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Newsletter Menschenrechte - Jan Sramek Verlag

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NLMR 1/2011-EuGH<br />

Bezüglich der Prozesskostenhilfe in der Form der<br />

Befreiung von den Gerichtskosten ist der EGMR der Meinung,<br />

dass zu prüfen sei, ob die Beschränkungen des<br />

Rechts auf Zugang zu den Gerichten das Recht in seinem<br />

Wesensgehalt beeinträchtigen, ob sie einen legitimen<br />

Zweck verfolgten und ob die eingesetzten Mittel in angemessenem<br />

Verhältnis zum verfolgten Ziel standen. Daraus<br />

ergibt sich, dass die Prozesskostenhilfe sowohl den<br />

Beistand eines Rechtsanwalts als auch die Befreiung von<br />

den Gerichtskosten decken kann. Aus der Prüfung der<br />

Rechtsprechung ist ferner abzuleiten, dass die Gewährleistung<br />

von Prozesskostenhilfe für juristische Personen<br />

nicht grundsätzlich ausgeschlossen, jedoch nach Maßgabe<br />

der geltenden Vorschriften und der Verhältnisse<br />

der jeweiligen Gesellschaft zu beurteilen ist. Der Gegenstand<br />

des Rechtsstreits, insbesondere seine wirtschaftliche<br />

Bedeutung, kann dabei berücksichtigt werden. Bei<br />

der Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit<br />

von juristischen Personen kann insbesondere die<br />

Gesellschaftsform, die Finanzkraft der Anteilseigner,<br />

der Gesellschaftszweck, die Modalitäten ihrer Gründung<br />

und speziell das Verhältnis zwischen den ihr zur<br />

Verfügung gestellten Mitteln und der geplanten Tätigkeit<br />

beachtet werden.<br />

Der EFTA-Überwachungsbehörde zufolge könne nach<br />

deutschem Recht einem Unternehmen niemals Prozesskostenhilfe<br />

bewilligt werden, wenn es noch nicht in der<br />

Lage gewesen sei, sich richtig mit Arbeitnehmern und<br />

anderen Betriebsfaktoren zu etablieren. Die nationalen<br />

Gerichte müssen zwar einen solchen Umstand berücksichtigen,<br />

sie haben allerdings auch einen gerechten<br />

Ausgleich anzustreben, um den Zugang von Antragstellern<br />

zu den Gerichten zu gewährleisten, ohne aber diese<br />

gegenüber anderen Antragstellern zu bevorzugen. Das<br />

vorlegende Gericht und die deutsche Regierung haben<br />

hierzu ausgeführt, dass der Begriff »allgemeine Interessen«<br />

es erlaubt, alle nur denkbaren allgemeinen Interessen<br />

zugunsten einer juristischen Person einzubeziehen.<br />

DEB gg. Deutschland<br />

die Bedeutung des Rechtsstreits für diesen, die Komplexität<br />

des geltenden Rechts und des anwendbaren Verfahrens<br />

sowie die Fähigkeit des Klägers berücksichtigen,<br />

sein Anliegen wirksam zu verteidigen. Bezüglich der Verhältnismäßigkeit<br />

kann der nationale Richter die Höhe<br />

der vorzuleistenden Gerichtskosten und dem Umstand<br />

Rechnung tragen, ob sie überhaupt für den Zugang zum<br />

Recht ein unüberwindliches Hindernis darstellen oder<br />

nicht. Insbesondere bei juristischen Personen kann der<br />

nationale Richter deren Verhältnisse erwägen.<br />

•<br />

53<br />

Der EuGH hat für Recht erkannt:<br />

Auf die Vorlagefrage ist zu antworten, dass der in Art. 47<br />

GRC verankerte Grundsatz des effektiven gerichtlichen<br />

Rechtsschutzes in Art. 47 GRC so auszulegen ist, dass<br />

seine Geltendmachung durch juristische Personen nicht<br />

ausgeschlossen ist. Die Befreiung kann die Zahlung des<br />

Gerichtskostenvorschusses und/oder der Gebühren für<br />

den Beistand eines Rechtsanwalts umfassen.<br />

Der nationale Richter muss insoweit untersuchen, ob<br />

die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe<br />

das Recht auf Zugang zu den Gerichten in seinem<br />

Wesensgehalt beinträchtigen, ob die Beschränkung<br />

einem legitimen Zweck dient und ob die eingesetzten<br />

Mittel in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten<br />

Ziel stehen. Er kann sowohl den Streitgegenstand,<br />

die begründeten Erfolgsaussichten des Klägers als auch<br />

Österreichisches Institut für <strong>Menschenrechte</strong><br />

© <strong>Jan</strong> <strong>Sramek</strong> <strong>Verlag</strong>

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