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BRAK-Mitt. 3/2003 Pflichten und Haftung <strong>de</strong>s Anwalts 119<br />
Überblick<br />
eines nicht zweifelsfreien Beschlusses in Kombination mit<br />
einem darauf nach Art. 6 VO 17 gerichteten Freistellungsverlangen.<br />
VII. Anwaltliches Berufsrecht unter <strong>de</strong>m künftigen Regime<br />
<strong>de</strong>r Wettbewerbsregeln<br />
Zum 1.5.2004 tritt die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 <strong>de</strong>s Rats zur<br />
Durchführung <strong>de</strong>r EG-Wettbewerbsregeln 29 in Kraft. Diese Verordnung<br />
löst die althergebrachte und vertraute VO 17 ab und<br />
führt zu einem System- und Paradigmenwechsel im Wettbewerbsrecht<br />
<strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaft. Das gewohnte und<br />
nach parallelen Anwendungsgrundsätzen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen GWB<br />
vertraute Verbotsrecht mit <strong>de</strong>m Freistellungsvorbehalt für angemel<strong>de</strong>te<br />
Vereinbarungen und Beschlüsse wird ersetzt durch eine<br />
Regelung, bei <strong>de</strong>r sich die Kommission <strong>de</strong>s Privilegs <strong>de</strong>r Alleinzuständigkeit<br />
für die Einzelfreistellung begibt und es sich selbst<br />
ebenso wie <strong>de</strong>n nationalen Behör<strong>de</strong>n und Gerichten vorbehält,<br />
am einzelnen Sachverhalt und zum jeweiligen einzelnen Prüfungsfall<br />
darüber zu befin<strong>de</strong>n, ob Verbotstatbestän<strong>de</strong> eingreifen<br />
und durch die Legalausnahmen gelten<strong>de</strong>r Freistellungstatbestän<strong>de</strong><br />
entschärft wer<strong>de</strong>n. Ein solches System for<strong>de</strong>rt je<strong>de</strong>nfalls<br />
in <strong>de</strong>r Anlaufzeit von <strong>de</strong>n Beteiligten ein erhöhtes Maß an Sorgfalt<br />
und Vorsicht für die Selbsteinschätzung, da we<strong>de</strong>r vorübergehen<strong>de</strong><br />
(im Wege vorläufiger Anmeldung) noch endgültige administrative<br />
Klärung (comfort letter, Negativattest, Freistellungsentscheidung)<br />
länger zu erlangen sein wer<strong>de</strong>n.<br />
Für die Tätigkeit <strong>de</strong>r Wirtschaftsunternehmen gibt es für diese ab<br />
dann notwendige Selbsteinschätzung wenigstens <strong>de</strong>n Reichtum<br />
einer umfänglichen Anwendungspraxis seit <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>r<br />
VO 17 im Jahre 1962. Für die erst jüngst in das Spannungsfeld<br />
<strong>de</strong>r Wettbewerbsregeln gerückte Anwaltschaft fehlt es aber an<br />
29 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 <strong>de</strong>s Rates v. 16.12.202 – Abl. L 2003 1/1.<br />
je<strong>de</strong>r die Strukturentscheidungen <strong>de</strong>s EuGH ausfüllen<strong>de</strong>n Fallpraxis,<br />
so dass auch im Hinblick auf die komplexen Beurteilungen<br />
im o<strong>de</strong>r außerhalb <strong>de</strong>s Tatbestan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Art. 81 Abs. 1 EGV<br />
Rechtsunsicherheit verbleiben wird.<br />
Die Kommission hat in Aussicht gestellt, dieses Defizit an<br />
Rechtsklarheit durch Leitlinien zu überbrücken, mit <strong>de</strong>nen sie<br />
ihre wettbewerbs- und rechtspolitischen Vorstellungen kundtun<br />
will. Dabei wird es gelten, <strong>de</strong>n Einklang zwischen Gestaltungswillen<br />
und Gestaltungsspielraum sorgfältig auszuloten. Es ist bekannt,<br />
dass die Kommission mit Hilfe <strong>de</strong>r Wettbewerbsregeln<br />
strengere Interventionen gegenüber <strong>de</strong>m anwaltlichen Berufsrecht<br />
geplant hatte, sich in diesem Vorhaben aber durch die Vorlageentscheidungen<br />
<strong>de</strong>s EuGH zurückzunehmen gehalten sieht.<br />
VIII. Fazit<br />
Die anwaltliche Unabhängigkeit bleibt Garant <strong>de</strong>r Rechtsgewährleistung<br />
