thüringen 01-05
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TITELTHEMA<br />
Ganz Thüringen als EINE Denkfabrik<br />
Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) sieht die Entwicklung des Freistaats auf Wachstumskurs<br />
Jürgen Reinholz, Wirtschaftsminister Freistaat Thüringen<br />
Wirtschaftsspiegel: Thüringen<br />
präsentiert sich seit drei Jahren<br />
als „Denkfabrik“. Was ist das<br />
Besondere daran?<br />
Reinholz: „Wenn man es auf eine<br />
kurze Formel bringen will: eine lange<br />
Forschungstradition, eine breit gefächerte<br />
Forschungsinfrastruktur<br />
und qualifizierte Fachkräfte.<br />
So sind in Thüringen über Jahre und<br />
Jahrzehnte hinweg Kompetenzen in<br />
Technologiefeldern aufgebaut worden,<br />
die auch in Zukunft eine wichtige<br />
Rolle spielen werden - wie Optik,<br />
Biotechnologie, Werkstoffforschung,<br />
Mikroelektronik. Für die ‘Denkfabrik’<br />
spricht aber auch die höchste Zahl<br />
von Patentanmeldungen im Osten<br />
Deutschlands oder das regelmäßig<br />
gute Abschneiden bei nationalen und<br />
internationalen Erfindermessen: Von<br />
der IENA 2004 in Nürnberg brachten<br />
die Thüringer Tüftler zuletzt insgesamt<br />
elf Medaillen und Preise mit<br />
nach Hause.“<br />
Wirtschaftsspiegel: Thüringen<br />
hat nach der Wende einen Um-<br />
Netzwerk bedeutet Kräfte bündeln<br />
OptoNet und Silicon Saxony besiegeln Partnerschaft<br />
Jena (ul) OptoNet, der Thüringer<br />
Firmenverbund für Optische Technologien,<br />
und Silicon Saxony, ein<br />
Netzwerk von 170 Firmen der<br />
Halbleiter- und Mikrosystemindustrie,<br />
wollen künftig verstärkt auf<br />
den Gebieten der Optoelektronik<br />
zusammenarbeiten. Das sieht ein<br />
Anfang März geschlossenes Abkommen<br />
vor. Dabei sollen insbesondere<br />
Forschungseinrichtungen<br />
und kleinere Firmen enger kooperieren.<br />
„Mit der Optik in Thüringen und<br />
der Mikroelektronik in Sachsen<br />
verbinden wir zwei führende<br />
Hightechbranchen der ostdeutschen<br />
Industrie“, sagt Dr. Klaus<br />
Schindler, der Geschäftsführer des<br />
OptoNet. "Schon jetzt arbeiten viele<br />
unserer Mitgliedsfirmen in Dresden<br />
und Jena eng zusammen", er-<br />
gänzt Gitta Haupold, Geschäftsführerin<br />
von Silicon Saxony.<br />
Schließlich gäbe es die moderne<br />
Mikroelektronik gar nicht, könnte<br />
man nicht mit Hilfe der Photolithografie<br />
winzige Strukturen auf die<br />
Siliziumscheiben, den Grundwerkstoffe<br />
von Computerchips, auftragen,<br />
sind sie sich sicher. OptoNet<br />
bündelt die Interessen von über 60<br />
Unternehmen, Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen, die sich<br />
auf dem Gebiet der Optischen<br />
Technologien engagieren.<br />
Die 2000 gegründete Silicon Saxony<br />
ist mit rund 170 Hersteller,<br />
Zulieferer, Dienstleister, Hochschulen,<br />
Forschungsinstitute und<br />
öffentliche Einrichtungen aus<br />
Sachsen der größte Industrieverband<br />
der Mikroelektronik Deutschlands. <br />
bau seiner gesamten Wirtschaft<br />
erfahren. Wie stellt sich die Lage<br />
des Freistaats heute dar?<br />
Reinholz: „Nach wie vor steht einem<br />
dynamischen Wachstum der Industrie<br />
ein schrumpfender Bausektor<br />
gegenüber. Insgesamt schreibt<br />
Thüringen mit einem Wachstum des<br />
Bruttoinlandsprodukts von 1,4 Prozent<br />
im ersten Halbjahr aber,<br />
‘schwarze Zahlen’. Dabei fallen vor<br />
allem die hohen Zuwächse beim<br />
Auslandsumsatz der Industrie ins<br />
Auge: von Januar bis September<br />
mehr als 17 Prozent. Das spricht<br />
dafür, dass Thüringer Unternehmen<br />
auf den Weltmärkten allmählich Fuß<br />
fassen.<br />
Und für die Zukunft stimmen die hohen<br />
Auftragseingänge - sowohl im<br />
verarbeitenden wie im Baugewerbe<br />
- optimistisch: mehr als 3% hier, fast<br />
12% dort, wobei vor allem die Auslandsnachfrage<br />
