KoBo - Bonstetten
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Aus der Gemeinde <strong>KoBo</strong><br />
suasive Videoüberwachung ist letztlich<br />
ein Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen<br />
und Bürger. Dieser Eingriff ist<br />
nur zulässig, wenn er gestützt auf die gesetzlichen<br />
Bestimmungen erfolgt und ein<br />
triftiges öffentliches Interesse besteht.<br />
Dem stehen die Vorteile der Videoüberwachung<br />
bei der Ahndung und insbesondere<br />
bei der Prävention von Straftaten<br />
gegenüber. Aus diesem Grunde wird<br />
auch beabsichtigt, jeden der ausgesuchten<br />
Plätze und Orte (die sich an einer Hand<br />
abzählen lassen) mit entsprechenden<br />
Hinweistafeln zu versehen. Denn nur unter<br />
diesen Bedingungen rechnen Experten<br />
mit einem Rückgang der Vandalenakte<br />
und der Gemeinderat mit einer höheren<br />
Aufklärungsquote – damit in <strong>Bonstetten</strong><br />
die hohe Lebensqualität weiterhin garantiert<br />
ist – auch in der Nacht.<br />
Vandalenakte sollten durch gezielte Videoüberwachung vermieden werden. (Bild: pixelio)<br />
Kommentar<br />
«Film ab» im öffentlichen Raum<br />
Die Welt macht vor <strong>Bonstetten</strong> nicht halt.<br />
Was andernorts, vor allem in Grossstädten<br />
an viel begangenen und hoch frequentierten<br />
Orten und Plätzen gang und gäbe<br />
ist, soll jetzt auch in unserem Dorf Einzug<br />
halten: Videokameras zur Prävention von<br />
Straftaten.<br />
In allen grossen Bahnhöfen der<br />
Schweiz gehört die Videoüberwachung<br />
mittlerweile zum Standard. So erfassen<br />
im Hauptbahnhof Zürich über hundert<br />
Kameras die Pendlerströme und Einkaufstouristen.<br />
Nächstes Jahr sollen alle<br />
S-Bahnen mit Kameras bestückt werden.<br />
Aber auch die Zürcher Verkehrsbetriebe<br />
und PostautoZürich rüsten auf: Ab<br />
dem Jahr 2009 sollen jedes zweite Zürcher<br />
Tram und ein Drittel der Busse im<br />
Kanton mit Videokameras ausgerüstet<br />
sein – und auch ausgesuchte Haltestellen<br />
werden überwacht.<br />
Auch <strong>Bonstetten</strong> will filmen<br />
Längst haben wir uns daran gewöhnt,<br />
dass wir am Bancomaten, im Supermarkt,<br />
in der S-Bahn oder am Hauptbahnhof<br />
gefilmt werden, dass wir im Netz Spuren<br />
hinterlassen und dank den fast unvermeidlichen<br />
RFID-Chips* mitten in den<br />
von uns erstandenen Waren und bewegten<br />
Gütern jederzeit auffindbar und unsere<br />
Handlungen rekonstruierbar sind. Und<br />
jetzt sollen wir auch in <strong>Bonstetten</strong> gefilmt<br />
werden, quasi vor unserer Haustüre …<br />
Aufklärung und Abschreckung<br />
Sicher, es gibt ihn, den unbestreitbaren<br />
Nutzen der Videoüberwachung. Straftaten<br />
können womöglich aufgeklärt werden,<br />
die ohne Video ungelöst blieben, weil<br />
die Täterschaft ohne dieses polizeiliche<br />
Hilfsmittel sich unentdeckt wähnt und im<br />
Dunkeln sich austoben kann. So gesehen,<br />
hat dissuasive Videoüberwachung nicht<br />
nur eine aufklärerische, sondern auch eine<br />
abschreckende Wirkung. Der Einsatz<br />
von Videokameras gegen Vandalismus,<br />
Sachbeschädigung, Diebstahl, aber auch<br />
bei unserem registrierten Mass an Abfalltourismus<br />
scheint mir auf jeden Fall eine<br />
Überlegung wert. So weit, so gut.<br />
Sicherheit versus Freiheit<br />
Doch die Medaille hat eine Kehrseite. Bei<br />
genauerem Hinsehen stellen sich Fragen<br />
ein: Lohnt sich der Aufwand Stehen<br />
Aufwand und Ertrag in einem sinnvollen<br />
Verhältnis Wie steht es um den Datenschutz<br />
Kann ich, wenn es mir beliebt,<br />
mein Glasgut jede Woche in den Container<br />
werfen – ohne deswegen als Alkoholiker<br />
verdächtigt zu werden Oder morgens<br />
ungekämmt mit offenem Kittel über den<br />
Bahnhofplatz hetzen, um den Zug doch<br />
noch zu erreichen, ohne dass Big Brother<br />
das zu Protokoll nimmt Man muss<br />
sich vor Augen halten, dass die Videoüberwachung<br />
nicht Ursachen bekämpft,<br />
sondern nur der nachträglichen Aufklärung<br />
von begangenen Untaten dient. Der<br />
unbestrittene Nutzen wird erkauft mit<br />
einem Verlust an Freiheit zur informellen<br />
Selbstbestimmung. Um unter besonderen<br />
Umständen mögliche Straftaten besser<br />
aufklären zu können, werden wir täglich<br />
und stündlich alle gefilmt.<br />
Das öffentliche Leben, heruntergebrochen<br />
auf jedes Individuum, wird observiert<br />
und befristet archiviert. Es entzieht<br />
sich der Erkenntnis des Einzelnen, wann<br />
und unter welchen Bedingungen man unsere<br />
Person als Datenmaterial abruft und<br />
in welchen Kontext wir gestellt werden.<br />
Niemand kann ausschliessen, in eine Medienkampagne<br />
zu geraten, wie das Heinrich<br />
Böll in dem Stück «Die verlorene<br />
Ehre der Katharina Blum» so drastisch<br />
geschildert hat.<br />
Allerdings müssen wir uns auch eingestehen,<br />
dass die Welt seit Böll sich verändert<br />
hat. Die erhöhte Mobilität hat auch<br />
<strong>KoBo</strong> 04/08 9