im <strong>de</strong>mokratischen Staat. Sie verlangt nach <strong>de</strong>legierter<br />
Selbstverwaltung und Freiheit von staatlicher Einflussnahme<br />
und Kontrolle. Dabei können Verhaltensweisen in <strong>de</strong>n<br />
Formen von Vereinbarungen o<strong>de</strong>r Beschlüssen veranlasst sein,<br />
die dienstleisten<strong>de</strong> wirtschaftliche Betätigung <strong>de</strong>r Berufsangehörigen<br />
betreffen o<strong>de</strong>r berühren. Eine nur nach diesen Kriterien<br />
angestellte und auf das Wettbewerbsrecht verengte Prüfung<br />
bleibt vor<strong>de</strong>rgründig. Sie übersieht, dass anwaltliches Tun von<br />
berufsethischen Vorgaben nicht weniger geprägt ist als von unternehmerischen<br />
Zielsetzungen. Diese zweite Handlungskomponente<br />
droht bei einer rein wettbewerbsrechtlichen Betrachtungsweise<br />
zu kurz zu kommen. Daher ist es sehr zu begrüßen,<br />
dass <strong>de</strong>r EuGH einen Grundbestand an Normen zugesteht, die<br />
notwendig sind, um die ordnungsgemäße Ausübung <strong>de</strong>s Rechtsanwaltsberufs<br />
in <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n Mitgliedsstaaten sicherzustellen,<br />
und die <strong>de</strong>shalb aus <strong>de</strong>m Verbot <strong>de</strong>s Art. 81 Abs. 1 EGV<br />
und entsprechend aus <strong>de</strong>r Interventionskompetenz <strong>de</strong>r Kommission<br />
herausgehalten wer<strong>de</strong>n.<br />
Pflichten und Haftung <strong>de</strong>s Anwalts<br />
Rechtsanwälte Bertin Chab und Holger Grams<br />
Rechtsanwältin Antje Jungk<br />
Allianz Versicherungs-AG, München<br />
Überblick<br />
Anwaltsfehler als Spekulationsgarantie<br />
Aus <strong>de</strong>r Sicht eines Berufshaftpflichtversicherers kann man sich<br />
zuweilen <strong>de</strong>s Eindrucks nicht erwehren, dass mancher Mandant<br />
die Beauftragung eines Rechtsberaters als allumfassen<strong>de</strong> Garantie<br />
für <strong>de</strong>n wirtschaftlichen Erfolg <strong>de</strong>s von diesem betreuten Geschäfts<br />
ansieht. Wird ein Vertragspartner insolvent, lastet man<br />
<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Verlust kurzerhand <strong>de</strong>m Rechtsberater an<br />
mit <strong>de</strong>m Vorwurf, dass dieser nicht dafür gesorgt habe, <strong>de</strong>n<br />
Scha<strong>de</strong>n zu verhin<strong>de</strong>rn. Im Einzelfall mag ein solcher Vorwurf<br />
ja durchaus seine Berechtigung haben, so beispielsweise bei<br />
fehlen<strong>de</strong>r Beratung eines Notars o<strong>de</strong>r RA über das Risiko einer<br />
ungesicherten Vorleistung o<strong>de</strong>r einer entsprechend ungünstigen<br />
Vertragsgestaltung. Viele verkennen dabei aber, dass <strong>de</strong>r Berater<br />
kein Garant für <strong>de</strong>n wirtschaftlichen Erfolg eines Geschäfts sein<br />
kann und will. Die Rspr. zur Prospekthaftung bzw. allgemein zur<br />
Dritthaftung von Rechts- und Wirtschaftsberatern zeigt aber,<br />
dass allein schon das Auftreten eines Notars o<strong>de</strong>r RA in bestimmten<br />
Fällen die Gefahr einer Garantenstellung birgt.<br />
Eine ähnliche Anschauung haben Mandanten zuweilen auch<br />
im Hinblick auf die Folgen eines Fehlers ihres Rechtsberaters.<br />
Eine Pflichtverletzung scheint dann ein willkommener Anlass<br />
zu sein, sich aus einem ungünstig verlaufenen Geschäft schadlos<br />
zu verabschie<strong>de</strong>n. So geschehen bei einem StB, <strong>de</strong>r unzutreffend<br />
zu <strong>de</strong>n steuerlichen Vorteilen einer stillen Einlage beraten<br />
hatte. Die angestrebten steuerlichen Verluste wur<strong>de</strong>n nur<br />
zu einem geringen Teil erreicht. Unangenehmer für <strong>de</strong>n Mandanten<br />
war es, dass sich auch die kaufmännischen Ziele nicht<br />
erfüllten: Die GmbH fiel in Konkurs. Der Mandant for<strong>de</strong>rte im<br />
Steuerberaterregress Rückzahlung seiner Einlagebeträge. Ohne