Zum Leben - Sächsische Israelfreunde eV
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Selbstredendes<br />
Über die Hamas, deren Frauenbewegung<br />
und ob man „mit denen reden“ kann<br />
von Carmen Matussek,<br />
Tübingen<br />
2010 sendete der SWR den Dokumentarfilm<br />
„Soldatinnen Gottes – Frauen der Hamas“.<br />
Der Regisseurin Suha Arraf ist es gelungen,<br />
tiefe Einblicke in ein System des Wahnsinns<br />
zu geben, in dem Frauen ihren Platz, ihre<br />
Identität und ihren Wert im Djihad gegen Israel<br />
finden.<br />
Suha Arraf lebt in Haifa. Sie sei Palästinenserin<br />
mit israelischem Pass. „Hier nennt<br />
man uns israelische Araber. Aber ich bin Palästinenserin.<br />
Meine Familie sind Palästinenser.<br />
Das sind wir immer gewesen“, sagt Suha<br />
im persönlichen Gespräch. „Ich gehöre nicht<br />
zur Hamas. Ich bin modern und ich bin Feministin.“<br />
Sie wollte die Organisation nicht als<br />
„gut“ darstellen, aber doch „die Leute als<br />
Menschen zeigen. Die Frau hinter dem<br />
Schleier. Das Bild ist nicht schwarz-weiß. Es<br />
ist komplizierter. Ich hoffe, dass man das begreift.“<br />
Sie bewundere die Kraft dieser<br />
Frauen. Die Wahlen 2006 und die wichtige<br />
Rolle der Frauen bei der Machtübernahme<br />
der Hamas in Gaza hätten sie dazu veranlasst,<br />
dieses Filmprojekt anzugehen. Sie kenne ei-<br />
nige Leiter der Hamas, und obwohl man sich<br />
dort im Klaren darüber sei, dass sie eine „Kafira“,<br />
eine Ungläubige, sei, habe man ihr vertraut.<br />
Sie produziere politische Filme, deren<br />
Aussagen der Hamas zusagten, wie zum Beispiel<br />
„Lemon Tree“, in dem es um die Zerstörung<br />
eines Zitronenhains durch die Israelis<br />
geht, der bis dahin die Existenzgrundlage einer<br />
Witwe gewesen war. Die Mitglieder der<br />
38 <strong>Zum</strong> <strong>Leben</strong><br />
Hamas wollten nicht nur als Terroristen dargestellt<br />
werden. Deswegen würden sie ihren<br />
Film gutheißen.<br />
Handelt es sich also um einen Werbefilm für<br />
eine Terrororganisation? Die Dokumentation<br />
wird inzwischen weltweit ausgestrahlt, aber<br />
nicht im israelischen Fernsehen. „Sie würden<br />
das niemals laut sagen, aber sie wollen nicht,<br />
dass diese Frauen als Menschen dargestellt<br />
werden, sondern nur als Terroristen.“ Da<br />
Suhas Film anscheinend im Sinne der Hamas<br />
ist, stellt sich vorab die Frage, inwieweit ein<br />
positiver oder zumindest unvoreingenommener<br />
Zugang zu solch einer Organisation<br />
legitim ist. Darf man mit der Hamas überhaupt<br />
reden? Diese Diskussion wurde gerade<br />
in christlichen Kreisen rege geführt, als die<br />
evangelische Akademie Bad Boll im vergangenen<br />
Jahr hochrangige Vertreter von Fatah<br />
und Hamas nach Deutschland eingeladen<br />
hatte, und zwar unter dem Titel „Partner für<br />
den Frieden“. Auch ganz praktisch gesehen<br />
war der Bad Boll Friedensvorstoß ein absolutes<br />
No-Go: Offizielle Vertreter von Terrororganisationen<br />
dürfen nicht in die BRD einreisen,<br />
und so wurde dem geladenen Hamas<br />
Gesundheitsminister Bassim Naim das Visum<br />
verwehrt. Im Gegenzug dazu wird den Terroristen<br />
in Suhas Film keine offizielle Bühne<br />
geboten, auf der sie sich als Gesprächspartner<br />
legitimieren könnten. Vielmehr vermittelt<br />
der Film einen Einblick in das <strong>Leben</strong> von<br />
Wächtern und Gefangenen des islamistischen<br />
Systems, wobei die Grenze zwischen Tätern<br />
und Opfern zuweilen verschwimmt, ohne<br />
dass dadurch der Wahnsinn des Terrors entschuldigt<br />
würde.<br />
Nach offizieller Hamas-Doktrin sind Frauen<br />
hauptsächlich dazu da, Söhne zu gebären, die<br />
später zu „Freiheitskämpfern“ werden, die<br />
sich im besten Fall als „Märtyrer“ einen Platz<br />
im Paradies sichern und bei ihrem Tod keinerlei<br />
Schmerz empfinden würden. Umm<br />
Ahmed al-Abid, eine Mutter von zehn Kindern,<br />
die Suha in ihrem Film vorstellt, beteuert,<br />
dass sie kurz davor war, ihren Mann zu<br />
verlassen, als dieser keinen Nachwuchs mehr<br />
wollte: „Die jungen Männer sterben. Da ist<br />
es falsch zu verhüten. Es ist unsere Pflicht,<br />
Kinder zu bekommen. Das palästinensische<br />
Volk muss doch wachsen. Wir brauchen noch<br />
mehr junge Männer, noch mehr Kämpfer!“