Enterprise 2.0: Fortschritt durch Wissen
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PORTRAIT | OFFICE-CHECK<br />
Er ist „always on“, sein Notebook ist sein Büro – als Geschäftsführer der<br />
weltweit agierenden ePages Software GmbH ist Wilfried Beeck viel unterwegs.<br />
Termine in Barcelona, London, San Francisco und München in nur zwei Wochen<br />
sind da keine Seltenheit. Einen Ausgleich zum stressigen Alltag findet er beim<br />
Segeln.<br />
WILFRIED BEECK<br />
GESCHÄFTSFÜHRER DER EPAGES SOFTWARE GMBH<br />
BEECK PRIVAT<br />
Wilfried Beeck segelt gerne hart am Wind – wenn es seine<br />
knapp bemessene Freizeit zulässt. Dann findet man den<br />
49-Jährigen meist auf seiner Segelyacht. Die „Trivia“ wurde<br />
1937 für den America’s Cup gebaut und hat mit zahlreichen Siegen<br />
Segelgeschichte geschrieben. 2000 kaufte Beeck die Yacht<br />
und setzt die Erfolge fort – im letzten Jahr wurde er mit seiner<br />
Crew WM-Zweiter. An Land geht es zwar nicht ganz so sportlich<br />
zu, aber stürmische Zeiten hat Beeck als Geschäftsführer der<br />
ePages Software GmbH, einem der weltweit führenden Anbieter<br />
von E-Commerce-Software, auch dort schon reichlich erlebt.<br />
VON STARTUPS LERNEN<br />
Eine jugendliche Leidenschaft für Musik und ausgefallene Mode<br />
führte den gebürtigen Flensburger 1980 ins Ausland. Ohne konkreten<br />
Plan, wie es nach dem Abitur weitergehen sollte, ging er<br />
nach London. Neben Musikern und Designern kam er dort mit<br />
Studenten in Kontakt, die sich die ersten Home-Computer selbst<br />
zusammenbauten. Die Möglichkeit, ständig über einen eigenen<br />
Computer zu verfügen, faszinierte ihn, denn das war damals<br />
keine Selbstverständlichkeit. „Im Studium hatte man einmal pro<br />
Woche eine Stunde an einem IBM-Großrechner, bei dem man einen<br />
Befehl eingeben musste, damit sich der Cursor eine Stelle<br />
nach rechts bewegte. So sah das Informatikstudium 1980 aus“,<br />
erinnert sich Beeck. Zurück in Deutschland studierte er in Kiel<br />
Mathematik und Informatik und kaufte sich den ersten Computer<br />
von Apple, mit dem er eigene Programme schreiben konnte.<br />
Auch wenn für Beeck schnell klar war, dass er beruflich etwas<br />
mit Computern machen wollte, so fehlte am Anfang eine echte<br />
Geschäftsidee. „Wir sind nicht planmäßig vorgegangen. Wir haben<br />
damals über kleine<br />
Aufträge unsere Compu-<br />
01_Name: Wilfried Beeck<br />
02_Geboren: 6. Juni 1959 in Flensburg<br />
03_Familie: liiert, keine Kinder<br />
HAMBURG INDEX<br />
04_Freizeit: Segeln auf der „Trivia“<br />
05_Gaumenfreuden: Die Bank, Wattkorn<br />
06_Drinks: Merlot vom Gut Canetsfontein<br />
(Südafrika), Gin Tonic<br />
07_Lieblingsecken: Heidkate an der Ostsee, Elbinsel<br />
Schweinesand<br />
terleidenschaftfinanziert“, erklärt er heute.<br />
Und diese Leidenschaft<br />
hat ihn bis heute nicht<br />
losgelassen: „Gefühlt sind<br />
wir auch heute noch ein<br />
Startup“, gesteht Beeck.<br />
Und so liegen ihm Wettbewerbe<br />
wie der „Webfuture<br />
Award“ von Hamburg@<br />
work besonders am Herzen,<br />
bei dem er in diesem<br />
Jahr zum zweiten Mal in<br />
der Jury saß. Dabei geht<br />
es ihm nicht nur um die<br />
Förderung von jungen Unternehmern, auch die eigene Arbeit<br />
werde so positiv beeinflusst: „Startups sind unheimlich erfrischend.<br />
Nach 30 Jahren im Geschäft hindern einen die eigenen<br />
Muster und Narben oft am frischen Denken. Startups sind da<br />
unbekümmerter.“<br />
VON APPLE GESCHLUCKT<br />
Das eigene Unternehmen gründete Beeck bereits 1983 zusammen<br />
mit drei Studienkollegen. Man entwickelte Software für<br />
Apple Macintosh und später für NeXT-Computer, der neuen Firma<br />
von Steve Jobs, nachdem der 1985 Apple verlassen hatte. Wie ein<br />
Blitz aus heiterem Himmel traf es Beeck und seine Belegschaft<br />
dann, als Jobs 1996 das Unternehmen wieder dem Apple-Imperium<br />
einverleibte. 30 Mitarbeitern musste Beeck damals kündigen,<br />
weil schnell klar war, dass es Jahre dauern würde, bis das NeXT-<br />
Betriebssystem (das heutige Mac OS X) auf Macs laufen würde.<br />
Die eigene Software war bis dahin praktisch unverkäuflich. Aber<br />
die Krise des einen Unternehmens war zugleich die Geburtsstunde<br />
des nächsten: 1992 hatte Beeck nach der Wiedervereinigung<br />
eine Dependance in Jena gegründet, die seit 1997 als Intershop<br />
Communications GmbH firmierte und Software für Online-Shops<br />
entwickelte. 1998 ging Intershop an die Börse und wurde zu einem<br />
der Schwergewichte am Neuen Markt.<br />
VON DER KRISE PROFITIEREN<br />
Als 2001 die New-Economy-Blase platzte, war Intershop eines<br />
der ersten Unternehmen, die es erwischte. Innerhalb weniger<br />
Monate musste die Belegschaft von 1.500 Mitarbeitern um die<br />
Hälfte gekürzt werden. „So wie wir vorher als New Economy<br />
Stars gefeiert wurden, wurden wir jetzt von der Presse verrissen<br />
und mussten uns gegenüber enttäuschten Aktionären, Mitarbeitern<br />
und Kunden erklären“, erinnert Beeck sich – und zog seine<br />
Lehren daraus. Software und Services von ePages werden heute<br />
über langfristige Mietverträge angeboten, kurzfristige Krisen<br />
haben so kaum Einfluss auf das Geschäft. Der Erfolg gibt ihm<br />
Recht: 80 Mitarbeiter in Europa und den USA arbeiten derzeit für<br />
über 50.000 Kunden in der ganzen Welt. Als Aufsichtsratsmitglied<br />
in anderen Firmen bekomme er natürlich mit, wie hart das<br />
Business zurzeit sei, überall werden Budgets gekürzt und Rabatte<br />
verhandelt, beschreibt Beeck die aktuelle Lage. Aber<br />
nachdem 2001 eigentlich nur die New Economy betroffen gewesen<br />
sei, gehe es diesmal in erster Linie um die „Old Economy“.<br />
Die Zukunft der IT- und Medienbranche sieht Beeck entsprechend<br />
optimistisch: „Jede Krise birgt auch etwas Gutes in sich,<br />
weil sie den Markt bereinigt. Wenn die Krise vorbei ist, gibt es<br />
auch wieder die Möglichkeit, gutes Geld zu verdienen.“<br />
24 ALWAYS ON I AUSGABE 9 I FEBRUAR 2009