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Der Archivar, Heft 4, Nov. 2005 - Archive in Nordrhein-Westfalen

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<strong>Archive</strong> nach dem „Territorialpr<strong>in</strong>zip“, d. h. nach dem Sitz<br />

der Behörden, unabhängig von ihrer zentralen oder regionalen<br />

Unterstellung, so dass sich z. B. <strong>in</strong> vielen Oblast’-<br />

<strong>Archive</strong>n Archivgut von Behörden mit Republiks- oder<br />

Unionsunterstellung, also Archivgut unterschiedlicher<br />

Eigentumsformen im S<strong>in</strong>ne des neuen Gesetzes, bef<strong>in</strong>det.<br />

<strong>Der</strong> diesbezügliche Ist-Stand soll jedoch auch nach<br />

Inkrafttreten des Gesetzes <strong>in</strong> der Regel erhalten bleiben,<br />

um e<strong>in</strong>e – sonst notwendige – große Umverteilung der<br />

Archivbestände zu vermeiden. 17 Hier wird es aber noch<br />

manche Streitpunkte geben, wie die Diskussion des<br />

Gesetzentwurfs zu diesem Punkt gezeigt hat. 18<br />

<strong>Der</strong> Abschnitt 2 des Gesetzes (§§ 5–12) behandelt den<br />

Archivfonds der RF (AFO RF), der <strong>in</strong> Anlehnung an den<br />

„Staatlichen Archivfonds“ der Sowjetzeit e<strong>in</strong>e zentrale<br />

Rolle spielt. Nach der im Gesetz gegebenen Def<strong>in</strong>ition ist<br />

der AFO RF „die historisch entstandene und ständig sich<br />

ergänzende Gesamtheit von Archivdokumenten, die das<br />

materielle und geistige Leben der Gesellschaft widerspiegeln,<br />

historische, wissenschaftliche, soziale, wirtschaftliche,<br />

politische und kulturelle Bedeutung haben, untrennbarer<br />

Teil des historisch-kulturellen Erbes der Völker der<br />

RF s<strong>in</strong>d, zu den Informationsressourcen gehören und der<br />

ständigen Aufbewahrung unterliegen“ (§ 3,8). „In den<br />

AFO RF gehen e<strong>in</strong>: auf dem Territorium der RF bef<strong>in</strong>dliche<br />

Archivdokumente, unabhängig von der Quelle ihrer Herkunft,<br />

der Zeit und des Verfahrens ihrer Bildung, der Art<br />

des Informationsträgers und des Aufbewahrungsortes,<br />

darunter Rechtsurkunden, Verwaltungsdokumente,<br />

Dokumente mit den Ergebnissen von Forschungs-, Konstruktions-<br />

und technologischen Arbeiten, ... K<strong>in</strong>o-, Foto-,<br />

Video- und Phonodokumente, ... Handschriften, ... Zeichnungen,<br />

... Tagebücher, ... Kopien von Archivdokumenten<br />

mit Rechtskraft der Orig<strong>in</strong>ale und Archivdokumente<br />

staatlicher, im Ausland bef<strong>in</strong>dlicher Organisationen“ (§ 5).<br />

Es gelangen aber nicht beliebig alle diese Dokumente <strong>in</strong><br />

den AFO RF, sondern nur diejenigen, die „auf der Grundlage<br />

der Bewertung“ dafür qualifiziert s<strong>in</strong>d (§ 6,1); vgl. die<br />

Def<strong>in</strong>ition des „Dokumentes des AFO RF“: „Archivdokument,<br />

das e<strong>in</strong>e Bewertung durchlaufen hat, staatlich registriert<br />

wurde und ständig aufzubewahren ist“ (§ 3,4). Im<br />

Falle des staatlichen Eigentums – des Bundes und der Subjekte<br />

– und des kommunalen Eigentums unterliegen alle<br />

Dokumente der Bewertung (§ 6,6) mit den aus der Sowjetzeit<br />

bekannten Instrumentarien – zentral bestätigte Muster-Schriftgutlisten<br />

mit Angabe der Aufbewahrungsfristen,<br />

Bewertungsprüfungskommisionen u. a. (§ 6, 2–5) und<br />

der entsprechenden E<strong>in</strong>beziehung <strong>in</strong> den AFO RF. Letzteres<br />

geschieht für <strong>in</strong> Privateigentum bef<strong>in</strong>dliche Dokumente<br />

nur „durch Vertrag zwischen dem Eigentümer oder<br />

Besitzer der Archivdokumente und e<strong>in</strong>em staatlichen oder<br />

kommunalen Archiv ...“ (§ 6,7). Es wird also unterschieden<br />

die Bestandsergänzung des AFO RF durch Archivgut aus<br />

staatlichem oder kommunalem Eigentum e<strong>in</strong>erseits und<br />

e<strong>in</strong>er möglichen Bestandsergänzung – auf vertraglicher<br />

Grundlage – durch privateigenes Archivgut andererseits.<br />

Die §§ 7 und 8 erläutern im e<strong>in</strong>zelnen, welches Archivgut<br />

– der staatlichen Organisation und den Verwaltungsebenen<br />

entsprechend – zum staatlichen und kommunalen<br />

Eigentum gehört. Anzumerken ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang,<br />

dass „das im Ergebnis des II. Weltkrieges <strong>in</strong> die<br />

17 Ebd., S. 6.<br />

18 Vgl. z. B. Teleg<strong>in</strong>a, S. 4ff.<br />

262<br />

UdSSR verbrachte und auf dem Territorium der RF bef<strong>in</strong>dliche<br />