nach Thüringer Industriegütern<br />
um mehr als 24% zugelegt<br />
hat. Thüringen weist seit Jahren<br />
die niedrigste Arbeitslosenquote<br />
der neuen Länder auf und ist ein interessanter<br />
Investitionsstandort,<br />
wofür allein in diesem Jahr von der<br />
Papierfabrik Jass über den Tiefkühlbackwaren-Hersteller<br />
Klemme AG<br />
bis hin zum Lufthansa/RollsRoyce-<br />
Joint-Venture N3 Engine Overhaul<br />
Services eine Reihe von Ansiedlungen<br />
und Investitionsentscheidungen<br />
spricht. Für die weitere wirtschaftliche<br />
Entwicklung in Thüringen sehe<br />
Erfurt (uf) Thüringens Behördendschungel<br />
wird gelichtet. In den<br />
kommenden Jahren sollen landesweit<br />
81 Behörden geschlossen oder<br />
umstrukturiert werden. Diese Strukturreform<br />
ist auf lange Sicht angelegt<br />
und soll „zu mehr Bürgernähe,<br />
mehr Effizienz und mehr Flexibilität<br />
in der Landesverwaltung führen“,<br />
begründete Ministerpräsident Dieter<br />
Althaus einen entsprechenden Kabinettsbeschluss.<br />
Mittel und langfristig<br />
soll damit auch viel Geld eingespart<br />
werden. Zwar werden nicht alle<br />
beschlossenen Maßnahmen sofort<br />
greifen, doch werden nach der Umsetzung<br />
der Reform Personal- und<br />
Sachkosten in Höhe von jährlich 52<br />
Millionen Euro eingespart. Zudem<br />
umgeht der Freistaat 70,5 Millionen<br />
Euro an Investitionen, die bei Beibehaltung<br />
der derzeitigen Strukturen<br />
notwendig würden, beispielsweise<br />
ich daher, offen gesagt, keinen<br />
Grund zum Pessimismus.<br />
Wirtschaftsspiegel: Die knappen<br />
öffentlichen Finanzen stellen<br />
Thüringen vor ernsthafte Probleme?<br />
Reinholz: „Mindestens drei Aufgaben<br />
haben deshalb Priorität.<br />
Erstens: Die einzelbetriebliche Wirtschaftsförderung<br />
muss auf möglichst<br />
hohem Niveau fortgeführt<br />
werden. Vor allem die Gemeinschaftsaufgabe<br />
‘Verbesserung der<br />
regionalen Wirtschaftsstruktur’ als<br />
wichtigstes Förderinstrumentarium<br />
von Bund und Land muss fortgesetzt<br />
werden - und zwar für die Laufzeit<br />
des Solidarpakts II bis 2<strong>01</strong>9. Dabei<br />
kann man durchaus über Förderhöhen<br />
und Förderziele diskutieren.<br />
Zweitens: Wir müssen die Innovationstätigkeit<br />
unserer Unternehmen<br />
weiter beflügeln. Denn klar ist, dass<br />
Thüringen kein Billiglohnland werden<br />
wird. Auch muss die wirtschaftliche<br />
Verwertung von Erfindungen<br />
besser werden. Es ist zwar hervorragend,<br />
dass wir die meisten Patente<br />
in Ostdeutschland anmelden - das<br />
sagt aber noch nichts über die aus<br />
diesen Patenten erzielte Wertschöpfung<br />
aus.<br />
Und drittens schließlich müssen wir<br />
auch im Tourismus, einem wichtigen<br />
Wirtschaftszweig in Thüringen, wieder<br />
auf einen stabilen Wachstumspfad<br />
kommen.“<br />
DAS INTERVIEW FÜHRTE REDAKTUER UWE FROST<br />
Behörden-Reform<br />
für den Neubau oder die Modernisierung<br />
von Behördengebäuden. Auf<br />
der Streichliste stehen unter anderem<br />
7 von 30 Amtsgerichten, 8 von<br />
20 Finanzämtern, das Landesamt<br />
für Soziales und Familie und die vier<br />
staatlichen Umweltämter. Die Aufgaben<br />
sollen in anderen Behörden zusammengefasst<br />
oder an die Kommunen<br />
übertragen werden. Finanzministerin<br />
Birgit Diezel erklärte dazu,<br />
man wolle wegkommen von dem<br />
Prinzip, „Wer ist zuständig?“ zu dem<br />
Grundsatz „Wer kann es am besten?“<br />
Außerdem will die Landesregierung<br />
die Möglichkeiten moderner Kommunikation<br />
besser nutzen und das<br />
so genannte eGovernment stärken.<br />
„Die Daten sollen laufen, nicht der<br />
Bürger“, sagte Diezel. Auch innerhalb<br />
der Verwaltungen soll eGovernment<br />
die Arbeitsprozesse vereinfachen.<br />
WIRTSCHAFTSSPIEGEL<br />
THÜRINGEN MÄRZ 20<strong>05</strong><br />
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