong> befragten Jugendlichen in etwa den Größen <strong>der</strong> aej-<br />

Jugendverbände entsprechen. Es <strong>bleibt</strong> den Verbänden überlassen, in<br />

eigener Regie (und natürlich außerhalb <strong>der</strong> hier budgetierten Kosten, also aus<br />

Eigenmitteln) die Anzahl <strong>der</strong> zu befragenden Jugendlichen "aufzustocken".<br />

Diese Aufstockungen gehen selbstverständlich <strong>nicht</strong> in die<br />

Repräsentativstichprobe ein, können aber zu einer genaueren Beschreibung<br />

<strong>der</strong> einzelnen Verbände gute Dienste leisten. Dieses Vorgehen wurde mit<br />

einigen Verbandsvertretern schon besprochen und ist dort auf großes<br />

Interesse gestoßen.<br />

Nachgeschaltete Interviews: Ebenfalls durch die Erkenntnisse aus <strong>der</strong><br />

qualitativen Vorstufe wurde die Absicht bestätigt, nach Auswertung <strong>der</strong> Daten<br />

<strong>der</strong> Repräsentativumfrage weitere 300 (= 15% <strong>der</strong> Ausgangsstichprobe)<br />

Interviews mit Jugendlichen durchzuführen. Hier wird vor allem die Frage im<br />

Vor<strong>der</strong>grund stehen, inwieweit die empirisch gefundenen Nutzungsmuster auch<br />

subjektiv repräsentiert sind o<strong>der</strong> ob die Jugendlichen völlig an<strong>der</strong>e<br />

Nutzungsformen erleben. Diese Ergebnisse werden eine große Bedeutung für<br />

die Umsetzung in die Praxis <strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit besitzen.<br />

Modularisierung (Forschungsteil)<br />

Die in dieser Stufe entwickelten Messinstrumente werden in einem Modul<br />

zusammengefasst. Zu diesem Modul wird ein Manual erstellt, das allen<br />

82


Interessierten ermöglicht, mit dem Instrumentarium zu arbeiten. Jugendverbände<br />

<strong>der</strong> aej meldeten auf einer Tagung schon ihr Interesse an diesem<br />

Instrumentarium an, sie werden in Eigenregie, d.h. außerhalb des Projekts, ihre<br />

Mitglie<strong>der</strong> befragen. Die beteiligten Wissenschaftler stehen auch nach <strong>der</strong><br />

Laufzeit des Projekts den Verbänden mit Rat und Tat zur Verfügung.<br />

Es ist zu erwarten, dass sich <strong>der</strong> Einsatz dieser Instrumente aber <strong>nicht</strong> auf die<br />

Jugendverbände <strong>der</strong> aej beschränken wird. Auch an<strong>der</strong>e Jugendverbände<br />

können mit den Skalen arbeiten, zudem steht <strong>der</strong> Wissenschaft ein<br />

leistungsfähiges Instrument zur Analyse zur Verfügung. Es ist vielleicht auch<br />

möglich, die Instrumente so zu konstruieren, dass eine Langzeitbeobachtung<br />

von Verbänden möglich ist. Damit stünde allen an Jugendverbandsarbeit<br />

Interessierten und Beteiligten ein zentrales Instrument zur Optimierung und<br />

Kontrolle ihrer eigenen Bemühungen zur Verfügung. Es ist zudem möglich, über<br />

dieses Instrumentarium die Arbeit von Jugendverbänden miteinan<strong>der</strong> zu<br />

vergleichen.<br />

Verhältnis Forschungsteil und Praxisteil<br />

Das Verhältnis von Forschungsprojekt (FP) und Praxisentwicklung (PE)<br />

entscheidet sich konzeptionell und strategisch an <strong>der</strong> Frage, woher <strong>der</strong> Input für<br />

die PE kommt.<br />

Der „Arbeitskreis Praxisentwicklung“ (AKPE) <strong>der</strong> aej kann bereits 2003 damit<br />

beginnen, die innerverbandliche Diskussion zu sichten und daraufhin<br />

auszuwerten, inwiefern bereits ein Problembewusstsein über bestehenden<br />

Verän<strong>der</strong>ungsbedarf besteht, welche Vorschläge und/o<strong>der</strong> Versuche zu<br />

Verän<strong>der</strong>ungsschritten bereits gemacht wurden, ob es Informationen über <strong>der</strong>en<br />