Archivgut ehemaliger Fe<strong>in</strong>dstaaten“ zum staatlichen<br />

Eigentum der RF zählt, „sofern die Gesetzgebung der RF<br />

über verbrachte Kulturgüter nichts anderes bestimmt“<br />

(§ 7,1,3). Das Archivgesetz schreibt also den gegenwärtigen<br />

Stand <strong>in</strong> der „Beutekunst-Frage“ fest (vgl. unten, Ausfuhr<br />

von Archivdokumenten, § 29,4).<br />

Zum Privateigentum gehören: 1. das Archivgut nichtstaatlicher<br />

Organisationen, d. h. „der Organisationen, die<br />

auf dem Territorium der RF tätig und weder staatliche<br />

noch kommunale Organisationen s<strong>in</strong>d, darunter ... religiöse<br />

Vere<strong>in</strong>igungen nach Trennung der Kirche vom Staat;<br />

2. von Bürgern gebildetes oder von ihnen legal erworbenes<br />

Archivgut“ (§ 9).<br />

<strong>Der</strong> Abschnitt 2, AFO RF, schließt mit e<strong>in</strong>em wichtigen<br />

Paragraphen über den Schutz des Rechtes auf Eigentum<br />

an Archivdokumenten, der allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er grundsätzlichen<br />

und übergreifenden Bedeutung nicht <strong>in</strong> den<br />

Abschnitt „AFO“ passt und an dessen Ende geradezu<br />

„versteckt“ wirkt: „Das Recht auf Eigentum an Archivdokumenten<br />

ist unabhängig von der Eigentumsform durch<br />

das Gesetz geschützt. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Bundesgesetzen nicht vorgesehene<br />

Beschlagnahme von Archivdokumenten ist verboten“<br />

– im Rückblick auf die bitteren Erfahrungen der Stal<strong>in</strong>-Zeit<br />

e<strong>in</strong>e bedeutungsvolle Bestimmung! „Archivdokumente<br />

<strong>in</strong> unrechtmäßigem Besitz unterliegen der Übergabe<br />

an den Eigentümer oder den gemäß <strong>in</strong>ternationalem<br />

Vertrag der RF oder der Gesetzgebung der RF rechtmäßigen<br />

Besitzer“ (§ 12, 1 u. 2; vgl. auch § 26,8).<br />

Nicht recht e<strong>in</strong>zusehen und der <strong>in</strong>haltlichen Klarstellung<br />

wenig dienlich ist die E<strong>in</strong>gliederung des § 9 über das<br />

Privateigentum an Archivgut <strong>in</strong> den Abschnitt „AFO RF“.<br />

<strong>Der</strong> AFO bildet den – zweifellos umfangreichen und wichtigen<br />

– Teil der archivalischen Gesamtüberlieferung, der<br />

nach den staatlichen Vorgaben bewertet und staatlich offiziell<br />

registriert (vgl. § 19) wird – wie der StAFO der UdSSR<br />

auch – und nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen <strong>in</strong> den<br />

staatlichen und kommunalen <strong>Archive</strong>n ständig aufzubewahren<br />

ist (§ 21,1). Er umfasst das nichtstaatliche und private<br />

Archivgut nur dann, wenn die <strong>Archive</strong>igner dies vertraglich<br />

vere<strong>in</strong>baren wollen (§§ 6,7; 20,2; 21,3). Dem Wert<br />

und der Menge des nicht zum AFO gehörenden Archivgutes<br />

wird man kaum gerecht, wenn dieses nur <strong>in</strong> „verdeckten“<br />

Formulierungen, wie „Dokumente des AFO und<br />

andere Archivdokumente“, vorkommt (§§ 1; 3,1; 20).<br />

Hier setzte – zu Recht – <strong>in</strong> der Diskussion des Gesetzentwurfes<br />

mehrfache, aber offensichtlich vergebliche Kritik<br />

an. Es wurde darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass sich <strong>in</strong> der Def<strong>in</strong>ition<br />

„AFO RF“ gewissermaßen e<strong>in</strong> „etatistisches Herangehen“<br />

offenbart. 19 Beim Lesen des Gesetzestextes entstehe<br />

„unwillkürlich der E<strong>in</strong>druck“, die Autoren hätten<br />

„unter sozusagen magischer E<strong>in</strong>wirkung ... der Interpretation<br />

des Begriffes 'AFO' vergessen, dass der staatlichen<br />

und kommunalen Kompetenz nur die Dokumente der<br />

sogenannten öffentlichen Verwaltungse<strong>in</strong>richtungen und<br />

Organisationen unterliegen“. 20 C v<br />

eres v<br />

nja verweist auf die<br />

im heutigen Russland große qualitative und quantitative<br />

Bedeutung des nichtstaatlichen Archivgutes und kritisiert<br />

die <strong>in</strong> vielen Paragraphen des Gesetzes festzustellende<br />

„Bevorzugung“ der Dokumente des AFO gegenüber dem<br />

nicht zum AFO gehörenden Archivgut. Letzteres „<strong>in</strong> die<br />

19 Lanskoj, S. 9.<br />

20 Ebd., S. 10.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Archivar</strong>, Jg. 58, <strong>2005</strong>, H. 4

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