Beilage 200 Jahre Sudenburg - Volksstimme
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10 | <strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Sudenburg</strong><br />
Korbmacher der Firma Reinecke bei der Arbeit.<br />
www.junghans.de<br />
Handel und Wandel bestimmten den Alltag:<br />
Aufstieg und Krisen der Weber, Sattler & Co.<br />
100% UNABHÄNGIG<br />
JUNGHANS – DIE DEUTSCHE UHR<br />
Uhren-Meyer Im Glockenhaus<br />
Halberstädter Str. 121<br />
Tel. 6 22 49 11 www.goldschmiede-krietsch.de<br />
Handwerker gehörten zu den ersten Bewohnern <strong>Sudenburg</strong>s<br />
Junghans<br />
Spektrum<br />
UVP 799,- €<br />
seit 1835<br />
Von Nadja Gröschner<br />
<strong>Sudenburg</strong> ● Neben den Landwirten<br />
waren die ersten Bewohner<br />
von <strong>Sudenburg</strong> Handwerker.<br />
Im Adressbuch von<br />
1817 fi nden sich u.a Tischler,<br />
Böttcher (stellten Behälter<br />
aus Holz her), Weber, Sattler,<br />
Posamentireer (Hersteller von<br />
Schnüren und Borten) und<br />
Schuhmacher. Darunter waren<br />
Berufe, die heute längst<br />
ausgestorben sind.<br />
Stellvertretend für nicht<br />
mehr vorhandenes Handwerk<br />
soll die Feilenhauerei<br />
stehen. Um 1400 entstand dieser<br />
Beruf als ein Spezialzweig<br />
des Schmiedhandwerks in<br />
Deutschland. Feilenhauer war<br />
ein Handwerksberuf, der sich<br />
mit der Herstellung neuer und<br />
der Wiederaufb ereitung alter<br />
Feilen beschäftigte. Bei der<br />
Herstellung erhitzte man den<br />
eisernen Feilenrohling, um<br />
das Eisen weich zu machen.<br />
Mit Hammer und Meißel<br />
wurden die einzelnen Zeilen<br />
oder Zahnreihen geschlagen.<br />
Anschließend wurde die Feile<br />
mit Härtungspulver aus Salz,<br />
Holzkohle, Hornstaub und<br />
Mehl bestreut. Durch Erhitzen<br />
und schnelles Wiederabkühlen<br />
im Wasserbad erfolgte<br />
dann die Härtung der Feile.<br />
In <strong>Sudenburg</strong> gab es um<br />
1880 10 Feilenhauerbetriebe.<br />
Einer der bekanntesten war<br />
die 1888 gegründete Feilenhauerei<br />
Meißemann & Co.<br />
Um 1910 kaufte der Fir-<br />
Blick in die Werkstatt der Feilenhauerei Meißemann um 1938.<br />
Fotos (2): Archiv Feuerwache<br />
meninhaber Fritz Otto Meißemann<br />
im Walmbergsweg<br />
22 ein Grundstück und verlegte<br />
seine Firma dorthin. 1934<br />
übernahmen die Kinder Fritz<br />
und Wilhelm Meißemann das<br />
erfolgreiche Unternehmen<br />
vom Vater. Ab der Mitte der<br />
1950er <strong>Jahre</strong> war der Betrieb<br />
die einzige Feilenhauerei in<br />
Magdeburg, sie war der Schlosserinnung<br />
angegliedert.<br />
Weil die Aufträge immer<br />
weniger wurden und für die<br />
schwere körperliche Arbeit der<br />
Nachwuchs fehlte, gab 1968<br />
Wilhelm Meißemann sen.<br />
die Firma auf. Seit der Wende<br />
gilt der Beruf in Deutschland<br />
als ausgestorben. So ähnlich<br />
sieht es beim Handwerk der<br />
Korbmacher aus, zwar werden<br />
heute noch Flechthandwerker<br />
ausgebildet, aber die Nachfrage<br />
noch Korbwaren ist immer<br />
mehr zurückgegangen.<br />
In <strong>Sudenburg</strong> gab es um<br />
1900 über 15 Korbmacherfi rmen.<br />
Eine der bekanntesten<br />
war „Korb-Reinecke“. 1875<br />
kam Hermann Reinecke aus<br />
Eilsleben nach Magdeburg<br />
und gründete in der Schulstraße<br />
23/ St.-Michael-Straße<br />
eine Korbfl echterei. Sein Sohn<br />
Kurt erwarb 1905 ebenfalls den<br />
Meistertitel, nach dem Tod des<br />
Vaters führte er die Firma erfolgreich<br />
weiter. Das Material<br />
zur Herstellung von Korbwaren<br />
stammte nicht nur von<br />
den eigenen Weidenplantagen<br />
in Möckern, sondern konnte<br />
auch durch Lieferungen von<br />
Rohr und Weiden aus Holland<br />
erweitert werden. Die Produktionspalette<br />
reichte von<br />
Wäsche- und Kartoff elkörben,<br />
Ausklopfern, Geschosskörben<br />
(während der Kriegsjahre) bis<br />
zu Wohnmöbeln aus Korb.<br />
Kurt Reinecke wechselte ab<br />
1911 seinen Firmensitz, zuerst<br />
zog er an den Ambrosiusplatz<br />
und später in die Buckauer<br />
Straße. Die Nähe zur Klinke<br />
war sehr wichtig, denn die<br />
Weiden, Hauptmaterial der<br />
Korbherstellung, mussten regelmässig<br />
gewässert werden.<br />
Reineckes Verkaufsräume<br />
befanden sich auf der Halberstädter<br />
Straße/ Eingang<br />
Lemsdorfer Weg. Nach 1949<br />
trennten sich Produktion und<br />
Einzelhandel. Die Korbmacherei<br />
zog in die Braunschweiger<br />
Straße 44. Das Verkaufsgeschäft<br />
blieb in den gewohnten<br />
Räumen in der Halberstädter<br />
Straße 107. 1946 wurde die<br />
Firma von Kurt Reinecke jun.<br />
übernommen<br />
Kurz vor dem 100-jährigen<br />
Jubiläum wurde die Firma verstaatlicht<br />
und ging dann im<br />
Blindenwerk auf.<br />
● Tipp: Wer Korbfl echtern bei<br />
der Arbeit zusehen möchte,<br />
hat zum Fest „Markt 1812“<br />
am 23./24. 6. 2012 auf dem<br />
Hof der Feuerwache dazu<br />
Gelegenheit.