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10<br />

kinder und jugend : literatur<br />

doppel:punkt 2013:4<br />

fragt man sich, <strong>die</strong> Skepsis gegenüber konfessionellen<br />

Positionen und institutionalisierter Glaubenslehre so<br />

weit, dass bereits Fragen nach der Beziehung zwischen<br />

Gott und Mensch katechetisch begriffen werden? Gehören<br />

nicht gerade biblische Erzählungen zum kulturellen<br />

Grundbestand jeder Gesellschaft; zeichnen sich<br />

in ihnen nicht zentrale menschheitsgeschichtliche<br />

Fragestellungen ab? Und ist Gott im Diskurs <strong>die</strong>ser<br />

Fragestellungen hinderlich?<br />

Gerade <strong>die</strong> Geschichte von der großen Flut taucht<br />

in all jenen Mythen und Epen auf, <strong>die</strong> einer auf Sprache<br />

basierenden, kulturgeschichtlichen Entwicklung zu<br />

Grunde liegen. <strong>Sie</strong> erzählt von einem Neubeginn der<br />

Welt, <strong>die</strong> einst aus dem Chaos erschaffen wurde. Aus<br />

jüdischer und christlicher Sicht ist daraus der Garten<br />

Eden entstanden, in dem <strong>die</strong> Menschen Gott gleich<br />

leben durften. Das Moment der Erkenntnis führte erstm<strong>als</strong><br />

zum Bruch <strong>die</strong>ser Beziehung zwischen Mensch<br />

und Gott und zur Vertreibung aus dem Para<strong>die</strong>s.<br />

In Genesis 6 (Noah und <strong>die</strong> Sintflut) wird <strong>die</strong> Bosheit<br />

der Menschen noch einmal ins Chaos rückgeführt,<br />

aus dem ein neuer Bund mit Gott entsteht. Und<br />

so wurden alle gerettet!, heißt es auch folgerichtig im<br />

fast textlosen Bilderbuch von Linda Wolfsgruber, in<br />

dem <strong>die</strong> biblische Geschichte nicht nacherzählt oder<br />

neu erzählt wird, sondern mit den künstlerischen<br />

Mitteln der Reduktion auf deren zentrale Motive verwiesen<br />

wird.<br />

Es begann zu regnen … Dieserart setzt Linda Wolfsgruber<br />

ein und impliziert in dem beginnenden Losrennen<br />

der Tiere <strong>die</strong> biblische Vorgeschichte. Denn<br />

hier stellen sich <strong>die</strong> Tierchen nicht in hübschen Zweierreihen<br />

an, sondern visualisieren eben jenes Chaos, aus<br />

dem <strong>die</strong> Schöpfung neu geboren wird: Wilder Strich<br />

und Farbgebung vermischen sich, der Raum wird aufgehoben,<br />

wenn Getier aller Art in eine Richtung zu<br />

drängen beginnt. In pastellener Farbintensität werden<br />

in den Monotypien <strong>die</strong> Figuren übereinandergeschoben;<br />

<strong>die</strong> einen erscheinen wie <strong>die</strong> Schatten der anderen,<br />

manche in ihrer Zweisamkeit erkennbar, manche<br />

schon über <strong>die</strong> Wegstrecke hin getrennt. Als einziges<br />

Ordnungssystem erscheint <strong>die</strong> Benennung der Tiere<br />

- doch auch sie fügt sich <strong>als</strong> Bildelement so sehr an<br />

<strong>die</strong> Figuren, <strong>als</strong> würde rasch noch festgehalten, wer<br />

aller den Rettungsversuch unternimmt. Eine an Herbarien<br />

gemahnende Ordnung ist längst obsolet, wenn<br />

Säugetiere, Vögel und Fische ineinander überzugehehen<br />

scheinen, nur noch Köpfe oder Flossen aus dem<br />

Versuch herausragen, das dynamische Geschehen in<br />

raschen Buntstift-Skizzen festzuhalten. Gespielt wird<br />

trotz Doppelseitenkonzept mit der Form des Leporellos:<br />

Immer neue Seiten werden aufgefaltet, gehen<br />

nur durch den Seitenschnitt, nicht aber durch illustratorische<br />

Begrenzungen ineinander über, <strong>als</strong> <strong>die</strong> endzeitliche<br />

Fliehkraft <strong>die</strong> Tiere in Richtung der Arche<br />

treibt.<br />

Als <strong>die</strong> Arche erreicht ist, hat <strong>die</strong> Welt sich in wässrig-dunklem<br />

Blau und Grün eingefärbt und hoffnungsvolle<br />

Blicke werden zum Schiff, aber auch aus dem<br />

Bild heraus geworfen. Die nachhaltig durcheinandergeratenen<br />

Größenverhältnisse explizieren an <strong>die</strong>sem<br />

Punkt <strong>die</strong> sinnbildliche Kraft der Arche im Sinne einer<br />

biblischen Erzählung, <strong>die</strong> nicht historische Realität<br />

abbildet, sondern aus ihrem Symbolgehalt heraus zu<br />

deuten ist: In der Arche <strong>finden</strong> jene Platz, <strong>die</strong> an Gott<br />

glauben, <strong>die</strong> seinem Schöpfungswillen verbunden<br />

sind, ihn repräsentieren. Dieser feste Glaube zeigt sich<br />

in der Festigkeit der Arche, <strong>die</strong> hier nicht auf Wellen<br />

hochgehoben und durch <strong>die</strong> Stürme der Sintflut geschleudert<br />

wird. Vielmehr ist sie <strong>die</strong> Konstante in einer<br />

Welt des Untergangs - bis zu jenem wunderbaren, in<br />

nächtliches Schwarz und Blau getauchten Bild, in dem<br />

das Aufgehen der Sterne parallel geführt wird zu den<br />

sich hoffnungsvoll öffnenden Augen der Tiere.<br />

Der Bilderzählung wird <strong>die</strong> biblische Geschichte<br />

am Ende des Buches zur Seite gestellt - erzählt von<br />

Linda Wolfsgruber in ihren eigenen Worten. Hier werden<br />

der Bund mit Gott und dessen Symbol, der Regenbogen,<br />

benannt. In der Bilderzählung selbst verdichtet<br />

sich <strong>die</strong>ser Bund in den wenigen Worten ... und sie alle<br />

waren gerettet. Indem Noah <strong>als</strong> Figur ausgespart wird,<br />

wird mit <strong>die</strong>sem Moment der Rettung umso deutlicher<br />

auf Gott selbst verwiesen: Noah wird <strong>als</strong> Symbolfigur<br />

ausgespart, das Moment der Rettung (der Bund) auf<br />

alle Lebewesen übertragen, deren Blick in eine neue,<br />

aus dem Chaos geborene Zukunft fällt.<br />

|heidi lexe|<br />

Wolfsgruber, Linda:<br />

Arche<br />

/ Linda Wolfsgruber.<br />

- Wien : Wiener Dom-Verl., 2013.<br />

- [13] Bl.. : überw. Ill.<br />

ISBN 978-3-85351-261-6<br />

fest geb. : EUR 14,90

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