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Newsletter Menschenrechte - Jan Sramek Verlag

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60<br />

NLMR 1/2011-Literatur<br />

Jörn Eschment<br />

Musterprozesse vor dem Europäischen Gerichtshof für<br />

<strong>Menschenrechte</strong>.<br />

Probleme und Perspektiven des Piloturteilsverfahrens<br />

Peter Lang, Frankfurt a. M. 2011<br />

ISBN 978-3-631-61469-3, geb., 349 S., € 60,–<br />

Der massenhafte Anstieg an Beschwerden beansprucht<br />

die Arbeitskapazitäten des EGMR erheblich. Ein großer<br />

Teil davon besteht aus Parallelverfahren, welche oft aus<br />

strukturellen Konventionsverletzungen (z.B. überlange<br />

Verfahrensdauer) resultieren. In so genannten Piloturteilsverfahren<br />

versucht der EGMR dieser Problematik<br />

Herr zu werden, indem in einem Fall eine prioritäre Entscheidung<br />

für weitere, rechtlich gleich gelagerte Verfahren<br />

getroffen wird. In diesen Folgeverfahren kann dann<br />

unter vereinfachten Bedingungen entschieden werden.<br />

Jörn Eschment beschreibt in seiner Monografie in vier<br />

Kapiteln Theorie und Praxis des Piloturteilsverfahrens<br />

und analysiert dessen Potential und Probleme kritisch.<br />

Nach einer kurzen Einleitung über die gesamteuropäische<br />

Menschenrechtsordnung und die führende<br />

Rolle des EGMR darin wird im ersten Kapitel vor allem<br />

die Funktionsweise des Konventionssystems erläutert,<br />

bevor Eschment auf seine Reformen eingeht. Besonders<br />

hervorzuheben ist dabei das 14. Prot. EMRK, welches die<br />

Aussonderungskompetenzen des EGMR verstärkt und<br />

den Umgang mit Parallelverfahren verbessert.<br />

Im zweiten Kapitel beschreibt Eschment anfangs den<br />

Fall Broniowski gg. Polen, das erste Piloturteilsverfahren.<br />

Darauf aufbauend kritisiert er den Begriff an sich und<br />

formuliert einen eigenständigen Definitionsvorschlag.<br />

Im Folgenden geht der Autor auf die Rechtsgrundlage<br />

ein und zeigt anhand verschiedener Beispiele den<br />

Anwendungsbereich auf. Dies gliedert er nach aktuellen<br />

und potentiellen Einsatzgebieten.<br />

Im dritten Kapitel geht Eschment sehr ausführlich auf<br />

das Piloturteilsverfahren in der Praxis ein, indem er in<br />

einem Dreischritt Verfahrenseröffnung, Hauptsacheverfahren<br />

im Pilotfall und Folgeverfahren in Parallelsachen<br />

beschreibt.<br />

Abschließend stellt Eschment in Kapitel vier die Perspektiven<br />

des Piloturteilsverfahrens dar. Dabei unterscheidet<br />

er zwischen Fortführungsprognosen und der<br />

Umsetzung von Piloturteilen.<br />

In einer abschließenden Schlussbetrachtung resümiert<br />

Eschment nochmals sämtliche Befunde.<br />

Der übersichtlich logische Aufbau und Zwischenresümees<br />

erleichtern den Einstieg in die Thematik. Eschment<br />

kommt immer zu einem ausgewogenen eigenen Ansatz,<br />

nachdem er das herrschende Verständnis dargestellt<br />

hat. Die Dissertation stellt einen hilfreichen Beitrag zur<br />

Diskussion um die zukünftige Arbeit des EGMR dar.<br />

Julius Lagodny<br />

<strong>Jan</strong> Martin Hoffmann<br />

Die Europäische Menschenrechtskonvention und<br />

nationales Recht.<br />

Ein Vergleich der Wirkungsweise in den<br />

Rechtsordnungen des Vereinigten Königreichs und der<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Carl Heymanns <strong>Verlag</strong>, Köln 2010<br />

ISBN 978-3-452-27461-8, geb., 165 S., € 45,30<br />

Die Art und Weise der Umsetzung der EMRK im Vereinigten<br />

Königreich und in der BRD wurde bis dato noch keiner<br />

umfassenden vergleichenden Untersuchung unterzogen.<br />

Der Autor legt den Schwerpunkt auf die Situation<br />

im Vereinigten Königreich, war doch jene in Deutschland<br />

bereits Gegenstand zahlreicher Abhandlungen.<br />

Der erste, eher kurz gehaltene Teil richtet das Augenmerk<br />

auf die Wirkungen der Entscheidungen des EGMR.<br />

Im zweiten Teil setzt sich <strong>Jan</strong> Martin Hoffmann intensiv<br />

mit der Stellung der EMRK im Rechtssystem des Vereinigten<br />

Königreichs auseinander. Nach einem Überblick<br />

über die historische Entwicklung (das Vereinigte<br />

Königreich hat lange davon abgesehen, die in der EMRK<br />

verankerten Grundrechte und -freiheiten in das innerstaatliche<br />

Recht zu überführen) wird von ihm insbesondere<br />

die rechtliche Situation nach dem 1998 erfolgten<br />

Inkrafttreten des »Human Rights Act« (HRA) beleuchtet.<br />

Mit diesem Gesetz wurden die substantiellen Artikel der<br />

EMRK in britisches Recht inkorporiert. Der Autor geht<br />

ausführlich auf unterschiedliche Vorgaben des HRA<br />

ein, die zum einen die Behörden verpflichten, die nationalen<br />

Gesetze konventionskonform auszulegen, zum<br />

anderen die Gerichte bei Fragen, welche ein Konventionsrecht<br />

betreffen, dazu aufrufen, unter anderem Urteile<br />

des EGMR in ihre Entscheidung miteinzubeziehen.<br />

Er kommt zu dem Schluss, dass der HRA das Problem,<br />

die verfassungsrechtlichen Eigenheiten des britischen<br />

Rechtssystems mit der Einhaltung der Konventionsrechte<br />

in Einklang zu bringen, überzeugend gelöst hat.<br />

Bei der Schilderung der Situation in der BRD, wo die<br />

EMRK bekanntlich einfachgesetzlichen Rang aufweist,<br />

konzentriert sich <strong>Jan</strong> Martin Hoffmann auf Fragen der<br />

Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR durch<br />

das BVerfG, das immerhin festgestellt hat, dass dessen<br />

Judikate in den Willensbildungsprozess des zu einer<br />

Entscheidung berufenen Gerichts einfließen müssen.<br />

Im dritten Teil, »Vergleich und Ergebnis«, hält der<br />

Autor fest, dass die Konventionsrechte in der BRD in<br />

aller Regel als Ergänzung des aktuellen Grundrechtsschutzsystems<br />

verstanden würden, während sie im Vereinigten<br />

Königreich den maßgeblichen Katalog menschenrechtlicher<br />

Gewährleistungen darstellten. Beide<br />

Systeme würden genügend Flexibilität aufweisen, um<br />

den Anforderungen der EMRK gerecht zu werden.<br />

Eduard Christian Schöpfer<br />

Österreichisches Institut für <strong>Menschenrechte</strong><br />

© <strong>Jan</strong> <strong>Sramek</strong> <strong>Verlag</strong>

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