Outcome gibt usw. Dann lassen die vorliegenden Erfahrungen mit Hin<strong>der</strong>nissen<br />

und (strukturell-organisatorischen) Erschwernissen von Verän<strong>der</strong>ungsschritten<br />

reflektieren und darauf bezogen ein organisatorisches Modell entwickeln, wie die<br />

PE auf den verschiedenen verbandlichen Ebenen organisatorisch und<br />

kommunikativ gestaltet werden kann. Auf diese Weise ist <strong>der</strong> Verband optimal<br />

auf die Phase <strong>der</strong> Ergebnisaufbereitung des FP vorbereitet und verfügt über ein<br />

„eigenes“ Problembewusstsein, um die „Brisanz“ <strong>der</strong> Ergebnisse einstufen und<br />

bewerten zu können. Ein solcher aktiver handlungsfähiger Arbeitskreis ist vor<br />

allem auf Grund <strong>der</strong> Tatsache notwendig, dass die Übersetzung von<br />

Forschungswissen in Praxiswissen eines Prozesses bedarf, <strong>der</strong> nur in lokalen<br />

Zusammenhängen entwickelt werden kann – <strong>der</strong> FP kann keine Rezepte liefern,<br />

die ein PE nur zu befolgen hätte.<br />

Organisation <strong>der</strong> Praxisentwicklung<br />

Die PE braucht organisatorische Formen, die sowohl partizipationsoffen als auch<br />

übersichtlich genug sind, damit Handlungsfähigkeit entsteht.<br />

Nach grundsätzlichen Beratungen auf einer Praxistagung in Hannover wurde im<br />

September 2003 ein zentraler Arbeitskreis Praxisentwicklung gegründet, dem 7<br />

Vertreter von Mitgliedsverbänden sowie <strong>der</strong> Bundesgeschäftsstelle <strong>der</strong> aej<br />

angehören. Seine Aufgabe ist es, als Koordinationsgruppe die zentralen und<br />

83


dezentralen organisatorischen Voraussetzungen einer PE zu initiieren, kritische<br />

Bestandsaufnahmen und Zielfestsetzungen vorzunehmen und die Befunde des<br />

Forschungsprojekts in Verän<strong>der</strong>ungsvorschläge und –schritte umzusetzen.<br />

Hauptaufgaben des Arbeitskreises müssen sein:<br />

• Initiativen zur Organisation <strong>der</strong> PE vorzuschlagen, aufzugreifen und zu<br />

koordinieren; Gesprächspartner des FP zu sein; Gesprächspartner für die<br />

lokalen Arbeitskreise (siehe unten) zu sein;<br />

• Material zu sammeln zu sichten und auszuwerten (z.B. über<br />

innerverbandliches Problembewusstsein und bereits gelaufene PE-<br />

Versuche)<br />

• über die Organisation <strong>der</strong> Dissemination <strong>der</strong> FP-Ergebnisse und die<br />

Gestaltung einer partizipationsoffenen Diskussion darüber zu reflektieren (z.B.<br />

Tagungskonzepte zu entwickeln und durchzuführen; Newsletter zu<br />

konzipieren und zu erstellen)<br />

• ein Konzept für die Aufzeichnung, Dokumentation und Verbreitung <strong>der</strong><br />

PE-Erfahrungen (Monitoring) zu erstellen und zu implantieren<br />

Regionale und lokale Arbeitskreise: PE kann aber letztlich <strong>nicht</strong> zentral gesteuert<br />

o<strong>der</strong> initiiert werden, son<strong>der</strong>n muss vor Ort (regional und lokal) aufgegriffen,<br />

motiviert und vorangetrieben werden. Sie verläuft in den unterschiedlichen<br />

verbandsspezifischen Kontexten durchaus heterogen und kann <strong>nicht</strong> durch eine<br />

rezeptartige Übersetzung von Forschungswissen in Praxiswissen erfolgen. D.h.<br />

es muss eine (regionale o<strong>der</strong> arbeitsfeldspezifische) Vielfalt von Antworten und<br />

Umsetzungsversuchen geben. Das entscheidende Problem wird also die<br />

„Organisation von Vielfalt“ sein, das gelöst werden muss. Deshalb müssen eine<br />

weitere Zahl von regionalen und lokalen „Arbeitskreisen Praxisentwicklung“ ins<br />

