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56 | DIE NEUE DAUERAUSSTELLUNG ZUM GOLDENEN STEIG IM PRACHATITZER MUSEUM FRANTIŠEK KUBŮ Die neue Dauerausstellung zum Goldenen Steig im Prachatitzer Museum. Entstehungsgeschichte und Wirklichkeit Das „Prachatitzer Museum“ in Prachatitz und das „Südböhmische Museum“ in Budweis erforschen schon seit zwanzig Jahren in einem Gemeinschaftsprojekt den „Goldenen Steig“. Der böhmische Teil ist bereits umfassend bearbeitet und jetzt fokussieren wir in Zusammenarbeit mit der Universität Passau den bayerischen, oder historisch korrekter, den passauischen Teil. Als eines der Ergebnisse der zwanzigjährigen Forschung ist 2010 im „Prachatitzer Museum“ die neue Dauerausstellung „Goldener Steig“ entstanden. Dieser Beitrag soll die Geschichte dieser Ausstellung erzählen. Abb. 1 Säumerkarawane bei der Ankunft in Prachatiz. Einige Worte über das „Prachatitzer Museum“ und den „Goldenen Steig“ Die Stadt Prachatitz lockt Touristen nicht nur als „Tor zum Böhmerwald“, sondern namentlich mit ihrem historischen Stadtkern und dessen zahlreichen Renaissance-Häusern und der Kirche St. Jakob. Das Prachatitzer Museum befindet sich am Großen Marktplatz im sogenannten „Sitter-Haus“, das dank der reichen Sgrafito-Verzierungen zu den schönsten Häusern der Stadt gehört.
Das Museum wurde im Jahr 1904 gegründet und feierte somit vor sechs Jahren sein 100-jähriges Jubiläum. Die Sammlungen stammen hauptsächlich aus Prachatitz und aus der Umgebung. Dabei handelt es sich um ethnographische, historische und kunstgewerbliche Gegenstände. Die aktuellen Expositionen thematisieren die zwei bedeutendsten Kapitel der Stadtgeschichte: Die Renaissance als Zeitalter der größten Blüte der Stadt und die Geschichte des „Goldenen Steiges“ – einer mittelalterlichen Handelsstraße, auf der man vor allem Salz transportierte. 2010 hat man, wie bereits erwähnt, zum 1000-jährigen Jubiläum des „Goldenen Steiges“ die neue Dauerausstellung zu dieser bekannten mittelalterlichen Handelsstraße eröffnet. Mit dem romantischen Namen „Goldener Steig“ wurde ein System aus Handelswegen bezeichnet, das im Mittelalter Passau mit den böhmischen Ländern verband und auf dem vor allem Salz aus dem Salzburgischen nach Norden strömte. Den Namen benutzte man nachweislich seit Anfang des 16. Jahrhunderts und er sollte die Gewinne des blühenden Handels ausdrücken. Eine andere Theorie versucht den Namen von dem nahen Goldabbau abzuleiten. Auf dem „Goldenen Steig“ kamen aber nicht nur Waren, sondern auch Kolonisten und mit ihnen Leben in die menschenleeren Grenzwälder des Böhmerwaldes. In der Blütezeit der mittelalterlichen Handelswege im 14. bis 16. Jahrhundert gehörte der „Goldene Steig“ zu den bedeutendsten Verbindungsstraßen im süddeutschen Raum und wurde zur wichtigsten Verkehrsverbindung mit den böhmischen Ländern. Das „System des Goldenen Steiges“ hat sich im Laufe von Jahrhunderten entwickelt und bestand in seiner Endgestalt aus drei Hauptzweigen, die gemeinsam aus Passau hinausführten und sich noch auf passauischem Boden nach verschiedenen Städten in Böhmen ausrichteten. Der älteste und wichtigste, der „Untere Goldene Steig“, verband Passau mit Prachatitz. Ins Licht der Geschichte tritt der „Goldene Steig“ auf beiden Seiten des Böhmerwaldes im 11. Jahrhundert. Er wird zum ersten Mal in der Urkunde König Heinrichs II. aus dem Jahr 1010 belegt, in der das Kloster Niedernburg in Passau Mautund Zollgebühren für einen Weg nach Böhmen erhalten hat. Passau und Prachatitz wurden zu Grenzpunkten dieses Handelswegs, auf dem vor allem Salz nach Böhmen transportiert wurde. Prachatitz entwickelte sich dank des ständig wachsenden Salzhandels im 16. