grüner frauenbericht 2015
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<strong>frauenbericht</strong> <strong>2015</strong><br />
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Nach dem Abschluss einer BHS üben beispielsweise<br />
bedeutend mehr Frauen (53,8 %) als Männer (28,6 %)<br />
nur mittlere Tätigkeiten aus, während umgekehrt<br />
mehr Männer (42,3 %) als Frauen (27,6 %) mit<br />
BHS-Abschluss höher und hoch qualifizierte Tätigkeiten<br />
verrichten. Deutlich ist auch der Unterschied<br />
bei Beschäftigten mit Fachhochschul- oder Universitätsabschluss,<br />
hier üben 22,3 % der Männer, aber nur<br />
7,0 % der Frauen eine führende Tätigkeit aus. p<br />
Die gläserne Decke<br />
hat einen Sprung<br />
Die universitäre Forschung wird noch immer klar von Männern<br />
dominiert. Je höher die Karrierestufe, desto weniger Frauen. Das<br />
Potenzial und die Notwendigkeit frauenfördernder Maßnahmen<br />
wurden erkannt – aber sie greifen langsam.<br />
Frauen sind in Österreich in der Forschung stark<br />
unterrepräsentiert. Innerhalb der EU ist Österreich,<br />
was den Anteil von Wissenschafterinnen und<br />
Ingenieurinnen an den Erwerbstätigen betrifft, weit<br />
abgeschlagen. Speziell in der Hochschulforschung<br />
nimmt der Frauenanteil mit jeder Karrierestufe ab<br />
(„leaky pipeline“).<br />
Österreich braucht jedoch dringend NachwuchswissenschafterInnen,<br />
um den Anschluss an die<br />
führenden Forschungsnationen nicht zu verlieren.<br />
Die Abwanderung von „High Potentials“ ins Ausland<br />
aufgrund fehlender Karrieremöglichkeiten, starrer<br />
hierarchischer Strukturen und fehlender Commitments<br />
zu echter Gleichstellung muss gestoppt<br />
werden.<br />
Zwar sind durch gezielte Maßnahmen der letzten<br />
Jahre gewisse Erfolge sichtbar, doch der Frauenanteil<br />
bewegt sich im Vergleich zum vorhandenen<br />
Potenzial weiterhin auf einem niedrigen Niveau.<br />
Während bereits 61,4 % der Erstabschlüsse (an öffentlichen<br />
Universitäten und Fachhochschulen nach<br />
Hauptstudienrichtung 2012/13) auf Frauen entfielen,<br />
liegt der Frauenanteil bei den Doktoraten bereits bei<br />
nur mehr 43,7 %, bei den AssistentInnen bei 39% und<br />
bei den ProfessorInnen gar nur bei kümmerlichen<br />
22,2 %. Eine besondere Hürde für Frauen auf dem<br />
Weg zur Professur stellt die Habilitation dar. Dieser<br />
Qualifizierungsschritt ist für Frauen häufig schwer<br />
zu bewältigen, weil er mit der Phase des Elternwerdens<br />
zusammenfällt. Die Habilitation ist international<br />
völlig unüblich und nur mehr bei einem Teil der<br />
Berufungen überhaupt relevant. Daher sollte sie<br />
gänzlich abgeschafft werden.<br />
Frauenförderung muss ein integraler Bestandteil<br />
der Leistungsvereinbarungen bleiben. Die Unis<br />
müssen zur Umsetzung konkreter frauenfördernder<br />
Maßnahmen verpflichtet werden. Auch müssen<br />
etwa Laufbahnstellen ausgebaut und ein echtes<br />
Tenure-Track-System (ein aus den USA kommendes<br />
Laufbahnmodell für Hochschullehrende mit<br />
hohem Kündigungsschutz) eingeführt werden. Das<br />
Stipendienwesen auf Doktoratsebene ist auszubauen.<br />
Dabei ist auch die grundlegende Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Privatleben herzustellen. Es müssen<br />
nicht nur Betriebskindergärten eingerichtet, sondern<br />
auch familienfreundliche Beschäftigungsverhältnisse<br />
geschaffen werden. An den chronisch unterfinanzierten<br />
Hochschulen wird ein Großteil der Lehre und<br />
Forschung von Personal in befristeten und teilweise<br />
sehr schlecht bezahlten Stellen bestritten. In den<br />
Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften ist die<br />
Situation besonders schwierig. Diese Fächer haben