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alpine gesellschaft bergler - Alpenverein Südtirol

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Mitteilungen September 2009 8<br />

Sechs Uhr morgens am 3. August<br />

2008. Ein Wecker läutet.<br />

Irgendwo in Tiers kondensiert<br />

koffeinhaltiger Dampf in den<br />

oberen Teil einer Mokkamaschine:<br />

„chchchchschsch ...“<br />

In einer vorsichtig übermütigen<br />

Art stehe ich auf. Wir reden<br />

nicht viel.<br />

Wir, nicht etwa die Huber-<br />

Buabn, die Riegler-Buabn,<br />

Gietl-Buabn und was es sonst<br />

noch alles für bekannte Buabn<br />

in der Kletterszene gibt. Wir<br />

haben viele Namen: das<br />

Dream-Team, Klaus und<br />

Schwesterherz, Klaus und seine<br />

Freundin, Klaus und<br />

Schorschs Freundin – viel Fantasie<br />

hat die Bergsteigerszene.<br />

An diesem Tag sind wir einfach<br />

nur Rebecca, die begeistert,<br />

aber hauptsächlich<br />

schnell und sicher mit Ruck-<br />

„eASy rider“, SAttelSpitze<br />

Die Sattelspitze im Tschamintal<br />

Foto: Archiv AVS<br />

sack nachsteigt.<br />

Und ich, Klaus, der<br />

sich vor nichts<br />

fürchtet, außer vielleicht<br />

vor den Carabinieri.<br />

Aber nun zu unserer<br />

Tour:<br />

Wir nehmen die am<br />

Tag zuvor nicht gepackten<br />

Rucksäcke<br />

und stopfen alles,<br />

was man für eine<br />

Erstbegehung im<br />

ethisch strengsten<br />

Stil braucht, hinein.<br />

Das ist zwar nicht<br />

viel, aber doch<br />

schwer.<br />

Auf der Straße in<br />

Tiers. Klaus: „Hopp,<br />

steig au! Fescht<br />

hebn!“. Die 600 cm 3<br />

Hubraum kombiniert<br />

mit zwei Crossreifen<br />

befördern uns<br />

schnell über die Almen<br />

und den Forstweg<br />

in das Tschamintal,<br />

bis der Weg mitten im<br />

Wald zu Ende ist. Weiter kommen<br />

wir nicht. Gleichzeitig lassen<br />

wir unsere Helme ins hohe<br />

Gras fallen. Von hier ist es<br />

noch gut eine Stunde bis zum<br />

Wandfuß. Zuerst steil durch<br />

den Wald, dann über Wiesen<br />

und zuletzt über Schotter.<br />

Total verschwitzt stehen wir<br />

unter der Nordwestwand der<br />

Sattelspitze. Seil und Material<br />

werden geordnet, schnell noch<br />

ein Schluck Saft, und wir klettern<br />

teils gleichzeitig oder am<br />

kurzen Seil den schrofigen Vorbau<br />

über eine von links nach<br />

rechts ziehende Rampe hinauf<br />

(ca. 150 m). Hier machen wir<br />

ca. 50 – 60 m links von einer<br />

großen Verschneidung Stand.<br />

Ab hier steigen wir in unberührtes<br />

Gelände. Über uns ist eine<br />

steile weiß-gelbe Wand. Der<br />

Fels ist nicht wirklich kompakt,<br />

aber weiter oben sollte es besser<br />

werden. Ich schlage einen<br />

Haken, er ist schlecht. Dafür<br />

schlage ich gleich noch einen,<br />

der auch schlecht ist (Haken<br />

rot lackiert, Eigenbau). Nach<br />

30 m mache ich Stand an einer<br />

Schuppe, die in einem Köpfl<br />

endet (nicht belasten). Sich zu<br />

zweit in diesen Stand reinzuhängen<br />

wäre wie mit einem<br />

Feuerzeug in einen Tank hineinzuleuchten.<br />

Deshalb klettere<br />

ich weiter und versuche eine<br />

gute Sicherung zu legen. Der<br />

nächste Stand ist gut (2 Sanduhren,<br />

1 Schlinge belassen).<br />

Nach einem weiteren Rechtslinks-Bogen<br />

über relativ kompakten<br />

Fels befinden wir uns<br />

circa auf Halbweg, Stand ist an<br />

zwei Haken unter einem kleinen<br />

Dachl. Unsere Linie folgt<br />

nun dem Weg des geringsten<br />

Widerstandes, und ich muss<br />

ein paar Mal ein kleines Stück<br />

zurückklettern, um es an einer<br />

anderen Stelle zu probieren.<br />

Wir haben schönes, warmes<br />

Wetter, die Sicht ist gut und<br />

die Motivation bei uns beiden<br />

groß. Wir kommen schnell voran.<br />

Nach zwei weiteren Seillängen<br />

über graue kompakte<br />

Platten wird das Gelände etwas<br />

flacher. Wir sind kurz unter<br />

dem Gipfel. Die Kletterei ist<br />

sehr genussvoll, bis ich zu einer<br />

großen brüchigen Schuppe<br />

komme. Mein Gefühl sagt<br />

mir, dass es jetzt wohl nicht<br />

angebracht wäre, die Erosion<br />

des Berges künstlich zu beschleunigen,<br />

und vorsichtig<br />

umgehe ich diese heikle Stelle.<br />

Ein paar Minuten später stehen<br />

wir auf dem Gipfel. Unsere<br />

Freude ist groß, nicht nur wegen<br />

des Gipfels, sondern auch<br />

wegen des kompromisslosen<br />

Stils unserer Erstbegehung.<br />

Über die Absicherung ist nicht<br />

viel zu sagen, da wenig vor-

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