finden Sie die Ausgbabe als PDF! - Lesezentrum Steiermark
finden Sie die Ausgbabe als PDF! - Lesezentrum Steiermark
finden Sie die Ausgbabe als PDF! - Lesezentrum Steiermark
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
kinder und jugend : literatur<br />
9<br />
Erzählungen, Alkohol und Zensur scheinen in Russlands<br />
Geschichte eng miteinander verbunden zu sein.<br />
Im Jahr 2012 wurde <strong>die</strong> sowjetische Trickfilmserie<br />
Nu,<br />
pogodi! (deutscher Titel: Hase und Wolf, ins Deutsche<br />
übersetzt Na warte!) mit der Kennzeichnung Jugendgefährdender<br />
Inhalt versehen, da der Antagonist des<br />
Hasen ein kettenrauchender und dem Alkohol nicht<br />
abgeneigter Wolf laut staatlicher Me<strong>die</strong>naufsicht (nach<br />
43 Jahren Sendezeit) doch besser ins Nachtprogramm<br />
passe. In der Kurzgeschichte Fuchs und Hase von<br />
Daniil Charms stellt Regina Kehn allerdings den Hasen<br />
in <strong>die</strong> Motivtradition der hochprozentigen Figurenzeichnung.<br />
Nachdem er von seiner Verlobten verlassen<br />
wird, heißt es: Graublum (Nachname des Hasen),<br />
über Stein und Stoppeln, sieht man flugs zum Fuchsbau<br />
hoppeln. Auf der Bildebene wird der Hase in zwei Panels<br />
- Regina Kehn illustriert in Comicform und vielfärbig<br />
- mit insgesamt sieben Flaschen dunklem Destillat<br />
ins Bild gesetzt. Die Erzählung bzw. das Märchen, da<br />
mit Es waren einmal 2 Freunde ... beginnend, war <strong>die</strong><br />
letzte Publikation des russischen Autors (1905-1942),<br />
da seitens der sowjetischen Rechtsmedizin konstatiert<br />
wurde: Charms gibt absonderliche Vorstellungen von<br />
sich. Als abstrus empfindet es auch der Fuchs, <strong>als</strong> der<br />
befreundete Hase nächtens betrunken eingelassen<br />
werden möchte und quittiert <strong>die</strong>s mit: Weisst du nicht<br />
wie spät es ist? Geh nach Hause, Terrorist!<br />
Das inszenierte Hin und Her zwischen Fuchs und<br />
Hasen, Ausgrenzung und Eingrenzung, Innen- und<br />
Außenräumen, Handlungsbeschreibung und direkter<br />
Rede unterscheidet <strong>die</strong>se Erzählung im literarischen<br />
Kaleidoskop Regina Kehns von den anderen Texten<br />
(meist Lyrik), <strong>die</strong> in ihrer Erzählweise Text und Bild betreffend<br />
wesentlich offener realisiert werden. Schließlich<br />
bilden das erste und das letzte Bild den Rahmen<br />
der prekären Freundschaftsgeschichte. Während zu<br />
Beginn <strong>die</strong> Häuser der Figuren mit ihren Namen überschrieben<br />
werden, stehen am Ende je eine dunkle<br />
Wolke über den Dächern und der Satz: Dicke Freunde<br />
warn <strong>die</strong> beiden! Konnten sich nun nicht mehr leiden.<br />
|peter rinnerthaler|<br />
Möwe, Und Dämm´rung bricht herein, Über <strong>die</strong> feuchten<br />
Watten Spiegelt der Abendschein. Storms Biografie und<br />
entsprechende Textsignale lassen eine Deutung des<br />
Schauplatzes <strong>als</strong> deutsche Nordseeküste zu und <strong>die</strong><br />
Inseln, <strong>die</strong> im Nebel auf dem Meer liegen, verweisen<br />
wohl auf <strong>die</strong> Haligen, <strong>die</strong> Storms Heimatstadt Husum<br />
vorgelagert sind. Regina Kehn - selbst Norddeutsche<br />
aus Hamburg - radikalisiert <strong>die</strong> Stimmung noch: Der<br />
Abendschein ist auf ein Fünkchen Gelb im Grau reduziert,<br />
zarte hellblaue und weiße Striche verschwinden<br />
zunehmend in der graubraun aquarellierten Ebbe.<br />
Die Zeitlosigkeit von Storms Naturbetrachtung bricht<br />
Regina Kehn, indem sie in <strong>die</strong> zurückgenommene<br />
Landschaftsdarstellung <strong>die</strong> für den Nordseestrand so<br />
typischen weißen Windräder stellt. Ein figuraler Akzent,<br />
dem sich <strong>die</strong> Bilder, ebenso wie allen Konturen aber<br />
zunehmend verweigern. Der Text ist mit wässriger<br />
Tusche und geschwungener Schrift in <strong>die</strong> halbnasse<br />
Farbe gepinselt und mit jeder Verszeile und jedem<br />
Umblättern wird auch <strong>die</strong> Küstenlinie blasser. Mit dem<br />
Verschwinden visueller Impulse hinein in ein wässriges<br />
Nichts greifen <strong>die</strong> Illustrationen <strong>die</strong> Verschiebungen<br />
des Textes auf: Vom Sehen, zum Hören, zum Ahnen<br />
des Meeresstrands. Noch einmal schauert leise Und<br />
schweigt dann der Wind; vernehmlich werden <strong>die</strong> Stimmen,<br />
Die über der Tiefe sind.<br />
|christina ulm|<br />
Das literarische Kaleidoskop<br />
/ ausgesucht und aufgezeichnet von Regina Kehn.<br />
- Frankfurt a. M. : Fischer KJB, 2013.<br />
- 219 S. : überw. Ill.<br />
- (Die Bücher mit dem blauen Band)<br />
ISBN 978-3-596-85618-3<br />
fest geb. : EUR 17,50<br />
kröte der monate<br />
dezember 2013<br />
linda wolfsgruber<br />
arche<br />
doppel:punkt 2013:4<br />
Oberflächlichen Konnotationen zum<br />
Meeresstrand er-<br />
teilt schon <strong>die</strong> textliche Vorlage von Theodor Storm<br />
eine Absage: Keinen lichtüberfluteten Sandstrand skiz-<br />
ziert er mit wenigen Versen, sondern den gärenden<br />
Schlamm des Wattenmeers: An´s Haff nun fliegt <strong>die</strong><br />
In einer Rezension war kürzlich zu lesen, wie herrlich<br />
es nicht sei, dass endlich ein Arche Noah-Buch erschienen<br />
ist, in dem Gott nicht vorkommt. Reicht, so