Leben gerufen werden. Hauptberufliche Fachkräfte und ehrenamtliche<br />

Verantwortliche erarbeiten in diesem Rahmen unter Begleitung von<br />

VertreterInnen des AKPE und durch externes coaching Modelle für<br />

subjektorientierte Steuerung auf Grundlage <strong>der</strong> Erkenntnisse des<br />

Forschungsprojekts.<br />

Nachhaltigkeit: Zugleich müssen aber die Initiativen abgesprochen und<br />

koordiniert werden. Hierfür ist zum einen <strong>der</strong> übergreifende Arbeitskreis PE<br />

zuständig. Zum an<strong>der</strong>en ist anzustreben, eine Personalkapazität (etwa im<br />

Umfang einer viertel Stelle) in <strong>der</strong> Geschäftsstelle <strong>der</strong> aej zu schaffen, damit die<br />

Aufgaben <strong>der</strong> Organisation und Koordination von PE „nachhaltig“, also auch nach<br />

Abschluss des Projekts, übernommen werden können. Zur Vorbereitung einer<br />

solchen Institutionalisierung werden entsprechende Honorarmittel (für<br />

Werkverträge, Honorare, Beratungs- o<strong>der</strong> Coaching-Tätigkeiten) beantragt.<br />

Später sollen die Mittel im aej-Haushalt budgetiert werden.<br />

Externe fachliche Begleitung: Der in <strong>der</strong> Projektkonzeption angelegte<br />

Praxisentwicklungsprozess bedarf einer externen Begleitung durch einen Coach<br />

mit Erfahrungen aus <strong>der</strong> Organisations- und Qualitätsentwicklung. Hierfür sind<br />

Kenntnisse <strong>der</strong> aktuellen Modelle von Organisationsentwicklung und Change-<br />

Management, ihrer Wirkung und ihrer Anwendungsfähigkeit im Non-Profit-Sektor<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Mit folgenden Instrumenten soll dies gesichert werden:<br />

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• Kooperation mit einem externen professionellen Coach aus dem Bereich<br />

<strong>der</strong> Organisations- und Praxisentwicklung. Seine/ihre Aufgabe ist es,<br />

Grundlagen für die Entwicklung von umsetzungsfähigen<br />

Praxisentwicklungskonzepten einzubringen, Entwürfe für exemplarische<br />

Modelle zu qualifizieren und bei Bedarf die örtliche Implementierung zu<br />

mo<strong>der</strong>ieren. Dabei ist es wichtig, dass <strong>nicht</strong> nach dem Top-Down Prinzip<br />

verfahren wird, son<strong>der</strong>n mit den beteiligten Akteuren vor Ort jeweils auf ihre<br />

Situation bezogene Modellprojekte entwickelt werden<br />

• Fachliche Begleitung des Praxisentwicklungsprozesses im<br />

Expertenbeirat (vgl. Ziff. 5.), dem auch ausgewiesene Fachkräfte aus dem<br />

Bereich <strong>der</strong> Organisations- und Qualitätsentwicklung angehören<br />

Erste Sondierungsgespräche mit möglichen Fachleuten haben bereits<br />

stattgefunden.<br />

Zu dem bereits Gesagten kommen insbeson<strong>der</strong>e folgende aktivierende<br />

Methoden hinzu:<br />

Aktivierende Interviews mit haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen: Das Ziel<br />

<strong>der</strong> aktivierenden Interviews für haupt- und ehrenamtliche MitarbeiterInnen<br />

besteht darin, gemeinsam mit den Gesprächspersonen Ansatzpunkte dafür zu<br />

finden, wie <strong>der</strong>en Arbeit generell verbessert werden kann. In Interviews mit<br />

speziell für diese Gesprächsführung ausgebildeten Psychologen und/o<strong>der</strong><br />

Trainern werden <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige Stand <strong>der</strong> Arbeit, die persönliche Zufriedenheit<br />

bzw. Unzufriedenheit damit und Ansatzpunkte für eine Verbesserung <strong>der</strong><br />

eigenen Leistung erkundet. Dabei stehen die persönlichen Sichtweisen des<br />

Gesprächspartners bzw. <strong>der</strong> Gesprächspartnerin und seine/ihre Sicht <strong>der</strong> Dinge<br />

im Mittelpunkt <strong>der</strong> Gespräche. Ein wichtiger Aspekt wird auch die Ermittlung und<br />

die Diskussion möglicher Hin<strong>der</strong>nisse sein, die einer höheren Effektivität und<br />

