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Der Archivar, Heft 4, Nov. 2005 - Archive in Nordrhein-Westfalen

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1989/90 waren die wesentlichen Voraussetzungen für die<br />

bisherige Aufarbeitung der SED-Diktatur. Diesem für die<br />

<strong>Archive</strong> wie für die Geschichtswissenschaft wichtigen<br />

Ereignis war am 17. März <strong>2005</strong> e<strong>in</strong>e Podiumsdiskussion <strong>in</strong><br />

der Baden-Württembergischen Landesvertretung gewidmet,<br />

zu der das Bundesarchiv und die Stiftung zur Aufarbeitung<br />

der SED-Diktatur geladen hatten.<br />

Mit Blick auf die gegenwärtige Debatte über die Zukunft<br />

der Stasi-Akten er<strong>in</strong>nerte zur Begrüßung Ra<strong>in</strong>er<br />

Eppelmann daran, dass Anfang der Neunzigerjahre „die<br />

Sicherung der ostdeutschen Archivbestände und deren<br />

möglichst une<strong>in</strong>geschränkte Zugänglichkeit“ Priorität<br />

gehabt habe. „Aus me<strong>in</strong>er Sicht gelten diese Prämissen bei<br />

allen gegenwärtigen und künftigen Debatten unverm<strong>in</strong>dert<br />

fort“, so der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Aufarbeitung.<br />

Professor Hartmut Weber, Präsident des Bundesarchivs,<br />

brachte se<strong>in</strong>e Erwartung zum Ausdruck, dass der<br />

Bundestag diese Unterlagen <strong>in</strong> letzter Konsequenz se<strong>in</strong>em<br />

Haus überantworten werde, damit sie im Kontext der<br />

übrigen DDR-Überlieferung zugänglich gemacht werden<br />

können.<br />

Im Zentrum der Veranstaltung stand dann e<strong>in</strong>e Podiumsdiskussion,<br />

auf der Historiker und <strong>Archivar</strong>e die<br />

Geschehnisse des Jahres 1989 wieder aufleben ließen, das<br />

bisher <strong>in</strong> den <strong>Archive</strong>n Erreichte würdigten, aber auch auf<br />

die noch <strong>in</strong> der Zukunft zu bewältigenden Probleme h<strong>in</strong>wiesen.<br />

Auf dem Podium saßen mit Professor<strong>in</strong> Mary Fulbrook<br />

(University College London), Professor Hermann<br />

Weber (Universität Mannheim) und Dr. Stefan Wolle (Forschungsverbund<br />

SED-Staat) drei ausgewiesene Kenner<br />

der Geschichte der DDR, die die Öffnung der <strong>Archive</strong> nach<br />

1990 ausgiebig für ihre historischen Forschungen nutzten.<br />

Für Hermann Weber war dabei die Öffnung der<br />

<strong>Archive</strong> zunächst mit e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Enttäuschung verbunden.<br />

Zwar gab es e<strong>in</strong>en mehr oder m<strong>in</strong>der ungeh<strong>in</strong>derten<br />

Zugang zu den Quellen, der Aussagewert der Quellen war<br />

allerd<strong>in</strong>gs aufgrund der Geheimhaltungsstrategien der<br />

SED-Funktionäre nur sehr ger<strong>in</strong>g. Stefan Wolle schilderte<br />

sehr e<strong>in</strong>drücklich den Wandel <strong>in</strong> der Zugänglichkeit zu<br />

den <strong>Archive</strong>n und betonte den demokratischen Aspekt der<br />

Sicherung des staatlichen Archivgutes durch die Bevölkerung<br />

der DDR. Dass die Öffnung der <strong>Archive</strong> und die frühe<br />

Zugänglichkeit zu staatlicher Überlieferung auch negative<br />

Folgen zeitigen kann, davor warnte Mary Fulbrook. Im<br />

Zusammenhang mit Überlegungen zu e<strong>in</strong>em Informationsfreiheitsgesetz<br />

nach angelsächsischem Vorbild wies sie<br />

auf Gefahren für die zukünftige Forschung h<strong>in</strong>. Sie warf<br />

die Frage auf, <strong>in</strong>wiefern e<strong>in</strong> solches Gesetz, das dem Bürger<br />

umfangreiche Aktene<strong>in</strong>sichtsrechte gewähren soll, dazu<br />

führen könne, dass sich die Aktenproduzenten größere<br />

Zurückhaltung bei der Niederschrift von Entscheidungsf<strong>in</strong>dungsprozessen<br />

auferlegen werden.<br />

Als Vertreter der <strong>Archive</strong> saßen Birgit Salamon (BStU)<br />

und Dr. Klaus Oldenhage (Bundesarchiv) auf dem<br />

Podium. Sie stellten vor allem die spürbaren Verbesserungen<br />

<strong>in</strong> der Zugänglichkeit zum Archivgut vor, verwiesen<br />

aber auch auf Probleme, die <strong>in</strong> der Zukunft zu lösen s<strong>in</strong>d,<br />

so seien leider noch nicht alle Bestände aus der Zeit der<br />

DDR bewertet oder gar erschlossen. Klaus Oldenhage thematisierte<br />

darüber h<strong>in</strong>aus auch das Zusammenwachsen<br />

des Archivwesens aus Ost und West, was sicherlich auch<br />

nicht ohne Probleme, aber dennoch im Großen und Ganzen<br />

schnell vonstatten gegangen sei.<br />

298<br />

In der lebhaften und kontroversen Diskussion wurde<br />

<strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e positive Bilanz der vergangenen 15 Jahre<br />

gezogen. <strong>Der</strong> Zugang zum Archivgut der DDR ist – abgesehen<br />

von Ausnahmen – gewährleistet und <strong>in</strong>zwischen<br />

auch über onl<strong>in</strong>e verfügbare F<strong>in</strong>dmittel leicht zu realisieren.<br />

