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Der Archivar, Heft 4, Nov. 2005 - Archive in Nordrhein-Westfalen

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machte. E<strong>in</strong>e der ca. 20 noch erhaltenen Orig<strong>in</strong>albibeln<br />

konnte vor Ort besichtigt werden.<br />

Die Vorträge setzte anschließend Haik Thomas Porada<br />

(Leipzig) fort. Er trug Ergebnisse aus se<strong>in</strong>er Dissertation<br />

zur Fischereigeschichte Pommerns vor, deren Quellen auf<br />

<strong>Archive</strong> <strong>in</strong> Greifswald, Stett<strong>in</strong>, Berl<strong>in</strong>, Kopenhagen und<br />

Stockholm verstreut s<strong>in</strong>d. Dabei wurde die Vielschichtigkeit<br />

der Quellenentstehung deutlich, die sich vor allem<br />

entlang historischer Zäsuren bewegte. Zu nennen s<strong>in</strong>d<br />

hier die im Zuge der Reformation säkularisierten Klöster<br />

und ihre Fischereigerechtigkeiten, die anwachsende<br />

Schriftgutproduktion der landesherrlichen Fischereiverwaltung<br />

anlässlich von Landesteilungen unter den Greifenherzögen<br />

oder Fischereistreitigkeiten am Reichskammergericht.<br />

Insgesamt aber konstatierte Porada im Vergleich<br />

mit Mecklenburg immer noch große Forschungsdefizite<br />

für Pommern.<br />

E<strong>in</strong> von Sab<strong>in</strong>e Eckart für die erkrankte Christiane<br />

Müller (beide Landesarchiv Greifswald) referierter Vortrag<br />

thematisierte die im Landesarchiv Greifswald konzentrierte<br />

Überlieferung aus dem Bezirk Rostock über den<br />

Schiffbau der DDR. <strong>Der</strong> schwierige Aufbau der Schiffbau<strong>in</strong>dustrie<br />

<strong>in</strong> der SBZ nach 1945 angesichts der Kriegszerstörungen<br />

fand dabei ebenso Erwähnung wie ihre permanente<br />

Abhängigkeit von den Reparationsforderungen und<br />

Produktionswünschen der Sowjetunion. 1948 g<strong>in</strong>gen die<br />

Werften als volkseigene Betriebe <strong>in</strong> die Hand des Landes<br />

Mecklenburg über und wurden nach der Gründung der<br />

DDR als zentral geleitete Großbetriebe systematisch ausgebaut<br />

und spezialisiert. Die Übernahme von DDR-Werftbeständen<br />

gelang dem Landesarchiv Greifwald nach 1990<br />

allerd<strong>in</strong>gs nur auf staatlicher Ebene. Bis auf das der Rostocker<br />

Neptunwerft blieb alles Schriftgut der privatisierten<br />

Schiffbaubetriebe e<strong>in</strong>em ungewissen Schicksal überlassen.<br />

Immerh<strong>in</strong> aber verbessern Akten aus dem SED-Bezirksparteiarchiv<br />

die Quellenlage, um den Entscheidungswegen<br />

der DDR-Planwirtschaft für den Schiffbau auf die<br />

Spur zu kommen.<br />

In ihrem Vortrag widmete sich Kathr<strong>in</strong> Möller (Technisches<br />

Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern) den<br />

d<strong>in</strong>glichen Quellen zum Wasserbau. Schon bei der Wasserkunst<br />

der Hansestadt Wismar aus dem 16. Jahrhundert<br />

lässt sich e<strong>in</strong>e Geschichte der Wasserbaudenkmäler Mecklenburgs<br />

beg<strong>in</strong>nen. Als weiteres Feld eröffnen sich Forschern<br />

die zahlreichen, Ende des 19. Jahrhunderts mit der<br />

zentralen Wasserversorgung entstandenen Wassertürme.<br />

Wasserkraftwerke spielten dagegen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle<br />

bei der Stromerzeugung für die flächendeckende Elektrifizierung<br />

Westmecklenburgs <strong>in</strong> den 1920er Jahren. Auch lassen<br />

sich aus dieser Zeit Ansätze zur regenerativen Energiegew<strong>in</strong>nung<br />

mittels der W<strong>in</strong>dkraftnutzung <strong>in</strong> Mecklenburg<br />

nachweisen. Desgleichen blickt das Land h<strong>in</strong>sichtlich<br />

des Wasserstraßenbaus auf e<strong>in</strong>e lange Tradition zurück.<br />

Schon im 16. Jahrhundert wurde e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung der<br />

Residenzstadt Schwer<strong>in</strong> mit der Hansestadt Wismar <strong>in</strong><br />

Angriff genommen, die von e<strong>in</strong>em ihrer späteren Förderer<br />

den Namen Wallenste<strong>in</strong>-Graben erhielt. Diesem Projekt<br />

verdankt sich übrigens die im Landeshauptarchiv Schwer<strong>in</strong><br />

aufbewahrte älteste deutsche Schleusenskizze des Hofgelehrten<br />

Tilemann Stella aus dem Jahr 1565. Angesichts<br />

dieser historischen Perspektive von Innovationen lohnt es<br />

sich, e<strong>in</strong>e Datenbank zu den seit 1877 aus Mecklenburg<br />

und Vorpommern angemeldeten Patenten aufzubauen,<br />

deren Recherchemöglichkeiten Kathr<strong>in</strong> Möller vorstellte.<br />

294<br />

Das offizielle Programm des ersten Tages schloss e<strong>in</strong><br />

Besuch des V<strong>in</strong>eta-Museums der Stadt Barth. Die Museumsleiter<strong>in</strong><br />

