grüner frauenbericht 2015
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>frauenbericht</strong> <strong>2015</strong><br />
58<br />
es tut<br />
weh<br />
Es kann überall passieren. Es kann Frauen aller Altersstufen, jeder<br />
Herkunft und Sozialisation passieren. Gewalt an Frauen ist kein<br />
individuelles, sondern ein politisches und gesellschaftliches Problem.<br />
Wie finden betroffene Frauen – und Kinder – einen Weg aus der<br />
Gewalt? Und welche Gesetze und Institutionen schützen Frauen vor<br />
physischen und psychischen Übergriffen?<br />
„Manchmal sieht man es erst auf den zweiten Blick“ – dieser Satz steht auf einem Plakat in Maria<br />
Rösslhumers Büro, und es stimmt: Erst der zweite Blick offenbart die geballten Fäuste, die sich schemenhaft<br />
in das Tapetenmuster der auf den ersten Blick gediegenen Wohnzimmeridylle einordnen. „Jede fünfte Frau<br />
ist zumindest einmal in ihrem Leben von häuslicher Gewalt betroffen, und dabei ist die Dunkelziffer noch gar<br />
nicht erfasst“, sagt Maria Rösslhumer.<br />
1985 gründet sie, unterstützt von der Caritas, die erste Wohngemeinschaft für Frauen mit Behinderung in<br />
Wien. Ihre Vision: den Frauen die Möglichkeit geben, sich in kleinstrukturierten Betreuungseinrichtungen zu<br />
entfalten, einen Weg in die Selbstbestimmung und Selbstständigkeit zu finden.<br />
Maria holt die Matura nach, beginnt mit Anfang 30 ein Studium und setzt sich intensiv mit dem Thema<br />
Frauenpolitik auseinander. In dieser Zeit lernt sie auch den Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser<br />
kennen, wird Mitarbeiterin, später Geschäftsführerin und etabliert die Frauenhelpline gegen Gewalt<br />
0800/222 555.<br />
Das erste Frauenhaus wurde 1978 in Wien gegründet. Insgesamt gibt es derzeit 30 Frauenhäuser in<br />
Österreich, die meisten von ihnen sind im 1988 gegründeten Verein organisiert. „Frauenhäuser sind in<br />
erster Linie Schutzeinrichtungen für von Gewalt betroffene Frauen. Wir bieten aber auch umfassende<br />
Unterstützung, psychologische und juristische Beratung, Begleitung zum Gericht, zur Polizei oder zu<br />
medizinischer Versorgung. Wir vermitteln Jobs und helfen bei der Suche nach leistbaren Wohnungen. Und<br />
ganz wichtig: Frauenhäuser sind auch Kinderschutzeinrichtungen“, sagt Maria. Darüber hinaus definieren<br />
sich die Frauenhäuser auch als frauenpolitische Einrichtung mit feministischen Prinzipien, gehen hinaus,<br />
führen Seminare mit PolizistInnen, Schulungen mit Berufsgruppen wie LehrerInnen oder RichterInnen durch.<br />
„In Österreich ist vergleichsweise schon viel passiert“, sagt Maria. „Die Gesetze werden laufend verbessert,<br />
das Betretungsverbot wurde verlängert und es gibt die kostenlose Prozessbegleitung von der Anzeige bis<br />
zum Ende des Gerichtsverfahrens – das haben andere Länder nicht.“ Auch auf europäischer Ebene wurde<br />
nicht zuletzt aufgrund der Zusammenarbeit der Frauenhäuser im europäischen Netzwerk WAVE (Women<br />
Against Violence Europe) viel erreicht. Und trotzdem: Die Gewalt gegen Frauen ist nicht weniger geworden.<br />
„Wenn man sich die Zahlen anschaut, weiß man: Wir müssen noch viel tun!“, sagt Maria. Dabei ist vor allem<br />
auch wichtig, über die Anliegen und Angebote der Frauenhäuser zu berichten. Und das ist hiermit wieder<br />
einmal geschehen. p