Arbeitszufriedenheit im Wege stehen. Die Gesprächspartner sollen nach<br />

solchen Gesprächen in die Lage versetzt werden, einen tieferen Einblick in die<br />

Struktur ihrer Arbeit und Ansatzpunkte für mögliche Verbesserungen zu<br />

gewinnen. Ebenso sollen die Gespräche dazu führen, dass die<br />

GesprächspartnerInnen ähnliche Interviews mit den eigenen MitarbeiterInnen<br />

führen können, um auch damit Aktivierungsprozesse einzuleiten. Eventuell soll<br />

durch ein späteres Telefonat an das Gespräch angeknüpft werden, um die<br />

Nachhaltigkeit <strong>der</strong> dort geäußerten Absichten und Ziele gemeinsam zu klären.<br />

Aktivierende Gruppendiskussionen mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern:<br />

Diese Gruppendiskussionen verfolgen im Prinzip ähnliche Ziele wie die<br />

Einzelinterviews. Nur tritt zusätzlich <strong>der</strong> Aspekt <strong>der</strong> Verabredung bestimmter<br />

Maßnahmen in den Vor<strong>der</strong>grund. Auch diese Gruppendiskussionen sind<br />

exemplarisch angelegt. Die TeilnehmerInnen sollen in die Lage versetzt werden,<br />

ähnliche Diskussionen mit ihren MitarbeiterInnen zu führen, die ebenfalls das Ziel<br />

verfolgen, eine stärkere Aktivierung herbeizuführen und Stetigkeit in die Arbeit<br />

<strong>der</strong> MitarbeiterInnen zu bringen. Die Gruppendiskussionen sollen mit konkreten<br />

Verabredungen <strong>der</strong> TeilnehmerInnen enden, wobei nach einiger Zeit die<br />

Einhaltung dieser Verabredungen überprüft werden muss.<br />

Expertenbeirat<br />

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Dem Expertenbeirat gehören VertreterInnen und ExpertInnen aus den<br />

Bereichen <strong>der</strong> Jugend(arbeits)- forschung und <strong>der</strong> Organisations- und<br />

Qualitätsentwicklung sowie <strong>der</strong> Evaluationsforschung an. Aufgabe des Beirats im<br />

Bereich <strong>der</strong> Praxisentwicklung ist die kritisch-konstruktive Bewertung <strong>der</strong><br />

erarbeiteten Modellkonzepte, die Bewertung von Ergebnissen und die<br />

Diskussion von möglichen Alternativen für Umsetzungsinstrumente und –formen.<br />

Diese Unterstützung erfolgt durch folgende Personen:<br />

• Prof. Gaby Flösser, Universität Dortmund<br />

• Prof. Benno Hafeneger, Philipps-Universität Marburg<br />

• Prof. Thomas Rauschenbach und Dr. Wiebken Düx, Deutsches<br />

Jugendinstitut<br />

• Prof. Ulrich Schwab, LM-Universität München<br />

• Prof. Benedikt Sturzenhecker, Fachhochschule Kiel,<br />

• Prof. Werner Thole, Universität Kassel<br />

Kooperationen<br />

Das Projekt bietet für viele laufende und geplante Untersuchungen<br />

Anknüpfungspunkte. Bisher ergaben sich mit folgenden ForscherInnen<br />

Kooperationen, die über die fachliche Begleitung des Projektes hinausreichen:<br />

Prof. Dr. Ulrich Deinet, Fachhochschule Düsseldorf, plant ein Studentisches<br />

Forschungsprojekt zu den sozialräumlichen Aspekten von Evangelischer<br />

Jugendarbeit.<br />

PD Dr. Caroline Hopf, Friedrich-Alexan<strong>der</strong> Universität Erlangen-Nürnberg,<br />

unterstützt das bundesweite Praxisentwicklungsprojekt bei <strong>der</strong> Recherche zu<br />

bereits erfolgten Praxisentwicklungsprojekten und zur Erhebung von<br />

herrschenden Vorstellungen von Praxisentwicklung.<br />

Prof. Dr. Benedikt Sturzenhecker, Fachhochschule Kiel, steht <strong>der</strong> Gliedkirche<br />

Nordelbien bei <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse des Forschungsteils für die<br />

Praxisentwicklung beratend zur Seite.<br />

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