Enterprise 2.0: Fortschritt durch Wissen
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PRO & CONTRA<br />
GAMECITY XXXXX<br />
E-Mails sind ein fester Bestandteil in der heutigen Mediengesellschaft. Doch immer mehr Menschen beklagen sich, dass sie die<br />
tägliche Informationsflut nicht mehr bewältigen können.<br />
ALWAYS ON FRAGT BEI EXPERTEN DER DIGITALEN WIRTSCHAFT NACH:<br />
MACHT ES SINN, E-MAIL-FREIE TAGE EINZUFÜHREN?<br />
PRO<br />
Prof. Dr. Jochen Weihe, Leuphana Universität Lüneburg (Allgemeine Wirtschaftslehre,<br />
Unternehmensführung, Intrapreneurship)<br />
Kommunikation hat in einer <strong>Wissen</strong>sgesellschaft eine große Bedeutung<br />
für den persönlichen Erfolg und für die überzeugende Leistungserbringung<br />
von Unternehmen. Dabei ist es nicht die Kommunikation an sich,<br />
die für gute Ergebnisse sorgt, sondern die Menge, die Qualität und die<br />
Nützlichkeit in einer spezifischen Situation. E-Mails<br />
werden hierbei augenscheinlich mehr und mehr<br />
zum Problem. Nach einer Studie der TNS Emnid klagt<br />
jeder Dritte, dass die berufliche Belastung <strong>durch</strong><br />
die E-Mail-Flut zugenommen hat, mehr als 20% der<br />
Befragten geben an, in ihrer Konzentration gestört<br />
zu werden und/oder haben das Gefühl, von anderen<br />
Prof. Dr. Jochen<br />
Weihe<br />
CONTRA<br />
– hoffentlich wichtigeren – Arbeiten abgehalten zu<br />
werden.<br />
Zeit zu handeln? Beim Chip-Hersteller Intel wurde<br />
ein Pilotprojekt mit 150 Ingenieuren gestartet, deren Leistungen <strong>durch</strong><br />
einen e-mail-freien Freitag gefördert werden sollen. Fraglich ist, ob damit<br />
Prof. Dr. Jo Groebel, Direktor Deutsches Digital Institut Berlin<br />
Kein Mensch würde ernsthaft auf die Idee kommen, einen redefreien<br />
Tag einzuführen. Nichts anderes aber als eine zugegeben vervielfachte<br />
Form des Gesprächs sind E-Mails. Zwar klagen am Arbeitsplatz<br />
inzwischen die meisten über das Mail-Gestrüpp, beschweren sich die<br />
Freizeitnutzer über suchtähnliche Zustände bei<br />
der digitalen Korrespondenz, doch sind dies eher<br />
Organisations- und Selbstbeherrschungsfragen<br />
als Eigenschaften der Mails selbst.<br />
Wirtschaft, Kommunikation und Information<br />
haben <strong>durch</strong> den Internet-Austausch neue Möglichkeiten<br />
erfahren, die kaum noch unterbrochen<br />
Prof. Dr. Jo Groebel werden können und vor allem sollen. Die schon<br />
abstruse Vorstellung einer Ein-Tages-Abstinenz<br />
würde die Weltökonomie endgültig zusammenbrechen<br />
lassen, jedes Krisenmanagement außer Kraft setzen und auch sich<br />
anbahnende persönliche Kontakte vollkommen künstlich unterbrechen.<br />
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Gerade in Mails verkehren Menschen<br />
ALWAYS ON I AUSGABE 9 I FEBRUAR 2009<br />
nicht „das Kind mit dem Bade“ ausgeschüttet wird. E-Mails sind als asynchrones<br />
Werkzeug außerordentlich hilfreich. Die einfache Handhabung<br />
dieses Mediums führt augenscheinlich aber zu einer inflationären Nutzung,<br />
bei der der Aufwand zumindest auf Seiten der Empfänger gelegentlich<br />
in keinem ausgewogenen Verhältnis zum Ertrag steht. Wenn Manager<br />
und Fachspezialisten angeben, gelegentlich zwei Drittel ihrer E-Mail-Flut<br />
ungelesen in den Trash zu befördern, ist etwas faul. Der „Wahn“, das<br />
Prioritätsmedium E-Mail immer in Realtime zu bedienen, führt zu einer<br />
Alertheit, die schnell zu ungesundem Stress und zu einer Besinnungs-<br />
und Atemlosigkeit führen kann, die kontraproduktiv ist.<br />
Hilft dagegen ein e-mail-freier Freitag? Ob es nun ein ganzer Arbeitstag<br />
sein muss, ist fraglich. Außerhalb jedes Zweifels steht jedoch, dass Unternehmen<br />
und vor allem die MitarbeiterInnen sich des Werkzeuges E-Mail<br />
so bemächtigen sollten, dass alle Vorzüge genutzt und alle Nachteile<br />
eliminiert werden. Dazu würden e-mail-freie Zeiten einen großen Beitrag<br />
leisten können.<br />
in der Regel viel offener und ehrlicher miteinander, weil viele Riten wegfallen.<br />
Die Scheinanonymität der digitalen Korrespondenz reduziert Ängste<br />
und Risiken von Blamage und unsicherem nonverbalem Verhalten.<br />
Zugleich steht die Schriftlichkeit für eine höhere Verbindlichkeit, denn<br />
auch bei Mails gilt das geschriebene Wort als das „endgültige“.<br />
So sind Mails spontaner, ehrlicher, verbindlicher und schneller und bereichern<br />
das individuelle und gesellschaftliche Leben so, dass sie auch<br />
nicht einen Tag verzichtbar sind. Wer könnte und wollte schon mal eben<br />
den imaginären Stecker aus dem World Wide Web ziehen?! Und wer sich<br />
wirklich als Sklave von Mailkaskaden und überflüssiger Kommunikation<br />
fühlt, dem ist es unbenommen, auch mal an einem beliebigen Tag nicht<br />
per Mail erreichbar zu sein oder schlicht den PC ausgeschaltet zu lassen.<br />
Wo ist ernsthaft das Problem?<br />
Der derzeit berühmteste Mail-Junkie dürfte wohl Obama sein. Ihm wurde<br />
soeben ein abhörsicherer Blackberry belassen. Ich bin froh drüber.<br />
Denn die Weltgeschichte setzt auch nicht mal eben für einen Tag aus.<br />
Und ohne Mails ist der Lauf der Welt gar nicht mehr vorstellbar.<br />
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