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Wendezeit 1/15 - Herr der Ringe

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Oscars prämierte, Verfilmung (2001-2003)<br />

unter <strong>der</strong> Regie von Peter Jackson.<br />

Hintergründe<br />

J. R. R. Tolkien war als mediävistischer<br />

Anglist, als Sprach- und Literaturwissenschaftler,<br />

zeitlebens mit den literarischen<br />

Stoffen <strong>der</strong> altenglischen Literatur<br />

verbunden. Insbeson<strong>der</strong>e ist sein<br />

Kommentar zum Beowulf-Epos (Beowulf<br />

– the Monster and the Critics) in <strong>der</strong> Philologie<br />

noch heute ein wissenschaftlicher<br />

Markstein. Darüber hinaus war es<br />

Tolkiens Arbeitsalltag, vergleichende Forschungen<br />

mit an<strong>der</strong>en germanischen und<br />

aussergermanischen Literaturen <strong>der</strong> frühbis<br />

hochmittelalterlichen europäischen<br />

Literatur zu unternehmen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

mit den Quellen <strong>der</strong> altnordischen Literatur,<br />

<strong>der</strong> Islandsagas und den mythologischen<br />

Texten aus den eddischen<br />

Schriften sowie Motiven aus <strong>der</strong> deutschen<br />

Volkssage (beispielsweise die Entdeckung<br />

des Motivs zur Figur des Zauberers<br />

Gandalf bei einer Reise durch<br />

das Rheintal).<br />

Tolkiens ursprüngliche Absicht war es,<br />

nach eigenen Worten mit Blick auf die<br />

skandinavischen und deutschen Über lieferungen,<br />

eine englische Mythologie zu<br />

entwerfen, angesichts dessen, dass kaum<br />

mythologische Motive o<strong>der</strong> greifbare Stoffe<br />

in <strong>der</strong> zumeist klerikalen altenglischen<br />

Literatur überliefert sind und keltische<br />

Stoffe nicht das Alter haben wie die Nordischen.<br />

Die heidnische Phase <strong>der</strong> angelsächsischen<br />

Ansiedlung auf <strong>der</strong> britischen<br />

Hauptinsel, unter <strong>der</strong> die mitgebrachten<br />

Sagenstoffe tradiert und entwickelt<br />

werden konnten, dauerte nur <strong>15</strong>0<br />

Jahre bis zur umfassenden Christianisierung<br />

<strong>der</strong> Angelsachsen und dem da mit<br />

einhergehenden Verlust dieser mutmasslich<br />

vorhandenen mythologischen Stoffe<br />

– bis auf die Ausnahme des Beo wulfepos.<br />

Tolkien nahm daher bewusst Anleihen<br />

aus benachbarten germanischen,<br />

keltischen und europäischen Kulturen,<br />

Literaturen und Sprachen. Für die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Elbensprachen Sindarin<br />

und Quenya nahm Tolkien beispielsweise<br />

Anleihen bei den romanischen und<br />

finno-ugrischen Sprachen, hierbei beson<strong>der</strong>s<br />

bei <strong>der</strong> finnischen Sprache. Ein ganz<br />

bewusst genutztes Stilmittel Tolkiens in<br />

Anlehnung an die nordischen Quellen<br />

sind die häufigen Verstexte, die von den<br />

einzelnen Protagonisten in Lied form vor-<br />

getragen werden und auch so deutlich<br />

durch Tolkien vom Fliesstext abgesetzt<br />

wurden.<br />

Der Name Mittelerde beispielsweise leitet<br />

sich von dem altnordischen Wort<br />

Midgard und dem althochdeutschen Mittilagart<br />

ab. Die nordische Entsprechung<br />

entstammt direkt <strong>der</strong> Nordischen Mythologie,<br />

beziehungsweise <strong>der</strong> darin erzählten<br />

Kosmogonie; sie diente Tolkien als<br />

eine inspirierende Vorlage. Das Motiv des<br />

Einen <strong>Ringe</strong>s und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Zauberringe<br />

