Beilage 200 Jahre Sudenburg - Volksstimme
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Neben den Kinos hatten die<br />
<strong>Sudenburg</strong>er im letzten Jahrhundert<br />
viele Möglichkeiten,<br />
um abends wegzugehen. In<br />
jeder Straße gab es eine kleine<br />
Kneipe, in der man das Feierabendbier<br />
genießen konnte.<br />
Aber auch Speisewirtschaften,<br />
von denen es auf der „Halber“<br />
mehr als zwanzig gab, waren<br />
immer sehr gut besucht.<br />
Eine der bekanntesten Gaststätten<br />
war der „Goldene Löwe“<br />
Halber/Ecke Kirchhofstraße.<br />
Mitte der 1850er <strong>Jahre</strong> war die<br />
Eröff nung des Gebäudes, zu dem<br />
auch ein großer Saal gehörte.<br />
Im hinteren Teil des Gebäudes<br />
öff nete im Sommer ein Gartenlokal<br />
mit einem Kegelhaus.<br />
Die Vereinszimmer nutzten die<br />
unterschiedlichsten <strong>Sudenburg</strong>er<br />
Vereine für ihre Treff en. So<br />
wurde hier am 14. April 1848 der<br />
<strong>Sudenburg</strong>er Schützenverein,<br />
der eine mehr als 500-jährige<br />
Tradition in <strong>Sudenburg</strong> hatte,<br />
neu gegründet.<br />
Auf dem Grundstück heutige<br />
Halberstädter Straße 129 gab<br />
es eine weitere große Gastwirtschaft.<br />
Zu den „<strong>Sudenburg</strong>er Bierhallen“<br />
gehörte auch ab den<br />
1920er <strong>Jahre</strong>n ein großer Saal.<br />
<strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Sudenburg</strong><br />
„... und abends gehen wir ins Varieté“<br />
Blick in den Kristall der 1950er<br />
<strong>Jahre</strong>.<br />
Neben Vorträgen, Kino und<br />
Konzerten wurden hier wöchentlich<br />
auch Varietéveranstaltungen<br />
geboten. Varieté<br />
war bis in die 1960er <strong>Jahre</strong> bei<br />
den <strong>Sudenburg</strong>ern sehr beliebt.<br />
Besonders die Varietéveranstaltungen<br />
in dem nahen Kristall-<br />
Palast waren allabendlich ausverkauft.<br />
Der Kristall-Palast in der<br />
Leipziger Straße/Ecke Fuchsberg<br />
wurde 1892 eröff net. Bauherr des<br />
großen Festsaals, der mehr als<br />
3000 Personen fasste, war die<br />
„Kaiserliche Brauerei Allendorf<br />
Schönebeck“.<br />
Zum Grundstück gehörte<br />
noch ein Vordergebäude, in dem<br />
sich ein Café und Restaurant be-<br />
Kristall, Tivoli, Eiskeller & Co.<br />
Röhnradturnerinnen vor dem Eingang des „Tivoli“. Fotos: Archiv FW<br />
fanden. Das Haus im Rayonstil<br />
musste 1938 wegen Baufälligkeit<br />
abgerissen werden, dadurch<br />
vergrößerte sich aber der große<br />
Garten, in dem am Wochenende<br />
große Konzerte stattfanden.<br />
Gerade in den 1950er <strong>Jahre</strong>n<br />
waren die Varietéveranstaltungen<br />
im „Kristall“ der absolute<br />
Publikumsrenner. Hier traten<br />
internationale Spitzenkräfte<br />
der Unterhaltungskunst wie<br />
Vico Torriani, Kurt Henkels<br />
und Lilian Harvey auf. Auf der<br />
Halberstädter Straße/Ecke Rot-<br />
tersdorfer Straße gab es ab 1900<br />
die Restauration „Eiskeller“. Zu<br />
dem Haus gehörte ein großes<br />
Kellergewölbe, in dem die <strong>Sudenburg</strong>er<br />
Gastwirte Roheis zur<br />
Kühlung ihrer Waren lagerten.<br />
Später wurde auf dem Hof ein<br />
Haus für die Eislagerung gebaut.<br />
Darum wurde der Platz im<br />
Volksmund als „Eiskellerplatz“<br />
bezeichnet. Übrigens trägt der<br />
Platz offi ziell bis heute nicht diesen<br />
Namen.<br />
Auf dem „Eiskellerplatz“/<br />
Ecke Rottersdorfer Straße, von<br />
| 21<br />
der Hauptstraße etwas zurückgesetzt,<br />
befi ndet sich das Grundstück<br />
Nummer 110. 1890 wurde<br />
im Erdgeschoss ein Restaurant<br />
eingerichtet, das den traditionsreichen<br />
Namen „Eiskeller“<br />
erhielt. Zum Restaurant gehörte<br />
noch ein auf dem Hof gelegener<br />
Gesellschaftssaal, der von vielen<br />
<strong>Sudenburg</strong>er Vereinen für Festlichkeiten<br />
genutzt wurde. Ab<br />
1930 gehörten die Gaststätte und<br />
der Saal der <strong>Sudenburg</strong>er Brauerei,<br />
in die Zeit fällt auch die<br />
Umbenennung in „<strong>Sudenburg</strong>er<br />
Gesellschaftshaus/Festsäle“.<br />
Am 1. November 1945 wurde<br />
in dem ehemaligen Gesellschaftssaal<br />
ein privates Varieté<br />
eingerichtet - das „Tivoli“. Es<br />
hatte 755 Plätze, es stand unter<br />
der Direktion von Schlein<br />
& Weinstein. Übrigens war Erwin<br />
Schlein ein Bruder des jüdischen<br />
Arztes Dr. Otto Schlein.<br />
Er überlebte die NS-Zeit, weil<br />
ihn eine couragierte Cracauer<br />
Geschäftsfrau versteckt hatte.<br />
Ende der 1940er <strong>Jahre</strong> schloss<br />
das Varieté, weil die Betreiber<br />
aus fi nanziellen und politischen<br />
Gründen aufgeben mussten.<br />
Viele <strong>Jahre</strong> gab es aber noch<br />
die Gaststätte „Tivoli“ im Wohnhaus<br />
Nummer 110.