Dr. Melanie Ehler gewährte e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong><br />

die aktuelle Ausstellung des Hauses, die vom 24. Juni bis<br />

25. September <strong>2005</strong> „Barth als Residenzstadt der Pommernherzöge“<br />

<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung rufen wollte.<br />

Nachdem der folgende Tag mit der Mitgliederversammlung<br />

des VdA-Landesverbandes M-V begonnen<br />

hatte, leitete das Tagungsprogramm auf das zweite<br />

Schwerpunktthema des Landesarchivtages über. In se<strong>in</strong>em<br />

zu Beg<strong>in</strong>n verlesenen Grußwort machte der VdA-<br />

Vorsitzende Prof. Dr. Volker Wahl auf die Bedeutung des<br />

Themas Öffentlichkeitsarbeit für das deutsche Archivwesen<br />

aufmerksam, das der Landesarchivtag dem deutschen<br />

Archivtag 2006 <strong>in</strong> Essen gewissermaßen voraus nehme.<br />

Dr. Dirk Alvermann eröffnete die Diskussion mit e<strong>in</strong>em<br />

Überblick über die Kernkompetenzen der <strong>Archive</strong>, über<br />

das Berufsbild des <strong>Archivar</strong>s, die Konzeptionen und Ziele<br />

der Öffentlichkeitsarbeit, ihre Multiplikatoren und Mittel.<br />

Für Diskussionsstoff sorgte vor allem die Frage, ob sich<br />

<strong>Archive</strong> bei ihrer Außendarstellung auf das stützen sollten,<br />

was sie haben, oder auf das, was sie tun; ob sie also die<br />

Schätze <strong>in</strong> ihren Beständen oder besser die „alltägliche“<br />

Überlieferungsbildung <strong>in</strong>s Rampenlicht rückten.<br />

Im Folgenden nutzte Alexander Rehwaldt (LHA<br />

Schwer<strong>in</strong>) die Gelegenheit, den Internetauftritt der<br />

Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommern unter<br />

www.vda.lvmecklenburg-vorpommern.archiv.net/portal/UnZip/<strong>in</strong>dex.html<br />

vorzustellen. Die hier nach Orten<br />

und Sparten recherchierbaren <strong>Archive</strong> des Landes bieten<br />

gerade angesichts der anstehenden Verwaltungsgebietsreform<br />

schnelle Orientierung.<br />

Kirsten Kl<strong>in</strong>itzke (Landesarchiv Greifswald) sprach<br />

im Anschluss über den Umgang mit Archivbenutzern<br />

unter dem gegenwärtigen Perspektivwechsel vom<br />

Antragsteller zum Kunden. Erwähnung fanden hier<br />

immer wieder auftauchende Probleme wie Länge der Öffnungszeiten,<br />

Anmeldefristen, digitale Recherche <strong>in</strong> den<br />

Beständen vor Ort bzw. im Internet und vor allem die<br />

durch die technische Entwicklung möglich gewordene<br />

Selbstanfertigung von Reproduktionen durch die Benutzer.<br />

Dr. Günther Rohdenburg (Staatsarchiv Bremen)<br />

stellte die historische Bildungsarbeit se<strong>in</strong>es Archivs mit<br />

Schülern dar. Dabei wurde deutlich, dass die Archivpädagogik<br />

im Zeitalter der beliebigen technischen Reproduzierbarkeit<br />

des Archivgutes aus der Fasz<strong>in</strong>ation des Orig<strong>in</strong>als<br />

erhebliches Kapital schlagen kann. Daran sei im<br />

Archiv mit der selbstständigen Erarbeitung von historischen<br />

Sachverhalten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Breite zwischen Führungen<br />

und Projektwochen anzuknüpfen.<br />

In der abschließenden aktuellen Stunde stellte zunächst<br />

Bett<strong>in</strong>a Kle<strong>in</strong>schmidt dieErwerbung des Nachlasses der<br />

durch Gelehrte und Regierungsbeamte <strong>in</strong> Mecklenburg<br />

bekannten Familie von Buchka durch das Universitätsarchiv<br />

Rostock vor. <strong>Der</strong> Direktor des LHA Schwer<strong>in</strong>,<br />

Dr. Andreas Röpcke, präsentierte den gerade erschienenen<br />

dritten Band der Beständeübersicht se<strong>in</strong>es Hauses, die<br />

den analogen Zugang zu den Schwer<strong>in</strong>er Beständen abschließt.<br />

Dr. Matthias Manke (LHA Schwer<strong>in</strong>) referierte<br />

die <strong>Nov</strong>ellierung des Personenstandsgesetzes und ihre<br />

Auswirkung auf die <strong>Archive</strong>, vor allem die eventuell<br />

anstehende Übernahme von Personenstandsregistern.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Archivar</strong>, Jg. 58, <strong>2005</strong>, H. 4

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