Dennoch bleibt e<strong>in</strong>e Schieflage des Quellenzugangs<br />

zu konstatieren, da vergleichbare Akten der Bundesrepublik<br />

nicht ohne weiteres e<strong>in</strong>gesehen werden können.<br />

Berl<strong>in</strong> Sebastian Barteleit<br />

Aussonderung und Archivierung elektronischer Akten<br />

Informationsveranstaltung des Bundesarchivs <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Lichterfelde<br />

„Aussonderung und Archivierung elektronischer Akten“:<br />

Unter diesem Titel fand <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Lichterfelde am 9. Juni<br />

<strong>2005</strong> e<strong>in</strong>e Informationsveranstaltung des Bundesarchivs<br />

statt. E<strong>in</strong>geladen waren Behörden und <strong>Archive</strong> des Bundes,<br />

der Länder und der Kommunen. Vor über 100 Teilnehmern<br />

stand zunächst die Bedeutung der Aussonderung<br />

und Archivierung im Rahmen des DOMEA-Konzeptes im<br />

Mittelpunkt der Vorträge. Das DOMEA-Konzept ist das<br />

Konzept für Dokumenten-Management und elektronische<br />

Archivierung <strong>in</strong> der öffentlichen Verwaltung, das im<br />

Januar <strong>2005</strong> <strong>in</strong> der Version 2.0 von der Koord<strong>in</strong>ierungsund<br />

Beratungsstelle für Informationstechnologie <strong>in</strong> der<br />

Bundesverwaltung (KBSt) veröffentlicht wurde. Wesentliches<br />

Ziel des Konzeptes ist die E<strong>in</strong>führung der elektronischen<br />

Akte.<br />

In se<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>führenden Vortrag stellte Helmut Hoppe<br />

(KBSt) das DOMEA-Gesamtkonzept im Kontext von eGovernment<br />

dar. Außerdem g<strong>in</strong>g er auf mögliche E<strong>in</strong>führungsszenarien<br />

<strong>in</strong> Behörden und die Erweiterungsmodule<br />

des Konzeptes wie die Virtuelle Poststelle, die Integration<br />

von behördlichen Fachverfahren und die Aussonderung<br />

und Archivierung der anfallenden elektronischen Akten<br />

e<strong>in</strong>. Im Anschluss daran gab Ra<strong>in</strong>er Ullrich von der<br />

Firma <strong>in</strong>fora e<strong>in</strong>en kurzen Erfahrungsbericht zur Aussonderung<br />

elektronischer Akten aus Beratersicht. E<strong>in</strong>em problematischen<br />

Ist-Zustand <strong>in</strong> den Behörden – unvollständige<br />

Papierakte, vernachlässigte Registraturkompetenzen<br />

usw. – stellte er als Lösung die elektronische Akte gegenüber.<br />

Nur durch e<strong>in</strong>e frühzeitige elektronische Veraktung<br />

könne wieder e<strong>in</strong>e vollständige, aussagekräftige Aktenführung<br />

gel<strong>in</strong>gen. Als Abschluss des ersten Teils der Veranstaltung<br />

g<strong>in</strong>g Andrea Hänger auf die archivischen<br />

Anforderungen zur Aussonderung elektronischer Akten<br />

im Rahmen von DOMEA e<strong>in</strong>. So diene kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Aussonderung der Übersichtlichkeit und Aktualität des<br />

Aktenbestandes <strong>in</strong> der Behörde, aber auch der Sicherung<br />

von Integrität und Authentizität der Akten. H<strong>in</strong>gewiesen<br />

wurde auf die Bedeutung der Strukturierung des elektronischen<br />

Aktenbestandes mit Hilfe e<strong>in</strong>es Aktenplanes und<br />

die notwendige enge Zusammenarbeit von Behörden und<br />

<strong>Archive</strong>n schon lange vor der ersten Aussonderung.<br />

Im zweiten Teil der Veranstaltung unter dem Titel<br />

„Regelungen für die Aussonderung“ gaben Angela Ullmann<br />

vom Archiv des Deutschen Bundestages und<br />

Andrea Wettmann vom Sächsischen Hauptstaatsarchiv<br />

jeweils e<strong>in</strong>en kurzen Überblick über unterschiedliche<br />

Lösungsansätze und -möglichkeiten zur Aussonderung<br />

elektronischer Akten. In beiden Vorträgen wurde deutlich,<br />

dass es ke<strong>in</strong>en für alle <strong>Archive</strong> und Behörden allgeme<strong>in</strong><br />

gültigen und s<strong>in</strong>nvollen Weg der Aussonderung gibt, son-<br />

<strong>Der</strong> <strong>Archivar</strong>, Jg. 58, <strong>2005</strong>, H. 4

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