entnahm Tolkien aus <strong>der</strong> germanischen<br />

Mythologie anhand <strong>der</strong> Vorlage<br />

des Draupnir. Gleichfalls ist das Ringmotiv<br />

ein markanter Bestandteil in <strong>der</strong><br />

hochmittelalterlichen Artusepik. Hartmann<br />

von Aue verwendete in seiner Artusbearbeitung<br />

Iwein das Motiv des unsichtbar<br />

machenden <strong>Ringe</strong>s, ähnlich ist auch<br />

das Motiv <strong>der</strong> Tarnkappe aus dem Nibelungensagen-<br />

und Nibelungenliedkontext<br />

bekannt. Kennzeichnend sind ebenfalls<br />

die Namen <strong>der</strong> Zwerge, die Tolkien<br />

in grosser Zahl aus <strong>der</strong> Dvergatal <strong>der</strong><br />

Völuspá entnommen hat.<br />

Europäische Geschichte und<br />

Mythologie in Tolkiens Welt<br />

Eine umfassende Mythologie Mittelerdes<br />

ist im Silmarillion zusammengestellt.<br />

Experten des National Trust halten es<br />

al lerdings auch für möglich, dass ein<br />

1785 in Silchester gefundener römischer<br />

Goldring Tolkien inspiriert haben könnte.<br />

In diesen Ring, bekannt als «The Vyne»,<br />

wurde in spätrömischer Zeit <strong>der</strong><br />

Name «Senicianus» eingraviert. Hun<strong>der</strong>t<br />

Jahre später fand man 130 Kilometer<br />

entfernt eine antike Bleitafel, auf <strong>der</strong><br />

«The Vyne», römischer Goldring<br />

J. R. R. Tolkien, 1916<br />

«Silvianus» den Dieb des <strong>Ringe</strong>s verflucht.<br />

1929 gab Tolkien als Philologe<br />

ein Gutachten über diesen Fund ab –<br />

ein Jahr bevor er die Arbeit an Der Hobbit<br />

begann.<br />

Die Einzelbücher<br />

und ihre Titel<br />

Der <strong>Herr</strong> <strong>der</strong> <strong>Ringe</strong> ist in sechs Bücher<br />

unterglie<strong>der</strong>t und besitzt einige Anhänge.<br />

Anstatt in einer Gesamtausgabe wurde<br />

das Werk – gegen den Wunsch des<br />

Autors – von den Verlegern, insbeson<strong>der</strong>e<br />

von Rayner Unwin, vor allem wegen<br />

<strong>der</strong> hohen Papierpreise im Nachkriegsengland,<br />

zunächst in drei Bänden publiziert:<br />

(Die Gefährten, Die zwei Türme<br />

und Die Rückkehr des Königs o<strong>der</strong> Die<br />

Wie<strong>der</strong>kehr des Königs in <strong>der</strong> Carrouxbzw.<br />

Krege-Übersetzung). Band 1 erschien<br />

am 29. Juli 1954, Band 2<br />

am 11. November desselben<br />

Jahres und Band 3<br />

nach einer längeren Verzögerung,<br />

die den Arbeiten<br />

am Index geschuldet<br />

war, am 20. Oktober 1955.<br />

Von <strong>der</strong> Sekundärliteratur<br />

wird <strong>der</strong> Roman daher<br />

oft als Trilogie bezeichnet.Tolkien<br />

selbst hat dagegen<br />

mehrfach zum Ausdruck<br />

gebracht, einen einzigen<br />

Roman geschaffen<br />

zu haben. Ursprünglich<br />

sollten die sechs Bücher<br />

<strong>der</strong> Handlung eigenstän-<br />

Schwerpunkt<br />

<strong>Wendezeit</strong> 1/<strong>15</strong><br />

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