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Zum Leben - Sächsische Israelfreunde eV

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ter Kirchenstreit in Sachsen im Jahr 2006“<br />

habe den Ex-Ost-Minister zum Streiter für den<br />

Laizismus reifen lassen. Denn niemand solle<br />

annehmen, die Trennung von Kirche und Staat<br />

sei ein für allemal vollzogen. Im Gegenteil<br />

sieht Schwanitz dunkle Wolken diese Errungenschaft<br />

eintrüben. Denn konservative Kräfte<br />

postulierten das Primat der „christlichen Werte“,<br />

die auf einer „christlich-jüdischen Werteordnung“<br />

ruhten. Schwanitz ist empört und<br />

nennt Namen: „Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />

verkündete auf einer CDU-Regional-konferenz<br />

sogar: ‚Wer sich nicht am christlichen<br />

Menschenbild orientiert, ist fehl am Platz in<br />

Deutschland.‘“<br />

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröders Mann<br />

für den Ost-Aufbau beklagt die Unwilligkeit<br />

der SPD-Spitze, sich massiv gegen diese<br />

„falschen und unzulässigen Vermischungen<br />

zwischen Religion und Staat“ zur Wehr zu<br />

setzten. Unerwarteten Beistand erhielt er aus<br />

dem liberalen Lager. FDP-Generalsekretär<br />

Christian Lindner schrieb in einem Zeitungsbeitrag,<br />

er finde es ebenfalls nicht richtig, das<br />

Grundgesetz als Entwicklung aus dem<br />

„christlich-jüdischen Erbe“ zu interpretieren.<br />

Schwanitz resümierte seine Erfahrungen in<br />

der Debatte: Er sei sich in seiner Partei oft<br />

vorgekommen „wie der einsame Rufer in der<br />

Wüste“.<br />

Seine Genossin Ingrid Matthäus-Maier nahm<br />

es sportlich: „Es gibt einen Arbeitskreis<br />

Christen in der SPD-Fraktion, einen Arbeitskreis<br />

Juden – warum soll es keinen für Laizisten<br />

geben?“ fragte die Vorsitzende des Kuratoriums<br />

der Friedrich-Ebert-Stiftung kess in<br />

das Auditorium der Berliner Veranstaltung<br />

hinein. Eine Antwort erhielt sie nicht, aber<br />

Beifall für ihre Kritik an der staatlichen Finanzierung<br />

kirchlicher Ämter in Bayern – einer<br />

der Punkte aus der vorläufigen Charta der<br />

SPD-Laizistentruppe. Weiter zählen dazu die<br />

Abschaffung von Kruzifixen in Klassenzimmern,<br />

das Ende des Religionsunterrichts als<br />

ordentliches Lehrfach und der Priesterausbildung<br />

an staatlichen Hochschulen auf Kosten<br />

des Steuerzahlers.<br />

Am laizistischen Forderungskatalog könnte<br />

auch Humanisten-Chef Groschopp mitgeschrieben<br />

haben. Der moserte im Friedrich-<br />

Ebert-Forum in Berlin: „Jetzt soll es Islamstudiengänge<br />

an deutschen Universitäten geben<br />

– wäre es nicht angebrachter gewesen, zuerst<br />

einmal Studiengänge Humanismus einzurichten,<br />

wie es sie in anderen europäischen<br />

Staaten gibt?“<br />

Humanismus und Laizismus –<br />

Begriffe und was dahinter<br />

steckt<br />

ein Kommentar<br />

von Lothar Klein,<br />

Vorsitzender der<br />

<strong>Sächsische</strong>n<br />

<strong>Israelfreunde</strong> e.V.<br />

Laizismus meint die Trennung von Staat und<br />

Religion. Beispiele laizistischer Staaten sind<br />

Frankreich und die Türkei. Letztere zumindest<br />

seit Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk<br />

bis zur Machtergreifung durch Minister-<br />

präsident Recep Tayyip Erdoğan, der sich<br />

weigert, den Völkermord der Türken an den<br />

christlichen Armeniern 1915/16 anzuerkennen.<br />

Noch verwirrender wird es, wenn Laizismus<br />

und Humanismus vermischt werden.<br />

Wer mit dem Humanismusbegriff um sich<br />

wirft, will den Leuten suggerieren, es gehe<br />

um Menschlichkeit. Dies ist mitnichten so!<br />

Bereits 1938 veröffentlichte der Freund und<br />

Mitstreiter Hannah Arendts in Sachen Totalitarismusforschung,<br />

der jüdische Professor<br />

Streitbares<br />

Eric Voegelin, im amerikanischen Exil seine<br />

Abhandlungen über „Die Politischen Religionen“.<br />

Autoren wie Hermann Lübbe plädieren<br />

dafür, lieber von „Antireligionen“ zu<br />

sprechen, da totalitäre Regime Religionen immer<br />

explizit abgelehnt hätten. Während andererseits<br />

das ehemalige SED-Politbüromitglied<br />

Günter Schabowski – und damit ein<br />

Insider – inzwischen zu der zweifelsohne zutreffenden<br />

Erkenntnis gelangt ist, die Kommunisten<br />

seien eine Großsekte. – Ich erinnere<br />

hier beispielhaft an das religiös anmutende<br />

Ritual, in dem in der DDR jedes Jahr junge<br />

Wenn dein Gott tot ist, nimm meinen: Jesus lebt! Foto: Gottkennen.de<br />

Menschen dem Sozialismus geweiht wurden.<br />

– Es geht aber nicht nur um die Begrifflichkeiten,<br />

sondern um das, was Voegelin damit<br />

gemeint hat. Zu den Politischen Religionen<br />

zählte er National-Sozialismus, Kommunismus,<br />

Islam und – markanterweise – auch den<br />

Humanismus.<br />

In seinen Studien zu Niccolo Machiavelli und<br />

Thomas Morus mit dem bezeichnenden Titel<br />

„Die spielerische Grausamkeit der Huma-<br />

<strong>Zum</strong> <strong>Leben</strong><br />

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