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten böhmischen Städte. Die Protagonisten des Handels am „Goldenen Steig“ waren die Säumer, die sich aus Sicherheitsgründen in Karawanen zusammengeschlossen hatten. Diese Karawanen waren das ganze Jahr unterwegs – aber hauptsächlich nach der Ernte bzw. nach den Herbstarbeiten. Die Säumer verdienten in guten Jahren, allen Gefahren ihres schweren Berufes zum Trotz, gutes Geld. Einige von ihnen wurden sogar reich, wie Thomas Sitter, Erbauer des schönen Renaissance-Hauses auf dem Marktplatz in DIE NEUE DAUERAUSSTELLUNG ZUM GOLDENEN STEIG IM PRACHATITZER MUSEUM | 57 Prachatitz (heutiges Museum), oder Hans Praxl aus Wallern, Bürgermeister und Ahnherr der bis heute bestehenden Säumerfamilie. Als den wichtigsten Handelsartikel auf dem „Goldenen Steig“ kann man zweifellos Salz bezeichnen. Von Passau nach Böhmen transportierte man des weiteren kostbare Stoffe, Südfrüchte, Gewürze, Eisen und Weine – umgekehrt lieferte man Getreide, Malz, Butter, Käse, Wolle, Felle, Bier und den beliebten Prachatitzer Branntwein. Die Quellen zur Geschichte des „Goldenen Steiges“ sind in vielen tschechischen und deutschen Archiven verstreut, was auch den internationalen Charakter dieser Handelsstraße widerspiegelt. Es handelt sich nicht nur um schriftliche Quellen, sondern z. B. auch um zahlreiche historische Karten – die älteste erhaltene stammt aus der Zeit um 1520, oder eine aus dem Jahr 1683, in der die Säumergasthäuser eingezeichnet sind. Die Geschichtsschreibung befasst sich mit dem Goldenen Steig seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Von einer der ersten Arbeiten von Franz Joseph Sláma aus dem Jahr 1837 bis zur bisher weitgehend anerkannten Bearbeitung durch Paul Praxl 1976 war es ein langer Weg, an dem nur einige Namen von Autoren hervorgehoben werden sollen: Paul Messner, Valentin Schmidt, Rudolf Kubitschek und in der Nachkriegszeit Paul Praxl, Ludwig Pauli oder Václav Starý. Als den Experten des „Goldenen Steiges“ muss man zweifellos den ehemaligen Freyunger Archivar Paul Praxl bezeichnen. Er hat in seinem Werk idealiter eine wünschenswerte Einigkeit von Quellen- und Terrainkenntnissen geschaffen und damit unsere Forschung im hohen Maße inspiriert. Das historische Bewusstsein gegenüber dem „Goldenen Steig“ war und ist nicht nur in Deutschland lebendig, sondern seit der Wende im Jahr 1989 verstärkt auch wieder rund um Prachatitz und in ganz Südböhmen. Die Spuren dieses berühmten mittelalterlichen Handelsweges findet man in einer herrlichen Landschaft auf beiden Seiten der Grenze. Sie haben sich meistens in Form sogenannter „Hohlwege“ – hauptsächlich in Waldgebieten – erhalten. Um die Erforschung und um die Evidenz von Überresten des „Goldenen Steiges“ im Gelände bemüht man sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Die ersten einschlägigen Funde sind jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg dokumentiert. Der schon erwähnte Paul Praxl hat das ganze Gebiet der Steige erwandert und diese schriftlich und kartografisch erfasst. Er hat diesen Teil seines Wissens aber niemals systematisch veröffentlicht und ihn uns, als seinen Nachfolgern großzügig überlassen. Die Idee der Erforschung des „Goldenen Steiges“ ist in heutiger Gestalt als Gemeinschaftsprojekt des „Prachatitzer Museums“ und des „Südböhmischen Museums“ in Budweis im Jahr 1989 während einer Wanderung in den slowakischen Bergen entstanden und ihr Anlass war zunächst privater Natur.
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