moments - Das Magazin für die schönsten Augenblicke
Ausgabe März 2015
Ausgabe März 2015
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MOTION & ENTERTAINMENT<br />
TEXT: WOLFGANG BOGNER<br />
Für jemanden, der zweifelt<br />
und eher bedächtig agiert, fehlt<br />
heutzutage immer öfter das<br />
tiefere Verständnis.<br />
Herr Geiger, im Mittelpunkt Ihres<br />
neuen Buches steht ein junger<br />
Mann voller Weltschmerz. Eine<br />
weitere Rolle spielt ein Flusspferd.<br />
Wie kamen Sie auf <strong>die</strong>se außergewöhnliche<br />
Paarung?<br />
Ich hatte einen Freund, der 2013 an<br />
einem Gehirntumor gestorben ist.<br />
Ein sehr guter Freund, Oberösterreicher,<br />
Kinderarzt. Er hatte mir einige<br />
Dinge aus seiner Kindheit und<br />
Jugend erzählt, das Buch hat damit<br />
zu tun. Zum Beispiel litt der Freund<br />
darunter, dass er als Kind dick gewesen<br />
war. Davon merkte man nichts<br />
mehr, er war schlank und sportlich,<br />
aber er hatte Angst, dass das dicke<br />
Kind zurückkehrt. Und irgendwie bin<br />
ich auf das Zwergflusspferd gekommen<br />
und hatte so ein Bauchgefühl,<br />
ja, das ist es, das fehlt mir.<br />
Welche Symbolkraft steckt denn in<br />
<strong>die</strong>sem Tier?<br />
<strong>Das</strong> Zwergflusspferd erinnert Julian<br />
an das dicke Kind in sich. Gleichzeitig<br />
ist es ein Tier, das im besten Sinn<br />
unbrauchbar ist, nach herkömmlichen<br />
Maßstäben nicht schön, ungeeignet<br />
zur Freundschaft mit Menschen<br />
– und dadurch ganz bei sich.<br />
Für junge Menschen ist es ein großes<br />
Thema: Was denken <strong>die</strong> anderen<br />
von mir? Was erwarten <strong>die</strong> anderen<br />
von mir? Was will <strong>die</strong> Gesellschaft<br />
von mir? <strong>Das</strong> Zwergflusspferd ist<br />
von derlei unberührt, ganz bei sich<br />
und dadurch freier. Und davon fühlt<br />
sich Julian angezogen.<br />
Ein Terroranschlag beunruhigt Julian<br />
im Buch massiv. Warum geben<br />
Sie <strong>die</strong>sem Aspekt Raum?<br />
Weil es <strong>die</strong> Luft ist, <strong>die</strong> wir atmen.<br />
Niemand entgeht seiner Epoche<br />
ganz. Aber wenn jemand jung ist<br />
und idealistisch … Wie kann man<br />
<strong>die</strong> Dinge, <strong>die</strong> wir alltäglich in der<br />
Zeitung lesen und im Fernsehen<br />
gezeigt bekommen, verstehen? Ich<br />
finde, das beeinflusst uns alle. Wir<br />
leben in einer Epoche der Ratlosigkeit,<br />
und das färbt auf junge Menschen<br />
ganz besonders ab, weil sie<br />
meistens noch nicht in sich ➤<br />
<strong>moments</strong> 3/2015 131