10.11.2012 Aufrufe

N u ß b a c h i m B u r z e n l a n d - HOG Nussbach

N u ß b a c h i m B u r z e n l a n d - HOG Nussbach

N u ß b a c h i m B u r z e n l a n d - HOG Nussbach

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Bericht von meiner Fahrt um die Glocken<br />

nach Apolda im Jahre 1922<br />

(Aus „Lebenserinnerungen“ von Prediger-Lehrer Hans Olesch)<br />

Im ersten Weltkrieg hatte man von vielen Türmen die Glocken beschlagnahmt, um<br />

daraus Kanonen zu gie<strong>ß</strong>en. Im Jahre 1921/1922 hatte der Nu<strong>ß</strong>bächer Spar- und<br />

Vorschussverein beschlossen, neue Glocken anzuschaffen. Sie wurden bei der Firma<br />

Schilling in Apolda bestellt und sollten Jan./Febr. 1922 daselbst übernommen<br />

werden.<br />

Zur Übernahme der neuen Glocken wurden Friedrich Foof (Nr. 62) und ich, Hans<br />

Olesch nach Apolda geschickt. Brenndorf hatte bei derselben Firma auch 3 Glocken<br />

bestellt, so musste ich vor unserer Fahrt nach Apolda noch nach Brenndorf fahren.<br />

Gegen Ende Januar hatte es so viel geschneit, dass der Schnee fast 2 Meter hoch auf<br />

der Stra<strong>ß</strong>e lag. Es fing wieder an zu schneien, als ich am Nachmittag nach Brenndorf<br />

fuhr. Auf der Brenndorfer Station lag der Schnee so hoch, dass ich beim Aussteigen<br />

bis unter die Arme versank. Mit Mühe gelangte ich zum Bahnhofsgebäude.<br />

Mein Vater sollte mich mit dem Schlitten abholen, kam aber nur mit 2 Pferden ohne<br />

Schlitten, so dass wir nur unter gro<strong>ß</strong>en Strapazen das Dorf erreichten. Als ich am<br />

nächsten Tag wieder nach Nu<strong>ß</strong>bach zurück sollte, hielt der Zug nur in Apaza, von<br />

dort musste ich mittels Schlitten nach Nu<strong>ß</strong>bach fahren. Für den 6 km langen Weg<br />

brauchten wir fast 3 Stunden, weil sich die Pferde nur mühsam den Weg bahnen<br />

konnten.<br />

Am 29. Januar 1922 fuhren wir von Apaza mit dem Express ab und waren am<br />

nächsten Tag mittags in Wien. Nach kurzem Aufenthalt fuhren wir über Nürnberg –<br />

Hof – Jena nach Apolda. In Deutschland war infolge der Inflation gro<strong>ß</strong>e Not. Beim<br />

Grenzüberschreiten wechselten wir 100 Lei in 100.000 Reichsmark um, bei der<br />

Heimfahrt bekam man schon 5 Millionen für 100 Lei.<br />

In Apolda waren wir Gäste des Glockengie<strong>ß</strong>ers und als wir die Glocken in Bezug<br />

auf die Abstimmung mit der zu Hause noch vorhandenen Glocke übernommen hatten,<br />

fuhren wir nach Leipzig, von wo wir uns nach eintägigem Aufenthalt auf die<br />

Heimreise machten.<br />

Wir hatten, als wir auf den Treppen des Leipziger Bahnhofs die zerlumpten, halbnackten,<br />

bettelnden Kinder sahen, einen erschütternden Eindruck von der Not in<br />

Deutschland in der Nachkriegszeit erhalten und bis heute sind mir die Bilder in<br />

Erinnerung geblieben. Es tat uns nicht leid, dass wir das Völkerschlachtdenkmal<br />

bestiegen hatten und einen wunderbaren Rund- und Weitblick über Leipzig und<br />

Umgebung genie<strong>ß</strong>en konnten.<br />

Auf der Heimreise blieben wir 2 Tage zu Gast bei meinem Onkel in Wien, der uns<br />

mit seinem Auto auf einer Rundfahrt die Sehenswürdigkeiten Wiens zeigte. Er hätte<br />

uns gern noch in Wien behalten, leider mussten wir aber die Heimreise antreten.<br />

- 16 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!